KW 41/25: Hör- und Gucktipps zum Wochenende

Hurra, Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Wochenendausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!

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1. Wann ist es sinnvoll, dass Medien die Herkunft eines Täters nennen?
(uebermedien.de, Holger Klein, Audio: 20:04 Minuten)
Holger Klein spricht mit Christine Horz-Ishak über die Praxis, Nationalitäten von Tatverdächtigen in Polizeimeldungen und Medien zu nennen. Die Kommunikationswissenschaftlerin meint, dies helfe niemandem außer Kräften, die den Diskurs nach rechts verschieben wollen. Das Interesse an Herkunft entstehe vor allem durch die Berichterstattung. Klein und Horz-Ishak besprechen, wie Redaktionen mit Vorwürfen der Verheimlichung umgehen, was der Pressekodex verlangt und wann die Nennung der Herkunft sinnvoll sein kann.

2. Wie funktioniert Journalismus im Gazakrieg?
(falter.at, Tim Cupal, Audio: 24:20 Minuten)
Im “Falter”-Podcast erzählt ORF-Korrespondent Tim Cupal, wie Journalismus im Gazakrieg funktioniert und wie er selbst seit dem 7. Oktober aus Israel und den Palästinensergebieten berichtet. Cupal spricht über die Grenzen seiner Arbeit ohne Zugang zu Gaza, seine Quellen, den Umgang mit der Fehlergefahr und Objektivität sowie die Belastung durch fehlendes Mitgefühl auf beiden Seiten.

3. Das Internet braucht einen Neustart
(youtube.com, Sascha Pallenberg, Video: 26:51 Minuten)
Auf der diesjährigen Digitalkonferenz DMEXCO sprach Sascha Pallenberg darüber, wie Social Media, Likes und KI-basierte Inhalte unser Verhalten sowie die Qualität der digitalen Kommunikation beeinflussen. Anhand zahlreicher Beispiele zeigt er auf, wie algorithmische Plattformlogiken Empörung, Fake-Reichweiten und toxisches Engagement befeuern. Pallenberg warnt vor einer digitalen Welt voller intransparenter Systeme und appelliert an mehr Aufklärung, Verantwortung und kreative Eigenleistung. Informativ und unterhaltsam zugleich.

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4. Chatkontrolle und fünf neue Kolleg:innen
(netzpolitik.org, Anna Biselli, Audio: 42:28 Minuten)
In der neuen Folge des Podcasts “Off/On” von netzpolitik.org sprechen Anna Biselli, Markus Reuter und Timur Vorkul vor allem über die EU-Pläne zur Chatkontrolle. Sie diskutieren über den aktuellen Stand der Pläne im Rat, den Druck aus der Zivilgesellschaft und mögliche Folgen im Trilog. Außerdem geht es um ein vietnamesisches Exilmedium, das wegen Facebook-Sperren in Finanznöte gerät.

5. Vreni Hockenjos (Kinderfotobuch-Expertin)
(wiesoweshalbwarum.podigee.io, Thomas Hartmann, Audio: 1:16:48 Stunden)
Thomas Hartmann hat mit Vreni Hockenjos, Medienwissenschaftlerin, Autorin, Kuratorin und Expertin für Kinderfotobücher, gesprochen. Themen des Gesprächs sind unter anderem die Fotobuchforschung, der Stellenwert und die Faszination von Kinderfotobüchern, Visual Literacy sowie die heutige Relevanz der Fotografie.

6. Die letzten Paparazzi
(ardmediathek.de, Carolin von der Groeben, Video: 30:40 Minuten)
“Y-Kollektiv”-Reporterin Carolin von der Groeben erkundet das Geschäft mit Promifotos und spricht dabei mit Paparazzi und Prominenten wie Jürgen Klopp. Sie zeigt, dass mit bestimmten Bildern auch heute noch hohe Summen verdient werden können. Altgediente Paparazzi sind überzeugt, dass Promis kein Recht auf Privatsphäre hätten, und finden, mit ihren Fotos würden sie VIPs helfen, “very important” zu bleiben.

Annahmeverweigerung, Weimers Wettern, Über Populisten berichten

1. Donnepp-Eklat auch bei Grimme Online Awards allgegenwärtig
(dwdl.de, Timo Niemeier)
Bei der Verleihung der Grimme Online Awards hätten die Regisseure Moritz Riesewieck und Hans Block aus Protest gegen die Aberkennung des Donnepp Media Awards für die Aktivistin Judith Scheytt die Annahme ihres KI-Sonderpreises verweigert (Stream der Preisverleihung/Annahmeverweigerung). Çiğdem Uzunoğlu, Leiterin des Grimme-Instituts, habe erstmals einen “Fehler” des Vereins der Grimme-Freunde eingeräumt, der eigenständig die Jury-Entscheidung für Scheytt zurückgenommen habe. Uzunoğlu habe aber auch die formale Unabhängigkeit des Vereins vom Institut betont.

2. Neue Orte für Journalismus
(journalist.de, Alexander Streit)
Alexander von Streit kritisiert, dass Journalismus trotz digitaler Präsenz aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwinde, und fordert ein “Media Rewilding”, also die bewusste Rückkehr in physische Räume wie Cafés, Theater und Kulturzentren. Erste Beispiele wie das Redaktionscafé von “Correctiv” in Gelsenkirchen oder journalistische Theaterinszenierungen würden zeigen, wie durch direkte Begegnungen wieder Vertrauen und Nähe zum Publikum aufgebaut werden können.

3. Wenn Wolfram Weimer wieder wettert
(taz.de, Steffen Grimberg)
In der “taz” hat Steffen Grimberg dem Kulturstaatsminister Wolfram Weimer eine Art offenen Brief zukommen lassen, in dem er Weimers Agitieren gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk thematisiert: “Ihr Plan geht leider auf. Mittlerweile sagen knapp 50 Prozent der Menschen, sie fühlten sich in ihrer Meinungsfreiheit eingeschränkt. Dabei ist der Meinungsdruck nur gefühlt. Die Meinungsfreiheit ist nicht eingeschränkt. Doch so wird es erlebt in den aufgeheizten Debatten. Die Sie mit Ihren beliebigen Echos noch befeuern.”

