“Bild”-Werbung lügt

Gestern erreichte uns folgende Mail eines BILDblog-Lesers:

Guten Abend,

ich war am 12. Oktober in Bernburg. Dort wurde auf einem Wochenmarkt kostenlos die aktuelle “Bild” (Halle) verteilt, drumherum ein vierseitiger “Bild”-Steckbrief im gleichen Format, in dem mit Sprechblasen die “Bild”-Zeitung erklärt wurde. Auf der vorletzten Seite steht: “Vier Seiten Sport liefere ich Ihnen mindestens täglich, dazu kommen die regionalen Sportseiten. Das leistet keine andere Tageszeitung.” Flugs mal im Sportteil nachgeschaut: Sport-Seiten 17 bis 19, inklusive Regionalsport — auf Seite 19 war sogar noch eine 1/4-seitige Anzeige.

Gruß
Ingmar H.

6 vor 9

Die Vorherrschaft des Fernsehens bröckelt
(spiegel.de, Robin Meyer-Lucht)
Die neueste Medienstudie aus Allensbach zeigt: Eine digitale Revolution ist im Gange – auf Raten, schleichend aber beständig. Die Zeitungen hat das Internet bei den Jungen schon überholt. Jetzt beginnt das Web, das Fernsehen einzuholen.

Wieviel kosten die Medien?
(spschweiz.ch, Nicolas Galladé)
“Medienschelte ist nicht so mein Ding. Ich war selber Journalist. Und sehe von daher einiges aus der Sicht der Journis. Der klassischen Polit-Kritik “Ich habe zu wenig Platz erhalten!”, “Ich bin falsch zitiert worden!” oder “Ich bin gar nicht vorgekommen!” kann ich nichts abgewinnen. Was mich dagegen ärgert: Wenn die Medienschaffenden offensichtliche Storys und Widersprüche nicht sehen – oder nicht sehen wollen.”

“Der Westen” raubt Katharina Borchert den Schlaf
(handelsblatt.com, Audio, 18:31 Minuten)
Katharina Borchert, die Online-Chefredakteurin der WAZ-Gruppe, stellt in der “bel étage” das Mammut-Internet-Projekt “Der Westen” des zweitgrößten deutschen Zeitungsverlags vor. Zudem beschäftigen sich Hans-Peter Siebenhaar und Thomas Knüwer im Medienpodcast mit den Problemen von Leo Kirch bei der Finanzierung der Bundesligarechte.

Über 100 Social Networks aus Deutschland
(zweinull.cc, Martin Weigert)
Ich habe ein wenig recherchiert und eine Liste mit 100+ Social Networks aus Deutschland erstellt.

Willkommen in der Gegenwart
(zeit.de, Georg Diez)
Das Verfassungsgericht hat Maxim Billers Roman “Esra” verboten. Ein biedermeierliches Urteil. Aber das Internet lebt. Ein Kommentar.

The Well-tempered Web
(newyorker.com, Alex Ross)
The Internet may be killing the pop CD, but it?s helping classical music.

Allgemein  

“Bild” weckt falsche Hoffnung

Die Münchner “Abendzeitung” berichtet heute über die “tödlichen Fehler”, die zu einem Unglück auf dem Tegernsee geführt haben sollen, bei dem der 67-Jährige Horst H. ums Leben kam. Und sie berichtet von einem Fehler, der nach dem Unglück, als die Leiche zwar geborgen, aber noch nicht eindeutig identifiziert war, passiert sei:

Die Zeitungsente: “Ich stehe immer noch unter Schock”, sagt die Witwe. Eine große Münchner Zeitung hatte ein falsches Foto ihres Mannes gedruckt. “Eine Nachbarin brachte sie mir, und ich sah: Es war nicht mein Mann.” Sie spürte neue Hoffnung, rief die Polizei an. Die bestätigten ihr aber den Tod ihres Mannes. “Dieses Foto ist sehr belastend für mich”, sagt sie.

