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Der ehrenhafte Julian Reichelt und die grausamen Fotos aus Syrien

Sehr geehrter Herr Andreas Fischer,

es bereitet mir körperliche Schmerzen, in der Anrede diese Höflichkeitsformel zu verwenden, weil ich nach Ihrer Entscheidung an Ihnen, Ihrer Institution, Ihrem Weltbild und Ihrem Verständnis von der Pressefreiheit nichts Ehrenhaftes finden kann.

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass diese Zeilen von Julian Reichelt stammen, dem Online-Chef der „Bild“-Zeitung.

Reichelt empört sich mit diesem Schreiben über eine Entscheidung der Kommission für Jugendmedienschutz. Die hatte auf Bild.de einen „Verstoß gegen die Menschenwürde“ festgestellt:

Bei dem geprüften Angebot handelt es sich um einen Bericht über den Syrienkrieg, der die Folgen von Bombenangriffen des syrischen Präsidenten Assad auf die Zivilbevölkerung thematisiert. Zur Illustration der Lage in Syrien werden verschiedene Fotografien von schwer verletzten oder toten Babys und Kindern gezeigt. Die Gesichter der Kinder sind dabei unverfremdet in Nahaufnahme zu sehen, sodass die Opfer identifizierbar sind. Zudem wird der Effekt durch die Möglichkeit zur großformatigen Darstellung durch Anklicken verstärkt.

Nach Ansicht der KJM verstoßen zwei der Darstellungen gegen die Bestimmungen zur Menschenwürde, da die Opfer auf diesen Bildern deutlich zu erkennen sind. Das Leiden und Sterben der Kinder wird zur Schau gestellt und sie werden dadurch zu Objekten der Schaulust degradiert. Auch wenn es sich um ein tatsächliches Geschehen handelt, besteht nach Meinung des Gremiums kein berechtigtes Interesse an dieser Art der Darstellung, da eine Verpixelung der Bilder die Aussagekraft des Artikels nicht geschmälert hätte.

Verstöße gegen die Bestimmung zur Menschenwürde liegen insbesondere dann vor, wenn Menschen leidend oder sterbend dargestellt und dabei zum Objekt herabgewürdigt werden. Darüber hinaus muss die Darstellung ein tatsächliches Geschehen wiedergeben, ohne dass ein berechtigtes Interesse gerade für diese Form der Darstellung oder Berichterstattung vorliegt. Reine Geschmacksfragen spielen bei Prüfungen der KJM keine Rolle.

Ich bin bei solchen grausamen Fotos aus Krisengebieten oft unentschlossen: Muss das ein? Darf man das zeigen? Muss man das zeigen?

Einerseits: Die Gefahr, dass Menschen zu bloßen Objekten werden, zum grausigen Clickbait für die Katastrophenvoyeuristen, ist sehr groß. Andererseits sind solche Fotos wichtig und notwendig, um Dinge in Bewegung zu setzen, um ein realistisches Bild der Welt zu vermitteln und um sie für die Leser greifbar zu machen.

Das Foto aus dem “Bataclan” nach den Anschlägen von Paris war so ein Fall. Viele Leser haben uns damals empörte Mails geschrieben, weil darauf die blutverschmierten Leichen in dem Konzertsaal zu sehen sind. Ich kann die Aufregung verstehen. Ich kann aber auch die Leute verstehen, die dieses Foto brauchten, um sich ein Bild von dieser schlimmen Tat zu machen, um zu begreifen, was dort passiert ist, und vielleicht auch um zu erkennen, dass sie das selbst hätten sein können.

Ob man das Foto riesengroß auf der Startseite zeigen muss, ist freilich eine andere Frage.

Die KJM hat die Veröffentlichung des “Bataclan”-Fotos auf Bild.de übrigens nicht beanstandet. Das Portal verstoße damit nicht gegen die Menschenwürde, weil:

Zum einen bietet das in das Angebot eingebundene Foto einen Überblick über einen großen Ausschnitt des gesamten Tatorts. Die Leichen nehmen dabei nur einen geringen Teil an der Gesamtfläche der Abbildung ein. Gesichter sind nicht zu erkennen und es werden keine Verletzungen in den Fokus der Abbildung gerückt. Somit wurde die Subjektqualität der abgebildeten Menschen nicht missachtet. Zum anderen umfasst die Pressefreiheit die freie Wahl der Art und Weise, in der über ein Ereignis berichtet wird. Der Artikel behandelt ein Ereignis des aktuellen Tagesgeschehens von größtem öffentlichem Interesse und das Foto soll die Dramatik der Ereignisse sowie ihre schrecklichen Folgen veranschaulichen. Es kann zudem angenommen werden, dass Bilddokumente die Authentizität der Berichterstattung erhöhen. Somit lag ein berechtigtes Interesse für die Form der Darstellung und Berichterstattung vor.

Ähnlich sieht es auch der Deutsche Presserat.

So kann man sicher auch in diesem Fall, bei den grausamen Fotos aus Syrien, über die Entscheidung der KJM diskutieren.