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4. Sophie von der Tann: Pressefreiheit im Gaza-Krieg stark eingeschränkt
(epd.de)
ARD-Nahost-Korrespondentin Sophie von der Tann habe bei einer Veranstaltung des Frankfurter Presseclubs die Abriegelung des Gaza-Streifens durch Israel als “massive Einschränkung der Pressefreiheit” bezeichnet, da Journalistinnen und Journalisten nicht eigenständig in das Gebiet gelangen könnten. Die Berichterstattung sei auf die gefährliche Arbeit lokaler Kräfte vor Ort angewiesen. “Die tragen das Fadenkreuz auf sich”, so die BR-Korrespondentin über die Kameraleute, Fotografen und weiteren Medienschaffenden vor Ort.

5. Kann man ausgewogen über Populisten berichten?
(deutschlandfunk.de, Brigitte Baetz, Audio: 38:51 Minuten)
Beim b° future festival für Journalismus und freien Dialog hat “mediasres”-Moderatorin Brigitte Baetz mit dem Politikwissenschaftler Philipp Adorf über den journalistischen Umgang mit Populisten debattiert. Im Zentrum des Gesprächs steht die Frage, wie Medien angemessen berichten können, wenn sich Populisten bewusst als Mediengegner inszenieren und gleichzeitig von dieser Konfrontation profitieren.

6. Gemeinsam unabhängigen Journalismus retten!
(riffreporter.de, Christiane Schulzki-Haddouti & Stefan Johannesberg)
Die Journalismus-Genossenschaft “RiffReporter” startet unter dem Motto “Gemeinsam unabhängigen Journalismus retten” ihre erste Crowdfunding-Kampagne, die noch bis zum 19. November laufe. Die mehrfach ausgezeichnete Plattform mit über 100 freien Journalistinnen und Journalisten wolle damit ihre werbefreie und unabhängige Berichterstattung zu Wissenschaft, Umwelt und Gesellschaft langfristig sichern.

Erfolg gegen die Chatkontrolle, Panoramafreiheit, KI-Erlöse

1. So geht Demokratie
(netzpolitik.org, Markus Reuter)
Markus Reuter feiert bei netzpolitik.org den jüngsten Erfolg gegen die Chatkontrolle als Ergebnis des Einsatzes einer aktiven Zivilgesellschaft, die in vielfältigen Bündnissen auf die Gefahren des Vorhabens hingewiesen habe. Die Sache sei jedoch noch nicht endgültig ausgestanden: “Die Sache ist erst sicher, wenn wir die Bundesregierung dazu bringen, dass sie jegliche Form von Hintertüren oder Client-Side-Scanning dezidiert ausschließt.”

2. Panoramafreiheit ist auch Pressefreiheit: dju weist den Versuch, Fotos vom Berliner Festival of Lights zu verbieten, strikt zurück
(dju.verdi.de, Danica Bensmail)
Beim Berliner “Festival of Lights” werden bunte Bilder auf Gebäude im öffentlichen Raum projiziert. Laut einer Mitteilung der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in Verdi habe der Veranstalter des Festivals versucht, Pressefotografinnen und -fotografen das Anfertigen und Verbreiten eigener Fotos der Lichtinstallationen zu untersagen. Die dju wertet dieses Vorgehen als unrechtmäßigen Eingriff in die Pressefreiheit und verweist auf die Panoramafreiheit gemäß Paragraf 59 des Urheberrechtsgesetzes, die solche Aufnahmen grundsätzlich erlaube.

3. Was uns Qualtingers “Kobuk” noch heute über Medien lehrt
(kobuk.at, Andrea Gutschi)
Andrea Gutschi berichtet bei kobuk.at, dass die legendäre Kobuk-Aktion von Helmut Qualtinger aus dem Jahr 1951 als Medienkritik verstanden werden könne, da sie gezeigt habe, wie leicht sich Redaktionen von erfundenen Geschichten täuschen lassen. Gutschi betont, dass sich die Medienlandschaft seitdem zwar verändert habe, das Grundproblem aber geblieben sei: Es gebe keine Alternative zu sorgfältig geprüften Fakten. Die Autorin kommt zu dem Schluss, dass Qualtingers Kobuk damals wie heute daran erinnere, kritisch mit Nachrichten umzugehen.

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4. Wann fließen die KI-Erlöse?
(dfjv.de, Gunter Becker)
Gunter Becker gibt einen Überblick über die Nutzung journalistischer Inhalte durch große IT-Konzerne zum Training von Künstlichen Intelligenzen, für die die Urheberinnen und Urheber bislang meist keine Lizenzgebühren bekämen. Durch erste Initiativen wie die neue KI-Lizenz der VG Wort, Gerichtsverfahren in den USA sowie Kooperationsverträge zwischen Verlagen und KI-Anbietern könne man jedoch darauf schließen, dass ein Umdenken beginne und künftige Erlösbeteiligungen möglich seien. Es mangele jedoch noch an klaren gesetzlichen Regelungen und nachhaltigen Vergütungsmodellen. Becker hat dazu verschiedene Expertenmeinungen eingeholt.

5. Die Krux mit der KI-Kennzeichnung 
(verdi.de)
Die neuen Kennzeichnungspflichten für KI-Inhalte sollen nach dem AI-Act der Europäischen Union zwar mehr Transparenz schaffen, seien aber kein Allheilmittel gegen Desinformation. Medien müssten laut Pressekodex bereits jetzt symbolische oder manipulierte Bilder, auch solche, die von einer Künstlichen Intelligenz erstellt wurden, kennzeichnen, während für KI-Texte meist keine Pflicht bestehe. Ab August 2026 sollen nach EU-Recht vor allem Deepfakes und KI-generierte audiovisuelle Inhalte deutlich als solche markiert werden. Die genaue Abgrenzung in der Praxis sei jedoch noch unklar.