Die Polizei bestätigt uns, dass eine “große Münchner Zeitung” am Montag ein falsches Foto abgedruckt hatte. Und sie bestätigt uns, dass es sich bei dieser Zeitung — das ist leider wenig überraschend — um die Münchner Ausgabe der “Bild”-Zeitung handelt.

“Bild” bleibt sich bei Werbung treu

Ganz ungeniert berichtet “Bild” seit gestern über “BILDmobil”, das “Bild”-eigene Prepaid-Angebot fürs Handy. Und man muss sicherlich kein Medienexperte sein, um zu verstehen, dass das keine unabhängige redaktionelle Berichterstattung im eigentlichen Sinne ist — sondern eben Werbung (siehe Ausriss): Neuer, besser, schöner, billiger!

Und so hieß es gestern in der Überschrift auf der Titelseite:

kostenlos im Internet surfen

Das ist irreführend. Tatsächlich kann man bloß “unbegrenzt auf dem BILD-Mobil-Portal surfen. Für null Euro!”, wie “Bild” denn auch korrekt im Kleingedruckten im Text schreibt.

Und im großen “BILDmobil”-Artikel von heute heißt es:

BILDmobil ist das einzige Prepaid-Angebot mit UMTS-Zugang.

Das ist sogar falsch*. Tatsächlich gibt es auch andere Prepaid-Anbieter mit UMTS-Zugang, wie man beispielsweise auf teltarif.de nachlesen kann. (Dort wird übrigens grundsätzlich die von “Bild” zitierte Aussage eines Verbraucherschützers, dass das “ein gutes Angebot” sei, bestätigt — solange man kaum ins Ausland telefoniert, auf einen “Community-Tarif” verzichten kann, sich beim Surfen auf das “Bild”-Portal beschränkt und nur wenige Kurzmitteilungen verschickt.)

Man sollte sich also besser woanders über “BILDmobil” informieren als ausgerechnet in “Bild”. Und das liegt erstaunlicherweise gar nicht daran, dass die “Bild”-Texte dazu Werbung wären, sondern daran, dass sie im Grunde bloß typische “Bild”-Artikel sind.

*) Bei Bild.de hat man den Fehler inzwischen bemerkt und die entsprechende Formulierung abgewandelt.

Mit Dank an die zahlreichen Hinweisgeber.

6 vor 9

Der elektrische Reporter fragt Cory Doctorow
(elektrischer-reporter.de, Mario Sixtus, Video, 19:55 Minuten)
Cory Doctorow über Boing Boing, seinen Roman ?Backup? und Bedrohungen unsererer Privatsphäre (hier der gesamte Roman zum kostenlosen Download).

?Kerner ist die Situation entglitten?
(bild.t-online.de, Martin Heidemanns)
Es war der TV-Eklat des Jahres! Vor sieben Tagen warf Johannes B. Kerner (42) seine TV-Kollegin Eva Herman (48) aus seiner Sendung. 50 Minuten hatten der Moderator und seine Gäste mit Eva Herman über deren missverständliche Äußerungen zu Hitlers Familienpolitik gestritten. Seitdem hat die ehemalige ?Tagesschau?-Sprecherin geschwiegen. Exklusiv in BILD spricht Eva Herman jetzt über ihren Rauswurf, die schweren Stunden danach – und über einen abendlichen Anruf von Johannes B. Kerner.

Plötzlich geht es auch mit weniger Honorar
(tages-anzeiger.ch, Iwan Städler)
Nach heftigem politischem Protest verzichtet der SRG- Präsident auf eine Erhöhung seines Honorars ? als «Geste ans Personal». Dieses sagt, es habe gar nie einen Verzicht verlangt.

Ist Fernsehen gut für Kinder?
(novo-magazin.de, Wendy Earle)
Der Einfluss der Medien auf Kinder ist, seit das Fernsehen in den 50er-Jahren weite Verbreitung fand, eines der vorrangigen Themen öffentlicher Debatten.

Facebook-Gründer: Zuckerberg
(faz.net, Roland Lindner)
Er ist 23 und misst sich an Bill Gates. Seine Internetfirma Facebook taxiert er auf 10 Milliarden und bei öffentlichen Auftritten schwankt er zwischen Übermut und Schüchternheit. Sein Markenzeichen sind Badelatschen.

