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Wer Hass sät

“Bild” hat also beschlossen, noch ein wenig im Mittelalter zu verweilen.

So viel offener Hass war noch nie in unserem Land! Und wer Hass sät, wird Gewalt ernten. (…) BILD reicht es jetzt: Wir stellen die Hetzer an den Pranger!


(Alle Unkenntlichmachungen von uns.)

So präsentiert “Bild” heute knapp 40 Kommentare von Facebook (ganz prangermäßig natürlich samt Fotos und Namen der Verfasser). Zum Beispiel von Marco W.:

Verpisst euch aus Deutschland

Oder von Waldemar B.:

An die Wand,mit dem Dreckspack.

Oder von von Silvio B.:

Sind wir nicht alle ein bisschen Nazi

Dazu erklärte “Bild”-Chef Kai Diekmann heute:

Man kriegt Angst, wenn man sich dieser Tage die Nachrichten anschaut. Eine Politikerin, die sich für Flüchtlinge einsetzt in Köln, wird einfach abgestochen, niedergestochen. Da gibt es Demonstrationen, da laufen Leute rum mit selbstgebastelten Galgen, an denen Politiker hängen. Und das alles hat angefangen mit diesen Hass-Posts, mit diesen Hass-Tweets in den sozialen Medien. Und da gilt einfach, wir sehen es jetzt: Wer Hass sät, der wird Gewalt ernten. Das können wir nicht zulassen, da müssen wir „Halt, Stopp!“ rufen. Da wird ein Klima erzeugt, was wir nicht wollen. Und deshalb ist es richtig, diese Leute, die glauben, hier mit ihrem Gesicht diesen Hass, diesen Rassismus verbreiten zu müssen – die müssen wir an den Pranger stellen.

Die eigentliche Frage lässt er allerdings unbeantwortet: Warum „Bild“ die Hetzer an den Pranger stellt. Was soll das bewirken? Dass die 40 Abgebildeten jetzt stellvertretend für all die Dumpfnasen sozial geächtet, von ihrer Familie verstoßen und von ihrem Boss gefeuert werden? Oder dass sich die rechtschaffenden Leser dazu aufgefordert fühlen, die Sache selbst in die Hand zu nehmen?

Der Medienanwalt Christian Solmecke hat die Aktion heute stark kritisiert. In einer Pressemitteilung schreibt er, „Bild“ hätte die Fotos und Nachnamen verpixeln müssen:

Unabhängig davon welche Straftat möglicherweise durch ein Bürger begangen wurde, gilt immer noch die Unschuldsvermutung. Dieses Prinzip gehört zu den fundamentalen Grundlagen unseres Rechtsstaates und wird durch einen solchen undifferenzierten Internetpranger mit Füßen getreten. Hinzukommt, dass die Verfolgung von Straftaten ausschließlich den zuständigen Behörden zukommt. Wer die Namen potentieller Straftäter veröffentlicht, verurteilt diese, bevor die Strafverfolgungsbehörden überhaupt Ermittlungen aufgenommen haben. Dies widerspricht unserem Rechtssystem und greift tief in die Grundrechte der einzeln aufgeführten Personen ein.

Gerade diejenigen, „die zwar moralisch verwerfliche Kommentare von sich geben, jedoch die Grenze der Strafbarkeit noch nicht erreichen“, würden „besonders stark in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt“, schreibt Solmecke. Das Gleiche gelte für jene, die einen ähnlichen Namen tragen „und durch die Berichterstattung nun mit rechtswidrigen Äußerungen in Verbindung gebracht werden“.

Beim Presserat sind schon die ersten Beschwerden eingegangen, was in den Springer-Chefetagen freilich nur für eines sorgte:

Aber zurück zu den Hetzern, also denen bei Facebook.

Angefangen habe alles „mit diesen Hass-Posts, mit diesen Hass-Tweets in den sozialen Medien“, sagt Kai Diekmann. Aber das ist nicht ganz richtig.

Ab ins Arbeitslager, und die Alte gleich mit !!!

Garnicht erst reinlassen diesen Abshaum
raus aus der EU und die Grenzen wieder dicht !!!

Die Familie sofort abschieben, meine Steuern sind mir zu Schade für solche Menschen, der wird sonst sein Leben lang auf Kosten der anderen leben. Kein Wunder, wenn die Deutschen immer mehr nach rechts rucken, so kann es nicht weitergehn!!!

Diese Hass-Botschaften sind nicht bei Facebook oder Twitter veröffentlicht worden, sondern in der Kommentarspalte von Bild.de. Und sie waren auch nicht der Anfang, sondern eine Reaktion – auf diesen Artikel:

Dass die beiden in Wirklichkeit Deutsche sind, haben die „Bild“-Medien damals natürlich verschwiegen. Dort war nur von „Roma“ die Rede.

Und dieses Pack füttert der Steuerzahler durch, sofort dort hin wo sie hin gehören.
Sehe es auch so, dass später nur krumme Dinger gedreht werden. Haben doch genug von den Romas in Deutschland Der größte Teil ist wie die oben genannte Sippe. Ein Kind nach dem anderen kriegen. Geld kassieren und nicht arbeiten.

Viele solcher Hass-Posts kamen nicht aus dem Nichts. Sie kamen, weil „Bild“ sie provoziert hat.

Das ist unser D E U T S C H L A N D!!!
Wir, das Volk sollte mitbestimmen dürfen, wen wir hier reinlassen oder nicht!
Ich möchte nicht, mit einer S&W Cal .357 schlafen, bzw. jeden Tag draussen rum laufen müssen,
aus Angst wegen ein paar Cent ausgeraubt zu werden!
Aber, ich denke, das ist so gewollt mit der Unterwanderung anderer Völker in Deutschland.
Siehe I. und II.WK!