6. OpenAI startet einen KI-Fake-Feed
(taz.de, Johannes Drosdowski)
OpenAI, das Unternehmen hinter ChatGPT, starte mit “Sora” eine neue Social-Media-App, auf der ausschließlich KI-generierte Videos geteilt werden können. Nutzerinnen und Nutzer sollen eigene Aufnahmen einbinden oder remixen dürfen. Die Plattform priorisiere Inhalte aus dem eigenen Bekanntenkreis, verspreche aber keinen besonderen Schutz vor Desinformation. Die App sei zunächst nur in den USA und Kanada, auf Einladung und fürs iPhone verfügbar.

Lindner geht zu Springer-Firma, KI-Suche, Franz Josef Wagner

1. Christian Lindner findet nach Politik-Aus mehrere neue Jobs
(n-tv.de)
Der frühere FDP-Chef und ehemalige Bundesfinanzminister Christian Lindner wechsele in die Wirtschaft und übernehme unter anderem eine Funktion beim digitalen Personaldienstleister Stepstone, einer gemeinsamen Firma des Private-Equity-Fonds KKR und der Axel Springer SE. Bei Bluesky kommentiert der “6-vor-9”-Kurator: “Springer-Boss Döpfner hatte 2023 den ‘Bild’-Chef noch angewiesen: ‘Please Stärke die FDP!’ Nun landet Ex-FDP-Chef Christian Lindner bei einer Springer-Firma … Das ist der ‘freie Markt’, von dem die FDP immer so gerne redet: Ein Kartell aus Medienmacht und Politik, das seine Leute weich auffängt.”

2. Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt ermög­licht keinen Zugang zu Kohl-Akten
(lto.de, Christoph J. Partsch)
Das Bundesverfassungsgericht habe die Verfassungsbeschwerde der Journalistin Gaby Weber zum Zugang zu von Helmut Kohl mitgenommenen Kanzlerakten ohne Begründung abgewiesen, obwohl es 2017 eine mögliche Wiederbeschaffungspflicht noch als offen bezeichnet habe. Der Jurist Christoph J. Partsch kritisiert in seinem Gastbeitrag bei “Legal Tribune Online”, dadurch würden Presse-, Forschungs- und Informationsfreiheit behindert und der Respekt vor Gerichten untergraben.

3. CDU-Frau mit bewegter Vergangenheit
(verdi.de, Peter Nowak)
Ein Interview der “Kontext:Wochenzeitung” habe die CDU-Politikerin Susanne Wetterich als frühere Maoistin erwähnt. Wetterich habe daraufhin versucht, per einstweiliger Verfügung die Löschung ihres Namens sowie einer identifizierenden Berichterstattung zu erreichen. Der Vorsitzende der Pressekammer am Landgericht Stuttgart habe jedoch erkennen lassen, den Argumenten nicht zu folgen, woraufhin Wetterich die einstweilige Verfügung zurückgezogen habe. Nun müsse sie die Kosten der Anwälte von “Kontext” tragen.

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4. Google startet KI-Suche in Deutschland
(spiegel.de)
Google habe seine Suche grundlegend überarbeitet und ab heute den sogenannten KI-Modus auch in Deutschland und weiteren europäischen Ländern eingeführt. Die klassische Trefferliste solle dabei durch direkt beantwortete Anfragen ersetzt werden, wobei Google die verwendeten Quellen verlinke. Der Konzern verspreche, dass Nutzerinnen und Nutzer beispielsweise komplexe Fragen stellen, Bilder analysieren oder per Spracheingabe suchen können.

5. Wann ist Medienjournalismus erfolgreich?
(laeuft-programmschau.podigee.io, Alexander Matzkeit, Audio: 28:25 Minuten)
Bei “Läuft”, dem Podcast von “epd medien” und Grimme-Institut, diskutiert Alexander Matzkeit mit den Medienjournalistinnen Annika Schneider (“Übermedien”) und Elli Ries (Podcast “X und Y”) über die Frage, woran sich der Erfolg von Medienjournalismus messen lässt. Zur Debatte stehen Kriterien wie Reichweite, gesellschaftliche Wirkung oder der Aufbau einer engagierten Community. Außerdem sprechen sie über die Bedeutung von Transparenz, Fehlerkultur und einer zugänglichen Sprache.

6. “Bild”-Kolumnist Franz Josef Wagner ist gestorben
(dwdl.de, Uwe Mantel)
Der berühmt-berüchtigte “Bild”-Kolumnist Franz Josef Wagner ist im Alter von 82 Jahren gestorben. Er habe seit 2001 die Kolumne “Post von Wagner” in “Bild” geschrieben, die letzte sei am 3. September erschienen und habe sich an den “lieben Kanzler Merz” gerichtet. Zuvor sei Wagner unter anderem Chefredakteur von “Bunte” und “B.Z.” gewesen und habe “Elle” sowie “Super Illu” mitentwickelt.

Chatkontrolle bedroht Pressefreiheit, Nazimusikschwemme, Strittige Zahlen

1. Chatkontrolle bedroht Pressefreiheit
(djv.de, Ute Korinth)
Beim Deutschen Journalisten-Verband spricht sich Ute Korinth gegen die in Diskussion stehende Chatkontrolle aus: “Sollte die Chatkontrolle beschlossen werden, wäre das ein historischer Bruch – mit Konsequenzen weit über den Journalismus hinaus. Eine Demokratie, die private Kommunikation pauschal unter Verdacht stellt, stellt sich selbst infrage. Ein Nein zur Chatkontrolle wäre daher mehr als eine technische Entscheidung.”

2. Jawoll, mein Streamer
(taz.de, Johanna Schmidt)
Auf Spotify, YouTube und TikTok würden immer öfter KI-erzeugte Songs mit rechtsextremen Inhalten auftauchen, es sei eine “Nazimusikschwemme auf Streamingportalen” zu beobachten. Die Algorithmen der Plattformen würden dafür sorgen, dass diese Titel große Reichweiten erzielen und Nutzerinnen und Nutzer weitere ähnliche Inhalte angezeigt bekämen. Johanna Schmidt fordert, diese Musik und ihre Urheber klar als rechtsextrem zu benennen. Sie verweist dabei auf Theodor W. Adorno, der gesagt habe, dass Verschweigen keine Lösung sei.

