Suchergebnisse für ‘totgerast’

Die Opfer von “Bild” (11)

So sieht es aus, wenn ein “Bild”-Reporter witwenschügewissenhaft recherchiert:

Screenshot von BILD.de: Ein Foto von drei Personen, die auf einem Sofa sitzen; links eine Frau, in der Mitte ein Mann, der Fotos in der Hand hält, rechts ein weiterer Mann; dazu die Bildunterschrift: "Zwei Monate nach dem Unfall auf dem Gardasee, bei dem [Name] und [Name] totgerast wurden, trifft BILD-Reporter Jörg Völkerling [Name]s Eltern [Name] und [Name] in Maderno. Foto: Stefano Laura"
(Unkenntlichmachung von uns.)

Die Eltern, neben denen “Bild”-Mann Jörg Völkerling hier auf dem Sofa sitzt, haben vor Kurzem Ihre Tochter verloren. Sie starb mit ihrem Lebensgefährten bei einer Bootskollision auf dem Gardasee, die zwei Männer aus Deutschland verursacht haben sollen.

Bebildert ist der Artikel auch mit einem Foto der verstorbenen Frau, das der Reporter laut eigenen Angaben von den Eltern mitgegeben bekommen hat (und das auch davor schon oft von “Bild” veröffentlicht worden war):

Screenshot von BILD.de: Ein Foto einer Trauerkarte, auf dem die verstorbene Frau abgebildet ist, dazu ihr Name, ihr Geburts- und Todesdatum; dazu die Bildunterschrift: "Diese Trauerkarte haben die Eltern dem BILD-Reporter mitgegeben. [Name] ertrank mit ihrem Freund, nachdem sie von zwei Deutschen auf dem See überfahren wurde. Foto: Robert Gongoli"
(Unkenntlichmachung von uns. Die Eltern haben „Bild“ zwar offenbar eine Erlaubnis gegeben, doch es kommt immer wieder vor, dass Angehörige diese Entscheidung im Nachhinein bereuen.)

Solche Mühe machen sich die Leute von “Bild” aber eher selten, um an Fotos von Opfern zu gelangen. Oft reicht ihnen schon ein schneller Beutezug durch die Sozialen Netzwerke. Wie im Fall zweier Kinder, die bei Überschwemmungen in den USA ums Leben kamen und dann unverpixelt in der “Bild”-Zeitung und auf der Startseite von Bild.de zu sehen waren:

Screenshot von der BILD.de-Startseite: "Todesflut reißt Vater Zwillinge aus den Armen - beide tot", dazu ein Foto derÜberschwemmungen, ein Foto der Kinder und der rot hinterlegte Button "MIT VIDEO"
(Unkenntlichmachung von uns.)

Das Foto hat “Bild” sich auf Facebook besorgt.

Ebenso wie das einer Familie, deren Vater in Florida erschossen wurde:

Screenshot von der BILD.de-Startseite: "Vater eiskalt erschossen - weil er sein Baby schützen wollte", dazu ein großes Foto der Familie
(Unkenntlichmachung von uns.)

Auch in ausländischen Medien besorgt sich die “Bild”-Redaktion immer wieder Fotos von Opfern. Etwa das eines zweijährigen Mädchens, das in Brasilien durch einen Stromschlag ums Leben kam:

Screenshot von der BILD.de-Startseite: "STROMSCHLAG! Mädchen (2) stirbt durch Handy-Ladegerät", dazu ein Foto des Mädchens und ihrer Mutter
(Unkenntlichmachung von uns.)

Oder das zweier Brüder aus den USA, die innerhalb von zwölf Stunden beide an Corona starben:

Screenshot von der BILD.de-Startseite: "Sie starben innerhalb von 12 Stunden - Mutter verliert ungeimpfte Söhne an Corona", dazu ein großes Foto der Mutter und ihrer Söhne
(Unkenntlichmachung von uns.)

All diese Artikel sind innerhalb einer einzigen Woche (23. Bis 29. August) erschienen. Insgesamt veröffentlichten die “Bild”-Medien in diesem Zeitraum mindestens 35 Mal Fotos von Menschen, die Opfer eines Unglücks oder Verbrechens geworden sind, davon acht Mal Kinder. Die meisten davon waren, wie üblich, in keiner Weise unkenntlich gemacht.

Dabei hat “Bild” in der gleichen Woche selbst gezeigt, dass es auch anders geht:

Screenshot von der BILD.de-Startseite: "Vor den Augen ihrer Cousine - Frau stürzt 50 Meter in den Tod - wegen TikTok-Video"

Verpixelt wurden die Gesichter in diesem Fall nicht von uns, sondern von “Bild”.

Warum die beiden – im Gegensatz zu so vielen anderen – nicht gezeigt werden, erklärt “Bild” nicht. Klar ist aber: Geklickt und verbreitet wurde der Artikel trotzdem; allein bei Facebook sammelte er tausende Reaktionen. Dass diese Tatsache in der “Bild”-Redaktion die Erkenntnis reifen lässt, dass eben nicht jede Tragödie ein Gesicht braucht, wäre aber wohl doch zu viel erwartet.