Ich bin nur noch traurig. Haben diese Richter keine Verantwortung oder Gespür für das deutsche Volk.
Wer hier schreib es gibt keine Menschen erster od. zweiter Klasse gibt, hat eigentlich recht. Mitlerweile komme ich mir, als hier geborener,also echter Inländer, schon vor wie in der dritten Klasse.

[…] jetzt müssen wir noch Rumänen und Bulgaren, die arbeitsscheu sind unterstützen. Für einen Normalverdiener mit Kindern ist es doch jetzt schonj uninteressant in die Arbeit zu gehen. […] Aber für Asylanten und sonstige haben wir scheinbar genug Geld. Armes Deutschland.

Diese Kommentare sind erschienen, weil „Bild“ geschrieben hatte:


Dabei war das nur ein winziger Teil der Wahrheit. Das Urteil bezog sich nämlich nicht nur auf Rumänen und Bulgaren, sondern auf alle EU-Bürger, die in Deutschland leben und keinen Job finden, völlig unabhängig davon, aus welchem EU-Land sie kommen.

Nächstes Beispiel.

Solche Dreckspatzen sollte man verrecken lassen!!!!!!!

Großes Schiff. Care-Paket für die Reise, Bundeswehr“reisebegleiter“ mit genügend Waffen im Anschlag und gute Heimreise. Ganz einfach.
Wer tatsächlich vor Krieg und Tot fliehen MÜSSTE, benimmt sich nicht so , sondern würde vor Dankbarkeit den ganzen Tag arbeiten und fleißig deutsch lernen, um sich möglichst schnell in die Kultur und Gesellschaft einzubringen und anzupassen…!

Gleich eine Injektion aufziehen mit Fentanyl und Dormicum dazu noch ein bißchen Lidocain und fertig..

All das sind Reaktionen auf den „Bild“-Artikel, in dem behauptet wird, Rettungssanitäter in Bautzen müssten jetzt Schutzwesten tragen – „aus Angst vor Attacken im Asyl-Hotel“. Was überhaupt nicht stimmt.

Nächstes Beispiel.

Der deutsche Steuerzahler blecht dafür, dass brutale Ausländer in Deutschland sicher leben können, muss aber damit rechnen, von ihnen verprügelt zu werden!

Ah, nee. Das stammt von „Bild“ selbst.

Diese hier aber …

bekomme ein immer größeren Hass auf den rückständigen sch**** Islam, und das ist auch gut so. Lange lebe PEGIDA. Und Gauck, du Urmel aus dem Eis, gehe dahin wo die Baumwollpflücker leben….over and out.

WIE BESCHEUERT UND VERRÄTERISCH GEBEN SICH DIESE ISLAM-ARSCHKRIECHER NOCH BEI DER ABSCHAFFUNG UNSERER KULTUR UND UNSERER WERTE?!

Und genau darum bin ich dabei, genau darum werde ich im Neuen Jahr weiter argumentieren, mich streiten, mit linkem PACK anlegen, demonstrieren, zum N.A.S.I gemacht, und ich werde es aushalten, weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Und der Gemeinde noch ein schönes Weihnachtsfest !

… sind ebenfalls Reaktionen auf einen zurechtgebogenen „Bild“-Artikel, in dem das Blatt behauptete, Politiker würden „fordern“, dass im christlichen Weihnachtsgottesdienst muslimische Lieder gesungen werden.

Eine Idee, die in Wahrheit von „Bild“ kam, nicht von den Politikern.

Es gibt unzählige solcher Beispiele: Islam-Rabatt, Weihnachtsmarktverbot, Sonne-Mond-und-Sterne-Fest, Schnitzelkrieg, Moslem-Feiertag, Sarrazin, Ehrenmorde, Roma, Griechen, kriminelle Ausländer und so weiter und so weiter. Seit Jahren verschweigen die „Bild“-Medien bei diesen Themen entscheidende Tatsachen, sie verdrehen die Fakten zu knalligen Schlagzeilen, sie tricksen und lügen, sie heizen die Stimmung an, sie säen den Hass, über den sie sich heute empören.

Oder anders:

Mit Dank auch an Saskia K., Geesje R., Thomas R., Christian B. und bluspot.

Siehe auch:

Wie „Bild“ Ausländerfeindlichkeit fördert
Wie „Bild“ den Hass gegen Flüchtlinge schürt
„BILD lässt Vorurteile wachsen“

Von Brandstiftern zu Brandstiftern

Es kommt nur selten vor, dass wir verstehen, was uns Franz Josef Wagner mit seinem Geblubber mitteilen will, und noch viel seltener, dass wir mit ihm einer Meinung sind. Heute aber ist so ein Tag, zumindest ein bisschen, denn er richtet seine — ausnahmsweise mal recht nachvollziehbaren — Gedanken an die „Idioten“ von „Pegida“.

Liebe Pegida-Idioten,

es ist Weihnachten. Vor 2000 Jahren suchten zwei Flüchtlinge, Josef und seine hochschwangere Frau Maria, eine Unterkunft.

Es ist Weihnachten 2014. Und Ihr Pegida-Idioten demonstriert in Dresden gegen die Überfremdung.

Wagner malt sich aus:

Was, wenn die Eltern von Jesus in Dresden an einer Haustür geklopft hätten. Die Eltern sahen nicht aus wie Deutsche. Ihre Hautfarbe ist dunkel. Sie sprachen auch kein Deutsch. Sie sprachen Armenisch und vielleicht Griechisch.

Naja, „Armenisch“ mit Sicherheit auch nicht, sondern Aramäisch, aber gut. (In der Online-Version wurde es heimlich korrigiert.)

2014 hätte man Josef und Maria nicht in einen Stall einquartiert. Sie wären in ein Asylantenheim gekommen. Auf manche Asylantenheime sprayen Idioten Nazi-Parolen.

