Suchergebnisse für ‘Henryk Broder’

Die Toten Hosen, Henryk Broder, Oliver Welke

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Steuergelder für Die Toten Hosen? – Eine Richtigstellung”
(dietotenhosen.de)
Die Toten Hosen schreiben an “Welt” und “Berliner Morgenpost”: “Man kann sich sicherlich darüber streiten, ob die Toten Hosen deutsches Kulturgut sind, aber Tatsache ist, dass diese Tournee nur stattfinden konnte, weil wir selber ca. 100.000.-€ aus eigener Tasche an Reisekosten, Transport und Crew-Löhnen beisteuerten. Wir sind zudem ohne Gage aufgetreten.” Der Journalist schreibt zurück: “Wie Sie vielleicht wissen, bedienen sich die Nachrichten-Websites von Tageszeitungen in der Regel aus den gedruckten Artikeln, versehen sie mit neuen Fotos, etwas anderen (in der Regel zugespitzteren) Überschriften und vor allem mit einem knappen Vorspann (‘Teaser’).”

2. “Wir basteln uns ein Weltbild (mit Dank an Henryk M. Broder)”
(scienceblogs.de/zoonpolitikon, Ali Arbia)
Ali Arbia kritisiert einen “Welt”-Text von Henryk M. Broder. “Der ganze Artikel ist eine Ansammlung von Verzerrungen, selektiven Informationen, gezielten Auslassungen, Tatsachenverdrehungen und Phantastereien.”

3. “Das Töten ist des Volkes Lust”
(mediensalat.info, Ralf Marder)
“Des Volkes Lust am Töten der Mörder mag ja bei dem einen oder anderen Bürger Zuspruch finden. Aber es sind unsinnige Diskussionen, die nach jedem abscheulichen Mord in den Medien und Internetforen geführt werden.”

4. “Tränen lügen doch”
(haz.de, Imre Grimm)
Die “Bild”-Empörung über “Bauer sucht Frau”. Imre Grimm macht darauf aufmerksam, dass eine ganze Reihe von Produktionsfirmen davon lebt, “sich absurde Liebesquerelen auszudenken, arglose Kandidaten zu finden und sie mit sanftem Druck und 150 Euro Tagesgage durch schlecht gelüftete Dreizimmerwohnungen zu schubsen, angeleitet von sogenannten ‘Realisatoren’ hinter der Kamera”.

5. “Merkel ist der ultimative Test für Interviewer”
(journalist.de, Hans Hoff)
Ein Interview mit Oliver Welke von der “Heute-show”: “Ich habe mich ja darüber amüsiert, dass Jauch alle Gäste inklusive Thomas Gottschalk auslädt, weil Angela Merkel anruft und sagt, sie hätte Lust vorbeizukommen. Wir müssten ihr natürlich auch die komplette halbe Stunde geben.”

6. “Best statistics question ever”
(flowingdata.com, englisch)

Kopfschmerzen, Broderismus, Sangria

1. Welches Privatleben steht Politikern zu?
(heute.de, Christoph Schneider)
Christoph Schneider berichtet über die bevorstehende Entscheidung des BGH im Fall Wowereit gegen “Bild”. Ein Promi-Jäger habe 2013 Wowereit bei einem privaten Restaurantbesuch von draußen durch die Scheibe fotografiert. “Bild” habe das Foto drei Tage später, zusammen mit einer herabsetzenden Überschrift veröffentlicht. Persönlichkeitsrecht eines Politikers versus ein unterstelltes Informationsinteresse der Öffentlichkeit, das werde am 27. September vom BGH entschieden. Womöglich mit Auswirkungen auch über die Causa Wowereit hinaus.

2. Finde die Fehler: Nach 25 Jahren Migräne geheilt
(scilogs.spektrum.de, Markus A. Dahlem)
Der “Focus” sorgt mit seiner Headline “Migräne: Frau hat dank Ernährungsumstellung nach 25 Jahren keine Kopfschmerzen mehr” für Kopfschmerzen bei SciLogs-Blogger Markus Dahlem. Der wohl von einer englischen Boulevardpostille abgeschriebene Text strotze vor Fehlern. Dahlem arbeitet gegen den Schmerz an und macht das, was sich die “Focus”-Redaktion laut Einblendung wünscht. Er markiert Fehler. Und er findet eine Menge davon…

3. Schnell, fair und unparteiisch?
(zeit.de, Hilal Sezgin)
Die Journalistin Hilal Sezgin erinnert sich an ihre Ausbildung beim Hessischen Rundfunk vor 20 Jahren. Die ersten Dinge, die man ihr dort vermittelt hätte: Pünktlichkeit, Sorgfalt bei der Recherche, Fairness und Unparteilichkeit. Schon damals war sie skeptisch, was die geforderte Unparteilichkeit anbelangt. Heute sieht sie sich darin bestätigt und argumentiert gegen die Meinungslosigkeit: “Wer hingegen die eigene Weltsicht wie ein Chamäleon dem hegemonialen Hintergrund anpasst, ohne darüber zu reflektieren, berichtet oft genug unfair über Lebensweisen und Ansichten anderer. Die kommen dem Chamäleon dann nämlich sonderbar schrill vor, selbst wenn es selbst momentan auf einem orange-gepunkteten Blatt sitzt und entsprechend aussieht.”

