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Franz Josef Wagner fährt mit Jogi Löw Achterbahn in der Pampa

“Bild”-Briefonkel Franz Josef Wagner hat einen Helden: Bundestrainer Jogi Löw. Und Helden …

Helden schicken wir nicht einfach so in die Pampa.

Soll heißen: Wagner findet, dass Löw nach der 0:6-Niederlage der deutschen Fußballnationalmannschaft gegen Spanien bitte, bitte nicht zurücktreten soll. In seinem heutigen Brief schreibt er:

Ausriss Bild-Zeitung - Post von Wagner - Lieber Jogi Löw - viele erwarten, dass Sie aufgeben nach dem Spanien-Debakel. Bitte geben Sie nicht auf!

Lieber Jogi Löw,

viele erwarten, dass Sie aufgeben nach dem Spanien-Debakel. Bitte geben Sie nicht auf! Was für ein Leben wäre es für Sie, wenn Sie aufgeben? Ein Leben der Leere. Ein Einsamkeitsgrauen. Ein Leben von Gott und den Menschen verlassen.

Ein Mensch, der aufgibt, ist verloren. Ich bin verliebt in Sieger, noch mehr verliebt bin ich in Nicht-Aufgeber.

Wenn Jogi Löw sich nicht aufgibt, dann kann vielleicht die Nationalelf wieder siegen.

Jogi Löw war ein Held. Helden schicken wir nicht einfach so in die Pampa.

Herzlichst
Franz Josef Wagner

Vor gut einem Monat, am 13. Oktober, schreibt Franz Josef Wagner ebenfalls an Jogi Löw. Auch da bestimmt im Ton, inhaltlich aber etwas anders:

Wie schnell das Licht erlischt, das einmal brannte. Jogi Löw, der Weltmeister. Jogi Löw, die Stilikone im weißen, taillierten Hemd. Populärer war kein Bundestrainer.

Leider, lieber Joachim Löw, gibt es keinen Ewigkeitsruhm. Ihre Mannschaft spielt schlecht. Sie stellen schlecht auf, sie wechseln schlecht aus. (…)

Wenn mich jemand fragt, ob ich einen neuen Bundestrainer will, dann sage ich Ja.

Die Verbindung Wagner-Löw ist wie eine Achterbahnfahrt. Im März 2019 schreibt Wagner an den Nationaltrainer und über die Spieler Serge Gnabry und Leroy Sané:

Warum hat Jogi Löw die jungen tollen Spieler nicht mit zur WM 2018 nach Russland genommen?

Sein Fehler war, dass er nicht an die Jugend glaubte. Jogi Löw ist 59. Es fällt ihm schwer, alt zu sein.

Die Spieler haben ihm seine Jugend wiedergegeben. Sie sind sein zweiter Frühling.

… was aus rein biologischer Sicht ein kleines Wunder darstellt, schließlich war der Zweite-Frühling-Jogi laut Wagner eigentlich schon längst “verwelkt”. Vier Monate vor der Löw-Auferstehung, im November 2018, schreibt der “Bild”-Kolumnist:

Lieber Joachim (Jogi) Löw,

ich muss die Natur bemühen, um Sie zu beschreiben. Es gibt die Zeit, wo die Natur erblüht, und die Zeit, wo sie verwelkt. Sie befinden sich in der Zeit des Welkens. (…)

Was mich wundert, ist, dass Sie immer noch Bundestrainer sind. Eigentlich geben nach Misserfolgen Männer, Frauen ihr Amt auf. Ich mag Joachim Löw persönlich sehr. Er ist ein netter, unterhaltsamer Mann. Aber er ist eine verwelkte Blume.

Wagners aktuelle Löw-Verteidigung ist auch deshalb eine überraschende Wendung (gut, bei Wagner vielleicht nicht so ganz überraschend), weil seine Ansage im Oktober 2018 nicht klarer hätte sein können:

Jogi Löw, das ist das Ende des Traums. Wachen Sie auf und treten Sie zurück.