Maria, Josef und Jesus würden also in diesem Asylantenheim leben. Und jeden Montag würden 10 000 Pegida-Idioten schreien: „Wir sind das Volk“.

Jesus, verzeih uns. Das Volk ist leider oft dumm.

Herzlichst
Franz Josef Wagner

Nun ist es, bei allem Verständnis, schon sehr bemerkenswert, dass ausgerechnet der „Chefkolumnist“ von „Bild“ solche Töne anschlägt und dass sich auch der Rest der “Bild”-Zeitung jüngst so Pegida-kritisch gibt. Als würde sich ein Fachgeschäft für Feuerwerkskörper plötzlich darüber beschweren, dass es überall knallt.

Denn es ist doch gerade die „Bild“-Zeitung, die solche Idioten seit Jahren immer wieder aufscheucht, anstachelt und mit neuer Munition versorgt. Die mit verdrehten Fakten und erfunden Geschichten immer wieder Stimmung gegen Ausländer macht und es dabei vor allem auf Muslime abgesehen hat. Die gegen „Asylantenheime“ (allein dieses Wort!) hetzt und Angst vor Überfremdung schürt und damit genau jenen Leuten unter die Arme greift, die jetzt gegen die vermeintliche Islamisierung des Abendlandes auf die Straße gehen.

Nur mal als Beispiel: der “Islam-Rabatt”. Anfang des Jahres unterstellten die „Bild“-Medien in einer großangelegten Kampagne der deutschen Justiz, sie bestrafe Moslems milder als christliche Angeklagte (BILDblog berichtete). Dafür gab es zwar keinerlei Belege, aber „Bild“, Bild.de und „Bild am Sonntag“ bastelten sich kurzerhand ihre eigene Wahrheit, indem sie entscheidende Fakten unter den Tisch fallen ließen, eine Studie verzerrt wiedergaben und dann einfach behaupteten, an deutschen Gerichten gebe es einen „Islam-Rabatt“:

Bild.de-Chef Julian Reichelt forderte hysterisch: „Keine Scharia in Deutschland!“, diverse ahnungslose Politiker sprangen ihm blindlings bei — und die Moslemhasser rieben sich die Hände, weil sie nur noch die „Bild“-Artikel teilen mussten, um auf „die Gefahren des Islam in Deutschland“ hinzuweisen.

Eine Korrektur der Berichterstattung hat es übrigens bis heute nicht gegeben.

Oder die Hasspredigt von Nicolaus Fest (BILDblog berichtete), der im Sommer in der „BamS“ unter anderem geschrieben hatte, der Islam störe ihn immer mehr — ihn störe die „weit überproportionale Kriminalität von Jugendlichen mit muslimischem Hintergrund“, die „totschlagbereite Verachtung des Islam für Frauen und Homosexuelle“ und so weiter –, darum sei der Islam auch ein „Integrationshindernis“, was man „bei Asyl und Zuwanderung ausdrücklich berücksichtigen“ solle. Fest schloss mit den Worten:

Ich brauche keinen importierten Rassismus, und wofür der Islam sonst noch steht, brauche ich auch nicht.

Zwar versuchten „Bams“-Chefin Marion Horn und „Bild“-Chef Kai Diekmann daraufhin noch, den (Image-)Schaden zu begrenzen, doch da hatten die Hetztiraden schon längst die Runde gemacht und tosende Beifallstürme in den Rassistenblogs ausgelöst. Und dass es dieser Kommentar überhaupt erst ins Blatt geschafft hat, zeigt einmal mehr, wie fahrlässig die „Bild“-Menschen mit ihrer publizistischen Verantwortung und Macht umgehen. Oder, je nachdem, wie mutwillig sie sie missbrauchen.

Wie bei der Sache mit dem „Asyl-Hotel“ in Bautzen (BILDblog berichtete), erschienen vor gut drei Monaten:

Auch das ist eine völlig verzerrte Darstellung der Tatsachen, die offensichtlich nur dazu dient, die Asylbewerber in ein schlechtes Licht zu rücken. Es stimmt zwar, dass sich die Sanitäter Schutzwesten besorgt haben, aber nicht aus Angst vor Einsätzen in dem Heim, sondern als generellen Schutz bei allen Einsätzen, egal, wo sie stattfinden.

Auch vieles andere an dem Artikel ist unwahr oder wird verzerrt dargestellt, das haben sowohl die Polizei als auch das DRK als auch der Betreiber des Heims mehrfach mitgeteilt, und obwohl die „Bild“-Redaktion das weiß, und obwohl sie weiß, dass die Berichterstattung viele Menschen gegen die Flüchtlinge aufhetzt, ist der Artikel immer noch unverändert online.

Oder erst neulich: das Märchen vom Verbot der Weihnachtsmärkte (BILDblog berichtete). Vor zwei Wochen behauptete die „Bild am Sonntag“ (in Anlehnung an eine „B.Z.“-Geschichte von vor einem Jahr), in Berlin-Kreuzberg seien statt „Weihnachts-“ nur noch „Wintermärkte“ erlaubt, um Andersgläubige nicht zu stören. Völliger Unfug zwar, aber die „BamS“ verbreitete die Geschichte trotzdem, wie gewohnt mit verzerrten Darstellungen und verschwiegenen Fakten, fragte: “Wird auf dem Altar der politischen Korrektheit die christliche Tradition geopfert?” und lieferte den Pegida-Hetzern damit eines ihrer plakativsten „Argumente“.

Eine Korrektur der „BamS“ ist bis heute nicht erschienen. Der Artikel ist immer noch online.