3. Über Zahlen lässt sich nicht streiten. Oder doch?
(journalist.de, Kathi Preppner)
Beim “journalist” zeigt Kathi Preppner, wie sich drastische statistische Zahlen in der medialen Berichterstattung verfestigen und warum die Auftraggeber, die Fragestellungen und die Methoden von Studien stets kritisch geprüft werden müssen. Anhand von Beispielen aus den Bereichen Glücksspiel, Digitalwirtschaft, Gesundheit, Chemie und Tabak wird deutlich, wie Interessen, Framing und statistische Unsicherheiten Debatten und Politik beeinflussen können. Die von Preppners Gesprächspartnern genannten Tipps für Redaktionen: Kontext und Erhebungsdesign offenlegen, unabhängige Fachleute einbinden und im Zweifel auf die Nennung nicht belastbarer Studien verzichten.

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4. Fotojournalist im Einsatz getötet
(reporter-ohne-grenzen.de)
Wie die Organisation “Reporter ohne Grenzen” (RSF) meldet, wurde der 37-jährige französische Fotojournalist Anton Lallican bei einem Drohnenangriff Russlands in der Ukraine getötet, der ukrainische Fotograf Heorhij Iwantschenko wurde schwer verletzt. Lallicans “Tod muss vollständig und transparent aufgeklärt werden”, fordert RSF-Geschäftsführerin Anja Osterhaus: “Journalistinnen und Journalisten in Kriegsgebieten – insbesondere in Hochrisikogebieten wie dem Donbass – müssen besser geschützt werden.”

5. Die Macht der Supermonopole
(verdi.de, Volker Nünning)
Volker Nünning beschreibt, wie bei der Medienregulierung EU- und Länderregeln ineinandergreifen und welche neuen Herausforderungen sich für die Staaten aus dem Vorrang des EU-Rechts ergeben. Zudem thematisiert er, wie Politik angesichts der Macht großer Plattformen und von Künstlicher Intelligenz künftig Meinungsvielfalt, Public-Value-Angebote und offenen Zugang sichern kann.

6. Umstrittene Journalistin Bari Weiss wird neue Chefin von CBS News
(spiegel.de)
Eine bemerkenswerte Personalie in der US-amerikanischen Medienlandschaft: Die umstrittene Journalistin und Kolumnistin Bari Weiss soll die neue Chefin des Senders CBS News werden, trotz fehlender Erfahrung im TV-Geschäft. Die Übernahme komme dennoch nicht überraschend: “David Ellison, CEO des Hollywoodriesen Paramount Skydance und Sohn des ‘Oracle’-Gründers und Trump-Vertrauten Larry Ellison, hatte schon seit Längerem mit Weiss über eine mögliche gemeinsame Arbeit gesprochen.”

7. Wandel der Medienwelt – das langsame Ende der gedruckten Zeitung
(radioeins.de, Lorenz Meyer, Audio: 4:15 Minuten)
Zusätzlicher Link, da in eigener Sache: Bei radioeins kommentiert der “6-vor-9”-Kurator das langsame Ende der gedruckten Zeitung: “Die Printzeitung war und ist die perfekte Technologie. Keine Updates, keine Cookies, keine Akku-Warnung, keine nervigen Popup-Fenster. Du schlägst sie auf, sie funktioniert. Die User Experience und das Interface sind nach 400 Jahren Entwicklung unschlagbar. Und trotzdem ist sie tot. Während die ‘Süddeutsche’ – durchaus zu Recht – feiert, hat die ‘taz’ als erste den Mut, es öffentlich zuzugeben und sich dem Unvermeidlichen zu stellen.”

Nennen der Nationalität, Haltet euch raus!, Über eigene Fehler sprechen

1. Nennen der Nationalität: Presserat besorgt über bayerische Anweisung
(medien.epd.de)
Der Deutsche Presserat zeige sich besorgt über die neue Anweisung des bayerischen Innenministeriums, wonach die dortige Polizei seit dem 1. Oktober in Pressemitteilungen grundsätzlich die Nationalität von Tatverdächtigen und Opfern nennen soll. Der Presserat warne vor der Gefahr, dadurch Vorurteile gegenüber bestimmten Gruppen zu verstärken. Die Änderung markiere einen Bruch mit der bisherigen, am Pressekodex orientierten Praxis.

2. Haltet euch raus! Ein Plädoyer für die Rückkehr zur Staatsferne
(dwdl.de, Peer Schader)
Peer Schader warnt davor, dass politische Einflussnahme auf ARD und ZDF zunehmend als normal angesehen werde. Statt um sachliche Kritik gehe es dabei oft um vage Vorwürfe, persönliche Angriffe und die Verbindung von Programmfragen mit der Finanzierung. Schaders Fazit: “Es ist nicht so kompliziert. Sondern, im Gegenteil, supereinfach: Die Staatsferne ist das Fundament unabhängiger Berichterstattung. Wer sie wissentlich untergräbt, beschädigt die Demokratie. Nicht nur gefühlt, sondern: ganz konkret.”

3. Sprecht über eure Fehler!
(journalist.de, Felix Rohrbeck)
Felix Rohrbeck schreibt über die mangelnde Fehlerkultur im Journalismus und darüber, wie diese zum Vertrauensverlust in Medien beitrage. Er zeigt, dass nicht die Fehler selbst das Hauptproblem seien, sondern das Schweigen oder Abwiegeln danach, was bei vielen Menschen Misstrauen und Verschwörungserzählungen befeuere. Als positives Beispiel hebt Rohrbeck das Experiment der “Spiegel”-Redaktion hervor, die sich von Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen öffentlich analysieren und kritisieren ließ.

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4. “Die Filterblase ist oft ein Phantom”
(taz.de, Regina Roßbach)
Die Kommunikationswissenschaftlerin Merja Mahrt erklärt im Interview mit der “taz”, dass die oft diskutierten “Filterblasen” und “Echokammern” in der Realität weniger verbreitet seien als angenommen. Die meisten Menschen würden unterschiedliche Medien parallel nutzen, was extreme Abschottung selten mache. Medien sollten auf Vielfalt, Transparenz und lokale Berichterstattung setzen, um einer gesellschaftlichen Fragmentierung entgegenzuwirken.