Und auch im Juni 2018 klang es bei Wagner so, als könnte man Helden doch “einfach so in die Pampa” schicken:

Lieber Jogi Löw,

wenn ich jetzt schreibe, dass Sie zurücktreten sollen, dann ist mein Motiv nicht Rache, Vergeltung. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, wie Sie jetzt weitermachen wollen. Sie sind ein geschlagener Mann.

Mit Dank an Andreas W. für den Hinweis!

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Wenn Franz Josef Wagner sich falsch an den Adidas-Gründer erinnert

Was hatten die beiden Dassler-Brüder Adolf und Rudolf auch den gleichen Nachnamen? Wie soll “Bild”-Briefonkel Franz Josef Wagner es bei so einer komplizierten Lage hinbekommen, den einen und den anderen auseinanderzuhalten?

Wagner schreibt heute ans “Liebe Adidas”, an die Firma also, die derzeit schwer in der Kritik steht, weil sie für ihre in der Corona-Krise geschlossenen Shops im April keine Miete zahlen wolle. Adidas verteidigt sich: Es gehe nur um eine Stundung der Mietkosten.

Sowas hätte es bei Adolf “Adi” Dassler, dem Gründer von Adidas, laut Wagner jedenfalls nie gegeben:

Ein Adi Dassler hätte nie die Mietzahlungen gestrichen. Er war ein Mann, der aus der Katastrophe des Zweiten Weltkriegs kam. Wegen Fahnenflucht wurde er von der Gestapo verfolgt und in das Konzentrationslager Dachau gebracht. (…)

Adidas sollte sich an seinen Gründer erinnern.

Und Franz Josef Wagner sollte sich richtig an die Geschichte der Dassler-Brüder erinnern, bevor er sowas schreibt. Denn es war nicht Adolf Dassler, der wegen Fahnenflucht von der Gestapo festgenommen und ins Konzentrationslager Dachau gebracht werden sollte, sondern dessen Bruder Rudolf, der spätere Gründer von Puma.

Selbst wenn Wagners Aussage stimmen würde, wäre es eine bemerkenswert einseitige Darstellung von Adolf Dasslers Rolle während des Zweiten Weltkriegs und der Nazi-Zeit in Deutschland (andere Aspekte nennt Wagner nicht). Beide Dassler-Brüder wurden 1933 Mitglieder der NSDAP. Adolf Dassler war bei der Hitlerjugend aktiv. Während des Krieges stellten die Dasslers in ihrer Fabrik für das Nazi-Regime die Panzerabwehrwaffe “Panzerschreck” her, auch unter Einsatz von französischen Zwangsarbeitern. Zu Adolf Dasslers Verhalten während dieser Zeit gehört aber auch, dass er bei den Olympischen Spielen 1936 in Berlin gegen alle Widerstände dafür sorgte, dass der schwarze Leichtathlet Jesse Owens in Dassler-Schuhen antreten konnte. Und im Entnazifizierungsverfahren der US-Amerikaner gab es viele Fürsprecher für Adolf Dassler, unter anderem einen jüdischen Bürgermeister, der berichten konnte, dass Dassler ihn bei sich zu Hause vor der Gestapo versteckt hatte, und einen bekannten Antifaschisten, den Adolf Dassler auch während der NS-Zeit weiterbeschäftigte.

Mit Dank an Georg und @sundrio für die Hinweise!

Nachtrag, 18:10 Uhr: Die “Bild”-Redaktion hat reagiert und die Wagner-Kolumne überarbeitet: Die Passage zum Zweiten Weltkrieg ist komplett verschwunden. Dafür gibt es nun eine “ANMERKUNG DER REDAKTION” am Ende des Textes:

In einer früheren Version des Artikels hieß es über den Adidas-Gründer: “Er war ein Mann, der aus der Katastrophe des Zweiten Weltkriegs kam. Wegen Fahnenflucht wurde er von der Gestapo verfolgt und in das Konzentrationslager Dachau gebracht.”

Das ist falsch, die Beschreibung trifft vielmehr auf den Rudolf Dassler zu, den älteren Bruder von Adi Dassler. Rudolf Dassler gründete den Adidas-Konkurrenten Puma.