4. ZDF: Die schwierige Suche nach jungem Publikum
(dwdl.de, Uwe Mantel)
Uwe Mantel hat sich auf “dwdl” die ZDF-Zahlen der Saison 2015/16 angeschaut und analysiert. Das ZDF sei auch in der zurückliegenden Fernsehsaison wieder unangefochtener Marktführer beim Gesamtpublikum gewesen. Zu verdanken sei das den älteren Zuschauern, die das ZDF vor allem mit seinem Krimi-Überangebot fest für sich gebucht habe. Mantel nennt es ein “süßes Gift”, denn herausragenden Quoten beim älteren Publikum stehe hier nämlich meist Desinteresse bei den Jüngeren gegenüber. Der Artikel birgt einige Überraschungen, z.B. über “heute-show” und Horst Lichters “Bares für Rares”.

5. Broder rückt Journalisten in die Nähe der SS
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Henryk M. Broder wütet in einer Kolumne gegen namentlich bezeichnete Chefredaktuere und Journalisten an, denen er “Gefühlskälte, Mitleidslosigkeit und Brutalität im Gewande der Sachlichkeit” unterstellt. Und er beendet seine Zeilen mit einem Satz, bei dem einigen vielleicht nicht aufgefallen ist, dass es sich um ein Zitat des SS-Reichsführer Heinrich Himmlers über den Holocaust handelt. Stefan Niggemeier von “Übermedien” ist es aufgefallen: “Auch wenn Broder es nicht explizit ausformuliert: Seine angedeutete Parallele lässt sich als einer der brutalsten Nazi-Vergleiche lesen, die man sich vorstellen kann.”

6. Nachrichtenlage: +++ Keine Eilmeldung +++
(spiegel.de, Margarete Stokowski)
“Ich habe begonnen, Eilmeldungen zu hassen. Ich könnte sie abbestellen, aber so schlau und entspannt bin ich nicht. Alle paar Tage lösche ich eine News-App auf dem iPhone, inzwischen kommen nur noch Eilmeldungen von SPIEGEL ONLINE, vom “Guardian”, von “Zeit Online” und der “FAZ”. Ich zähle sie auf und denke: Ich bin doch bescheuert, es sind immer noch zu viele. Um mich herum sind lauter genauso Bescheuerte. Wie Leute am Ballermann, die um Sangria-Eimer rumsitzen, sitzen wir um unsere Smartphones rum und saufen Eilmeldungen.”

Broder, WAZ, Heddesheim

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Schmerzensgeld für ‘Katzenhexe'”
(sueddeutsche.de, Ekkehard Müller-Jentsch)
“Für die ‘mediale Hinrichtung’ einer Dorfbewohnerin muss eine Münchner Boulevardzeitung 30 000 Euro Schmerzensgeld an die Betroffene bezahlen.”

2. “Dick und doof über Berlin”
(achgut.com, Henryk M. Broder)
Auch Henryk M. Broder, regelmässiger “Spiegel”-Autor, meldet sich mit einer Meinung zum neuen Wandfries der “taz” in Berlin. “In den 60er und 70er Jahren wäre das eine Sensation gewesen, die sofort den gesamten Berliner Polizeiapparat aktiviert hätte; heute regt sich außer ein paar taz-Grufties, die ihre tägliche Portion Soya-Milch durch eine Schnabeltasse zu sich nehmen, niemand darüber auf, nicht einmal der Chef der BILD, dem die Hommage gilt.”

3. “Neonazis und Twitter – Zeckenjagen in Berlin”
(blog.zeit.de/stoerungsmelder, Nico Unkelbach)
Nico Unkelbach beobachtet das Twitter-Konto der NPD Marburg, das zum “munter Zeckenjagen” auffordert.

4. “Qualitätsjournalismus der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung”
(pottblog.de, Jens)
Jens fragt sich, wie ein Qualitätsjournalismus-Anspruch mit der Bildüberschrift “Balack auf del Gloßen Mauel” zusammengeht.

5. Interview mit Hardy Prothmann
(meedia.de, Stefan Winterbauer)
Hardy Prothmann betreibt das lokaljournalistische Heddesheimblog.de. Zu seiner Konkurrenz, den Lokalzeitungen, sagt er: “Die meisten Zeitungen sind Monopolisten. Genauso überheblich und gleichzeitig langweilig und insgesamt satt und lustlos ist ihre Berichterstattung. Und das übertragen sie 1:1 ins Internet. Außerdem wird geklüngelt, was das Zeug hält.”

6. Interview mit James Murdoch
(spiegel.de, Susanne Amann und Isabell Hülsen)
Schon etwas älter ist das “Spiegel”-Gespräch mit dem Sohn von Rupert Murdoch, James Murdoch. Der sagt: “Ich würde mich aber sehr unwohl fühlen, wenn der Beruf des Journalisten den Hobbyschreibern überlassen bliebe – das hieße nämlich, dass er nur noch von Idealisten oder von Reichen betrieben würde. Die Demokratisierung des Journalismus durch das Internet ist eine feine Sache, aber sie darf nicht dazu führen, dass Menschen dort für ihre kreative Leistung kein Geld mehr bekommen. Egal, ob Blogger oder Journalist.”