5. Exxpress setzt nach Kirk-Attentat auf erfundene Skandale
(kobuk.at, Andrea Gutschi)
Andrea Gutschi beschreibt in ihrem Artikel bei “Kobuk”, wie das österreichische Rechtsaußenmedium “Exxpress” nach dem Attentat auf den US-Aktivisten Charlie Kirk gezielt Falschinformationen verbreitet habe, um politisch Stimmung zu machen. Die Seite konstruiere Skandale, unter anderem rund um angeblichen “Trans-Terror”, Gewaltaufrufe auf Bluesky oder einen vermeintlichen Skandal um Österreichs Justizministerin. Gutschi zeigt anhand zahlreicher Beispiele, wie der “Exxpress” systematisch Tatsachen verdreht, Einzelaussagen aufbauscht und Narrative der radikalen Rechten bedient.

6. Stephen King ist der meistverbannte Autor an US-Schulen
(spiegel.de)
Der Schriftsteller Stephen King sei laut dem Autorenverband PEN America der am häufigsten aus Schulbibliotheken verbannte Autor in den USA. Seine Werke seien im Schuljahr 2024/25 insgesamt 206 Mal aus Schulbibliotheken entfernt worden. Die Autorenvereinigung warne vor einer weiterhin alarmierenden Entwicklung. Dies betreffe besonders die republikanisch regierten Bundesstaaten wie Florida, Texas und Tennessee, wo der Großteil der Zensurfälle verzeichnet worden sei.

KW 40/25: Hör- und Gucktipps zum Wochenende

Hurra, Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Wochenendausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!

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1. Der talentierte Mr. F.
(ardmediathek.de, Igor Plischke, Video: 1:17:25 Stunden)
In dieser Doku wird eine Geschichte erzählt, die eigentlich zu verrückt klingt, um wahr zu sein: Drei Jahre lang arbeiten die Berliner Filmstudenten Julius und Moritz an ihrem Animationsfilm “Butty”, mit dem sie den Sprung in die große Filmwelt schaffen wollen. Doch dann der große Schock: “Butty” kursiert bereits online unter einem anderen Namen, mit anderen Credits, zugeordnet einem Filmemacher aus den USA. Was folgt, ist eine mitreißende Spurensuche nach dem “talentierten Mr. F.”, der sich öffentlich mit fremden Federn schmückt. Der Film überzeugt dabei nicht nur mit seiner unglaublichen Story, sondern auch mit einem gelungenen Schnitt, einer klugen Regie, passender Musik- und Soundunterstützung und vor allem mit zwei sympathischen, hartnäckigen Protagonisten, die man einfach gern durch dieses absurde Abenteuer begleitet. Unbedingter Gucktipp!
Weiterer Hörtipp: Für “Übermedien” hat Holger Klein mit Regisseur Igor Plischke gesprochen: Wie lässt man einen Hochstapler auffliegen?: “Wie nähert man sich so einem Menschen? Und warum ist dieser Film so versöhnlich?” (uebermedien.de, Audio: 32:42 Minuten)

2. KI: Der Tod des Internets
(arte.tv, Mario Sixtus, Video: 51:31 Minuten)
In seiner Arte-Doku warnt der Filmemacher Mario Sixtus eindringlich vor der zunehmenden Vermüllung des digitalen Raums durch KI-generierte Inhalte. Er zeigt, wie automatisierte Systeme das Netz mit Desinformation, synthetischen Bildern und bedeutungslosem Content überschwemmen. Auf seiner Reise trifft Sixtus unter anderem auf den KI-Kritiker Cory Doctorow, eine Klick-Arbeiterin in Kenia und einen selbstgeklonten Podcaster in New York.

3. Social Media und BigTech: Gefährden sie unsere Demokratie?
(youtube.com, Helene Reiner & Dunja Hayali, Video: 41:14 Minuten)
Im “heute-journal”-Podcast des ZDF diskutieren die Journalistinnen Dunja Hayali und Helene Reiner mit dem Medienwissenschaftler Martin Andree über die Macht von Social Media und die Verantwortung großer Tech-Konzerne. Ausgehend von einem Shitstorm gegen Hayali aufgrund ihrer Moderation zum Tod des US-Aktivisten Charlie Kirk geht es um die Rolle von Plattformen bei Diskursverschiebungen, Desinformation und Hassrede.

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4. Nur gut für Vergleiche? Das Saarland in den Medien
(ardaudiothek.de, Thomas Bimesdörfer & Michael Meyer, Audio: 17:05 Minuten)
“Wenn Wälder brennen, wenn Öl auf dem Meer ausfließt oder Wasser ganze Landstriche überflutet, dann schlägt die Stunde des Saarlandes. Als Vergleichsgröße, zum Anschaulich machen der betroffenen Gebiete.” Thomas Bimesdörfer und Michael Meyer sprechen im Rahmen des Tags der Deutschen Einheit bei “Medien – Cross und Quer” mit dem Journalisten Michael Kuderna. Thema ist die überregionale Berichterstattung über das Saarland, jenseits seiner bloßen Instrumentalisierung als Maßeinheit.

5. Wenn Journalismus versagt – Fabian Goldmann über die Rolle der Medien im Krieg gegen Gaza
(youtube.com, Ignacio Rosaslanda, Video: 48:29 Minuten)
Ignacio Rosaslanda empfängt den Journalisten Fabian Goldmann in der Redaktion der “Jungen Welt” zum Gespräch über dessen Buchprojekt “Staats(räson)funk”. Darin analysiert Goldmann die deutsche Nahost-Berichterstattung seit dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023. Sein Fazit: Die großen Medien würden einseitig zugunsten der israelischen Regierung berichten, etwa durch selektive Quellenwahl, Sprache und fehlende Empathie für palästinensische Opfer.