Diese transparente Korrektur ist gut. Wenn die Redaktion schon dabei ist, könnte sie auch gleich noch Wagners Behauptung korrigieren, dass “Adi” Dassler der Erfinder der Schraubstollen ist (“Adi Dassler war Zeugwart und Schuster in der Nationalelf. Er erfand den Schraubstollen.”). Laut Patent- und Markenamt gab es einige Personen, die lange vor Dassler ein Patent auf Schraubstollen angemeldet hatten.

Mit Dank an @seelengalerie und L. S. für die Hinweise!

Franz Josef Wagner setzt “Hartz-IV-Familien” vor die Glotze

Bruce Springsteen hat heute Geburtstag, 70 Jahre ist der Musiker nun alt, und ist man so bekannt wie Springsteen, hat man das Pech, dass einem alle möglichen Leute gratulieren:

Ausriss Bild-Zeitung - Post von Wagner - Hi Boss (Bruce Springsteen)

1949, heute vor 70 Jahren, wurden Sie geboren, ein Junge aus New Jersey. Vater Busfahrer, Mutter Sekretärin, Bildungschancen keine, Schule abgebrochen. Für Ihre Eltern war es normal, nicht mehr zu wollen, als vor dem Fernseher zu sitzen.

Heute würden wir sagen, Bruce Springsteen stammt aus einer Hartz-IV-Familie.

Dieser Hartz-IV-Junge ist heute der gefeiertste Rockstar aller Zeiten.

Nun könnte man sicher sehr leidenschaftlich darüber debattieren, ob Springsteen wirklich “der gefeiertste Rockstar aller Zeiten” ist, doch hier soll es um Franz Josef Wagners herablassenden Hartz-IV-Unsinn gehen.

Kaum Bildung, keine Ambitionen und ständig vor der Glotze — das macht für den “Bild”-Briefonkel offenbar eine typische “Hartz-IV-Familie” aus. Diese Vorurteile passen bestens in das verächtliche Bild von faulen “Hartz-IV-Schmarotzern”, das die “Bild”-Redaktion seit Jahren verbreitet. Dass Springsteens Eltern als Busfahrer beziehungsweise Sekretärin beide arbeiteten, schreibt Wagner zwar selbst; dass sie mit ihrer Arbeit ihren Lebensunterhalt verdienten und wohl kaum Hartz-IV-berechtigt gewesen wären, scheint ihn bei seinem Urteil hingegen nicht weiter zu interessieren.

Wagners Behauptungen zu den fehlenden Bildungschancen und zu Springsteens Schulabbruch sind übrigens schlicht falsch. Bruce Springsteen hatte durchaus Bildungschancen und nutzte diese auch, was ihm 1967 einen High-School-Abschluss brachte. Er soll zwar nicht zur Graduiertenfeier erschienen sein, die Schule hat er aber erfolgreich beendet — im Gegensatz zu Franz Josef Wagner, der seine Abiturprüfung nie bestanden hat.

Mit Dank an Manni für den Hinweis!

Franz Josef Wagner findet diese stolzen, coolen “Mädchen” ganz toll

Es gibt einen neuen Werbespot der Commerzbank mit dem deutschen Fußballfrauennationalteam. Knapp drei Wochen vor der Weltmeisterschaft in Frankreich rechnen die Spielerinnen darin auf starke, selbstironische Weise mit den blödesten Vorurteilen ihnen gegenüber ab. Und sagen unter anderem: “Wir brauchen keine Eier. Wir haben Pferdeschwänze.”

Das sorgt natürlich für Aufsehen — sogar bei “Bild”-Briefonkel Franz Josef Wagner, der gestern schrieb:

[D]as Tolle an Eurem TV-Spot ist, dass Ihr so unglaublich frei seid. Überhaupt nicht verbissen erzählt Ihr die Geschichte des Frauenfußballs. (…)

Dieser TV-Spot erzählt von den Vorurteilen. Frauen sind zum Kinderkriegen da, gehören in die Waschküche.