***

Nach einem Verbrechen oder Unglück in Social-Media-Profilen zu wühlen und daraus Fotos der Opfer zu veröffentlichen, ist redaktioneller Alltag bei “Bild”. Häufig erscheinen solche Fotos ohne jede Verpixelung und ohne Zustimmung der Angehörigen oder Hinterbliebenen.

In vielen Fällen werden Freunde, Kollegen oder Familienmitglieder sogar von Reportern bedrängt, damit sie Fotos der Menschen herausrücken, die sie gerade verloren haben.

“Bild” begründet die Veröffentlichung solcher Bilder damit, dass “nur so” die Tragik “deutlich und fassbar” werde.

Wie jedoch viele Betroffene selbst darüber denken, kann man zum Beispiel hier nachlesen. Dort sagt der Vater eines Mädchens, das beim Amoklauf von Winnenden getötet wurde und deren Foto in den Tagen darauf immer wieder in der “Bild”-Zeitung erschien:

Die “Bild”-Zeitung und andere, auch Fernsehsender, ziehen Profit aus unserem Leid! Dreimal hintereinander sind Bilder [unserer Tochter] erschienen, ohne dass wir das gewollt hätten. Wir hätten das nie erlaubt. Die reißen die Bilder an sich und fragen nicht danach, was wir Hinterbliebenen denken und fühlen.

Pressekodex Richtlinie 8.2

Die Identität von Opfern ist besonders zu schützen. Für das Verständnis eines Unfallgeschehens, Unglücks- bzw. Tathergangs ist das Wissen um die Identität des Opfers in der Regel unerheblich. Name und Foto eines Opfers können veröffentlicht werden, wenn das Opfer bzw. Angehörige oder sonstige befugte Personen zugestimmt haben, oder wenn es sich bei dem Opfer um eine Person des öffentlichen Lebens handelt.

In einem Interview in unserem Buch sagt ein anderer Betroffener, dessen Bruder bei einem Skiunfall gestorben ist und später ohne Erlaubnis der Angehörigen groß auf der Titelseite der ”Bild”-Zeitung zu sehen war:

Das war eines der schlimmsten Dinge an der Geschichte: Dass die “Bild” die Kontrolle darüber hat, mit welcher Erinnerung mein Bruder geht. Dass das letzte Bild von der “Bild”-Zeitung kontrolliert wird und nicht von ihm selbst oder von uns.

Auch in anderen Medien kommt es vor, dass solche Fotos veröffentlicht werden. Doch niemand macht es so häufig und so eifrig wie “Bild”. Mehr als die Hälfte aller Rügen, die der Presserat je gegen die “Bild”-Medien ausgesprochen hat, bezog sich auf die unzulässige Veröffentlichung von Opferfotos.

Um zu verdeutlichen, in welchem Ausmaß “Bild” auf diese Weise Profit aus dem Leid von Menschen zieht, wollen wir hier regelmäßig dokumentieren, wie häufig die “Bild”-Medien solche Fotos veröffentlichen.

Die Opfer von “Bild” (10)

Vor dem Landgericht Kiel läuft zurzeit ein Prozess gegen einen Mann, der zwei Frauen getötet haben soll. “Bild” berichtet ausführlich darüber und zeigt dabei immer wieder unverpixelte Fotos der Opfer:

Screenshot von der BILD.de-Startseite: "Polizei-Pannen im Fall des mutmaßlichen Prostituierten-Killers - KÖNNTE SIE NOCH LEBEN?", dazu ein Foto eines der Opfer und ein Foto des Verdächtigen
(Unkenntlichmachungen von uns.)

Vor dem Landgericht Berlin läuft zurzeit ein Prozess gegen einen Mann, der einen Mann getötet haben soll. “Bild” berichtet auch darüber ausführlich und zeigt dabei immer wieder Fotos des Opfers. Bloß: Während die Frauen im oben genannten Fall von “Bild” keinerlei Unkenntlichmachung bekommen, wird das Gesicht des männlichen Opfers jedes Mal verpixelt, zumindest seine Augenpartie:

Screenshot von der BILD.de-Startseite: "'Kannibale von Pankow' vor Gericht - Opfer kam mit Bier und Viagra zum Date", dazu ein Foto des Verdächtigen vor Gericht, der sein Gesicht mit einem Ordner bedeckt, sowie ein Porträtfoto des Opfers
(Unkenntlichmachung der Augen von “Bild”, restliche Unkenntlichmachung von uns.)

Daran lässt sich, wie so oft, die Willkür erkennen, die “Bild” bei der Unkenntlichmachung von Opfern walten lässt. Warum der Mann, die Frauen aber nicht? Und warum nur teilweise und nicht komplett?

In einem anderen Fall, bei einer Familie, die in Italien bei einem Seilbahnunglück ums Leben kam, hat “Bild” hingegen alle Gesichter vollständig verpixelt:

Screenshot von BILD.de: Ein Foto einer Familie, dazu die Bildunterschrift: "[Name]s Mutter [Name] (✝26), sein Vater [Name] (✝30) und sein Brüderchen [Name] (✝2) starben bei dem Unglück. Die Familie des Jungen hat BILD das Foto zur Verfügung gestellt. Foto: Facebook"
(Unkenntlichmachung der Gesichter von “Bild”, Unkenntlichmachung der Namen von uns.)