6. Die komplett irre Geschichte hinter der Internet-Legende
(youtube.com, Mats Schönauer, Video: 20:19 Minuten)
Mats Schönauer hat sich mit der oft zu lesenden Behauptung, jeder Mensch verschlucke in seinem Leben im Schlaf acht Spinnen, beschäftigt: “In diesem Video erzähle ich die wilde Geschichte hinter dieser Urban Legend: Was die mysteriöse Journalistin Lisa Holst damit zu tun hat, was Experten dazu sagen und wie KI die Sache noch schlimmer macht.”
Transparenzhinweis: Mats Schönauer ist ehemaliger Leiter des BILDblog und Co-Autor des BILDblog-Buchs “Ohne Rücksicht auf Verluste. Wie BILD mit Angst und Hass die Gesellschaft spaltet”.

Anzeige wegen Kriegsverbrechen, Miteinander reden, Gemalte Wurzeln

1. RSF reicht fünfte Strafanzeige beim IStGH ein
(reporter-ohne-grenzen.de)
Die Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF) hat beim Internationalen Strafgerichtshof erneut Anzeige wegen Kriegsverbrechen der israelischen Streitkräfte eingereicht. RSF-Geschäftsführerin Anja Osterhaus sagt dazu: “Die Situation in Gaza ist weiter katastrophal, aber wir erfahren davon immer weniger. Das liegt auch daran, dass die israelische Armee so viele Medienschaffende tötet, eine wachsende Zahl von ihnen sogar gezielt. Dazu kommen die Diffamierungen der israelischen Behörden gegen palästinensische Medienschaffende. Sie werden genutzt, um die Angriffe zu legitimieren. Wir sind schockiert, dass die Verantwortlichen für diese Verbrechen weiterhin straffrei bleiben.”

2. “Wie können wir miteinander reden, wenn keiner mehr zuhört?”
(journalist.de, Catalina Schröder)
Moderatorin und Journalistin Aminata Belli erzählt im Interview mit dem “journalist”, wie sie in Sozialen Medien regelmäßig sexistische und rassistische Angriffe erlebt und warum diese sie heute stärker treffen als früher: “Früher konnte ich mir einreden, dass das nur ein paar Leute im Internet sind – und nicht die echte Welt. Heute merke ich, dass auch in der echten Welt Kommentare zunehmen.” Trotzdem lösche sie vieles bewusst nicht, damit die Realität von Hass sichtbar bleibe.

3. Musk sagt Wikipedia den Kampf an
(spiegel.de)
Elon Musk habe mit “Grokipedia” eine Wikipedia-Alternative angekündigt, die von seiner KI-Firma xAI entwickelt werde und angeblich deutlich besser sein soll. Er habe Wikipedia als einseitig im Sinne einer linken Ausrichtung kritisiert. Ähnlich habe sich auch Musks Weggefährte David Sacks geäußert, inzwischen KI-Beauftragter der US-Regierung, der sich gegen den Einsatz von Wikipedia-Inhalten für das KI-Training ausgesprochen habe.

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4. Mehr zukunftsorientierten Journalismus wagen
(digitalpolitik.de, Markus Beckedahl)
Markus Beckedahl kündigt in seinem Newsletter das von ihm mitkuratierte b°future Festival für zukunftsorientierten Journalismus in Bonn an. Außerdem wirbt er für eine politische Förderung offener, dezentraler Infrastrukturen wie das Fediverse, fordert digitale Souveränität besonders in Schulen sowie offene Standards, eine nachhaltige Cloud in Europa und demokratische Kontrolle von Künstlicher Intelligenz.

5. “Wenn Facebook dieses Konto löscht, sind wir tot”
(netzpolitik.org, Timur Vorkul)
Wie Timur Vorkul berichtet, steht das vietnamesisch-deutsche Exilmedium “Thoibao” mit Sitz in Berlin unter erheblichem Druck. Chefredakteur Trung Khoa Lê berichte von Facebook-Löschungen, Cyberattacken und juristischen Einschüchterungsversuchen durch Vietnams reichsten Unternehmer. Da die Plattform vor allem über Facebook Millionen Menschen in Vietnam erreiche, drohe im Fall einer Kontosperrung das Aus.

6. “Mal mir Wurzeln, weil ich keine hab!”
(taz.de, Roman Grafe)
In der “taz” erinnert Roman Grafe in einem Nachruf an die Hamburger Künstlerin und Gerichtszeichnerin Christine Böer, die am 11. September im Alter von 84 Jahren gestorben ist. Böer wurde bundesweit bekannt für ihre eindrucksvollen Porträts aus Gerichtssälen und ihre empathischen Zeichnungen gesellschaftlicher Randfiguren. Ihr Werk, das in zahlreichen Medien erschien, sollte bewahrt werden, so Grafe: “Es wird Zeit, dass sich jemand findet, der ihren Nachlass übernimmt und zugänglich macht.”

Gaza-Brief, Schweigen nach dem Beitrags-Knall, Gekaperte Medien

1. Gaza: Offener Brief an die Bundesregierung
(reporter-ohne-grenzen.de)
Reporter ohne Grenzen und 16 weitere Medienorganisationen fordern in einem offenen Brief (PDF) die Bundesregierung auf, sich für die teilweise oder vollständige Aussetzung des EU-Israel-Assoziierungsabkommens einzusetzen und internationalen Medien ungehinderten Zugang nach Gaza zu ermöglichen. Sie verlangen unter anderem eine humanitäre Versorgung für Medienschaffende und die Aufhebung der Blockade der Einreise ausländischer Journalistinnen und Journalisten.

2. Rügen für Vorverurteilungen und Diskriminierungen
(presserat.de)
Der Deutsche Presserat hat insgesamt 21 Rügen ausgesprochen, vor allem wegen Vorverurteilung, identifizierender Berichte, Diskriminierung, Sensationslust und mangelnder Sorgfalt in der Berichterstattung. Unter den gerügten Medien tauchen erneut Titel aus dem Axel-Springer-Konzern auf (“BZ” und mehrfach Bild.de), daneben waren auch andere Häuser betroffen, beispielsweise die “FAZ”, die “Berliner Zeitung” und Focus.de.

