Der RWE-Chef im “Bild”-Nichtverhör

Grundsätzlich lassen sich zwei Arten von “Bild”-Interviews unterscheiden. Die eine Art wird tendenziell eher mit Politikern geführt, die Steuern erhöhen oder Verbrecher laufen lassen wollen, und nennt sich “BILD-Verhör”. Die andere Art wird gerne mit Spitzenfunktionären großer Unternehmen geführt und hat keinen eigenen Titel, was vermutlich daran liegt, dass “Das offene Mikrofon”, “Der ungestörte Monolog” oder “Es geht auch ohne Nachfragen” nicht so rubriktauglich sind.

Jedenfalls ist es vermutlich eher kein Zufall, dass am selben Tag, an dem der “Spiegel” davon berichtet, dass die vier Stromriesen “mit einer Charme-Offensive” die drohende Zerschlagung verhindern und “ihre Milliardengewinne sichern” wollen, der Chef eines der vier Stromriesen der “Bild”-Zeitung ein Interview gibt, das man nüchtern “kein Verhör” nennen könnte.

Es beginnt so:

BILD: Immer mehr Politiker fordern eine Zerschlagung der Stromkonzerne und die Trennung von Netz und Kraftwerken. Senkt das die Preise?

[RWE-Chef Jürgen] Großmann: Ein klares Nein! Die Zerschlagung schafft Beschäftigung, aber nur für Rechtsanwälte und Bürokraten. Die Verbraucher gewinnen leider nichts. Glauben Sie ernsthaft, dass die Milch im Supermarkt billiger wird, wenn die Milchtheke von den übrigen Regalen getrennt wird?

Nein, das glaubt natürlich niemand ernsthaft, genauso wenig wie irgendjemand glauben sollte, dass das Bild von der einsam in der Ecke stehenden Milchtheke irgendwie ein treffender Vergleich für die Trennung von Strom-Produzenten und –Netzen ist. Dabei geht es nämlich darum, dass nach Ansicht von Monopolkommission und Politikern aller Parteien die Stromriesen anderen Produzenten, die für mehr Wettbewerb und niedrigere Preise sorgen könnten, das Leben dadurch schwer machen, dass sie sie beim Zugang zu den Netzen diskriminieren (oder sie nur dann mit ihrer Milch in die Monopolkühltheke lassen, wenn sie dafür ordentlich extra zahlen).

Aber im “Bild”-Nichtverhör kann Großmann einfach so vor sich hin assoziieren, ohne dass ein Journalist ihn (oder die Leser) dezent darauf hinwiese, wie irreführend seine Metaphern sind.

Die letzte Frage von “Bild” lautet so:

BILD: Die Monopolkommission hat festgestellt: Es gibt bei Strom und Gas keinen Wettbewerb. Freuen Sie sich als großer Energieversorger darüber?

Und Großmann antwortet:

Ich widerspreche der Kommission: Jeder Haushalt kann bei Strom unter mindestens fünf verschiedenen Anbietern wählen, in Großstädten sind es noch mehr.

Und wäre es nicht schön gewesen, wenn der “Bild”-Mann den RWE-Mann an dieser Stelle unterbrochen hätte, um etwas zu sagen wie:

Ja, Moment, aber an der Zahl der Anbieter lässt sich das doch gar nicht messen. Erstens weil die Stromanbieter so miteinander verflochten sind, wie die Monopolkommission kritisiert hat, und die Energieriesen oft auch an den Stadtwerken beteiligt sind. Und zweitens, weil das Bundeskartellamt nach eigenen Angaben Belege dafür hat, dass die Strommanager konkurrierender Unternehmen die Preise untereinander abgesprochen haben (die EU-Kommission ermittelt ja auch gegen Ihr Unternehmen und hat jede Menge Akten beschlagnahmt).

Ja. Wär schön gewesen. “Bild”-Interviewer Oliver Santen aber sagte:

nichts.

Symbolfoto XLIX

Man muss das vielleicht einfach erst mal zeigen:

Denn so berichtete “Bild” am Samstag groß auf Seite 2.

“Bild”-Redakteurin Ulrike Brendlin und der Leiter des “Bild”-Hauptstadtbüros, Rolf Kleine, schreiben dazu:

Gestern: Voller Bundestag debattiert über höhere Diäten und Pensionen

Wenn es im Bundestag mal richtig voll ist…
… dann wird wahrscheinlich gerade über eine Diätenerhöhung (…) debattiert.

Und tatsächlich wurde am vergangenen Freitag im Bundestag über eine Diäten-Erhöhung debattiert. Und richtig voll war’s auch. Das Foto allerdings, mit dem “Bild” zu illustrieren behauptet, wie voll es deswegen im Bundestag gewesen sei, hat mit der “Bild”-Behauptung (“so voll”) nichts zu tun.

Das Foto (“voller Bundestag”)* zeigt vielmehr, wie uns der Bundestag an Anfrage mitteilt, den Plenarsaal gegen 13.58 Uhr — also kurz vor der namentlichen Abstimmung [pdf] über das umstrittene Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung**, die am Freitag (neben anderen Themen wie Tempolimit, Einheitsdenkmal, Unterhaltsrecht und Diäten-Erhöhung) ebenfalls auf der Tagesordnung stand.