Das – und die Tatsache, dass in diesem Fall offenbar die Zustimmung der Angehörigen vorlag – ist jedoch die absolute Ausnahme. In der Regel gibt es weder eine Erlaubnis noch eine Unkenntlichmachung. (Hinzu kommt in diesem Fall: “Bild” hat zwar die Gesichter verpixelt, nennt aber so viele persönliche Details, dass sie trotzdem problemlos identifizierbar sind.)

Es kommt auch immer mal wieder vor, dass ein Gesicht online verpixelt ist, in der Printausgabe aber nicht. Und es kommt auch vor, dass “Bild”, wenn man fragt, warum das so ist, für den Hinweis dankt und das Gesicht online wieder entpixelt.

Diese Willkür herrscht nicht nur bei den Fotos von Opfern, sondern auch von Tätern und Verdächtigen. Etwa in den Beispielen vom Anfang: Den Angeklagten im Berliner Mordprozess zeigt “Bild” nur mit schwarzem Augenbalken. Im Kieler Mordprozess bekommt der Angeklagte hingegen keinen schwarzen Balken.

Und in einem anderen Fall erklärt “Bild” mit spürbarem Widerwillen:

Screenshot einer Bildunterschrift auf BILD.de: "Dieser Mann soll einer der brutalen Schläger sein. Wegen seiner Persönlichkeitsrechte muss BILD ihn unkenntlich machen. Foto: privat"

In den meisten Fällen aber spricht die Redaktion sowohl Verdächtigen als auch Opfern die Persönlichkeitsrechte kurzerhand ab und zeigt sie ohne jede Verpixelung.

***

Insgesamt veröffentlichten die “Bild”-Medien in jener Woche (16. bis 22. August) mindestens 16 Mal Fotos von Menschen, die Opfer eines Unglücks oder Verbrechens geworden sind. (Dass die Zahl diesmal relativ niedrig ist, liegt vermutlich daran, dass in diesem Zeitraum die Ereignisse in Afghanistan, die bevorstehende Bundestagswahl und der Start von “Bild TV” einen großen Teil der Berichterstattung einnahmen.) In drei Fällen waren die Gesichter verpixelt, in zwei Fällen die Augen. In zwölf Fällen verzichtete “Bild” auf jede Unkenntlichmachung.

Gezeigt wurde zum Beispiel das Gesicht eines Mannes, der starb, als er eine ertrinkende Frau retten wollte:

Ausriss aus der BILD-Zeitung: "[Name] (47) wollte Urlauberin helfen - beide tot! - RETTUNGSSCHWIMMER von Sylt starb als Held", dazu ein Foto des Strands, ein Foto des Wohnwagens des Mannes und ein großes Foto von ihm selbst
(Unkenntlichmachungen von uns.)

Und das Gesicht eines 11-jährigen Jungen, der 2004 getötet wurde:

Screenshot von BILD.de: Ein großes Porträtfoto des Jungen, dazu die Bildunterschrift: "Der 11-jährige [Name] wurde 2004 verschleppt und getötet"
(Unkenntlichmachungen von uns.)

Und erneut das Gesicht eines Mannes, der nach einer Partynacht ertrunken ist:

Screenshot von der BILD.de-Startseite: "Knast, weil sie ihren Kumpel ertrinken ließen", dazu ein großes Foto des Opfer, zwei Fotos der Angeklagten sowie das Bild-Plus-Logo
(Unkenntlichmachungen von uns.)

Und erneut die Gesichter eines Paares, das bei einer Bootskollision ums Leben kam:

Screenshot von der BILD.de-Startseite: "Deutsche sollen junges Paar auf Gardasee totgerast haben - DAS zeigen die Aufnahmen einer Überwachungskamera", dazu ein Bild der Überwachungskamera sowie zwei Porträtfotos der Opfer
(Unkenntlichmachungen von uns.)

Und erneut das Gesicht einer Frau, die von ihren Brüdern getötet worden sein soll:

Screenshot von der BILD.de-Startseite: "Polizei findet wichtigen Zeugen - Taxifahrer fuhr die Killer-Brüder von [Name] zum Bahnhof", dazu ein Foto des Taxis sowie ein Foto der Frau
(Unkenntlichmachung von uns.)

Als Quelle steht unter den meisten dieser Fotos: “Privat”.

***

Nach einem Verbrechen oder Unglück in Social-Media-Profilen zu wühlen und daraus Fotos der Opfer zu veröffentlichen, ist redaktioneller Alltag bei “Bild”. Häufig erscheinen solche Fotos ohne jede Verpixelung und ohne Zustimmung der Angehörigen oder Hinterbliebenen.

In vielen Fällen werden Freunde, Kollegen oder Familienmitglieder sogar von Reportern bedrängt, damit sie Fotos der Menschen herausrücken, die sie gerade verloren haben.

“Bild” begründet die Veröffentlichung solcher Bilder damit, dass “nur so” die Tragik “deutlich und fassbar” werde.