Genau. Ein weiteres Klischee, das in dem 90 Sekunden langen Werbeclip eingeblendet wird: Es handele sich ja nur um “#mädchenfußball”.

Screenshot des Commerzbank-Werbespots mit eingeblendeten klischeebeladenen Tweets zum Frauenfußball. Darunter auch ein Tweet mit mädchenfußball

Und als wollte Wagner noch einmal unter Beweis stellen, wie bitter nötig dieser Spot auch heute noch ist, überschreibt er seinen Brief an die Fußballerinnen nicht etwa mit “Liebe deutsche Fußballfrauen” oder mit “Liebe Nationalelf” oder mit “Liebe DFB-Frauen”, sondern mit:

Ausriss Bild-Zeitung - Post von Wagner - Liebe DFB-Pferdeschwanz-Mädchen

Und am Ende schreibt er:

Wir sehen wilde Mädchen. Coole Mädchen. Mädchen, die stolz darauf sind, Fußballerinnen zu sein.

Wild, cool, stolz. Aber keine Frauen, sondern nur “Mädchen”, die von einem Mann mal ein Lob bekommen.

Ganz anders sieht das aus, wenn Franz Josef Wagner den Fußballnationalspielern — also: den männlichen — schreibt. Wenn die bei der WM in Russland als Gruppenletzte ausscheiden, schreibt Wagner an die “Liebe Nationalelf”. Wenn die Spieler besonders jung sind, schreibt er an die “Liebe junge Nationalelf”. Schreibt er anderen Sportlern, etwa den Eishockeynationalspielern, steht über seinem Brief: “Liebe Eishockey-Männer”.

Schreibt er hingegen den deutschen Fußballerinnen, egal wie alt oder jung diese sein mögen, richtet er sich an die “Lieben WM-Mädels”.

Mit Dank an Olli für den Hinweis!

Die zwei Herzen von Franz Josef Wagner

Selbstverständlich hat sich auch “Bild”-Briefchenschreiber Franz Josef Wagner zum Rücktritt von Fußballer Mesut Özil aus der deutschen Nationalmannschaft geäußert. Er schreibt in der heutigen Ausgabe und bei Bild.de:

Ausriss Bild-Zeitung - Post von Wagner - Lieber Mesut Özil, gut, dass Sie das Hemd mit dem Adler ausgezogen haben, wir passen nicht mehr zusammen. Das eine Foto mit dem Erdogan verzeihe ich Ihnen. Da wurden Sie in einen PR-Termin hereingequatscht. Es war eine Dummheit. Es gibt nur eine unverzeihliche Sünde: die doppelte Dummheit. Sie wollen also immer noch nicht begreifen, dass Sie besser kein Pose-Foto mit einem Mann gemacht hätten, der Journalisten ins Gefängnis wirft, Zeitungen und Radiosender schließt, Justizbeamte ins Gefängnis steckt. Sie sind Fußballer. Fußballer sind nicht politisch. Fußballer haben Berater. Irgendwer sagt den Fußballern, was sie tun, was sie sagen sollen. Welcher Idiot gibt Ihnen diese irren Ideen ins Gehirn? Sie sind ein großartiger Fußballspieler. Vor Jahren schrieb ich, dass Sie einmal der Kapitän der deutschen Nationalmannschaft werden würden. Goodbye, Mesut Özil. Es muss furchtbar sein, wenn man mit seinem ganzen Herzen für eine Mannschaft spielt und sein zweites Herz für ein anderes Land schlägt. Alles Gute, Sie zerissener Mesut Özil. Herzlichst, Franz Josef Wanger

Die Sache mit den zwei Herzen kommt von Mesut Özil. Bei Twitter verkündete er gestern nicht nur seinen Rücktritt aus der Nationalelf, sondern gab auch eine recht dünne Erklärung zu dem dämlichen Foto ab, auf dem er mit dem türkischen Autokraten Recep Tayyip Erdogan posiert hatte. Er habe das Foto aus Respekt vor dem höchsten Amt des Landes seiner Familie gemacht. Das habe nichts mit Politik zu tun gehabt.