Aber Diskussionen mit Julian Reichelt sind so eine Sache. Wer anderer Meinung ist, ist sofort sein Feind, und Reichelt wird jedes „Nein“ mit einem doppelt so lauten „Doch“ übertönen, koste es, was es wolle, und wenn es das Letzte ist, was …

Um es gleich zu sagen: Die Entscheidung, die Sie getroffen haben, ist schrecklich und falsch. Wir werden sie nicht akzeptieren, sie nicht hinnehmen und mit allen Mitteln – juristisch, journalistisch, politisch – dagegen vorgehen, bis Sie sich korrigieren oder korrigiert werden und anerkennen, dass Sie bei der Wahrnehmung des Ihnen erteilten Auftrags schlicht versagt haben.

Und so lärmt Reichelt in denkbar größtmöglichen Kategorien gegen die KJM-Entscheidung.

Sie erheben gegen uns einen der in unserem Rechtssystem denkbar schwerstwiegenden Vorwürfe, nämlich dass wir mit unserer Berichterstattung gegen Artikel 1 unseres Grundgesetzes, gegen die Menschenwürde verstoßen, weil wir das unermessliche Leid in Syrien so drastisch darstellen wie es eben stattfindet, die dort begangenen Menschheitsverbrechen so schonungslos dokumentieren wie es unsere Pflicht ist – und nicht müde werden, dies zu tun und unsere Berichterstattung auch immer wieder in den eindeutig gegebenen politisch Zusammenhang stellen.

Dazu zwei Anmerkungen, eine grundsätzliche und eine persönliche.

Denn das ist es immer für Reichelt: grundsätzlich und persönlich. Er fühlt sich persönlich attackiert, wenn man „Bild“ kritisiert. Darum schlägt er auch persönlich zurück.

Erstens, ich hätte mir nicht vorstellen können, dass ausgerechnet eine deutsche Institution im Angesicht von Menschheitsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit eine solche Entscheidung trifft und Berichterstattung über Tyrannei in irgendeiner Form zu beschneiden und einzuschränken versucht. Ihre Entscheidung und deren infame Begründung ist ein Schlag ins Gesicht all jener, die aus der deutschen Geschichte gelernt und aus ihr heraus unser Grundgesetz geschaffen haben. Und es ist nicht weniger als ein Angriff auf einen anderen Artikel unseres Grundgesetzes, nämlich auf die Pressefreiheit.

Zweitens, ich habe als Reporter über zehn Jahre hinweg aus Syrien über den Krieg berichtet. Viele Szenen, wie unsere Fotos sie zeigen, habe ich selbst erlebt und fotografisch dokumentiert. Da Ihnen offenbar jedes Maß und jegliches Urteilsvermögen fehlen, da Sie – seien Sie dankbar dafür – vergleichbare Situationen offenbar nie erleben mussten, lassen Sie mich Ihnen sagen: Nicht das Foto ist die Verletzung der Menschenwürde, sondern die Fassbombe, der Giftgasangriff, das Schrapnell, das ein Kind von innen zerfetzt. Niemals werden wir uns vorschreiben lassen, wie wir solch abscheuliche Taten, diesen Zivilisationsbruch zu dokumentieren haben. Dass wir uns von Menschen „kontrollieren“ lassen müssen, die sich – aus welchen Motiven auch immer – zu solch schrecklichen Entscheidungen verleiten lassen, ist ein Hohn.

Man kann sich gar nicht vorstellen, wie viel Schaum dabei auf die Tastatur getropft sein muss, und das ist noch lange nicht das Ende (den Rest ersparen wir Ihnen – hier können Sie es nachlesen, wenn Ihnen danach ist).

Wenn Reichelt so herumtost, klingt es nicht, als hätte die KJM zwei Leichenfotos kritisiert, sondern als wollte sie der „Bild“-Zeitung grundsätzlich verbieten, das Grauen in Syrien zu dokumentieren. Anders gesagt:

Julian Reichelt ist unfähig, Kritik von Zensurversuchen zu unterscheiden. Wer bemängelt, dass „Bild“ die Hinrichtungsfotos des „IS“ verbreitet, ist ein Freund der Terroristen und will, dass gar nicht mehr über die Gräueltaten des „IS“ berichtet wird. Wer findet, dass man auch einen “Pegida”-Anhänger nicht heimlich in seiner Wohnungstür fotografieren darf, kämpft “für die Interessen von Pegida”. Wer “Bild” für die Berichterstattung über Flüchtlinge kritisiert, will “Bild” verboten sehen. Jede Forderung nach Zurückhaltung ist für Reichelt gleich ein antidemokratischer Akt, ein nicht hinzunehmender „Anschlag auf die Pressefreiheit“.

Auch nach diesem Eintrag wird Reichelt wahrscheinlich davon ausgehen (oder es zumindest so darstellen), als hätten wir vom zensorischen BILDblog es am liebsten, wenn “Bild” gar keine Fotos mehr aus Syrien zeigen würde. Aber noch mal: Es geht uns nicht um die Frage, ob man grausame Fotos grundsätzlich zeigen darf oder nicht, sondern darum, dass in jedem Einzelfall sorgfältig entschieden werden muss. Und es geht uns darum, auf welche Art und Weise Julian Reichelt auf die Entscheidung des KJM reagiert und wie er und sein Portal diese Entscheidung jetzt darstellen.

Gestern Abend erklärten sie:

Als hätte ihnen das jemand verboten.