Wie jedoch viele Betroffene selbst darüber denken, kann man zum Beispiel hier nachlesen. Dort sagt der Vater eines Mädchens, das beim Amoklauf von Winnenden getötet wurde und deren Foto in den Tagen darauf immer wieder in der “Bild”-Zeitung erschien:

Die “Bild”-Zeitung und andere, auch Fernsehsender, ziehen Profit aus unserem Leid! Dreimal hintereinander sind Bilder [unserer Tochter] erschienen, ohne dass wir das gewollt hätten. Wir hätten das nie erlaubt. Die reißen die Bilder an sich und fragen nicht danach, was wir Hinterbliebenen denken und fühlen.

Pressekodex Richtlinie 8.2

Die Identität von Opfern ist besonders zu schützen. Für das Verständnis eines Unfallgeschehens, Unglücks- bzw. Tathergangs ist das Wissen um die Identität des Opfers in der Regel unerheblich. Name und Foto eines Opfers können veröffentlicht werden, wenn das Opfer bzw. Angehörige oder sonstige befugte Personen zugestimmt haben, oder wenn es sich bei dem Opfer um eine Person des öffentlichen Lebens handelt.

In einem Interview in unserem Buch sagt ein anderer Betroffener, dessen Bruder bei einem Skiunfall gestorben ist und später ohne Erlaubnis der Angehörigen groß auf der Titelseite der ”Bild”-Zeitung zu sehen war:

Das war eines der schlimmsten Dinge an der Geschichte: Dass die “Bild” die Kontrolle darüber hat, mit welcher Erinnerung mein Bruder geht. Dass das letzte Bild von der “Bild”-Zeitung kontrolliert wird und nicht von ihm selbst oder von uns.

Auch in anderen Medien kommt es vor, dass solche Fotos veröffentlicht werden. Doch niemand macht es so häufig und so eifrig wie “Bild”. Mehr als die Hälfte aller Rügen, die der Presserat je gegen die “Bild”-Medien ausgesprochen hat, bezog sich auf die unzulässige Veröffentlichung von Opferfotos.

Um zu verdeutlichen, in welchem Ausmaß “Bild” auf diese Weise Profit aus dem Leid von Menschen zieht, wollen wir hier regelmäßig dokumentieren, wie häufig die “Bild”-Medien solche Fotos veröffentlichen.

Die Opfer von “Bild” (8)

Vor Kurzem ist eine 34-jährige Frau, die vor einigen Jahren aus Afghanistan nach Deutschland geflüchtet war und in Berlin lebte, ermordet worden. Unter dringendem Tatverdacht stehen ihre beiden Brüder, die sich laut Haftbefehl “gekränkt gefühlt haben” sollen, “weil das Leben ihrer geschiedenen Schwester nicht ihren Moralvorstellungen entsprochen hatte”.

Seit Bekanntwerden des Falls ist die “Bild”-Redaktion entschieden damit beschäftigt, ihn für ihre eigene politische Agenda zu nutzen. So erschien zum Beispiel vergangene Woche ein “Bild”-Kommentar (“Wo bleibt der Aufschrei?”), in dem gefordert wird, dass es endlich ein Stoppschild geben müsse für Männer, “die in Deutschland Asyl suchen, aber die freiheitlichen Gesetze und Werte dieses Landes mit Füßen treten”. Geschimpft wird vor allem auf “die Politik”, weil es von ihr “nur dröhnendes Schweigen” gebe:

Aus Angst, in die rechte Ecke gestellt zu werden, oder weil die Diskussion darüber ungemütlich werden könnte.

Solange die Politik hier schweigt, die Dinge nicht offen benennt und nicht konsequent Maßnahmen wie Abschiebung ergreift, schützt sie die falschen – die Täter.

In einem weiteren “Bild”-Kommentar zu dem Mordfall war zuvor schon die “bittere Wahrheit” beklagt worden, dass “die Politik” zu leise und untätig sei:

Wir brauchen eine Strategie gegen die kranken Vorstellungen und Denkweisen einiger Migranten, um solche Taten auf deutschem Boden zu verhindern!

Dazu braucht es vor allem eine Migrationspolitik, die verhindert, dass solche Ideologien überhaupt erst Fuß fassen können. Es gibt diese Denkweisen in Deutschland nämlich ursprünglich nicht, sie sind gemeinsam mit den Männern nach Europa eingewandert.

Die deutsche Migrationspolitik, “sofern man diese überhaupt als solche bezeichnen kann”, sei “gescheitert”.

Screenshot von der BILD.de-Startseite: "Kommentar zum Mord an Afghanin [...] in Berlin - Gescheiterte Migrationspolitik!", dazu ein Foto der Frau sowie als Hintergrundbild ein Foto des Erdlochs, in dem die Leiche der Frau gefunden wurde

Bebildert ist der Kommentar mit einem unverpixelten Foto der Frau. Wir haben es unkenntlich gemacht, weil unklar ist, auf welchem Weg es beschafft wurde (es sieht aus wie ein abfotografiertes Passfoto), und wir Zweifel daran haben, dass “Bild” zuvor die Erlaubnis der Angehörigen eingeholt hat, mit dem Gesicht der ermordeten Frau für eine härtere Abschiebepolitik zu kämpfen.