Aber eigentlich kommt die Sache mit den zwei Herzen auch von Franz Josef Wagner. Der schrieb nämlich schon in der “Bild”-Ausgabe vom 10. Juli einen Brief an Mesut Özil. Und da fand der Kolumnist es noch gar nicht so “furchtbar”, wenn einer wie Özil ein deutsches und ein türkisches Herz hat:

Ausriss Bild-Zeitung - Post von Wagner - Lieber Mesut Özil, Sie sind ein Vorbild für alle Einwanderer-Kinder, 92-facher deutscher Nationalspieler, fünfmal wurden Sie zum Nationalspieler des Jahres gewählt. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung nannte Sie einen Brückenbauer. Wenige Einwanderer-Kinder werden Anwälte, Bundestagsabgeordnete, Ärzte. Sie wurden ein Fußballstar. Ihre Großmütter, Ihre Väter verkauften Gemüse. Arbeiteten in Bergwerken. Sie heißen nicht Müller, Sie heißen Özil. In Ihrem Herzen ist die Türkei, wo Ihre Oma, Ihre Cousins leben. Haben Sie keine Angst, das alles zu sagen! Alles, was in Ihrem Herzen ist. Was ist so falsch daran, dass man zwei Herzen hat? Herzlichst, Franz Josef Wagner

Da macht Mesut Özil ziemlich genau das, was Franz Josef Wagner ihm zuvor rät: Erklären, dass er neben dem deutschen auch ein türkisches Herz hat. Und schon passen die beiden für Wagner “nicht mehr zusammen.”

Franz Josef Wagner macht Jamaikaner zu Analphabeten

Wenn “Bild”-Briefchenschreiber Franz Josef Wagner einen Text so beginnt …

ein bisschen Völkerkunde in diesem Brief muss sein

… dann kann es danach nur bemerkenswert werden.

Der Text, aus dem dieser Einleitungssatz stammt, ist zwar schon ein paar Tage alt — er erschien am 27. September in “Bild” und am späten Vorabend bei Bild.de. Wir wollen ihn hier aber doch noch aufgreifen. Also dann, Herr Wagner:

Ausriss Bild-Zeitung - Liebes Jamaika, ein bisschen Völkerkunde in diesem Brief muss sein. Jamaika geht es schlecht. 80 Tonnen Kokain werden pro Jahr von Südamerika nach Nordamerika durchgeschleust. Mafiöse Banden beherrschen die Insel. Es gibt Feuergefechte zwischen den Dealern und der Polizei.

Wagner kommt anschließend auf “die Koalitionsverhandler” in der deutschen Bundespolitik, die nicht wüssten, “was Jamaika bedeutet.” Danach eine mehr oder weniger zusammenhängende Gedankenkette: Sklaven-Händler, spanische Kolonialisten, britische Kolonialisten, Tanz und Gesang, Bob Marley, Dreadlocks, “I Shot the Sheriff” und “No Woman, No Cry”*. Was einem eben so einfällt, wenn man fünfeinhalb Minuten vor Abgabe merkt, dass man ja noch gar nichts aufgeschrieben hat.

Und dann dieser Satz:

80 Prozent der Jamaikaner sind Analphabeten.

Nach einem kurzen Ausflug zum seit 20 Jahren entkriminalisierten Kiffen endet Wagner mit:

Ich machte einmal Urlaub auf Jamaika. Weißer Strand, Luxushotel. Als Tourist erfährt man nichts über Jamaika. Herzlichst, F. J. Wagner

Und auch später als “Bild”-Kolumnist hat man offenbar nich genug über Jamaika erfahren.

80 Prozent Analphabeten? Im Niger, einem der ärmsten Länder der Welt, gibt es rund 80 Prozent Analphabeten. Aber selbst in Kriegs- und Krisengebieten wie Afghanistan oder Mali können mehr als 30 Prozent der Menschen lesen und schreiben. Auf Jamaika liegt die Alphabetisierungsrate bei 88,7 Prozent. 11,3 Prozent der Bevölkerung sind also Analphabeten. Das ist immer noch ein hoher Wert. Sieht aber ganz anders aus als die “Völkerkunde” eines Franz Josef Wagner.