3. ARD, ZDF und das große Schweigen nach dem Beitrags-Knall
(dwdl.de, Timo Niemeier)
Wie Timo Niemeier bei “DWDL” berichtet, werde das Bundesverfassungsgericht erst 2026 über die Beschwerden von ARD und ZDF zum Rundfunkbeitrag entscheiden. In der Folge müssten die Sender die Zeit bis zu einer richterlichen Entscheidung mit Sparprogrammen und Rücklagen überbrücken, doch ohne schnelle oder rückwirkende Erhöhung seien Einschnitte wahrscheinlich. Damit komme auch die Reform der Rundfunkfinanzierung nicht voran, wodurch sich die Unsicherheit bis in die nächsten Haushalte verlängere.

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4. Gekaperte Medien gefährden Demokratie
(verdi.de, Bärbel Röben)
Bärbel Röben hat die Jahrestagung des Journalistinnenbundes (jb) in Leipzig besucht und ihre Eindrücke zusammengefasst. Susanne Baer, ehemalige Bundesverfassungsrichterin sowie Professorin für Öffentliches Recht und Geschlechterstudien, habe vor einer “gekaper­ten” Öffentlichkeit gewarnt und betont, Medienfreiheit sei an Würde und Gleichheit gebunden. Die Tübinger Medienforscherin Mandy Tröger sehe in Ostdeutschland Rückschritte bei Geschlechtergerechtigkeit, Vertrauensdefizite und eine Unterrepräsentation ostdeutscher Frauen in Redaktionen. Außerdem seien Projekte vorgestellt und jb-Preise für sensible Berichte über Gewalt gegen Frauen vergeben worden.

5. Wie die Bundesregierung das Fediverse fördern könnte
(netzpolitik.org, Markus Reuter)
Das Zentrum für Digitalrechte und Demokratie schlage ein Förderprogramm vor, das dezentrale und gemeinwohlorientierte Infrastrukturen wie das Fediverse und das AT-Protokoll stärken soll, um die Abhängigkeit von großen Tech-Plattformen zu verringern: “Neben diesen Maßnahmen solle auch die Bundesregierung mit gutem Beispiel vorangehen: Nach dem sogenannten +1-Prinzip sollten alle Ministerien mindestens eine gemeinwohlorientierte, dezentrale Plattform nutzen.”

6. “Wer liest heute schon noch gedruckte Zeitungen?”
(taz.de, Plutonia Plarre)
Die “taz” hat Jürgen Rademacher interviewt, der früher auch die “taz” druckte und sich im Alter von 57 Jahren zum S-Bahn-Fahrer ausbilden ließ. Rademacher erzählt vom harten Umstieg, von den Reizen des neuen Jobs zwischen Nachtschichten, Wetter und Verantwortung und davon, wie ihm Technikkenntnisse aus der Druckerei in der S-Bahn helfen. Er begrüßt den digitalen Kurs der “taz” und verweist dabei auf schwindende Leserschaft sowie die Umweltbelastung beim Drucken durch Papier, Farbe und Chemie.

YouTube kauft sich frei, Transparent statt geheim, Dauer-Provisorium

1. YouTube-Konzern Alphabet zahlt 24,5 Millionen Dollar, um Rechtsstreit mit Trump beizulegen
(spiegel.de)
Der YouTube-Mutterkonzern Alphabet überweise 24,5 Millionen US-Dollar, ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und in Donald Trumps Namen, an den “Trust for the National Mall”. Anscheinend will man damit einer Klage Trumps entgehen, dessen YouTube-Konto nach dem Sturm auf das Kapitol vorübergehend gesperrt worden war.
Weiterer Lesetipp: Investoren um Jared Kushner übernehmen Spielekonzern Electronic Arts: “Der Konzern hinter legendären Spielereihen wie »Die Sims« und »Fifa« wechselt die Besitzer. Zu den neuen Eigentümern gehören der Staatsfonds von Saudi-Arabien und die Firma des Schwiegersohns von Donald Trump.” (spiegel.de)

2. Transparenz statt Geheimhaltung
(djv.de, Hendrik Zörner)
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) kritisiert das Bundesgesundheitsministerium für dessen selektive Presseunterrichtungen und fordert transparente sowie faire Information aller Medien. Laut DJV seien jüngst nur handverlesene Journalistinnen und Journalisten eingeladen und zur Vertraulichkeit auch über die Einladung selbst verpflichtet worden. Mit Steuergeldern finanzierte Pressestellen seien der Öffentlichkeit verpflichtet. Willkürliche Zugangsbeschränkungen würden die Pressefreiheit gefährden und das Transparenzgebot verletzen.

3. Desinformation im NRW-Wahlkampf: Ein Blick in den Werkzeugkasten der Meinungsmanipulation
(dfjv.de, Steffen Konrath)
Laut einer Social-Media-Analyse zum NRW-Wahlkampf seien rund 26 Prozent der untersuchten Accounts Fake-Profile gewesen, die koordiniert Narrative verstärkt und Stimmung gemacht hätten. Solche Kampagnen würden den Diskurs verzerren, Mehrheiten simulieren und die Anfälligkeit sozialer Plattformen erhöhen. Dieser Entwicklung entgegenzuwirken, erfordere mehr Medienkompetenz und gezielte Gegenmaßnahmen.

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4. Wie der RBB aus seinem Dauer-Provisorium ausbrechen will
(dwdl.de, Timo Niemeier)
Bei “DWDL” fasst Timo Niemeier zusammen, wie der RBB aus seinem “Dauer-Provisorium” herauskommen wolle. Kern sei die Wahl eines neuen Programmdirektors. Parallel setze Intendantin Ulrike Demmer den Sparkurs über 22 Millionen Euro um, ordne Hauptabteilungen neu und plane Ausschreibungen im Herbst. Die vollständige Neuaufstellung des öffentlich-rechtlichen Senders dürfte erst 2026 abgeschlossen sein.