Holtzbrinck, Newsnetz, Broder

1. Die Internetstrategie des Holtzbrinck-Verlags
(welt.de, Kai-Hinrich Renner)
“‘Schaun wir mal’ mag im Leben eine gute Strategie sein. Stefan von Holtzbrinck erfährt dieser Tage, dass sie bei Internetzukäufen nicht funktioniert. Ein Schadensbericht.”

2. “Journalismus im Bermuda-Dreieck”
(tagesspiegel.de, Stephan Russ-Mohl)
Stephan Russ-Mohl glaubt, dass für hochwertigen Journalismus bald tief in die Tasche gegriffen werden muss: “Könnte also sein, dass sich die Leserinnen und Leser in Amerika schon bald daran gewöhnen müssen, dass ihr Leib- und Magenblatt mehr kostet als ein ‘Latte Macchiato’ bei Starbucks – auch dann, wenn sie es ‘nur’ online lesen möchten.”

3. “Zum zweifelhaften Umgang mit Copyright bei Tamedia/Newsnetz”
(courantnormal.ch, Dom Dada)
Newsnetz bedient sich im Internet offenbar auch bei Fotos, die nicht unter CC-Lizenz verfügbar, sondern die mit dem Vermerk “All Rights Reserved” geschützt sind, hier ein Beispiel. Die Flickr-Gruppe “Newsnetz: Please stop using Flickr pictures without asking” protestiert gegen den Diebstahl.

Read On…

“Bild”-Leser Broder trifft “Bild”-Macher Diekmann

Kai Diekmann hat da schon ein Glas Wein getrunken, mit ehemaligen Außenministern geplaudert, mit Guido Westerwelle geschäkert und mit “Spiegel”-Chef Mathias Müller von Blumencron getuschelt. Kann sein, dass es daran liegt, aber anschließend sagt er:

“Ich behaupte, dass ich als ‘Bild’-Chefredakteur einer der beliebtesten Journalisten Deutschlands bin, oder?”

Diekmanns Gesprächspartner, der Kolumnist Henryk M. Broder, überhört das kleine Fragezeichen und antwortet: “Solange die Leute die Zeitung nicht lesen.” Diekmann lacht freundlich mit.

Die knapp einstündige Dokumentation, die Arte heute abend um 23.40 Uhr zeigt, heißt:

Durch die Nacht mit… Kai Diekmann und Henryk M. Broder

Aber eigentlich sehen wir: Henryk M. Broder durch die Nacht mit Kai Diekmann.



Diekmann lässt sich von Broder in der “Bild”-Redaktion abholen, lässt ihn dort aber zunächst in seinem Büro warten, führt ihn anschließend durch die Redaktion (Broder: “Wo werden hier die Sklaven ausgepeitscht?”), zeigt Broder ein ehemaliges Lieblingsrestaurant, das Atelier eines mittellosen Malers und die “Bild”-Druckerei. Im Gegenzug lässt er sich von Broder auf einen Polit-Promi-Empfang, in ein InternetCafé, zum Asia-Imbiss, in die U-Bahn mitnehmen. Die Nacht mit Broder nennt er “ein Experiment”, auf das er sich eingelassen habe.

Arte nennt die jüngste Folge der Doku-Reihe “Durch die Nacht mit…”:

Ein Treffen zwei der streitbarsten und meinungsfreudigsten Männer des Landes.

Doch während man von dem einen, Broder, erfährt, was man eh schon weiß, weil er sich häufig in Szene setzt, erfährt man über den anderen, Diekmann, den Talkshow-Verweigerer, nichts: immer im Dienst, verlegen und verlegen um Antworten (zumindest solange ihm ein Mikro am Hemd klemmt und die Kamera läuft).

Okay, Diekmann sagt “Doppelstandard”, wenn er “Doppelmoral” meint; er ist besorgt, ob er nicht vielleicht doch eine Krawatte tragen soll. Zuhause in Potsdam werde der Müll getrennt – und während Broder sich den Abend freigenommen hat und irgendwann von seiner Tochter (“Ah, die Tochter!”) angerufen wird, greift Diekmann wieder und wieder selbst zum roten “Bild”-Handy, um bei “Bild” anzurufen. Und die zurechtgelegt wirkenden Koketterien Broders über “Bild” lässt er ebenso über sich ergehen wie dessen Erörterungs- und Verbrüderungsversuche. “Was Broder für den ‘Spiegel’ ist, ist Franz Josef Wagner für uns’, sagt er.

Es ist also, wie es kommen musste: Kolumnist trifft Chefredakteur, Selbstdarsteller trifft Macher. Und “Durch die Nacht…”-Autor Hasko Baumann filmt dankenswerterweise mit:

Broder: Ich finde übrigens die ganze RAF-Debatte unerträglich.
Diekmann: Ja.

Broder: Wissen Sie, was toll ist an Berlin? Man kann hier nicht auffallen.
Diekmann: Ja.