“Bild”-Kommentator Ernst Elitz* fragt:

Was für eine Sicht auf die Welt haben diese Jugendschützer? Soll die Grausamkeit von Diktatoren nur noch vertuscht oder verpixelt an die Öffentlichkeit kommen? (…) Wer die Würde des Menschen schützen will, muss in solchen historischen Momenten auch seine Entwürdigung zeigen. Nicht um die Opfer „zur Schau zu stellen“, sondern um Abscheu vor den Tätern zu wecken.

Das ist unser journalistischer Auftrag. Im Interesse der Menschenwürde.

Als würde die Jugendmedienschützer das total anders sehen. Dabei sind die KJM, Julian Reichelt, Ernst Elitz und der Rest der “Bild”-Bande im Grunde alle einer Meinung. Natürlich dürften Medien Berichte über Kriege mit drastischen Fotos bebildern, sagte uns Andreas Fischer von der KJM auf Nachfrage. Aber da gebe es eben Grenzen, und diese Grenzen habe Bild.de hier mit zwei Fotos überschritten.

Insgesamt zeigt Bild.de in dem fraglichen Artikel 15 Fotos von verletzten oder toten Menschen, die meisten davon Kinder. Ganze Hallen voller Leichen. Überall Trümmer, Verletzte und Blut. Nur zwei der Fotos hat die KJM beanstandet, unter anderem die Nahaufnahme eines toten Babys.

Die KJM will nicht alle Kriegsfotos verbieten. Sie will, dass Opfer nicht ein zweites Mal zu Opfern werden und Journalisten bei jedem einzelnen Foto abwägen.

“Bild” aber will nicht abwägen, sondern zeigenzeigenzeigen.

Bild dir dein Frauenbild

Als Zentralorgan des Feminismus in Deutschland hat sich die “Bild”-Zeitung natürlich auch zum Weltfrauentag etwas einfallen lassen:

Frauenbilder, die wir einfach nicht mehr sehen wollen

“Bild” regt sich über die Fotos auf, die Medien benutzen, wenn es um Frauen geht — und die “leider” “nur so vor Klischees triefen”. Beispiel:

Das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist typischerweise so bebildert: [Auf dem Foto hält eine Frau im Hosenanzug mit dem einen Arm ihr Kind, in der anderen Hand ein Handy]

Ja, wer macht denn sowas?

BILD-Schlagzeile: Frauen erzählen - Kind oder Karriere? Beides! [dazu genau dasselbe Foto, das oben kritisiert wurde]
(Bild.de, 2012)

BILD-Schlagzeile: Fast 80 Prozent der Deutschen meinen: Kind und Karriere? Passt nicht! [dazu ein Foto von einer Frau, die auf der Couch sitzt und auf ihrem Laptop tippt, während sie ein Kind auf dem Arm hat]
(Bild.de, 2011)

BILD-Schlagzeile: Laut Umfrage - Kinder Karrierekiller bei Führungskräften [dazu ein Foto von einer Eine Frau im Anzug mit einem Kind auf dem Arm]
(Bild.de, 2016)

Ein weiteres Klischeebild, das die „Bild“-Leute einfach nicht sehen wollen:

Was ist falsch daran? Genau: Die Zigarre fehlt.


(Bild.de, 2015)

Außerdem tragen manche Businessfrauen ja gar keine Brille.


(Bild.de, 2010)

Und keinen Dutt.


(Bild.de, 2009)

Röcke sind allerdings Pflicht.


(Bild.de, 2008)


(Bild.de, 2016)

Das nächste Klischee, über das sich “Bild” empört:

Ob Frauen wirklich so schlafen gehen? Quatsch.

Sondern so:

(Bild.de, 2012)

Oder so:

(Bild.de, 2015)

Oder so:

(Bild.de, 2012)

Oder so:

(Bild.de, 2015)

Oder so:

(Bild.de, 2013)

… wenn sie denn einschlafen können.


(Bild.de, 2016)


(Bild.de, 2015)


(Bild.de, 2016)


(Bild.de, 2016)

Nächstes Klischee:

Nun …


(Bild.de, 2012)

Gähn!

Dann doch lieber … ein Megafon.


(Bild.de, 2011)


(Bild.de, 2012)

Aber am schlimmsten ist dieses Klischee:

Und was glauben Sie, wie einem Mann das hier erst stehen würde:


(Bild.de, 2016)

Oder das hier:


(Bild.de, 2011)

Oder das hier:


(Bild.de, 2012)

Oder das hier:


(Bild.de, 2013)

Oder das hier:


(Bild.de, 2015)

Oder das hier:


(Bild.de, 2015)

Kleiner Tipp, liebe „Bild“-Feministen: Wenn Sie solche Fotos nicht mehr sehen wollen, vielleicht einfach selber nicht mehr benutzen.

Mit Dank an Hanuš G.

Wenn die “Bild”-Zeitung erscheint, stirbt ein Promi

Vorgestern, am Sonntag, ist die frühere US-First-Lady Nancy Reagan gestorben. Und wer ist schuld daran? Ist doch klar: “Bild am Sonntag”. Denn am Todestag von Nancy Reagan erschien eben auch eine neue Ausgabe der “Bild am Sonntag”.