***

Insgesamt veröffentlichten die “Bild”-Medien innerhalb einer Woche mindestens 29 Mal Fotos von Menschen, die Opfer eines Unglücks oder Verbrechens geworden sind.

Nur in einem Fall hatten Angehörige der Veröffentlichung laut “Bild”-Angabe zugestimmt (bei einem Kind, dessen Eltern bei einem Seilbahnunglück gestorben sind). Und nur in diesem einen Fall war das Gesicht verpixelt – in 28 Fällen gab es keinerlei Unkenntlichmachung.

***

Bild.de veröffentlichte zum Beispiel das Gesicht einer Frau, die von ihrem Ehemann erschossen wurde (der Mann wird ebenfalls unverpixelt gezeigt):

Screenshot von der BILD.de-Startseite: "[...] erschoss seine Frau und ihren Liebhaber - Der Ehe-Terror des Killer-Zahnarztes", dazu ein Foto des Mannes und ein Foto der Frau

Und das Gesicht einer Frau, die in der Türkei ermordet wurde (Quelle: TikTok):

Screenshot von der BILD.de-Startseite: "Stückel-Mord schockiert Türkei - Täter (48) ritzte seinen Namen in tote Studentin (21)", dazu ein Foto der Frau

Und das Gesicht einer Frau, die bei einem Tigerangriff in Chile starb:

Screenshot von der BILD.de-Startseite: "Tödliches Drama in Chile - Safaripark-Angestellte von Tiger zerfleischt", dazu ein großes Foto der jungen Frau

Und die Gesichter zweier Frauen, die Anfang des Jahres in Hamburg getötet wurden:

Screenshot von der BILD.de-Startseite: "[...] (29) tötete Mutter, Freundin und Hund - Bei der Festnahme übermalte er das Blut gerade mit Farbe", dazu ein Foto vom Abtransport einer Leiche sowie zwei Porträtfotos der Frauen

Und die Gesichter zweier Frauen, die in Schleswig-Holstein mutmaßlich vom selben Täter ermordet wurden:

Screenshot von der BILD.de-Startseite: "Profiler Hofmann über Doppelmörder [...] - 'Töten bedeutet Gott spielen'", dazu ein Foto des Mannes sowie zwei Fotos der Frauen
Screenshot von der BILD.de-Startseite: "Mutmaßlicher Doppelmörder [...] (41) - Staatsanwältin sicher - Er sah ihnen beim Ersticken zu", dazu ein Fotos des Mannes sowie zwei Fotos der Frauen

Die Fotos hatte die Polizei während der Ermittlungen veröffentlicht, um Hinweise aus der Bevölkerung zu erhalten. Seit aber ein Verdächtiger verhaftet wurde, und der Prozess gegen ihn begonnen hat, zeigen viele Medien (sogar Boulevardblätter) die Fotos der Frauen höchstens verpixelt. Die “Bild”-Redaktion veröffentlicht sie weiter ohne Unkenntlichmachung.

“Bild” und Bild.de zeigten auch, wie schon in den Wochen zuvor, Facebookfotos einer Frau, die sie “Die Tote aus dem Nazi-Bunker” nennen:

Screenshot von der BILD.de-Startseite: "26-Jährige in Nazi-Bunker umgebracht - [...] Ex-Freund bestreitet den Mord", dazu ein Foto des Verdächtigen bei seiner Festnahme sowie ein Foto der Frau
Ausriss aus der BILD-Zeitung: "Mordfall [...] - Ex-Freund bestreitet die Tat", dazu ein Foto der Frau

Und, wie ebenfalls in den Wochen zuvor, Fotos eines Paares, das bei einer Bootskollision ums Leben kam:

Screenshot von der BILD.de-Startseite: "[...] und [...] auf dem Gardasee totgerast - Auf dem zertrümmerten Boot liegen noch ihre Schuhe - Untersuchungen werfen neue Fragen auf", dazu ein Foto eines Schuhs auf dem Boot sowie zwei Fotos der Opfer
Screenshot von der BILD.de-Startseite: "[...] und [...] auf dem Gardasee totgerast - Sollte der Unfall vertuscht werden?", dazu ein Foto eines Bootes und zwei Fotos der Opfer

Veröffentlicht wurde auch ein Foto eines Ehepaares, das bei den Waldbränden in der Türkei ums Leben kam – sowohl auf der Bild.de-Startseite als auch auf der Titelseite und noch mal groß im Innenteil der gedruckten Bundesausgabe:

Screenshot von der BILD.de-Startseite: "Deutsches Ehepaar stirbt in Flammenhölle von Antalya - Feuertod, weil sie ihre Hunde retten wollten", dazu ein großes Foto des Paares
Titelseite der BILD-Zeitung: "Sie wollten ihre Hunde aus der Feuerhölle retten - Deutsches Ehepaar in der Türkei verbrannt", dazu ein Foto des Paares
Ausriss aus dem Innenteil der BILD-Zeitung: "Deutsches Auswanderer-Paar stirbt in Flammenhölle von Antalya - FEUERTOD, weil sie ihre Hunde retten wollten", dazu ein großes Foto des Paares, ein Foto einer ihrer Hunde und Fotos ihres verbrannten Hauses

Quelle des Fotos: “PRIVAT”.