Diekmann nickt, wenn Broder in der U-Bahn seine Sicht auf den Antisemitismus in Deutschland ausbreitet. Wenn Broder lang und breit von einer Reise in die Geburtsstadt seiner Mutter erzählt, fragt Beckmann Diekmann in einer Sprechpause: “Wie war das emotional?”

Sagt aber Diekmann dann doch mal einfach so, er finde Claudia Roth “in Ordnung” (“Irgendwie hat die was.”), dann witzelt Broder (“Ja, Übergewicht.”) und redet weiter, irgendwas.

Es gibt zahllose solcher Miniaturen in der Doku, aufwändig und schlau und unaufgeregt mitgedreht, immer nur dabei mit der Kamera. Das muss reichen. Und immer ein wenig zu nah dran an den Gesichtern dieser beiden Journalisten, die sich – das merkt man – nur im Grad ihrer Beliebtheit ähneln. Eine Männerfreundschaft wird das jedenfalls, auch wenn Arte Gegenteiliges behauptet, nicht.

Am Anfang der Doku sehen wir Broder in einer schwarzen Limousine zum Berliner Springer-Hochhaus fahren (“Vor 30, 40 Jahren wollte ich Springer noch enteignen, jetzt finde ich aber so eine Fahrt in der Luxuslimousine doch ganz angenehm.”). Am Ende fährt Diekmann mit der schwarzen Limousine in die Nacht (“So. Ham’ wir’s.”). Broder bleibt zurück. Abspann.

  • heute, 23.40 Uhr, Arte

Siehe auch “taz”, “Süddeutsche Zeitung”, “Westfälische Rundschau”, “Berliner Zeitung”, “Frankfurter Rundschau” und “Spreeblick”.

Nachtrag, 23.1.2009: Eine Woche lang kann man die Doku in voller länge und kostenlos auch auf arte.tv anschauen.

Achse der Intransparenz

Joachim Nikolaus Steinhöfel, geboren 1962 in Hamburg, ist einer der profiliertesten deutschen Juristen.

So, so.

Schon 2004 stelle das Handelsblatt fest: “Fast 200 Fälle hat er zum BGH hoch prozessiert, rund 70 Prozent davon gewonnen.”

Sieh an.

Er erwirkte die erste, jemals erlassene einstweilige Verfügung wegen Löschungen auf Facebook und hat sich wie kaum ein anderer Jurist um die Meinungsfreiheit verdient gemacht.

Aha.

Steinhöfel moderierte Sendungen für RTL und RTL 2, trat als Werbe-Testimonial für Europas größten Anbieter von Unterhaltungselektronik und als Sachverständiger im Bundestag auf.

Sag bloß.

1999 gewann er den Werbepreis “Effie” in Silber.

Oho.

Für BILD schreibt er im Abstand von zwei Wochen über die Abgründe von Gegenwart und Gesellschaft.

Okay.

Das da oben ist der Autorentext, der unter der “Bild”-Kolumne “RECHT KLAR!” von Joachim Steinhöfel zu finden ist. Auch unter der aktuellen Ausgabe:

Screenshot Bild.de - Eurowings und Co - Moral heucheln und Denunzianten gehorchen

Steinhöfel schreibt darin über Firmen, die aus freien Stücken die Ausspielung ihrer eigenen Online-Werbeanzeigen auf Websites gestoppt haben, nachdem Twitter-User diese Firmen auf die Inhalte der Websites aufmerksam gemacht hatten.

Oder wie Joachim Steinhöfel es ausdrückt: Es geht um Unternehmen, die sonst keine “Berührungsängste” beim “Geld von Kinderschändern, Vergewaltigern oder Antisemiten” hätten (“Man kann bei Millionen von Kunden schließlich nicht jeden überprüfen.”) und die nun vor “anonymen Verleumdern”, vor “anonymen Denunzianten mit rechtlich fragwürdigen Boykottaufrufen” einknicken würden.

Steinhöfel zitiert auch vier konkrete Fälle, wie diese Unternehmen bei Twitter reagiert haben:

“Wird sofort geprüft. Sind dran!”, Kaufland.

Es geht dabei um eine Werbeanzeige auf der Website “Achse des Guten”.

“…vielen Dank für den Hinweis. Wir haben die [Werbung] sofort gestoppt,” Aktion Mensch.

Es geht dabei um eine Werbeanzeige auf der Website “Achse des Guten”.

“…für alle Werbeaktivitäten geblacklisted”, Eurowings.

Es geht dabei um eine Werbeanzeige auf der Website “Achse des Guten”.

“Wir werden den Fall prüfen und unsere Blacklist überarbeiten”, Audi.

Es geht dabei um eine Werbeanzeige auf der Website “Achse des Guten”.

Dass es ausschließlich um die “Achse des Guten” geht, erwähnt Joachim Steinhöfel in seinem Text merkwürdigerweise nicht. Und es ist leider auch nirgends zu lesen, dass Steinhöfel selbst Autor der “Achse des Guten” ist und sie als Anwalt rechtlich vertritt. Auch im oben zitierten, recht ausführlichen Autorentext war für einen Transparenzhinweis kein Platz.