Und das ist nur der vorzeitige Höhepunkt eines gruseligen “Bild”-Fluchs: Immer dann, wenn ein Promi stirbt, ist am selben Tag eines der “Bild”-Printmedien erschienen. Am Todestag von Alan Rickman? Eine neue Ausgabe von “Bild”. Tod von David Bowie? “Bild am Sonntag”. Robin Williams? Paul Walker? Whitney Houston? Jedes Mal erschien am Tag des Promi-Todes auch ein “Bild”-Produkt. Das kann kein Zufall sein.

Wie? Die Theorie ist völliger Blödsinn? Ja, natürlich ist sie das. Und damit genau das Richtige für “Bild” und Bild.de:

Auf Fußballer Aaron Ramsey vom Premier-League-Klub Arsenal London soll laut Bild.de ein “unheimlicher Tor-Fluch” liegen. Ramsey sei “der gefährlichste Fußballer der Welt.” Die Redaktion bringt seine Tore mit dem Ableben der oben genannten und elf weiterer Personen in Verbindung.

Und tatsächlich: Als der Mittelfeldspieler am 1. Mai 2011 in der Liga gegen Manchester United trifft, wird einen Tag später Osama bin Laden erschossen. Einen Tag nach Ramseys Champions-League-Tor gegen Olympique Marseille stirbt Muammar al-Gaddafi. Seit Oktober 2009 soll das schon so gehen, wenn Ramsey für Arsenal London oder die walisische Nationalmannschaft trifft:

Spiel Datum Prominenter Todestag
Liechtenstein – Wales 14.10.2009 Andrés Montes 16.10.2009
Wales – Schottland 14.11.2009 Antonio de Nigris 16.11.2009
Arsenal – Manchester United 01.05.2011 Osama bin Laden 02.05.2011
Tottenham Hotspurs – Arsenal 02.10.2011 Steve Jobs 05.10.2011
Olympique Marseille – Arsenal 19.10.2011 Muammar al-Gaddafi 20.10.2011
AFC Sunderland – Arsenal 11.02.2012 Whitney Houston 11.02.2012
Großbritannien – Südkorea 04.08.2012 Chavela Vargas 05.08.2012
Schottland – Wales 22.03.2013 Bebo Valdés 22.03.2013
Arsenal – Wigan Athletic 14.05.2013 Jorge Rafael Videla 17.05.2013
Olympique Marseille – Arsenal 18.09.2013 Ken Norton 18.09.2013
Cardiff City – Arsenal 30.11.2013 Paul Walker 30.11.2013
Hull City – Arsenal 20.04.2014 Rubin “Hurricane” Carter 20.04.2014
Norwich City – Arsenal 11.05.2014 HR Giger 12.05.2014
Arsenal – Manchester City 10.08.2014 Robin Williams 11.08.2014
Arsenal – AFC Sunderland 09.01.2016 David Bowie 10.01.2016
FC Liverpool – Arsenal 13.01.2016 Alan Rickman 14.01.2016
Tottenham Hotspurs – Arsenal 05.03.2016 Nancy Reagan 06.03.2016

“Bild” und Bild.de haben schon früher über die “UNDHEIMLICHE ENGLAND-SERIE VON AARON RAMSEY” berichtet. Der Tod von Robin Williams im August 2014 war ein Anlass, genauso der “Doppelschlag mit Bowie und Rickman” im Januar dieses Jahres:



Und gestern dann Nancy Reagan, nachdem Aaron Ramsey am Samstag in der Premier League gegen die Tottenham Hotspurs getroffen hatte.

Damit der irre Ramsey-Fluch überhaupt hinhaut, erweitert die Redaktion hier und da auch das Verständnis von Prominenz und Unmittelbarkeit: Als “Prominente” gelten nicht nur Leute wie Osama bin Laden oder Robin Williams, sondern auch spanische Sportjournalisten oder kubanische Musiker. Und manche bekannten Persönlichkeiten — beispielsweise Apple-Gründer Steve Jobs oder der frühere argentinische Diktator Jorge Rafael Videla — starben erst mehrere Tage nach Ramseys Toren. Es wackelt und knirscht an allen Enden.

Trotzdem bleibt Bild.de bei der knackigen Formel:

Immer wenn der Waliser trifft, stirbt ein Prominenter!

An dieser Stelle ist die Berichterstattung des Portals dann nicht mehr nur dämlich, sondern schlicht falsch. Denn nach der Mehrzahl von Aaron Ramseys Toren seit dem Start des vermeintlichen Fluchs im Oktober 2009 passierte — wenig überraschend — rein gar nichts:

Spiel Datum Prominenter Todestag
Liechtenstein – Wales 14.10.2009 Andrés Montes 16.10.2009
Wales – Schottland 14.11.2009 Antonio de Nigris 16.11.2009
Arsenal – Stoke City 05.12.2009
FC Portsmouth – Arsenal 30.12.2009
West Ham United – Arsenal 03.01.2010
Cardiff City – Leicester City 22.02.2011 (als Leihspieler für Cardiff City)
Arsenal – Manchester United 01.05.2011 Osama bin Laden 02.05.2011
Nordirland – Wales 27.05.2011
Wales – Montenegro 02.09.2011
Tottenham Hotspurs – Arsenal 02.10.2011 Steve Jobs 05.10.2011
Wales – Schweiz 07.10.2011
Olympique Marseille – Arsenal 19.10.2011 Muammar al-Gaddafi 20.10.2011
AFC Sunderland – Arsenal 11.02.2012 Whitney Houston 11.02.2012
Großbritannien – Südkorea 04.08.2012 Chavela Vargas 05.08.2012
Arsenal – Olympiakos Piräus 03.10.2012
Schottland – Wales 22.03.2013 Bebo Valdés 22.03.2013
Arsenal – Wigan Athletic 14.05.2013 Jorge Rafael Videla 17.05.2013
Fenerbahce Istanbul – Arsenal 21.08.2013
Arsenal – Fenerbahce Istanbul 27.08.2013
Mazedonien – Wales 06.09.2013
AFC Sunderland – Arsenal 14.09.2013
Olympique Marseille – Arsenal 18.09.2013 Ken Norton 18.09.2013
Arsenal – Stoke City 22.09.2013
Swansea City – Arsenal 28.09.2013
Belgien – Wales 15.10.2013
Arsenal – Norwich City 19.10.2013
Arsenal – Liverpool 02.11.2013
Borussia Dortmund – Arsenal 06.11.2013
Cardiff City – Arsenal 30.11.2013 Paul Walker 30.11.2013
Hull City – Arsenal 20.04.2014 Rubin “Hurricane” Carter 20.04.2014
Norwich City – Arsenal 11.05.2014 HR Giger 12.05.2014
Arsenal – Hull City 17.05.2014
Arsenal – Manchester City 10.08.2014 Robin Williams 11.08.2014
Arsenal – Crystal Palace 16.08.2014
FC Everton – Arsenal 23.08.2014
Stoke City – Arsenal 06.12.2014
Galatasaray Istanbul – Arsenal 09.12.2014
Arsenal – West Ham United 14.03.2015
AS Monaco – Arsenal 17.03.2015
Israel – Wales 28.03.2015
FC Burnley – Arsenal 11.04.2015
Hull City – Arsenal 04.05.2015
Wales – Andorra 13.10.2015
FC Watford – Arsenal 17.10.2015
Arsenal – AFC Sunderland 05.12.2015
Aston Villa – Arsenal 13.12.2015
Arsenal – AFC Sunderland 09.01.2016 David Bowie 10.01.2016
FC Liverpool – Arsenal 13.01.2016 Alan Rickman 14.01.2016
Tottenham Hotspurs – Arsenal 05.03.2016 Nancy Reagan 06.03.2016

Ramseys folgenlose Treffer lässt Bild.de einfach aus.

Dass die Wenn-dann-Kausalität totaler Murks ist, hält andere Redaktionen natürlich nicht davon ab, den “Todes-Fluch” weiterzutragen:


(mopo.de)

(stern.de)

(“Focus Online”)

(krone.at)

(kurier.at)

(oe24.at)

Mit Dank an Jannis C.!

Gestreckter Stoff mit Hitler

Gestern Nachmittag verkündete Bild.de:

Im Artikel sagt der Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft, bei dem Politiker seien „0,6 Gramm einer betäubungsmittelsuspekten Substanz“ gefunden worden.

Nach Informationen von BILD soll es sich dabei vermutlich um Crystal Meth handeln.

Heißt also: Vielleicht hat “Bild” recht. Vielleicht war es auch wieder nur Salz. Oder was ganz anderes.

Volker Beck selbst erklärte bisher nur:

Und wie immer sind die Leute von „Bild” nun sehr darum bemüht, daraus eine möglichst große Sache zu machen. Allein sprachlich. Zum Beispiel nennen sie Crystal Meth konsequent die “gefährlichste Droge der Welt”. Wie sie darauf kommen, verraten sie allerdings nicht. Womöglich deshalb, weil sich über diesen Superlativ durchaus streiten lässt: In vielen “Gefährlichkeit”-Rankings belegen Alkohol, Heroin und Crack die obersten Plätze, noch vor Crystal Meth. Aber es ist ohnehin fraglich, wie groß die Aussagekraft solcher Rankings ist.

“Bild” jedenfalls bleibt dabei und lässt in den Berichten inzwischen auch die “Soll”s und “Vermutlich”s weg.


Für die heutige Titelseite hat sich die Print-Redaktion Folgendes überlegt:

Warum Hitler? Erstens: Weil’s geil ankommt. Zweitens:

Crystal Meth ist kristallisiertes Methamphetamin. Dieser Wirkstoff war einst Hauptbestandteil eines der populärsten Arzneimittel Deutschlands: Pervitin – in der Nazizeit bekannt als „Panzerschokolade“.

Vor allem Soldaten der Wehrmacht hätten die Pillen im Zweiten Weltkrieg genommen, schreibt „Bild“. Jedoch:

Was Süchtige heute konsumieren, entspricht dem Tausendfachen dessen, was Wehrmachtsoldaten geschluckt haben

Dem „Tausendfachen“?

Die “Nazi-Pillen” (Bild.de) sollen etwa drei Milligramm Wirkstoff enthalten haben. Laut „Spiegel“ wurde den Soldaten die Einnahme von ein bis zwei Tabletten empfohlen. Das entspricht also drei bis sechs Milligramm.