So könnten wir ewig weitermachen: Schnitzelkrieg, Moslem-Feiertag, Sarrazin, Sonne-Mond-und-Sterne-Fest, Ehrenmorde, überhaupt: kriminelle Ausländer und und und und und und und

Die oben ausführlicher beschriebenen Beispiele stammen alle nur aus diesem Jahr, und es sind nur die knalligsten dafür, wie die „Bild“-Zeitung seit Jahren unter Vorspiegelung falscher Tatsachen die Angst vor der Islamisierung schürt und damit den Idioten, die Franz Josef Wagner heute so kritisiert, wissentlich in die Hände spielt.

Und um abschließend nochmal auf Wagners Gedankenspiel zurückzukommen:

Was, wenn die Eltern von Jesus in Dresden an einer Haustür geklopft hätten[?]

Dann hätten sie wahrscheinlich schlechte Karten gehabt. Zumindest an der Haustür eines „Bild“-Lesers.

Mit Dank auch an Sejfuddin.

Nachtrag, 17. Dezember: Die Eltern von Jesus waren bei der Geburt übrigens keine “Flüchtlinge”, wie Wagner schreibt, sondern (wenn überhaupt) auf dem Weg, sich von der Finanzbehörde registrieren zu lassen. Fliehen mussten sie erst später, als König Herodes Wind davon bekommen hatte und Jesus umbringen lassen wollte. Mehr dazu: hier.

Mit Dank an D., Georg, Lukas und Matthäus.

Nachtrag, Januar 2015: Ein weiteres Beispiel dafür, wie “Bild” Öl ins “Pegida”-Feuer gießt, haben wir hier aufgeschrieben.

Das “BamS”-Märchen vom Weihnachtsmarktverbot

Heinrich (Name geändert) ist stinkesauer.

Ekelhaft diese Unterwürfigkeit und Arschkriecherei gegenüber dem Islam!
Das wird sich noch mal bitter rächen..

Auch Udo (Name geändert) kann es kaum fassen.

Diese grün-lings verseuchten Spinner bringen immer wieder etwas absurdes zustande !

Und bei der „Bild am Sonntag“ packen sie sich sowieso nur noch an den Kopf:

Den Anlass für die Empörung erklärte das Blatt in der vergangenen Ausgabe so:

Heute ist der erste Advent. Und viele werden den Sonntag für einen Spaziergang nutzen zu jener vorweihnachtlichen Festivität, die als Weihnachtsmarkt volkstümlich geworden ist, in Süddeutschland als Christkindlmarkt. Genau das passt aber nicht allen.

So muss etwa in Berlin, nicht nur in Kreuzberg, aber dort ausdrücklich, der Weihnachtsmarkt neuerdings „Winterfest“ heißen.

Die Botschaft ist eindeutig: Jetzt klauen uns die politisch Korrekten sogar schon unsere Weihnachtsmärkte!

Und um gleich zum Punkt zu kommen: Das ist alles Quatsch. Kein Kreuzberger Weihnachts- oder Wintermarkt musste sich umbenennen, und es hat sich auch keiner umbenannt. Es gibt auch keine Vorschriften oder Regeln dafür. Ob “Winter” oder “Weihnacht”, ist den Behörden völlig wurscht. Jeder Markt heißt so, wie er will, und neu ist das alles auch nicht.

Das „Winterfest am Mehringplatz“ gibt es schon seit 2012 und heißt seitdem so — ganz freiwillig, wie uns das Quartiersmanagement auf Nachfrage mitteilte.

Auch die Sprecherin des „Kreuzberger Wintermarkts“, der in diesem Jahr zum ersten Mal stattfindet, erklärte uns, dass der Name und das Konzept aus freien Stücken gewählt wurden. So steht es auch extra auf der Website:

Entgegen anderslautender Berichte geschah dies nicht auf Druck des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg

Wie kommt die „BamS“ also auf die Idee, die Kreuzberger Politiker wollten uns die Weihnachtsmärkte verbieten? Nun:

In einem Sitzungsprotokoll des Kreuzberger Bezirksparlaments heißt es dazu: „Das Bezirksamt verständigt sich darauf, dass grundsätzlich keine Genehmigungen für Veranstaltungen von Religionsgemeinschaften im öffentlichen Raum erteilt werden.“

Auf diesem einen Satz basiert die ganze Geschichte.

Und es gibt ihn zwar tatsächlich, allerdings steht er nicht im Protokoll des Bezirksparlaments, sondern in dem des Bezirksamts — okay, kann passieren, aber was viel wichtiger ist: Er hat überhaupt nichts mit den Weihnachtsmärkten zu tun.

Sascha Langenbach, Sprecher des Bezirksamts Friedrichshain-Kreuzberg, sagte uns auf Nachfrage, die zitierte Entscheidung der „BamS“ (die übrigens von 2007 ist) beziehe sich auf Veranstaltungen, bei denen es um religiöse Selbstdarstellung im öffentlichen Raum gehe (das mit der Selbstdarstellung steht auch im Original-Zitat, die “BamS” hat es aber einfach rausgekürzt). Weihnachtsmärkte seien davon allerdings gar nicht betroffen. Kurzum:

Ich kann alle beruhigen: Das Abendland bleibt weiter bestehen, genauso wie die Weihnachtsmärkte in Friedrichshain-Kreuzberg — in diesem Jahr und auch in den nächsten Jahren. Wie die Märkte sich nennen, ist uns total egal.

Genau das hätten auch die drei (!) „BamS“-Autoren herausgefunden, wenn Sie beim Bezirksamt nachgefragt hätten, aber das haben sie nicht, so wie sie auch sonst alles vermieden oder verschwiegen haben, was das Märchen vom Weihnachtsmarktverbot als solches entlarvt hätte. Zum Beispiel erwähnen sie mit keinem Wort, dass es in Friedrichshain und Kreuzberg in diesem Jahr sehr wohl Weihnachtsmärkte gibt, etwa den “Weihnachtsmarkt in der Neuen Heimat”, den “Kiezweihnachtsmarkt am Café Eule”, den “Finnischen Weihnachtsmarkt”, den “Stralauer Weihnachtsmarkt”…

Aber statt erhellender Fakten liefert die “BamS” lieber: düstere Fragen.