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“Bild”s hämische Koketterie, Weltwunder, Mitschüler “PietSmiet”

1. Polizisten greifen bei Demonstration Journalisten an
(spiegel.de)
Bei einer Demonstration in der Düsseldorfer Innenstadt gegen das geplante neue Versammlungsgesetz für Nordrhein-Westfalen sollen Polizeibeamte zwei Journalisten attackiert haben. Unter anderem sei ein dpa-Fotograf mehrfach mit einem Schlagstock geschlagen worden. Die Polizei habe zunächst keine näheren Angaben zu dem Einsatz gemacht.

2. So unangenehm ist der neue Werbeclip für den TV-Kanal von BILD
(vice.com, Robert Hofmann)
Robert Hofmann hat sich den neuen Werbeclip für den TV-Kanal von “Bild” angeschaut, der nicht nur die Amazon-Dokumentation “BILD.Macht.Deutschland?” zitiert, sondern auch versucht, sich an die Erfolgsserie “Stromberg” anzulehnen. Ein gescheiterter Versuch, wie Hofmann findet: “Nein, das alles ist nicht Stromberg, das ist nicht witzig. Hier soll nichts entblößt werden, das ist keine kluge Satire und auch keine ehrliche Aufarbeitung von Kritik. Dieser Clip ist auch kein Zitat der Serie. Hier sehen wir nur hämische Koketterie von Menschen, die wissen, dass große Teile der Gesellschaft mit Verachtung auf sie blicken, und ihnen doch nichts anhaben können.”

3. Schweizer “Weltwoche” zeigt Deutschland, wie Weltwunder-Journalismus geht
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
“Die Zeitung, in der regelmäßig Matthias Matussek, Thilo Sarrazin, Norbert Bolz, Hans-Georg Maaßen und Henryk M. Broder schreiben, ist in dieser Woche mit einer Spezialausgabe erschienen, in der nun auch noch Harald Martenstein, Kai Diekmann, Jan Fleischhauer, Franz Josef Wagner, Boris Reitschuster und Ralf Schuler schreiben. Mehr Trigger kann man für 9 Schweizer Franken wirklich nicht erwarten.” Stefan Niggemeier hat sich triggern lassen und sich tapfer durch eine “Weltwoche”-Sonderausgabe gekämpft.

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4. No. 7 – der neue nestbeschmutzer ist da
(netzwerkrecherche.org, Malte Werner)
Erneut haben Studierende aus dem Master-Studiengang Journalistik und Kommunikationswissenschaften der Universität Hamburg begleitend zur Netzwerk-Recherche-Jahreskonferenz den “nestbeschmutzer” (PDF) produziert. In der kostenlos verfügbaren Online-Zeitung widmen sich 16 Nachwuchsjournalistinnen und -journalisten Themen wie Medienkompetenz, Pressefreiheit und Datenjournalismus.

5. Überlegenheit oder Überheblichkeit
(deutschlandfunk.de, Annabell Brockhues, Audio: 6:47 Minuten)
Nachdem die Uefa abgelehnt hatte, dass die Münchner Arena zum Fußball-EM-Spiel gegen Ungarn in den Regenbogenfarben beleuchtet wird, regte sich vielfältiger Protest. Einige Sender und Tageszeitungen gestalteten temporär ihre Logos zu Regenbogenfarben-Signets um. Viele Promis und Unternehmen taten Ähnliches auf ihren Social-Media-Kanälen. Der Medienkritiker Stefan Niggemeier ist zwiegespalten, was die Aktion anbelangt.

6. Mein Mitschüler, der YouTube-Star
(zeit.de, Inga Pöting)
“Peter schien sich nicht besonders dafür zu interessieren, was andere von ihm dachten. Er trug Karohemden, die auch aus dem Schrank seines Vaters hätten stammen können, und er gab im Unterricht oft merkwürdige Antworten.” Die Rede ist hier von Peter Smits, der auf Youtube als “PietSmiet” Millionen von Followern hat. Die Journalistin Inga Pöting hat mit Smits die Schulbank gedrückt. Beide schlugen unterschiedliche Karrierewege ein und begegneten sich Jahre später wieder in einer Kneipe. Der Initialfunke für ein neuerliches Treffen mit dem erfolgreichen Webvideo-Produzenten, das zu dieser lesenswerten, da sehr persönlichen Reportage führte.

“Bild”-Verspekulierer, Tichy vs Roth, Die Nöte der Blaulicht-Fotografen

1. Morde im “Milieu”: Was “Bild” über Hanau spekulierte
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier, Video: 3:37 Minuten)
Als ob es die NSU-Morde sowie die damaligen Fehlspekulationen und falschen Täterzuschreibungen nie gegeben hätte, fuhr die “Bild”-Redaktion in einer Live-Sendung die wildesten Theorien auf und spekulierte immer wieder, dass es sich bei den Morden in Hanau vermutlich um Taten in einem “kriminellen Milieu” handle. Medienbeobachter Stefan Niggemeier hat die einschlägigen Zitate in einem dreiminütigen Video zusammengeschnitten. Ein Video, das auf Youtube übrigens auf Veranlassung des Axel-Springer-Konzerns umgehend gesperrt wurde.
Weiterer Lesehinweis: Siehe auch unsere aktuelle Berichterstattung: Spekulationen zum Täter von Hanau: Warum “Bild live” der letzte Mist ist.