Heutzutage liegt eine mittlere Dosis bei 10 bis zu 40 Milligramm. Das ist nicht das Tausend-, sondern maximal das Dreizehnfache.

Gewöhnte Konsumenten dosieren oft höher. „Bild“ selbst schreibt:

Ein Gramm Crystal entspricht dem Tageskonsum eines Langzeitkonsumenten

Aber auch das wäre “nur” das 150- bis 300-fache. Noch dazu sind diese Dosierungen häufig verunreinigt, die Menge des reinen Wirkstoffs liegt also oft darunter. Wahrscheinlich wird es auch Leute geben, die noch höher dosieren, doch bis zum „Tausendfachen“ dürften wohl die wenigsten gehen.

Wie viele der anderen „Informationen von BILD“ im Fall Beck der Realität entsprechen, wird sich zeigen. Bisher hat die Staatsanwaltschaft keine Ermittlungen aufgenommen.

Mit Dank an Thomas R.!

Sehen alle gleich aus (12)

Aber auf welches nur?

Es kämen nämlich zwei Eggesteins in Frage: Einer heißt Maximilian, einer heißt Johannes. Sie sind Brüder und spielen beide Fußball beim SV Werder Bremen. Der eine, Maximilian, ist 19 Jahre alt und Teil des Profikaders, der andere, Johannes, ist 17 und stürmt bei der U19.

Das ist bereits zu viel Komplexität für den durchschnittlichen Bild.de-Mitarbeiter. Für das Teaserbild hat die Redaktion zwar ein Foto von Maximilian Eggestein gewählt. Aber bevor der sich jetzt fürs Probetraining schon mal ein Flugticket nach Manchester kauft oder eine Bleibe in Englands Nordwesten mietet: Gemeint ist eigentlich Johannes, der jüngere Eggestein. Das schreiben die Bild.de-Transferexperten zumindest in dem Artikel (“Wie lange kickt Johannes Eggestein (17) noch für Werder?”).

Dass es sich bei dem gewählten Foto nicht um den richtigen der Brüder Eggestein handelt, hätte die Redaktion durchaus rausfinden können. Zum Beispiel mit einem Blick auf die eigene Seite: Vor einem halben Jahr hat sie das Bild schon einmal verwendet — in einem Text über Maximilian Eggestein:

Mit Dank an Arnd Z.!

Der Minister, die Schauspielerin und die Medien

Bundesjustizminister Heiko Maas und seine Frau haben sich getrennt. Der Anwalt der beiden hat die Trennung am vergangen Mittwoch bekanntgegeben, seitdem haben sie sich nicht mehr öffentlich geäußert.

„Bild“ vermeldete das …

… am Mittwochabend online und wusste am Tag darauf in der Print-Ausgabe exklusive Details zu berichten:

Dass der Minister und seine Frau darum gebeten hatten, „ihre Privatsphäre strikt zu respektieren“, steht in dem Artikel natürlich nicht.

Am nächsten Tag ging es weiter, diesmal nannte “Bild” auch den Namen der angeblichen Affäre:


(Wir haben die Frau hier und in den folgenden Screenshots unkenntlich gemacht.)

Genüsslich gibt „Bild“-Reporter Michael Schacht in dem Artikel das „Getuschel“ wieder, das es im “Umfeld” der beiden gebe, und erklärt: „Wie die Ehe von SPD-Hoffnungsträger Maas zerbrach“.

Doch so eklig dieser Voyeurismus auch ist — rechtlich gesehen ist der Fall nicht ganz eindeutig. “Bild” greift zwar in die Privatsphäre der Betroffenen ein, doch das heißt nicht, dass sie vor Gericht automatisch Recht bekämen, sollten sie dagegen vorgehen.

Rechtsanwalt Ralf Höcker sagte 2014 in der „taz“ auf die Frage, ob es zulässig sei, über die Affäre eines Politikers zu berichten:

Das hängt vom Vorleben ab. Wer sein Privatleben schon vorher öffentlich macht, der muss auch später unangenehme Berichterstattung dulden. Man müsste also die Archive nach freiwilligen privaten Selbstveröffentlichungen (…) durchsuchen, um zu wissen, was er sich gefallen lassen muss.

Auch Anwalt Johannes Eisenberg erklärte in einem Interview mit dem „Freitag“ vor einigen Jahren:

Das entscheidende Kriterium ist, ob man selber in guten Zeiten seine Familie zum Gegenstand öffentlicher Wahrnehmung macht, die Frau präsentiert, Homestorys zulässt.

Im vergangenen Jahr trafen sich Heiko Maas und die Schauspielerin zum Doppel-Interview mit der “Bild am Sonntag”, um über ihre Freundschaft zu plaudern. Ob das genug “Homestory” ist, um auch über eine (angebliche) Affäre berichten zu dürfen, werden im Zweifel Gerichte entscheiden müssen.

Ob man alles machen muss, was man machen darf, ist eine andere Frage. Man könnte auch Privates einfach im Privaten lassen. Oder zumindest abwarten, bis sich die Betroffenen selbst zu Wort melden.