Wird auf dem Altar der politischen Korrektheit die christliche Tradition geopfert?

Und überhaupt:

HABEN DIE NOCH ALLE LICHTER AM CHRISTBAUM?

Natürlich ist die Institution Weihnachtsmarkt an sich nicht wichtig. Aber wo führt es hin, wenn es schon verpönt ist, das Wort Weihnachten nur im Munde zu führen? Sind das christliche Erbe, unsere Kultur, unser Selbstverständnis, unser Wertekanon, auf das Treiben einer „Religionsgemeinschaft“ geschrumpft?

Zur Illustration der bedrohlichen Lage listet das Blatt noch andere Beispiele auf, etwa das aus Brüssel,

wo man den altehrwürdigen Weihnachtsbaum auf dem Grand Place aus Rücksichtsnahme auf religiöse Minderheiten durch eine abstrakte Konstruktion ersetzt hat.

Dabei ist die Motivation für den Austausch des Baums gar nicht eindeutig geklärt. Der Sprecher des damaligen Brüsseler Bürgermeisters etwa teilte schon vor zwei Jahren mit, dass die Rücksichtnahme auf andere Religionen keine Rolle gespielt habe. Die Stadt habe einfach etwas Neues ausprobieren wollen.

Ähnlich irrefürend auch das “BamS”-Beispiel aus Madrid,

wo Real jetzt das Kreuz aus seinem Vereinswappen getilgt hat, um die Fans im arabischen Raum und Kunden der sponsernden National Bank of Abu Dhabi nicht zu irritieren.

Was die Autoren nicht erwähnen: Real hat das Kreuz nur in arabischen Ländern gestrichen; in Europa wird weiterhin das ursprüngliche Wappen verwendet.

Und so konstruiert sich die “BamS” weiter ihre Geschichte zusammen, um am Ende frustriert festzustellen:

Uns ist wirklich nichts mehr heilig.

Natürlich hat das Blatt auch gleich eine Umfrage in Auftrag gegeben, und natürlich finden es demnach die meisten Deutschen voll blöd, “dass Weihnachtsmärkte in manchen Regionen in Wintermärkte umbenannt wurden, um Andersgläubige nicht zu stören”, und natürlich durfte auch “Bams”-Kolumnistin Margot Käßmann noch ihren Senf dazugeben (“Wenn wir alle Traditionen über Bord werfen, verlieren wir auch den Halt”), und natürlich verlief die “Diskussion auf Facebook”, die die “Bams” noch abgedruckt hat, ebenfalls sehr eindeutig:

Und klar darf man über die Frage “Winter” vs. “Weihnacht” oder über den vermeintlichen Verfall christlicher Werte diskutieren, aber dann sollte man doch bitte bei den Fakten bleiben. Die “BamS” aber verschweigt einfach die Hälfte, setzt falsche Behauptungen in die Welt, schreibt den Untergang des Abendlandes herbei — und die Leute kaufen es ihr reihenweise ab.

Der “Münchner Merkur” zum Beispiel, der lieber alles nachplapperte, statt selbst zu recherchieren. Oder Josef Zellmeier, seines Zeichens Parlamentarischer Geschäftsführer der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag, der zur “Zwangsumbenennung des Weihnachtsmarktes” sogar eigens eine Pressemitteilung herausgab, in der er darüber schimpft, dass die deutschen Traditionen einer “extrem linken Sprachdiktatur geopfert” würden:

Das ist ein Rückfall in kommunistische Zeiten, in denen man versucht hat, Nikolaus und Christkind durch Väterchen Frost zu ersetzen. Die Missachtung der eigenen kulturellen Prägung hat nichts mit Toleranz zu tun, ist vielmehr ein Auswuchs falsch verstandener Multikulti-Ideologie.

Das Schlimmste aber ist, dass die “Bild am Sonntag” mit ihrer Panikmache gerade jenen Leuten Munition liefert, die die Schuld nicht mehr nur bei den Politikern suchen, sondern vor allem bei den Moslems:

Die Umbenennung von Weihnachtsmarkt in Wintermarkt is der totale Schwachsinn, ich akzeptiere den Islam als Religion, warum akzeptieren vereinzelne Mosleme nicht die deutsche Kultur, in arabischen Laendern wie z.B. UAE oder Oman werden christliche Weihnachtsgebraeuche akzeptiert, in Geschaeften Weihnachtssachen verkauft Merry Xmas gewuenscht. In Berlin ist es nicht erlaubt (…)

(…) dass die Weisse Rasse so behandelt wird, ist unglaublich.
Unsere Braeuche und Kultur ist unser Leben.
Und die Neger und Muslime koennen bleiben wo der Pfeffer waechst!
Was waere denn wenn wir Weissen die Neger und Muslimenlaender in so einem Ausmass fluten wuerden wie die unser geliebtes Deutschland!
Nein, das duerfen Weisse nicht. Aber Neger und Muslime duerfen das!
Antirassismus ist gegen die Weissen!
So ists und nicht anderst. Wir sollen ausgerottet werden.
Wir brauchen keine Neger und Muslime. Wir haben bis jetzt auch ohne euch gut gelebt!
Denn wir tun was. Wir arbeiten. Und nicht betteln und 5mal am Tag den Kopf auf den Boden hauen und dann meinen man sei was besseres!