***

Seit zwei Monaten beobachten wir diese Praxis nun etwas genauer. In dieser Zeit haben die “Bild”-Medien mindestens 253 Mal Fotos von Menschen gezeigt, die Opfer eines Unglücks oder Verbrechens geworden sind. In 24 Fällen von Minderjährigen.

Nur in neun Fällen haben Angehörige der Veröffentlichung laut “Bild”-Angabe zugestimmt.

In sieben Fällen waren die Augen verpixelt, in zwölf Fällen die Gesichter. In 234 Fällen verzichtete “Bild” auf jede Unkenntlichmachung.

***

Nach einem Verbrechen oder Unglück in Social-Media-Profilen zu wühlen und daraus Fotos der Opfer zu veröffentlichen, ist redaktioneller Alltag bei “Bild”. Häufig erscheinen solche Fotos ohne jede Verpixelung und ohne Zustimmung der Angehörigen oder Hinterbliebenen.

In vielen Fällen werden Freunde, Kollegen oder Familienmitglieder sogar von Reportern bedrängt, damit sie Fotos der Menschen herausrücken, die sie gerade verloren haben.

“Bild” begründet die Veröffentlichung solcher Bilder damit, dass “nur so” die Tragik “deutlich und fassbar” werde.

Wie jedoch viele Betroffene selbst darüber denken, kann man zum Beispiel hier nachlesen. Dort sagt der Vater eines Mädchens, das beim Amoklauf von Winnenden getötet wurde und deren Foto in den Tagen darauf immer wieder in der “Bild”-Zeitung erschien:

Die “Bild”-Zeitung und andere, auch Fernsehsender, ziehen Profit aus unserem Leid! Dreimal hintereinander sind Bilder [unserer Tochter] erschienen, ohne dass wir das gewollt hätten. Wir hätten das nie erlaubt. Die reißen die Bilder an sich und fragen nicht danach, was wir Hinterbliebenen denken und fühlen.

Pressekodex Richtlinie 8.2

Die Identität von Opfern ist besonders zu schützen. Für das Verständnis eines Unfallgeschehens, Unglücks- bzw. Tathergangs ist das Wissen um die Identität des Opfers in der Regel unerheblich. Name und Foto eines Opfers können veröffentlicht werden, wenn das Opfer bzw. Angehörige oder sonstige befugte Personen zugestimmt haben, oder wenn es sich bei dem Opfer um eine Person des öffentlichen Lebens handelt.

In einem Interview in unserem Buch sagt ein anderer Betroffener, dessen Bruder bei einem Skiunfall gestorben ist und später ohne Erlaubnis der Angehörigen groß auf der Titelseite der ”Bild”-Zeitung zu sehen war:

Das war eines der schlimmsten Dinge an der Geschichte: Dass die “Bild” die Kontrolle darüber hat, mit welcher Erinnerung mein Bruder geht. Dass das letzte Bild von der “Bild”-Zeitung kontrolliert wird und nicht von ihm selbst oder von uns.

Auch in anderen Medien kommt es vor, dass solche Fotos veröffentlicht werden. Doch niemand macht es so häufig und so eifrig wie “Bild”. Mehr als die Hälfte aller Rügen, die der Presserat je gegen die “Bild”-Medien ausgesprochen hat, bezog sich auf die unzulässige Veröffentlichung von Opferfotos.

Um zu verdeutlichen, in welchem Ausmaß “Bild” auf diese Weise Profit aus dem Leid von Menschen zieht, wollen wir hier regelmäßig dokumentieren, wie häufig die “Bild”-Medien solche Fotos veröffentlichen.

Nach dem Geständnis verschwindet der Balken

Dienstagabend um 22:04 Uhr hatte Jan G. aus Sicht der Bild.de-Redakteure noch Anspruch auf etwas Anonymität:

Bis Mittwochvormittag um 11:48 Uhr wurde der schwarze Balken über seinen Augen zwar schon deutlich schmaler, aber es gab ihn immerhin noch:

28 Minuten später, um 12:16 Uhr, verkündete Bild.de das Geständnis des Mannes, der vorgestern erst seine Großmutter mit einem Messer tötete und anschließend, auf der Flucht, zwei Polizisten zu Tode fuhr. Diese schrecklichen Taten begann er offenbar unter starkem Einfluss von Drogen.

Um 15:32 Uhr am Mittwoch präsentierte Bild.de den Artikel von 12:16 Uhr weiterhin auf der Startseite, allerdings mit einem neue Teaserbild, das die Grafikabteilung extra neu zusammengebastelt hat. Das Portal zeigt Jan G. nun ohne Augenbalken (alle folgenden Verpixelungen stammen von uns):

Seitdem ist Jan G. bei Bild.de klar zu erkennen. Zum Beispiel in dieser Teaseroptik von gestern (20:57 Uhr) …

… oder in dieser von heute:


(Hier ist von “5 Menschen” die Rede, weil Bild.de noch einen anderen Fall, der nichts mit Jan G. zu tun hat, zum “JUSTIZ-VERSAGEN” hinzurechnet.)