Der alte neue Mann
(zeit.de, Patrick Kremers)
Wer sind sie, die neuen Männer? Vor Kurzem nannte man sie schwul, metrosexuell oder postschwul. Jetzt versucht ein neues Magazin, diese Zielgruppe mit Konsum zu gewinnen.

6 vor 9

“Ihr Monopolisten: Jetzt kommt die Stunde der Wahrheit”
(persoenlich.com, Roger Schawinski)
Frage: Gibt es eine grössere Pervertierung der Marktwirtschaft als das Monopol? Im Prinzip nein. Doch die Schweizer Medienpolitik lehrt uns anderes. Sie erfand das Monster des privaten regionalen Monopols, das zusätzlich staatlich subventioniert wird. Und das in einem besonders sensitiven Bereich: demjenigen der Meinungsvielfalt bzw. der verhinderten Meinungsvielfalt.

Die Kehrseite der Medaille
(nzz.ch, Andreas Hirstein)
Der Nobelpreis macht aus Forschern Medienstars. Ihre Unterstützung verhilft politischen Anliegen zu medialer Aufmerksamkeit.

“Der Kreml versteht die Aufgabe der Medien nicht”
(krusenstern.ch)
Der russische Botschafter in Berlin wirft den Medien “ein verzerrtes Russland-Bild” vor. Die “Deutsche Welle” fragte Journalisten, Blogger sowie Medienforscher und kommt zum Schluss: Die deutschsprachigen Medien erfüllen ihre Aufgabe der Informationsvermittlung zur Meinungsbildung – nur der Kreml versteht das nicht.

Kongress der Weißwäscher
(telepolis.de, Dietmar Jazbinsek)
In Berlin diskutierten Pressesprecher und Unternehmensberater über Strategien zur Abwehr von Negativschlagzeilen.

Gut aussehen bei Google
(zuender.zeit.de, Chris Köver)
Früher im BDSM-Verein, heute im Controlling? Wenn nur die Bilder nicht im Netz stünden! Eine Reihe von Firmen macht aus solchen Problemen ein Geschäftsmodell. Ein Überblick über die neuen Rufmanager im Netz.

“Es wäre der Ruin der Literatur, es wäre der Bankrott der Kunstfreiheit…”
(don.antville.org)
Aus einem Aufruf von Schriftstellern aus dem Jahr 2006, der sich gegen das Verbot des Romans “Esra” von Maxim Biller wendet.

medienlese – der Wochenrückblick

Eva Herman, Leonid Breschnew, Liebesbriefe.

Eva Herman dominierte die Woche, weil sie kurz vor Ablauf einer Talksendung verabschiedet und sozusagen herausgeschickt wurde – der Moderator wollte sich mit seinen drei Gästen unterhalten. Reaktionen gab es zuhauf – unter anderem erinnerte man sich an Jehova (1/2). Spreeblick.com analysierte Hermans Aussagen genauenstens in linguistischer Hinsicht. Und über 2500 Kommentare gingen allein auf den welt.de-Artikel “Die öffentliche Hinrichtung der Eva Herman” ein. Mehrere Blogger hielten Eva Herman schlicht für dumm: Ninja Thoughts und Stefan Niggemeier zum Beispiel. Don Dahlmann meinte, sie sei von einer ziemlich umfassenden Schlichtheit beseelt (was aber so auch nicht stimmt). Eine Bloggerin vom Focus fand ihre Thesen “so dumm, dass man an Ihre Bücher sofort mit dem Feuerzeug dran möchte. So ein bisschen anbrennen will”.

Der Chefredakteur der Süddeutschen Zeitung, der 63jährige Hans-Werner Kilz, verlängerte für ein paar Jahre und sagte: “Wir müssen nach Wegen suchen, die Inhalte im Internet kostenpflichtig zu machen.” Jens Petersen schrieb, er kämpfe “mit dem Vorwurf, seine Redaktion genauso zu führen, wie einst Leonid Breschnew in der Endphase seiner Regierungszeit”.