Von solchen Kommentaren finden sich im Internet Tausende. Gerade bei Facebook und auf rechten Blogs wurde der “BamS”-Artikel fleißig rumgereicht; für die Rassisten und Islamfeinde dient er seither als erschreckendes Beispiel dafür, dass die bösen Moslems und die Spinner von Grün-Dings die Islamisierung unseres schönen Landes vorantreiben. Auch die Rechtspopulisten von “Pegida” nutzen die Geschichte gerne als Beleg für die Abschaffung der christlichen Kultur.

Ähnlich verhielt es sich schon im vergangenen Jahr bei einem Artikel der “B.Z.” (gleiches Thema: “Kreuzberg verbietet Weihnachten”), der sich zwar später als irreführend herausstellte, die islamfeindliche Stimmung aber dennoch (oder: gerade deshalb) weiter anheizte. Oder bei der Idee mit dem “Sonne-Mond-und-Sterne-Fest”, die von den Medien ebenfalls verzerrt dargestellt und massiv attackiert wurde, womit sie vor allem den rassistischen Hetzern in die Karten spielten (BILDblog berichtete).

Die “B.Z.” hat in diesem Jahr übrigens auch schon gegen die “Wintermärkte” gewettert: Vor drei Monaten ereiferte sich Kolumnist Gunnar Schupelius ziemlich unentspannt darüber, warum “diese kirchenferne Gesellschaft” denn nicht mal “entspannt bleiben” könne, und bekam dafür vor allem aus der rechten Ecke viel Beifall.

Aber es sind leider nicht nur die Boulevardmedien, die solche ausländerfeindlichen Auswüchse durch ihre irreführende Berichterstattung befeuern. In der “FAZ” etwa erschien vor drei Tagen dieser Artikel:

Abgesehen davon, dass die Aussage ohnehin Blödsinn ist, macht die “FAZ” sogar den gleichen Flüchtigkeitsfehler wie die “BamS” (Bezirksparlament statt -amt), offenbar hat sich der Autor also nicht mal die Mühe gemacht, irgendwoanders zu recherchieren. So kann er zwar ebenfalls nur falsche Fakten bieten, aber hey, auch voll die lustigen Wortspielchen:

Und wo wir schon dabei sind, hätten wir, zur Adventszei-, Entschuldigung: zu dieser winterlichen, geruhsamen Zeit noch Vorschläge einzureichen: Wie wäre es, den Weihnachtsmann künftig anders anzusprechen, sagen wir, als „Mann mit der roten Mütze“? Wobei ja auch die Farbe rot eine christliche und jüdische Tradition hat. Wie wäre es also einfach mit „Mann“? So wird wirklich niemand mehr diskriminiert. (Aber was sagen dann die Frauen?) Denn darum geht es bei diesem besinnlichen – zum Teuf-, äh, Henker mit der Sprache: Darum geht es bei diesem „Fest“ ja auch. Alles andere wäre unchristli-, alles andere wäre nicht feierlich.

Jahahaha. Witzig. Und genauso wertlos wie der Lügenartikel der “BamS”, jedenfalls wenn man an einer ernsthaften Debatte interessiert ist. Aber das sind die Journalisten ja offenkundig leider nicht. Schön zu erkennen auch am Beitrag von “stern TV”. Das Magazin hatte zwar extra ein Kamerateam zum Bezirksamt geschickt, um die Lage vor Ort zu recherchieren (“Frohe Weihnachten, falls man das hier noch sagen darf”), trotzdem behauptet der Beitrag permanent, in Kreuzberg seien nur noch “Wintermärkte” erlaubt, weil das politisch korrekter sei. Moderator Steffen Hallaschka spricht von einer “unglaublichen Geschichte” und von “galoppierendem Wahnsinn”, das Bezirksamt bekommt schließlich sogar den Negativpreis “Stern der Woche” überreicht — obwohl die Leute von “stern TV” wussten, dass es die “Vorschrift”, von der sie berichten, gar nicht gibt und dass es auch weiterhin Weihnachtsmärkte geben wird. Der Bezirksamtssprecher hat es ihnen nämlich mehrmals erklärt. Auch vor laufender Kamera, aber das wollte “stern TV” dann lieber nicht senden.

Aber zurück zur “Bild am Sonntag”. Bei der hat sich das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg kurz nach der Berichterstattung über die falsche Darstellung beschwert. Und tatsächlich wird die Sache in der aktuellen Ausgabe endlich richtiggestellt. Allerdings auf “BamS”-Art: Statt einer Korrektur hat das Blatt nur ein winziges Statement der Bezirksbürgermeisterin abgedruckt — schön versteckt am unteren Rand der Leserbriefseite:

Der Artikel ist übrigens — obwohl die Leute von der “Bams” spätestens jetzt ganz genau wissen, dass er nicht der Wahrheit entspricht und sie damit Hass gegen Ausländer schüren — immer noch unverändert online.

Nachtrag, 15.15 Uhr: Wenigstens die “FAZ” hat ihren Online-Artikel inzwischen transparent korrigiert.

Siehe auch: Ein Weihnachtsmärchen (taz.de)

Sonne, Mond und Untergang des Abendlandes

Heute ist Martinstag. Mancherorts wird dieser Gedenktag schon etwas früher begangen, zum Beispiel in Hessen, genauer: in Bad Homburg. Dort sind die Kinder und Eltern einer Kita schon am Donnerstag mit ihren Laternen durch die Straßen gezogen. Dabei war im Grunde alles so wie immer. Bis auf die Tatsache, dass der Umzug diesmal von vielen Medien begleitet wurde — und von Polizisten.

Denn im Vorfeld des Umzuges hatte es eine heftige Diskussion und sogar Drohungen gegenüber den Kita-Mitarbeitern gegeben. Auslöser der Aufregung war ein Bericht in der “Taunus Zeitung”, dem Lokalteil der “Frankfurter Neuen Presse”.