2. Erfolg für Claudia Roth im Rechtsstreit mit Roland Tichy
(augsburger-allgemeine.de, Michael Stifter)
Im Interview mit der “Augsburger Allgemeinen” hatte sich die Grünen-Politikerin und Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth wie folgt geäußert: “Wir müssen die Stichwortgeber benennen, all diese neurechten Plattformen, deren Geschäftsmodell auf Hetze und Falschbehauptungen beruht — von Roland Tichy über Henryk M. Broder bis hin zu eindeutig rechtsradikalen Blogs.” Daraufhin war sie von Tichy und Broder verklagt worden. Tichys Verfahren sei vom Landgericht Stuttgart gestern abgewiesen worden. Roths Kommentar: “Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, wenn ausgerechnet diejenigen mit dem Versuch scheitern, eine zulässige Meinungsäußerung gerichtlich verbieten zu lassen, die selbst mehr als einmal in der Kritik standen, die Grenzen der Sagbaren gezielt verschieben zu wollen”.

3. Blaulicht-Fotograf klagt gegen Feuerwehr
(ndr.de, Melanie Boeff, Video: 5:19 Minuten)
Für die sogenannten “Blaulicht-Fotografen” wird die Arbeit immer schwieriger. Zunehmend würden Feuerwehren ihre Einsätze selbst fotografieren und die Bilder den lokalen Medien zum Kauf anbieten. Meist sind es die spektakuläreren Bilder, denn freie Fotografen treffen naturgemäß erst später ein. Nun will ein Blaulicht-Fotograf diese Praxis gerichtlich überprüfen lassen und hat Klage eingereicht.

4. 105 digitale Werkzeuge für Journalisten, Blogger und Online-Unternehmer: Die besten Tools, Apps und Programme für einen produktiven Arbeitsalltag
(amazon.de, Daniela Späth & Michel Penke)
Videojournalistin Daniela Späth und Datenjournalist Michel Penke haben lange Zeit über digitale Tools und multimediales Storytelling für Journalistinnen und Journalisten gebloggt. Nun haben sie all ihre Texte mit vielen Empfehlungen für den journalistischen Alltag frisch in ein E-Book gegossen, das man sich noch dieses Wochenende kostenlos bei Amazon herunterladen kann.

5. Assange darf nicht an die USA ausgeliefert werden
(reporter-ohne-grenzen.de)
In Zusammenhang mit der beginnenden Anhörung über die Auslieferung des Wikileaks-Gründers Julian Assange aus Großbritannien melden sich die Reporter ohne Grenzen (ROG) zu Wort. Die Organisation mahnt die britischen Behörden in einem eindringlichen Appell, dem Auslieferungsgesuch der USA nicht stattzugeben und Assange stattdessen aus humanitären Gründen freizulassen. Eine ROG-Delegation werde während der gesamten Anhörungswoche als Prozessbeobachter im Woolwich Crown Court in London zugegen sein.

6. Immer mehr Angriffe auf Medienschaffende
(mmm.verdi.de)
Die Linksfraktion hat sich mit einer Kleinen Anfrage an das Bundesinnenministerium gewandt und sich nach der Anzahl der “Angriffe auf Medienschaffende durch Neonazis” erkundigt. Laut Ministerium sei die Zahl von Straf- und Gewalttaten gegen Medienschaffende von 93 Fällen im Jahr 2018 auf 104 Fälle im Jahr 2019 gestiegen. Kritiker bemängeln, dass die Bundesregierung den Straftaten nicht ausreichend nachgehe beziehungsweise zu wenig im Vorfeld unternehme. Gewerkschaftsvertreterin Tina Groll dazu: “Es wird endlich Zeit, dass die Bundesinnenministerkonferenz aus ihrem Dornröschenschlaf erwacht und geeignete Maßnahmen auf den Weg bringt, um Medienschaffende besser zu schützen.”

Heilige Hetzjagd, Verlags-Datenräuber, In-Ear-Trump

1. AfD, Broder und Tichy verleumden Margot Käßmann als Rassistin
(uebermedien.de, Boris Rosenkranz)
Boris Rosenkranz nennt es eine “heilige Hetzjagd”, was die AfD in den letzten Tagen mit der Theologin Margot Käßmann veranstaltet hat. Mit einem vermeintlichen Zitat wollte man ihr Rassismus andichten, doch das gegen sie verwendete Zitat war aus dem Zusammenhang gerissen und sinnentstellend verkürzt. Die Verleumdungsbotschaft wurde bereitwillig unterstützt von rechten Blogs und Foren und Personen wie Henryk M. Broder (“Die Welt”) oder Roland Tichy (“Tichys Einblick”), aber auch Leuten wie der ehemaligen CDU-Politikerin Erika Steinbach und der Berliner AfD-Vorsitzenden Beatrix von Storch. Boris Rosenkranz hat sich Inhalte und Form der Käßmann-Kampagne näher angeschaut und analysiert. Mittlerweile hat sich auch der Faktenfinder der “Tagesschau” mit dem Vorgang beschäftigt und auch auf der neuen Plattform “Fearless Democracy” gibt es eine Aufarbeitung des Falls mit einer Visualisierung des Twitterverhaltens: Wie sowas läuft: Ein Blick in Margot Käßmanns Shitstorm