Mit Dank an Lothar Z. für den Hinweis!

*Nachtrag, 12. Oktober: In einer ersten Version hatten wir den vermeintlichen Namen des Marley-Songs von Wagner übernommen: “No Women No Cry” hatte der “Bild”-Kolumnist geschrieben. Das ist gleich doppelt falsch. Erstens muss es die Singular-Form “Woman” sein. Und zweitens ist das Komma zwischen “No Woman” und “No Cry” inhaltlich bedeutend.

Mit Dank an @isoglosse für den Hinweis!

Franz Josef Wagner und der ausgefranste Barte des Propheten

Anfangs war es noch die Faszination für den Menschen Martin Schulz, die “Bild”-Briefchef Franz Josef Wagner inspirierte. Dieser Lebensweg! Am 26. Januar, also zwei Tage nachdem bekannt wurde, dass nicht Sigmar Gabriel, sondern Martin Schulz die SPD im Bundestagswahlkampf führen wird, schrieb Wagner:

Lieber Martin Schulz,

Sie sind ein Kanzlerkandidat wie aus einem Roman. Ich hätte gerne die Filmrechte. Da ist ein Junge, der nur Fußball im Kopf hat. Er ist mit der B-Jugend Vizemeister geworden. Fußballprofi wollte der Junge werden. Eine schwere Verletzung beendete seinen Traum.

Im Gesicht des Kanzlerkandidaten Schulz sieht man nicht die Narben – aber wie verheilt sind die Wunden in seiner Seele? Er ist Schulabbrecher, er ist ein Junge ohne Zukunft. Er beginnt zu trinken, sich die Welt schönzutrinken. Gerichtsvollzieher stehen vor seiner Tür. Er denkt an Selbstmord. Er ist ein Gespenst aus Alkohol und Trübsinn.

Wie man aus all dieser Scheiße rauskommt, davon handelt der Roman. Wie man die Kurve kriegt. Wie man wieder ein Bürger wird. Das ist der Roman des Martin Schulz.

Herzlichst,
F. J. Wagner

Aus dieser Faszination für seinen Romanhelden wurde schnell mehr. Wagner verliebte sich “quasi”. Den Brief, den er am 6. Februar in “Bild” veröffentlichte, adressierte er nicht an Martin Schulz, sondern an “Umfrage-König Schulz”:

Lieber Umfrage-König Schulz,

es scheint, als wären alle blindverbliebt in Sie. Blindverliebt ist die schönste Liebe. Es ist das Verliebtsein.

Da ist jemand, der seine Fehler nicht vertuscht. Schulabbrecher, Alkoholiker. Da ist jemand, der nicht mit Schummel-Doktor-Titeln Karriere macht.

Wir sind verliebt in einen Guttenberg von unten.

Ich mag Schulz, wie er redet. Er entzückt, bezaubert SPD-Wähler.

Ich bin quasi verliebt in ihn. Er verspricht mir so viel, aber ich weiß nicht, was.

Verliebte weinen viele Tränen.

Herzlichst,
F. J. Wagner

Einige Tränen und neun Tage später ist die Romanze allerdings schon wieder zu Ende. Franz Josef Wagner ist nicht mehr “blindverliebt”, plötzlich kann er wieder sehen. Und was er da sieht, lässt ihn erschrecken: einen Bart! Ja, doch, Martin Schulz trägt einen Bart. Wobei, nein, eigentlich ist das nicht mal ein Bart, das ist ein “Spinnennetz”, “ein ausgefranster Teppich”. Wagner schreibt heute:

Lieber Martin Schulz,

der Wert eines Menschen hängt nicht von Äußerlichkeiten ab. Aber bitte, rasieren Sie sich! Ein Kanzlerkandidat sollte nicht so ein Spinnennetz vor seinem Gesicht haben.