Der verkündete am 30. Oktober:Mond und Sterne statt St. Martin - Homburger Kita benennt das Martinsfest um - Aus Rücksicht auf Mitglieder anderer Kulturkreise wird in der städtischen Kita Leimenkaut nicht mehr St. Martin, sondern das "Sonne-Mond-und-Sterne-Fest" gefeiert. Dafür haben nicht alle Eltern Verständnis.
Der Autor beruft sich darin auf “etliche Eltern”, von denen aber nur ein Vater und eine Mutter zu Wort kommen, beide anonym. Der Vater sagt, es sei “irgendwie eine Durchmischung von Festen”. Und die Mutter behauptet, ihr sei gesagt worden, die Bezeichnung “Sonne-Mond-und-Sterne-Fest” sei “politisch korrekter”.

Zwar wird auch der Stadtsprecher zitiert, der sagt, es gebe keinerlei religiöse Hintergründe für diese Bezeichnung, doch dem wurde offenbar keine große Bedeutung beigemessen. Nicht von der “Taunus Zeitung” — und erst recht nicht vom islamfeindlichen Hetzblog “Politically Incorrect”, das noch am selben Tag schrieb:
Bad Homburg: Kita benennt Martinsfest umOffenbar sind unsere Kultur und unser Brauchtum wirklich etwas Anstößiges, zumindest für alle Rechtgläubigen. Aber anstatt unsere Werte, unsere Feste und Sitten zu verteidigen und hochzuhalten, wird sich weggeduckt und in vorauseilendem Gehorsam alles aufgegeben, was bisher zu unserem Leben gehörte. Nun hat auch eine Kita in Bad Homburg ihren Beitrag zur Abschaffung Deutschlands geleistet.
Von “empörten Eltern” ist dann die Rede und von “Speichelleckerei auf Kosten unserer Traditionen und Werte” und davon, dass “nichts Christliches mehr stattfindet in unseren Kindertagesstätten, Schulen oder auch auf öffentlichen Plätzen”. Der Text endet mit den Kontaktdaten der Kita.

Unter dem Artikel brach innerhalb weniger Minuten ein Sturm der Entrüstung los. Über 150 Kommentatoren warnten vor der “Islamisierung” Deutschlands, forderten den “Widerstand der deutschen Eltern und Bürger” und warfen der Kita-Leitung (im Ernst!) Rassismus vor.

Einen Tag später griff “T-Online” den Fall auf:
"Politisch korrekter" - Kita benennt Sankt-Martin-Fest umIn der Bad Homburger Kita Leimenkaut (Hochtaunuskreis) wird nicht mehr St. Martin, sondern das "Sonne-Mond-und-Sterne-Fest" gefeiert. Wie die Frankfurter Neue Presse (FNP) berichtet, geschieht das offenbar aus Rücksicht auf nicht-christliche Kulturkreise.
Die Kommentarfunktion wurde kurz darauf “wegen zahlreicher menschenverachtender Kommentare” geschlossen.

Was der “T-Online”-Bericht allerdings nicht erwähnt: Die Stadt hatte der Darstellung der “Taunus Zeitung” noch am Abend zuvor vehement widersprochen:
Stadt: Kita Leimenkaut feiert St. Martin - Bad Homburg v.d.Höhe. Die städtische Kindertagesstätte Leimenkaut feiert durchaus St. Martin. Darauf weist die Stadt in einer Pressemitteilung hin.
Darin heißt es, der Name des Festes sei, anders als von der Zeitung behauptet, “niemals offiziell geändert worden, auch wenn von Eltern und Beschäftigten umgangssprachlich ein anderer Name verwendet wird.” Dies gehe “auf ein vergangenes Martinsfest” zurück, “bei dem eine Suppe mit Sonnen, Monden und Sternen als Einlage ausgegeben worden war.”

Die Bezeichnung habe sich dann verselbstständigt und sei intern noch heute gebräuchlich:

Die Kindertagesstätte selbst kündigt den Termin intern unterschiedlich an, in einigen Jahren als St.-Martins-Fest, in diesem Jahr zum Beispiel als Sonne-Mond-und-Sterne-Fest in Verbindung mit einem Martinsfeuer.

Die Stadt teilt mit, weder die Kita-Leitung noch die Verwaltung habe gegenüber Eltern weltanschauliche Gründe für die Bezeichnung geltend gemacht. Es sind von keiner dieser Stellen Aussagen über eine “politisch korrekte” Namenswahl gemacht worden.

Schließlich hält die Stadt fest:

Die Kindertagesstätte Leimenkaut wird auch weiter St. Martin feiern – und wenn jemand das als “Sonne-Mond-und-Sterne-Fest” bezeichnen möchte, darf er das auch weiterhin tun.

Klingt nach einem versöhnlichen Ende, mit dem eigentlich alle zufrieden sein könnten. Aber nein — jetzt ging’s erst richtig los.

“Politically Incorrect” schoss nochmal nach und zeigte sich “in keinster Weise” überzeugt von den Argumenten der “rückgratlosen Gutmenschen”. Erneut stimmten die Kommentatoren wutschnaubend zu. Und erneut endete der Text mit der E-Mail-Adresse eines Stadt-Mitarbeiters — eine Masche, die genau das bewirkte, was sie bewirken sollte: Kita-Leitung und Stadt erhielten Hunderte von anonymen Mails, in denen die Verantwortlichen beleidigt und bedroht wurden: “Wir werden Eure Hütte verbrennen. Wir werden Euch niederschlagen”, zitierte der Sozialdezernent später daraus.

Inzwischen hatten auch andere Medien Wind von der Sache bekommen. Und obwohl viele von ihnen auch auf die Stellungnahme der Stadt eingingen, wurde in den meisten Überschriften und Anreißern trotzdem suggeriert, die Kita hätte das Fest offiziell umbenannt oder gar abgeschafft:

“Focus Online”:
"Sonne, Mond und Sterne"-Fest - Kita benennt Sankt-Martins-Fest um - In Bad Homburg heißt das Sankt-Martins-Fest nicht mehr wie früher. Eine städtische Kita feiert lieber das "Sonne-Mond-und-Sterne-Fest". Angeblich sollte sich niemand diskriminiert fühlen.