Read On…

“Bild” erzählt einen irischen Witz

Höhöö… witzisch: Am Tag, an dem die Fußballnationalmannschaften von Irland und Deutschland in Dublin in einem EM-Qualifikationsspiel gegeneinander antreten, berichtet “Bild” über den irischen Nationalspieler Stephen Ireland (O-Ton “Bild”: “heißt wirklich so”, höhöö). Ireland hatte nämlich kürzlich, als er beruflich in der Slowakei war, behauptet, seine Oma sei gestorben und war abgereist. Dabei war Oma gar nicht tot, höh. Und als das rauskam, hatte er gesagt, er habe ja auch seine andere Oma gemeint. Dabei war die… auch nicht tot. Und jetzt? Jetzt spielt der “Irrsins-Typ (wird nun von einem Psychologen betreut)” nicht mal beim heutigen Länderspiel mit:

Er sagt, er fühle sich nicht so gut. Die Reise vom Klub Manchester City nach Dublin (278 Kilometer) wäre zu weit!

Echt voll irre, dieser Ire Ireland! Oder um’s mit “Bild” zu sagen: “So einen hat Jogi Löw zum Glück nicht im Team…” Oder?

Oder auch nicht: Die Story mit den Omas stimmt zwar. Allerdings vergisst “Bild” vor lauter “Irrsin” [sic], auch nur ansatzweise zu erwähnen, warum Ireland gelogen hatte. Dabei steht das Warum in so ziemlich jedem Artikel, der Irelands Geschichte erzählt — und in einem ausführlichen Statement Irelands:

Meine Freundin war verzweifelt und teilte mir mit, dass sie gerade eine Fehlgeburt gehabt habe. (…) Die Fehlgeburt hat uns viel Kummer gemacht und uns beide in Panik versetzt.

Der irische Fußballverband und der irische Team-Manager zeigten im Nachhinein großes Verständnis für Irelands “traumatische Situation”, Team-Kollegen bekundeten ihr “Mitgefühl”: Dass eine Fehlgeburt eine ernste Sache sei, wisse schließlich jeder.

Jeder, scheint es, außer “Bild”.

PS: Die Info, dass Ireland heute deshalb nicht in Dublin sei, weil ihm die Reise zu weit wäre, hat “Bild” offenbar ganz exklusiv — oder erfunden.

Mit Dank an Gregor G. für den Hinweis.

Ähm, wie starb noch mal Anna Nicole Smith?

So sieht gerade die “Seite 1” von Bild.de aus:

"Anna Nicole Smith -- War es doch kein Selbstmord?"

Und auch die Überschrift des dazugehörigen Artikels lautet:

"Anna Nicole Smith: War es doch kein Selbstmord?"

Im Artikel selbst heißt es dann:

"Laut US-Nachrichtensender CNN geht die kalifornische Justiz nicht mehr von einem Selbstmord des Ex-Playmates aus."

Das ist Unsinn. Laut US-Nachrichtensender CNN ging die kalifornische Justiz nie von einem Selbstmord des Ex-Playmates aus.* Im Gegenteil heißt es auf CNN.com ausdrücklich, dass Smith an einer unbeabsichtigten Überdosis Medikamente (“accidental drug overdose”) gestorben sei. Und anschließend beschreibt CNN sogar noch einmal ausführlich die längst bekannten Obduktionsergebnisse, aus denen der Leichenbeschauer folgert, Smith habe “nicht, wie manche behauptet hatten, versucht, sich umzubringen”.

*) Dass nun im Zusammenhang mit Anna Nicole Smiths Tod einige Arztpraxen durchsucht wurden, hat deshalb auch nichts damit zu tun, ob Smith Selbstmord begangen habe, sondern offenbar (nur) mit der Frage, wer ihr verbotene Medikamente verschrieben/besorgt hat — und anders als Bild.de gelingt es anderen Medien (wenngleich nicht allen) sogar mühelos, diesen Sachverhalt korrekt wiederzugeben.

Mit Dank an Ralph K. für den Hinweis.

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