Sie wollen das Gesicht Deutschlands werden, mit diesem ausgefransten Teppich im Gesicht.

Warum rasieren Sie sich nicht?

Weil Sie keine Zeit haben? Weil alles wichtiger ist als rasieren? Oder weil Sie mit Ihren 61 Jahren noch immer ein Revoluzzer sein wollen?

Ihr Bart irritiert mich. Ich weiß nicht, was er bedeuten soll.

Eine anständige Rasur dauert zehn Minuten. Man seift sein Gesicht ein, bis die Barthaare weich werden.

Und dann schneidet man von unten nach oben.

Und dann hat man ein glattes Gesicht.

Das glatte Gesicht von Martin Schulz will ich sehen.

Herzlichst,
F. J. Wagner

Dass Franz Josef Wagner mal findet, dass die Fußballer des FC Bayern München in der Kabine auf Deutsch über Goethe und Schiller sprechen sollten, und später schreibt, dass nun wirklich nicht wichtig sei, dass die Fußballer des FC Bayern München in der Kabine auf Deutsch über Goethe und Schiller sprechen, ist typisch für den “Bild”-Kolumnisten. Genauso, dass er das “Dschungelcamp” mal für genau das Richtige und mal für genau das Falsche in Zeiten des Terrors hält.

Meist liegen einige Jahre zwischen widersprüchlichen Wagner-Briefen. Dass er sich dieses Mal innerhalb weniger Wochen erst in einen Menschen verliebt, und seine Gefühle dann mangels Rasur erkalten — das ist selbst für Franz Josef Wagner ein besonderes Dramolett.

Mit Dank an @Thomann_J und @Thosch73 für die Hinweise!

Franz Josef Wagner im Dschungel der Meinungen

Gut, wir geben zu: Das ist jetzt nicht gerade die Frage, die man sich jeden Morgen direkt nach dem Aufwachen und ganz dringend stellt. Dennoch: Was hält “Bild”-Briefeschreiber Franz Josef Wagner eigentlich vom RTL-Quotenbringer “Dschungelcamp”?

Total super findet er die Sendung. Gerade jetzt nach dem ganzen Terror sei “das ansteckend Gesellige”, wie man es beim “Dschungelcamp” findet, wichtig. Doch Wagner sagt auch: Gerade jetzt nach dem ganzen Terror sei so etwas wie das “Dschungelcamp”, mit “nackten Mädchen nach dem Terror”, nicht das Richtige.

Doch der Reihe nach.

Franz Josef Wagners Brief von heute ans liebe “Dschungelcamp”:

Liebes Dschungelcamp,

angesichts der Weltlage, Terror, Unsicherheit ist das ansteckend Gesellige wichtig. Ein paar Bierchen mit Freunden und schon sieht die Welt anders aus. Heiterer.

Nichts anderes ist das Dschungelcamp. Wir sehen die Kandidaten, wie sie ekliges Zeug essen.

Wir lachen über diese Idioten im Dschungelcamp. Sie amüsieren uns, weil sie so nackt, so blöd, so peinlich sind. Gott, gib uns nichts Schlimmeres als das Dschungelcamp.

Herzlichst,
F. J. Wagner

Wagner schreibt jedes Jahr im Januar einen Brief an die RTL-Sendung. So auch 2015. Auf den Tag genau vor zwei Jahren lautete sein Brief so:

Liebes Dschungel-Camp,

ich denke, dass ich Dich heute Abend nicht gucke. Du passt nicht in meine Gefühlswelt. Je suis Charlie ist meine Welt. Meine Welt ist Trauer und nicht Dschungel-Camp.

Im Dschungel-Camp treten abgehalfterte Promis auf, deren Verstand grenzwertig ist.

Ich kenne die Dschungel-Bewohner nicht, zwei Mädchen sollen „Playboy“-Models sein.

Nackte Mädchen nach dem Terror.

Ich bin kein Moralist, aber Dschungel-Camp gucke ich nicht. Nach dem Terror Titten — nein.