2. E-Privacy-Verordnung: Verlage wollen Leser beim Tracking entmündigen
(netzpolitik.org, Markus Reuter )
In einem offenen Brief an das Europäische Parlament haben sich einige europäische Verlage (darunter aus deutscher Sicht die “FAZ”, die “Zeit”, “Gruner + Jahr” und die “SZ”) gegen die neue ePrivacy-Verordnung der EU gewandt. Stein des Anstoßes ist eine Passage, die es Nutzern erlaubt, das Werbetracking auf Webseiten zu unterbinden. Darin sehen die Verlage eine Gefährdung ihrer Einnahmequellen. Markus Reuter ordnet das Ganze aus netzpolitischer Sicht ein. Beim Thema Datenschutz würden sich die Verlage einmal mehr als Gegner der Rechte von Bürgerinnen und Bürgern zeigen.

3. Breitbart stürzt ab
(deutschlandfunknova.de, Diane Hielscher & Martina Schulte)
Donald Trump hat seinen Wahlsieg auch dem rechten Medienportal “Breitbart” zu verdanken, das unablässig für ihn trommelte und seine Gegner niederschrieb. Nach seiner Inauguration ernannte Trump den damaligen Chefredakteur Steve Bannon zu seinem zukünftigen Berater und Chefstrategen. Man hätte meinen können, dass “Breitbart” nun zum neuen Mediengigant der Trump-Ära wird, doch das Gegenteil ist der Fall: Die Reichweite der Seite ist dramatisch gesunken. Martina Schulte ist dem Phänomen nachgegangen.

4. Tagesschau-Chefredakteur wartet vergeblich auf Trolle
(faz.net, Frank Lübberding)
“ARD-aktuell”-Chef Kai Gniffke hat Hasskommentatoren zu sich in den Videochat eingeladen, doch es kam keiner. Kein Wunder, findet Frank Lübberding: “Es gehört zu den kulturellen Codes einer funktionierenden Gesellschaft, nicht jedem alles ins Gesicht zu sagen. Nicht jede Wahrheit (oder auch Lüge) auszusprechen, erleichtert das menschliche Zusammenleben. Das Lästern hinter dem Rücken der Betroffenen hat das noch nie verhindert. Diese Erfahrung wird man sicherlich auch in den diversen ARD-Redaktionen schon gemacht haben. Trotzdem wirkte Gniffke regelrecht enttäuscht, warum keiner der Hasskommentatoren dieses Gesprächsangebot namens „Sag’s mir ins Gesicht“ angenommen hatte. Er wurde weder beleidigt, noch hat ihm ein Zuschauer seinen Hass auf die ARD erklärt.” Nachtrag: Mittlerweile hat sich auch Anja Reschke im Life-Chat ihren Kritikern gestellt. Auf “tagesschau.de” gibt es ein Interview mit Reschke: “Ich bin keine ARD-Marionette”.

5. Donald Trumps (fast) unsichtbarer Kopfhörer
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Hat Donald Trump tatsächlich nicht zugehört, als der italienische Ministerpräsident Paolo Gentiloni über Afrika sprach? Trump trug schließlich keine direkt sichtbaren Kopfhörer für die Simultanübersetzung wie viele der Anwesenden. Viele Medien nahmen dies als Anscheinsbeweis, doch so einfach ist die Sache nicht wie Stefan Niggemeier auf “Übermedien” ausführt.

6. Klarstellung in Sachen “Die Hölle erwartet euch”
(facebook.com, Mathias Richel)
Vielleicht haben Sie das Bild gesehen, das die letzten Tage viral ging: Ein Mann hält eine Art selbstgebasteltes Transparent hoch, auf dem er einer wirr zusammengesetzten Zielgruppe (“Säufer, Lügner, Partytiere, Drogen-Freaks, Ehebrecher, Porno-Freaks, Selbstbefriediger, Huren, Diebe, Zauberer, Lästerer, Heuchler, Homosexuelle, Habsüchtige, Götzendienen, Feministen, Falsche Christen, Atheisten”) zuruft: “Die Hölle erwartet euch”.
Das Bild wurde oft fälschlicherweise dem Kirchentag in Berlin zugeordnet, ist jedoch beim DFB-Pokalfinale entstanden, wie Mathias Richel anmerkt, der das Foto direkt vor dem Stadion geschossen hat. “Mir ist vollkommen klar, dass dieser erklärende Beitrag hier fast niemanden von denen erreichen wird, die jetzt mit dem Bild beweisen wollen, dass die Christen auf dem Kirchentag nicht alle Tassen im Schrank haben. Aber ich will wenigstens alles dafür getan haben, damit dieses Bild zunächst einmal genau das nur für diesen Mann belegt und nicht andere fälschlicherweise mit dem verrührt werden.”