Eine ganze Reihe von Medien hat sich entschieden, nicht abzuwarten und stattdessen die Affärengerüchte der „Bild“-Zeitung nachzuplappern. Darunter natürlich Klatschmedien wie “Gala”, vip.de und stern.de:



Aber auch Medien wie der „Tagesspiegel“, die “WAZ” und das „Handelsblatt:



Die Gerüchte gingen ins Ausland …

… wurden zum Clickbait …

… und dienten selbst den Fremdenfeinden von „Politically Incorrect“ für was auch immer:

Am eifrigsten aber sind die Leute von „Bild“. Vergangenen Samstag gab’s die dritte Titelstory.

Heiko Maas hatte sich zwar immer noch nicht geäußert („WARUM SCHWEIGT DER MINISTER?“), und die Schauspielerin „ließ BILD über ihr Management wissen, dass es eine gemeinsame Erklärung geben werde“. Doch so lange wollte das Blatt nicht warten. Reporter Michael Schacht hatte sich ja ohnehin bereits im “Umfeld” der beiden umgehört, was ihm reichte, um das “Liebes-Wirrwarr” zu konstruieren und einen der schmierigsten “Bild”-Artikel seit Langem abzuliefern:

Die Schauspielerin ist maaslos verliebt. Er hat das Direktmandat für ihr Herz gewonnen.

Der Minister leidet, wie aus seinem Umfeld zu hören ist. Nicht nur seine Ehe ist zerbrochen, er weiß auch, dass jedes Wort zu viel nun politisch riskant wäre, jedes Wort zu wenig aber seine neue Liebe aufs Spiel setzt.

[Die Schauspielerin] ist eine selbstbewusste Frau. Sie kennt die Spielregeln auf Berlins glattem gesellschaftlichen Parkett, wo Macht und Glamour sich umarmen. Da muss man schweigen können. Aber geht das, wenn zwei Herzen so laut schlagen, dass es ganz Berlin hört?

Am nächsten Tag: nächste Titelstory.

Die Reporter hatten anscheinend vor dem Haus der Schauspielerin campiert; im Blatt zeigen sie ein Foto, auf dem sie gerade das Haus verlässt und zum Auto geht. Offenbar sind sie ihr auch weiter gefolgt (sie wissen zumindest, wohin sie dann gefahren ist).

Und sie bleiben dran. Heute der nächste Artikel.

Der nächste Akt in diesem „Boulevardtheater mit Starbesetzung“, wie es die „Bild am Sonntag“ nennt. Als wäre es bloß ein Spiel, eine weitere amüsante Aufführung auf dem „Klatsch-Parkett“ („Bild“).

Um dieses Spiel zu beenden, bleibt Maas und der Schauspielerin im Grunde nur, sich öffentlich dazu zu äußern oder sich juristisch dagegen zu wehren. In jedem Fall haben sie es mit einem verdammt unbequemen Gegner zu tun.

Anwalt Eisenberg sagte damals im Interview mit dem „Freitag“ noch:

Die Bild ist jedenfalls besonders rücksichtslos, und sie müssen überhaupt nicht aufs Geld achten. Wenn ein Politiker sich mit der Bild anlegt, hat er erst einmal schlechte Karten. Politiker haben ja in der Regel kein größeres einsetzbares Vermögen für eine Auseinandersetzung mit einem weltweit operierenden Konzern, der Milliardengewinne macht. Ich habe noch keinen einzigen Politiker gesehen, der in einer echten Krise das Geld hatte oder aufbringen wollte, der Bild Paroli zu bieten und die 80.000 Euro oder so Prozesskosten zu riskieren.

Mir hat kürzlich ein Richter gesagt, der in dem anschließenden Urteil die Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung feststellte: „Ihr kriegt den Deckel sowieso nicht mehr zu.“ Das ist genau das Kalkül: Wenn die Sache in der Welt ist, fragt niemand danach, ob die Medien berechtigt waren, sie in die Welt zu setzen. Sie ist dann nicht mehr rückholbar. Und genau darauf setzen die Medien.

Sein Wort in ihren Ohren

„Mag“? „Vergöttert“ trifft es viel besser. In der Welt von „Bild“ ist Zuckerberg nämlich nichts weniger als ein übermenschlicher Held, der Franz Beckenbauer des Internets. „Bild“-Oberchef Kai Diekmann nennt Zuckerberg den „Charity-Gott“. Springer-Vorstand Mathias Döpfner schwärmt, er sei „a wonderful human being“. Franz Josef Wagner nennt ihn in einem rasselnden Atemzug mit Nelson Mandela und Mutter Teresa.

Umso aufgedrehter war die Springer-Bande gestern — denn der Facebook-Chef hatte angekündigt, sie am Abend in ihrem Hauptquartier zu beehren.

Schon morgens jauchzte Kai Diekmann:

Zu Ehren ihres Gastes hatten die Springer-Leute nicht nur schnell einen Award ins Leben gerufen, sondern gleich noch ihre Dachterrasse umgebaut …

… ein Stück Berliner Wald abgeholzt …

… und alles ganz facebookblau-kuschelig gemacht für den man of the evening.