Herzlichst,
F. J. Wagner

Wenigstens bei einem Punkt ist er sich treu geblieben: Der Verachtung für die Menschen, die da im TV zu sehen sind.

Mit Dank an A. T. für den Hinweis!

Franz Josef Wagner und die Nazi-Scheiße in der “Bild”-Zeitung

Das „Lieber“ hat er sich am Dienstag lieber verkniffen:

Post von Wagner - Betrifft: Hitlers Gold-Zug

Der gepanzerte Nazi-Zug soll in einem polnischen Stollen-System stehen, voller Kunstschätze. Mag sein, mag nicht sein.

Mag eher nicht sein, aber egal. Auf jeden Fall stößt Franz Josef Wagner diese ganze Sache ziemlich übel auf.

Was mich anwidert, ist, dass Hitler eine Art Marke geworden ist. (…) Was mich nervt, ist seine unverminderte Gegenwart. Hitler-Filme, Zeichnungen von ihm werden in Auktionshäusern feilgeboten, Filme, „Der Untergang“, Bücher, „Er ist wieder da“.

Seine Ur-Enkelsind wieder da, sie werfen Brandbomben auf Flüchtlingsheime.

Mit dem Gold-Zug ist Hitler wieder da. Das Finstere, das Abscheuliche.

Und dann gibt es doch tatsächlich noch Medien, die diesem finsteren, abscheulichen Hitler-Schatz-Nazi-Gold-Zug allen Ernstes eine Bühne bieten:

Selbst die „Süddeutsche Zeitung“ schlagzeilt auf Seite 1: „Gerüchte um einen Zug voller Nazi-Schätze“.

Also wirklich, „Süddeutsche Zeitung“!

[Titelseite der Süddeutschen Zeitung, ganz oben steht in einer dezenten, grünen Zeile: 'Tunnelblick: Gerüchte um einen Zug voller Nazi-Schätze']
(Falls Sie nicht auf Anhieb fündig werden: ganz oben, die grüne Zeile.)

Gut, dass sich wenigstens Wagners Heimblatt bei dieser Geschichte zurückhält.

Polen bestätigt Sensations-Fund - Hitlers geheimer Gold-Zug!
Nazi-Zug versetzt Experten in Goldrausch
Sensationsfund in Tunnel bei Breslau - Die Suche nach Hitlers Gold-Zug
Juwelen, Gold, Bernsteinzimmer? - Das Geheimnis um den Nazi-Zug von Polen
Gold-Zug in Polen - Diese Nazi-Schätze wurden in Verstecken gefunden
Goldschatz in Polen vermutet - Russland fordert Anteil am Nazi-Zug
Suche nach Goldschatz in Polen - Zeigen Satelliten-Bilder, wo der Nazu-zug steckt? - Historikerin brachte BILD-Reporter auf die Spur
Geteilte Böschung mit auffälligem Bewuchs - Führt diese Furche zu Hitlers Gold-Zug?
Hobbysucher im Goldrausch - So gefährlich ist die Jagd nach dem Nazi-Zug - Minister warnt vor Sprengfallen ++ Anwohner fürchten um ihre Häuser
Der Mann, der das geheimnis lüften kann - Ich habe die Spur zu Hitlers Gold-Zug gefunden
Wem gehören die Schätze aus dem Nazi-Zug?
BILD vor Ort - Was passiert mit Hitlers Gold-Zug?
Ist hier Hitlers Gold-Zug-versteckt? - Nazi-Zug versetzt Experten in Goldrausch - Was steckt alles in Hitlers Zug? - Wem gehören die Schätze aus dem Nazi-Zug? - Mythos Nazi-Schätze - Ich habe die Spur zu Hitlers Gold-Zug gefunden - BILD beantwortet die wichtigsten Fragen zum Schatz-Rätsel

Die Schatzsuche nach dem Nazi-Gold ist für mich wie in Scheiße suchen.

… schreibt Wagner noch. Wäre immerhin geklärt, womit die “Bild”-Zeitung ihre Seiten füllt.

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