“Junge Freiheit”:
Bad Homburger Kita benennt Sankt-Martin-Fest um

“Berliner Kurier” und “Hamburger Morgenpost”:

Deutsche Kita schafft Sankt Martin ab

Handelsblatt.com:Kuriose Umbenennung - Aus Sankt Martin mache Sonne-Mond-und-Sterne-Fest

“Express”:

Kita schafft Sankt Martin ab

FAZ.net:
Bad Homburg - Kindergarten wegen Umbenennung des Martins-Fest bedroht - Weil in einem Kindergarten in Bad Homburg vor Jahren zum Martinsfest Sonne-, Mond- und Sterne-Nudeln gereicht wurden, soll das traditionelle Fest nun anders heißen. Den Kita-Mitarbeiter wird seitdem Gewalt angedroht.

Bild.de:
WEIL ES ANGEBLICH DISKRIMINIEREND IST - Kita will St. Martin abschaffen

Ksta.de:
MARTINS-FEST UMBENANNT - Kita-Mitarbeiter mit Gewalt bedroht - Ein städtischer Kindergarten im hessischen Bad Homburg hat das Sankt-Martins-Fest in Sonne-Mond-und-Sterne-Fest umbenannt. Jetzt werden Kita-Mitarbeiter mit Gewalt bedroht, nachdem ein rechter Blog das Thema aufgegriffen hatte.

Jene Leute, die beim Streifzug durch die Medien nur die Überschriften und Teaser lesen (und das sind erfahrungsgemäß nicht gerade wenige), mussten also davon ausgehen, dass die Kita das Fest tatsächlich offiziell umbenannt hat. Darunter auch einige Journalisten, die selbst mehrere Tage nach der Stellungnahme der Stadt in ihren Artikeln ohne jede Einschränkung behaupteten, die Kita feiere aus Gründen der politischen Korrektheit “statt Sankt Martin ein ‘Sonne-Mond-und-Sterne-Fest'”.

Die Folge: Auch von den Lesern der seriösen Medien wurde die Kita in unzähligen Kommentaren und Leserbriefen attackiert — oder aber in Stellungnahmen von Politikern, die plötzlich überall auftauchten. So bezeichnete ein CDU-Politiker es als “absoluten Unsinn”, dass die Kita den St. Martinsumzug “nur noch ‘Sonne-Mond-und-Sterne-Fest’ nennen” wolle. Das sei “mehr als eine Farce” und eine “hirnrissige Idee” und so weiter. Ein weiterer CDU-Mann warf der Stadt vor, den Vorfall “herunterzuspielen” und bescheinigte den “Wortschöpfern” ein “zerrüttetes Verhältnis zu Glaube und christlicher Tradition”.

Die “Taunus Zeitung” beharrte weiter auf ihrer ursprünglichen Darstellung und schrieb von einem “fragwürdigen Auftritt” des Stadtrats Dieter Kraft (Grüne), der bei einer “emotionalen Ansprache” einen “Journalisten der Taunus Zeitung öffentlich an den Pranger” gestellt habe. Die Suppen-Geschichte wollen die Journalisten der “Taunus Zeitung” der Stadt einfach nicht glauben — auch nicht die Alternativversion, wonach der Name “Sonne-Mond-und-Sterne-Fest” sich auf das bekannte Kinderlied “Laterne, Laterne, Sonne, Mond und Sterne” beziehe. Andererseits bleibt der einzige Beleg für die Theorie, dass die Kita dem Fest aus politischer Korrektheit einen neuen Namen geben wollte, weiterhin nur die anonyme Behauptung einer einzelnen Mutter.

Wessen Version nun stimmt, lässt sich wohl nicht abschließend klären. Der Laternen-Umzug der Kita hat jedenfalls vor ein paar Tagen wie geplant stattgefunden — inklusive Medienrummel und Polizeischutz. Zum Glück blieb alles friedlich.

Dieser Fall erinnert ein wenig an die Geschichte, in der es vor zwei Monaten hieß, Berlin-Kreuzberg wolle Weihnachten verbieten: Damals erzählten die Zeitungen nur die halbe Wahrheit, die Politiker polterten gleich los, und die rechte Ecke hatte genug Stoff, um “Christenhasser!” zu schreien und Stimmung gegen Ausländer zu machen.

Um es gar nicht so weit kommen zu lassen, täten Journalisten, Politiker, Kirchenvertreter und Leser also gut daran, sich bei solchen Debatten in Zukunft gründlich zu informieren — und vielleicht einfach mal ein bisschen entspannt zu bleiben. So wie die Eltern, deren Leserbrief die “Taunus Zeitung” einen Tag vor dem Laternen-Umzug der Bad Homburger Kita abgedruckt hat:

Wir feiern in dieser Woche mit der Kita Leimenkaut und hoffentlich allen Kindern wie geplant – und nebenbei wie in jedem Jahr seit unsere Kinder die Einrichtung besuchen – Sankt Martin mit den dazugehörigen Liedern, Laternenumzug, Martinsfeuer, aber ohne Pferd, denn das erlaubt die Versicherung nicht. Welchen Titel die Veranstaltung dabei trägt, spielt keine Rolle und ändert am Inhalt nichts. Und am Abend essen wir eine gute selbstgemachte Suppe, vielleicht sogar mit Nudeln in Form von Sonnen, Monden und Sternen, denn das mögen unsere Kinder gerne.

Mit Dank auch an Thomas, Kevin S., Erik G. und Johnny K.