5. Finanzierungslücke: SWR setzt Sparkurs fort
(epd.de)
Beim öffentlich-rechtlichen SWR bestehe eine jährlichen Finanzierungslücke in Höhe von 70 Millionen Euro. Dies zwinge den Sender, seinen Sparkurs fortzusetzen: Verwaltung und Strukturen würden abgebaut, Programme gekürzt und zusammengelegt. “epd medien” hat die konkreten Auswirkungen auf Programm und Personalplanung zusammengefasst.

6. Kuck mal, wer da spricht
(taz.de, Caroline Smith)
In Deutschland würden synchronisierte Filme wegen der besseren Verständlichkeit und der emotionalen Nähe geschätzt, auch wenn junge, englischaffine Zuschauerinnen und Zuschauer häufiger zum Original greifen würden. Die Branche stehe jedoch in der Kritik und durch generative Künstliche Intelligenz unter Druck. Hoffnung gebe ein Berliner Urteil, das der Synchronsprecher Manfred Lehmann erstritten habe, die Stimme des US-Stars Bruce Willis.

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BILDblog-Klassiker

neu  

Von Katzen und dummen Menschen

Gestern berichtete “Bild”:

… und okay-okay, im letzten Absatz, ganz am Ende ihrer Berichterstattung hat “Bild” im Vornamen der darin zitierten Tierschützerin “Annelise Krauß” ein “e” vergessen. Aber selbst Anneliese Krauß findet das nicht so schlimm. Allerdings steht ihr Name natürlich nicht nur zum Spaß in “Bild”. Zitiert wird sie dort – und zwar wie folgt:

‘Das ist so schlimm wie grausame Tierversuche’, wettert Annelise Krauß vom Tierschutzverein Dresden.”

Und das sei nun wirklich “Quatsch”, sagt Krauß, wenn man sie fragt. Weil sie nämlich den von “Bild” zitierten Satz weder gewettert noch gesagt habe. Im Gegenteil: “Das wäre ja auch idiotisch,” sagt Krauß, “denn wenn es um tote Tiere geht, dann ist das ja kein Problem des Tierschutzes!” Zusammenfassend sagt uns die Tierschützerin über die Erfindung von Christian Koch (der laut “Bild” ja “aus Katzen Benzin machen” kann):

“Von unserer Seite ist daran nichts auszusetzen.”

Und genau so habe sie das im Übrigen auch zu “Bild” gesagt. (Aber, so Krauß weiter, wenn “der Herr Helfricht”, also einer der Autoren des “Bild”-Artikels, sie anrufe, dann wisse sie schon aus Erfahrung, dass hinterher Sachen in “Bild” stünden, die sie so gar nicht gesagt habe. Das gehe in Dresden schließlich schon über zehn Jahre so, so Krauß. — Und soviel vielleicht nur zum letzten Absatz des obigen Artikels.)

Kommen wir zum Rest, dem Eigentlichen, also darum, dass “Dr. Christian Koch (55) aus Kleinhartmannsdorf (Sachsen)”, wie es in “Bild” heißt, “aus Katzen Benzin machen” könne: Denn dass die “Benzin”-Überschrift Unsinn ist, verrät schließlich schon der dazugehörige “Bild”-Text selbst, weil darin nur von “Bio-Diesel” oder “Diesel” die Rede ist… Tatsächlich aber hat Koch offenbar eine ungewöhnliche und effektive Alternativmethode zur Treibstoffgewinnung entwickelt: die katalytische drucklose Verölung (KDV), über die beispielsweise schon der MDR im Mai 2003, 3sat im Juli 2004, die “Welt” im Januar 2005, die “Pirmasenser Zeitung” im Juli, der RBB vergangene Woche oder auch RTL berichteten. Und all diesen Berichten ist eines gemein: dass sie dem Gegenstand, über den sie (durchaus auch kritisch) berichten, gerecht werden.

“Bild” indes nennt Kochs Erfindung einen “Spezialreaktor” und schreibt Sätze wie diesen:

“Die Katzen-Kraft lässt sich theoretisch exakt berechnen: Aus einem ausgewachsenen 13-Pfund-Kater könnten 2,5 Liter Sprit entstehen, vier Miezen würden für 100 Kilometer reichen, für eine Tankfüllung wären 20 tote Katzen erforderlich.”

Und fragt man einfach mal nach bei dem “Mann, der (Stuben-)Tiger in den Tank packen kann” (“Bild”), antwortet Christian Koch, der “Bild”-Bericht habe “nichts mit der Wahrheit zu tun” und sei “zudem grenzenlos dumm”. Koch weiter:

“Wie kann man mit gekochtem tierischen Material Auto fahren? Wasser würde jeden Motor sofort zum Stillstand bringen. Hier wird an die niedrigsten Instinkte von dummen Menschen appelliert, um eine wertvolle Entwicklung zu verunglimpfen. (…) Mir zu unterstellen, dass ich mit Tierkadavern herumhantiere, ist kriminell. Das ist nicht im geringsten der Inhalt der Entwicklung und kann deshalb nur als gezielte Verleumdung angesehen werden.”

Auf der Website von Kochs Firma heißt es zudem inzwischen:

Mit Dank an Jan S. für die Anregung.
 
Nachtrag, 12:15:
“Bild” hat die Sache mit der “Katzen-Kraft” heute noch einmal aufgegriffen:

Darf man aus Katzen wirklich Benzin machen?

Doch wenn es jetzt etwas vorsichtiger als gestern heißt, dass Christian Koch “theoretisch auch aus Katzen” Bio-Diesel herstellen “könnte”, wenn jetzt nicht Koch, sondern ein Konkurrent die gestern von “Bild” aus der Luft gegriffene Skandalisierung zurechtrücken darf, wenn nun auch die gelassene Position der Tierschützer weniger sinnenstellend als gestern wiedergegeben wird und sich im heutigen “Bild”-Bericht immerhin ein einziger halbwegs sinnvoller Satz (“Die Diskussion ist überflüssig”) wiederfindet, dann macht das alles den Nonsens von gestern weder ungeschehen noch besser — und sei es nur deshalb, weil es “Bild” offenbar immer noch nicht gelingen will, zwischen “Benzin” (Überschrift) und “Diesel” (Text) zu unterscheiden…

Mehr dazu hier und hier.