Und dann — endlich:

An einem so zauberhaften Abend spricht man natürlich nur ungern über heikle Themen. Aber dafür gab es dann ja auch die Zuckerberg-Fragestunde heute in Berlin, zu der wir Folgendes eingereicht hatten:

Da die Frage zu denen mit den meisten Likes gehörte (vielen Dank für die Unterstützung!), ist Zuckerberg auch darauf eingegangen. Er sagte:

Well, this is a tricky one. If it’s not a public photo, then someone should not be taking your photo and using it publicly. You know, in general, the rule is that you control all the content that you post on facebook. (…) If we’re building a community and people are sharing stuff that they don’t intend to be public, and then someone else is making it public, then that’s an issue. Right? And that’s gonna undermine the trust that our community has in us to making sure that, you know, when you share something with just your friends then that’s actually going to only the people that you want.

This is a tricky area for us, because we don’t control … you know, the law in most countries around the world, I believe, is that you post a photo, you own that photo. And that people don’t have the ability to use that photo without your permission. So if you find out that someone, you know, whether it’s on a blog or … you know, someone else is using your photo without your permission, you should have the right to be able to send them an e-mail and get in touch with them and tell them that that they don’t have permission to do that and they should take it down. In (…) most countries I can think of, if people don’t respect your rights for the content that you own, you have legal recourse to go after that.

But this is obviously an issue for facebook, because we want people to feel completely comfortable, that if they share something with their friends or with a community of a hundred people, then that’s not somehow gonna be taken and shared with more people. Unfortunately, we don’t have complete control if someone takes a screenshot or something, but you do own those photos and have the right to have it distributed only how you want, wheter that’s on our service or outside.

Man darf also sagen: Er findet’s eher nicht okay.

Das hatten wir ehrlich gesagt vermutet, und wir hatten die Hoffnung (zumindest ein kleines bisschen), dass — wenn es schon die Justiz, die Polizei, Angehörige von Betroffenen, der Presserat, wir und auch sonst keiner schafft, den “Bild”-Mitarbeitern die Fotoklauberei bei Facebook auszutreiben — dass vielleicht ja Mark Messias Zuckerberg etwas in seinen Jüngern auszulösen vermag.

Jene Jünger waren natürlich auch bei seiner Fragestunde, haben live getickert und später einen Artikel gebracht, in dem sie die Fragen und Antworten zusammenfassen. Über das Thema Täter- und Opferfotos schreiben sie sowohl im Ticker als auch im Artikel — kein Wort.

Aber dafür, heute auf Bild.de:

(Unkenntlichmachung von uns.)

Persönlichkeitsrechte? Ehrensache!

Bei „Bild“ arbeiten noch Journalisten mit Anstand.

Als zum Beispiel der 1. FC Union Berlin vorgestern mitteilte, dass Trainer Sascha Lewandowski aufgrund einer nicht näher benannten Erkrankung drei Wochen lang ausfallen werde, schrieb „Bild“ nur:


Selbstverständlich. Journalisten mit Anstand eben.

Noch ein Beispiel? Hier: Über Justizminister Heiko Maas und dessen Frau, die sich kürzlich getrennt haben, schreibt „Bild“ heute:

Der SPD-Politiker und die Lehrerin bitten, ihre Privatsphäre strikt zu respektieren.

Den respektlosen Rest des Artikels mit den privaten Details und den ganzen Spekulationen über eine angebliche Affäre …

… muss die Redaktionskatze geschrieben haben, da kann „Bild“ selbstverständlich nichts für.

Auch diese beiden Damen, die vor ein paar Tagen vor Gericht standen und ganz offensichtlich nicht fotografiert werden wollten …


(Unkenntlichmachung durch den BR.)

… hat „Bild“ am Dienstag bestimmt bloß aus Versehen in Nahaufnahme und unverpixelt im Blatt gezeigt:


(Unkenntlichmachung durch uns.)

Denn Persönlichkeitsrechte zu respektieren, das ist für die Leute von „Bild“ — selbstverständlich.

Mit Dank an Pascal S.

Geier Sturzflug (2)

Die IVW hat ihr Auflagen-Archiv geöffnet: Seit Kurzem kann man sich dort auch die Quartalsauflagen aus den Jahren 1950 bis 1997 ansehen (davor waren in der Regel nur die Auflagen seit 1998 abrufbar).

Zeichnet man die Auflagenentwicklung von “Bild” und “Bild am Sonntag” seit ihrer Gründung bis heute nach, sieht das Ganze so aus:

Seit dem Höhepunkt in den Achtzigern hat die „Bild“-Zeitung knapp 70 Prozent ihrer verkauften Auflage verloren. Allein in den vergangenen 15 Jahren (Ära Diekmann) ist sie von über vier Millionen auf aktuell unter 1,9 Millionen gesunken. So niedrig war sie das letzte Mal im Jahr 1954. Ähnlich die Entwicklung der „Bild am Sonntag“, die heute so wenige Ausgaben verkauft wie seit 57 Jahren nicht mehr.

Anders sieht’s dagegen im Digitalen aus: „Bildplus“ wächst im Schnitt um etwa 5.000 Nutzer pro Monat.

Damit haben die „Bild“-Medien seit der Einführung der Paywall im Sommer 2013 mehr als 300.000 zahlende Leser gewonnen. Und in der gleichen Zeit mehr als doppelt so viele verloren.

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