Bei der “Bild”-Zeitung konnte man die gleiche Entwicklung verfolgen. Auf der Titelseite von gestern gönnte die Redaktion Jan G. noch einen Augenbalken:

Heute, auf Seite 3, gibt es den nicht mehr:

Warum zeigen die “Bild”-Medien Jan G. zuerst mit Augenbalken und dann ohne? Schließlich stand für sie ja bereits vor seinem Geständnis fest, dass er ein “Oma-Mörder” ist und “POLIZISTEN TOTGERAST” hat. Warum also nicht schon am Mittwochmorgen das komplette Gesicht des Mannes zeigen? Legt man im Gedankenkosmos der “Bild”-Mitarbeiter mit einem Geständnis automatisch auch seine Persönlichkeitsrechte ab? Und worin liegt der Vorteil für die Leserschaft, einen Täter erkennen zu können, der längst festgenommen ist — von dem also aktuell keine Gefahr mehr ausgeht?

Was ebenfalls eher für eine Anonymisierung von Jan G. spricht: Er scheint seit längerer Zeit unter einer psychischen Erkrankung zu leiden, was seine grausame Tat natürlich nicht entschuldigt. Von den psychischen Problemen wissen auch die “Bild”-Mitarbeiter. In ihrem Artikel “Die kaputte Welt des Oma-Killers” schreiben sie darüber.

Mit Dank an Frelsi K., Till W. und Christoph H. für die Hinweise!

Nachtrag, 20:13 Uhr: Bei “RTL” war Jan G. gestern Abend ebenfalls ohne Unkenntlichmachung zu sehen:


(Auch hier stammt die Verpixelung von uns.)

Mit Dank an Sam für den Hinweis!

“Bild”-Reporter bei mieser Recherche erwischt

Ein BILDblog-Leser schilderte uns vorgestern folgendes Erlebnis:

Am heutigen Montag, dem 4. August, hatte ich einen handgeschriebenen Zettel im Briefkasten auf dem stand “Lieber            , bitte ruf mich an Jörg Bergmann” und eine Handynummer (siehe Ausriss). Mein Vater hatte den Zettel gefunden, und weil ich keinen Jörg Bergmann kenne, rief mein Vater die Handy-Nummer an. Er gab sich zunächst als ich aus, reichte das Telefon aber kurz darauf an mich weiter. Der Mann am anderen Ende erklärte kurz, er sei Journalist, und sagte, es ginge um einen gewissen Stefan B. und ob ich mit ihm befreundet sei. Auf meine Frage, für welche Zeitung er denn arbeitet, antwortete der Mann zunächst nur, er sei freier Journalist. Aber ich wollte es genauer wissen und bekam etwas zögerlich zur Antwort: “Konkret für die ‘B.Z.’ und ‘Bild’.”

Ich gab dem Mann deutlich zu verstehen, dass er nichts von mir erfahren wird, und dass er keine Zitate von mir veröffentlichen darf. Daraufhin sagte der Mann, dass das dann so am nächsten Tag in der Zeitung stehen würde. Mir kam das ein wenig wie eine Drohung vor. Ich sagte dem Mann, dass ich auf keinen Fall Bestandteil der Berichterstattung werden möchte und dass er nicht mehr anrufen soll. Damit war das Gespräch beendet und ich kontaktierte noch einige Leute, die Stefan B. auch kannten, und riet ihnen, nicht mit Journalisten über Stefan B. zu reden. Zum Wohle Stefans, seiner Eltern und ihrem eigenen.

Soweit die Schilderung unseres Lesers.

Gestern fand sich dann folgende Meldung in der “Bild”-Zeitung:

"Abiturient (20) rast gegen Baum – tot!"

Abiturient Stefan B. (20) ist im grünen Skoda seiner Eltern unterwegs. Er ist mit der Schule fertig, wartet auf einen Studienplatz. Medizin oder Psychologie will der Musterschüler (Abischnitt 1,6) vom            -Gymnasium in             studieren. Doch dann rast der junge Mann gegen einen Straßenbaum. (…)

Bergmann in “Bild”:

  • “Sex-Unfall: Foto-Model (20) tot nach Fessel-Spielen”
    (31.7.2008)
  • “Anna (11) in diesem Keller vergewaltigt – Straßenmusiker festgenommen”
    (23.7.2008)
  • “Ihr Herz schlägt jetzt in der Brust eines 7-Jährigen: Michelle (15) totgerast”
    (16.2.2008)
  • “Mädchen (6) auf Schulweg vergewaltigt – Polizei jagt Mann mit weißen Schuhen”
    (31.1.2008)
  • “Liebes-Terror! Anna (13) schickte Prügel-Bande zu ihrem Ex”
    (29.1.2008)

Es ist keine besonders große Geschichte. Vielleicht gab es nichts übermäßig Aufregendes oder gar Skandalöses über Stefan B. zu berichten. Vielleicht hatte Bergmann bei anderen Mitschülern von Stefan B. genauso wenig Glück wie bei unserem Leser. Vielleicht gab es aber auch Wichtigeres.