#Pizzagate, Neues aus dem Glashaus, “Bild”-Sexismus

1. Wie Trumps Berater Fake News verbreiten
(sueddeutsche.de, Matthias Kolb)
Am Sonntag betritt ein 28-jähriger US-Amerikaner eine Pizzeria in Washington, er ist mit einer Pistole und einem Sturmgewehr bewaffnet. Sein Verdacht: Vertraute von Hillary Clinton betreiben dort ein Pädophilie-Netzwerk. Seine Mission: minderjährige Sexsklaven retten. Seine Quelle: #Pizzagate, eine Fake-News-Kampagne, betrieben von Trump-Anhängern. Matthias Kolb erklärt, wie die Ente in die Welt gekommen ist, wer dazu beigetragen hat und warum es so schwer ist, die Lügen wieder einzufangen, sobald sie sich einmal im Netz verbreiten.

2. Lieber Herr Broder
(medium.com, Gerald Hensel)
“Guten Tag, Herr Broder, ich möchte mich kurz vorstellen: mein Name ist Gerald Hensel, ich bin 41 Jahre alt, ich lebe in Berlin und ich hatte mal Achtung vor Ihnen.” So beginnt ein offener Brief an den streitbaren und streitlustigen Publizisten Henryk M. Broder. Gerald Hensel hält ihn für eine “Fleischwerdung der postfaktischen Scheiße, in der diese Welt gerade steckt”. Dafür nennt er drei Gründe:
“1. Sie lügen.”
“2. Wer zuerst Faschist sagt, ist zuletzt Rassist.”
“3. Sie wollen keine inhaltliche Auseinandersetzung. Sie suchen maximalen persönlichen Kollateralschaden.”

3. Willkommen im Glashaus
(blog.zeit.de, Jochen Wegner)
“Zeit Online” setzt um, was Chefredakteur Jochen Wegner schon vor eine Woche in einem “Meedia”-Interview angekündigt hatte: Das “Glashaus” soll dazu dienen, redaktionelle Abläufe und Entscheidungsprozesse transparent zu machen — aber auch, um Fehler einzugestehen: “Im Glashaus sammeln wir ab sofort auch unsere Fehler: alle Fälle, in denen wir uns gravierend korrigieren mussten — bisher werden Korrekturen nur in den Beiträgen selbst kenntlich gemacht.” Der erste inhaltliche Blogeintrag ist bereits erschienen. Markus Horeld erklärt, “Warum wir fast nie über Straftaten berichten”.

4. Wer im Glashaus sitzt
(taz.de, Diana Pieper)
Am Mittwochmorgen titelte die “Bild”-Zeitung: “Ist das Frauenbild der Flüchtlinge ein Problem?” Ausgerechnet die “Bild”-Zeitung, wundert sich Diana Pieper: “Doch ist jetzt neuerdings die ‘Bild’-Zeitung die Verteidigerin der emanzipierten, gleichberechtigten Frau? Wohl kaum, fällt sie doch eher durch ihre oft sexistische und voyeuristische Berichterstattung auf.” Zum gleichen Thema aus diesem Blog: “‘Bild’ der Frau”.

5. Unis starten in die Post-Urheberrecht-Ära
(golem.de, Sebastian Grüner)
Zum neuen Jahr tritt ein neuer Rahmenvertrag der VG Wort in Kraft, der die Nutzung wissenschaftlicher Werke an Hochschulen regeln soll — obwohl ihn etliche Universitäten vehement ablehnen. Damit werde “vollkommen unübersichtlich, welche Werke Universitäten überhaupt noch über digitale Semesterapparate verteilen dürfen”, schreibt Sebastian Grüner. Er prognostiziert großes Chaos und geht davon aus, “dass die Wissensvermittlung künftig schlicht nicht ganz legal ablaufen wird.” Anders sieht das Leonhard Dobusch bei Netzpolitik.org, der den auslaufenden Vertrag für einen “Fortschritt” hält: “Denn es zeigt, dass die Hochschulen und ihre Verbände untragbare Zustände in digitaler Forschung und Lehre nicht mehr einfach hinzunehmen bereit sind.”

6. Anspruch auf Gegendarstellung wegen Äußerungen in einem Blog
(internet-law.de, Thomas Stadler)
Lauer vs. Lange: Ein ehemaliger Pirat verklagt ein aktuelles Parteimitglied der Piraten auf eine Gegendarstellung. Die Details des Streits zwischen Christopher Lauer und Simon Lange sind nebensächlich, interessant ist die Schlussfolgerung, die Rechtsanwalt Thomas Stadler aus dem juristischen Sieg Lauers zieht: “Die Entscheidung des Kammergerichts führt also dazu, dass selbst Gelegenheitsblogger (…) als journalistisch-redaktionelle Anbieter gelten, mit der Folge, dass sie der erweiterten Impressum spflicht (…) und der Gegendarstellungspflicht unterliegen. Ob dies tatsächlich dem Sinn und Zweck des Gesetzes entspricht, darf man bezweifeln. Es ließe sich dann auch nicht mehr nachvollziehbar erklären, warum nicht jeder, der auf Facebook oder Twitter vorwiegend Meinung postet, ebenfalls erfasst wäre.”

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