Anscheinend hat Bergmann aber immerhin ein Foto des tödlich Verunglückten auftreiben können, wie sich aus einem Foto-Nachweis ergibt. Es ist ein wenig unscharf, und Bergmann könnte es aus einem Internet-Angebot wie StudiVZ oder SchülerVZ haben. Das sind bekanntlich beliebte und ergiebige Quellen für “Bild”-Mitarbeiter auf der Suche nach privaten Fotos von Unfall-Opfern. Und bei StudiVZ beispielsweise gibt es tatsächlich diverse Abi-Fotos des Abschlussjahrgangs von Stefan B.

Allerdings ist der junge Mann auf dem “Bild”-Foto, das einen kleinen Ausschnitt eines Gruppenfotos vom Abi-Ball zeigt, nicht der tödlich verunglückte Abiturient Stefan B. Es ist nur ein junger Mann aus demselben Jahrgang. Stefan B. war nach unseren Informationen überhaupt nicht anwesend, als das Foto entstand.

P.S.: Interessanterweise steht nirgends in der “Bild”-Meldung explizit, dass das Foto Stefan B. zeigt. Wir hoffen, das liegt nicht daran, dass man bei der “Bild”-Zeitung wusste, dass das Foto nicht Stefan B. zeigt.

Nachtrag, 18.44 Uhr: Jörg Bergmann teilt uns auf Anfrage mit, er habe das Foto nicht aus dem Internet, sondern aus dem Umfeld von Stefan B. bekommen. Den Umständen nach habe er keine Zweifel gehabt, dass Stefan B. darauf zu sehen sei. Sonst fände er das sehr schlimm.

Nachtrag, 7.8.2008: “Bild” veröffentlicht heute diese Gegendarstellung:

"Gegendarstellung"

… und nichts als die halbe Wahrheit (2)

Aber zurück zur “Bild”-Zeitung — bzw. zu “Bild”-Reporter Damian Imöhl, der heute noch einmal über den gestrigen Prozess vor dem Dortmunder Amtsgericht berichtet (wir berichteten). Ein Autofahrer (ohne deutschen Führerschein) war wegen fahrlässiger Tötung zu einer Bewährungsstrafe von neun Monaten verurteilt worden. Er hatte einen entgegenkommenden Motorradfahrer beim Linksabbiegen tödlich verletzt. Imöhls inzwischen dritter “Bild”-Bericht ist unfair, verletzt offensichtlich die Persönlichkeitsrechte des Verurteilten und könnte, wie schon gestern, ausländerfeindliche Ressentiments bedienen.

Anders gesagt:

  • “Bild” nennt den Verurteilten “einen Iraker, der weder einen Führerschein noch einen genehmigten Asylantrag hat. Dafür aber einen dicken BMW, eine Duldung durch die deutschen Behörden und seine Freiheit.” Denn: “Aus dem Gericht spazierte er als freier Mann”. Und “Bild”-Mann Imöhl lässt sich von einem “Strafrechtsexperten”, der in den vergangenen Jahren wiederholt mit markigen Worten in Imöhl-Artikeln zitiert wurde, erklären, ob der Verurteilte denn “jetzt abgeschoben werden” könne (was der Strafrechtsexperte Rechtsanwalt Volker Schröder verneint: “So hat der Strafrichter mit dafür gesorgt, dass er hier bleiben darf.”).
  • Darüber hinaus hat sich “Bild” entschieden, den bislang (wenn auch nur sehr dürftig) unkenntlich gemachten Täter groß und ohne Unkenntlichmachung zu zeigen, und, wie schon gestern, in der Überschrift groß seinen Namen zu nennen.
  • Vor allem aber unterschlägt “Bild” auch heute wieder, dass das Unfallopfer offenbar mit überhöhter Geschwindigkeit fuhr*, und behauptet stattdessen, der Motorradfahrer sei “totgerast” worden. Dabei bestätigt uns ein Sprecher des Amtsgerichts Dortmund (der wie auch wir Verständnis für die Emotionen der Eltern des Toten hat): “Ein zu schnelles Fahren des Angeklagten ist nicht festzustellen gewesen.” Die vom Richter verhängte Strafe, die der “Strafrechtsexperte” in “Bild” als “viel zu milde” beurteilt, sei “völlig im Rahmen dessen, was in vergleichbaren Fällen üblich ist”. Das Strafmaß entspreche im Übrigen dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Das verschweigt “Bild” — wie übrigens auch die Tatsache, dass der Autofahrer den Motorradfahrer offenbar mit 6 km/h “totgerast” hat.

Mit Dank auch an Oliver K.

*) Der Gerichtsreporter der “Ruhr-Nachrichten” widerspricht in seinem Prozessbericht (und auf unsere Nachfrage) dem gestrigen BILDblog-Zitat eines Gerichtssprechers, dass es bei zulässiger Geschwindigkeit möglicherweise keinen Zusammenstoß gegeben hätte, insofern, als es laut Gutachter “auch bei Tempo 50 zu dem Zusammenprall gekommen wäre”.