Augenzeugen berichten uns, dass viele Abgeordnete nur kurz für die Abstimmung in den Saal gekommen seien. Und dass es beim Thema Diäten-Erhöhung nicht leer, aber deutlich leerer war als auf dem “Bild”-Foto, zeigt nicht zuletzt das offizielle Parlamentsfernsehen des Bundestages.

*) Das zweite “Bild”-Foto (“Leerer Bundestag”) zeigt übrigens den Plenarsaals am 13. Juni 2007 während der “2. und 3. Beratung (…) eines Dritten Gesetzes zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR”.

**) Die Meldung zur beschlossenen Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung findet sich in “Bild” in einer kleinen 7-Zeilen-Meldung (rechts neben dem Wort “DIÄTEN-ERHÖHUNG”).

6 vor 9

Missing Montenegro: Der Karten-GAU der Tagesschau
(umblaetterer.de)
Die ARD-Tagesschau blendete in seiner Sendung am 14.10.2007 eine Karte ein, auf der Serbien und Montenegro einen Staat bilden. Montenegro ist allerdings seit dem 03.06.2006 ein unabhängiger Staat.

Recherchen unter Staatsaufsicht
(tagesschau.de)
Online-Durchsuchungen, Vorratsdatenspeicherung, Lauschangriff: Wie weit der Staat in die Privatsphäre, aber auch in das berufliche Umfeld, eingreifen darf, wird derzeit heftig diskutiert. Und im Zusammenhang mit Informanten- und Quellenschutz ist der Beruf des Journalisten besonders stark betroffen.

Der Westen und die Hobby-Chirurgen
(blog-cj.de)
“Zwei Dinge sind für mich die Flops des Jahres – oder nennen wir sie, etwas weniger unfreundlich, die am meisten überschätzten Dinge. Das eine ist der Westen, dieses groß beworbene und angekündigte WAZ-Portal, gestartet nach der enormen Entwicklungszeit von fast eineinhalb Jahren und erwartet als der völlig neue Standard für Onlineauftritte von Tageszeitungen.” (Das andere: “User Generated Content”).

Augen zu und durch!
(derwesten.de, Hans-Martin Groß, Video, 6:09 Minuten)
Rock´n Roll 2.0: Wie macht man in Zeiten von Downloads, illegalen Kopierens und allmächtigen Klingeltönen noch Musik – und lebt davon. DerWesten im Gespräch mit Phillip Boa.

Rede des DJV-Bundesvorsitzenden Michael Konken
(djv.de)
“Das Internet ist eine Plattform auch für Schmierfinken ganz besonderer Art. Schmierfinken, die sich als Journalisten bezeichnen, die aber Persönlichkeitsrechte verletzen, sich nicht an unsere Postulate wie Wahrhaftigkeit, Objektivität, Vollständigkeit halten. Sie treiben ihr mieses Geschäft mit Veröffentlichungen, gegen die wir oft rechtlich nicht vorgehen können, die aber nicht selten ihre Voyeure finden.”

Bionade-Biedermeier (Lesetipp)
(zeit.de, Henning Sussebach)
Der Berliner Szene-Stadtteil Prenzlauer Berg ist das Experimentierfeld des neuen Deutschlands. Doch wer nicht ins Raster passt, hat es schwer im Biotop der Schönen und Kreativen.

medienlese – der Wochenrückblick

Haldimann und Pflegeheim, Kiffer und IQ, PR und Wahrheit.

Das Zürcher Obergericht verurteilte vier Mitarbeitende des Schweizer Fernsehens, weil sie eine versteckte Kamera eingesetzt hatten. Chefredaktor Ueli Haldimann, einer der Verurteilten, schrieb in einem Blogbeitrag dazu, es werde “nach Vorliegen der schriftlichen Begründung” entschieden, ob man den Fall ans Bundesgericht weiterziehen wolle – ein Vorgehen, zudem seltsamerweise der Gerichtspräsident aufforderte, “damit nachher Rechtsklarheit herrsche”. Blick.ch schrieb sofort dazu einen hämischen Beitrag mit dem Titel “Muss ich bald im Pflegeheim arbeiten?” – ein Artikel, der im Gegensatz zum Text “Jetzt grabscht das Gesetz nach Haldimann” nicht mehr online ist. Dass ausgerechnet ein Boulevardblatt sich freut, wenn die Pressefreiheit eingeschränkt zu werden droht, ist befremdlich. Ist das die in unserer Gesellschaft verloren gehende Solidarität, von der Blick immer schreibt?

In der Woche ging es der Zeitung auch um Cannabiskonsumenten. Während sie am 23.07.2007 noch titelte: “Kiffer anfälliger für Schizophrenie“, hiess es am 07.11.2007: “Kiffende Schüler sind fitter – und schlauer“. Naja, wenigstens ist man sich einig bei “SMS und E-Mail machen blöd“. Dort steht: “SMS und E-Mail schreiben kann den Intelligenzquotienten vorübergehend um bis zu 10 Punkte senken. Zum Vergleich: Haschisch senkt den IQ ‘nur’ um 4 Punkte”.

Read On…

Von Melkkühen und anderen Wiederkäuern

Zu den klassischen Nachrichtenwerten, die nach Ansicht von Kommunikationswissenschaftlern bestimmen, mit welcher Wahrscheinlichkeit und Größe es eine Meldung in die Medien schafft, gehören Faktoren wie “Neuigkeit” oder “Überraschung”. Diese Modelle gehen allerdings von Medien aus, die ihre Leser informieren wollen, anstatt sich darauf zu spezialisieren, täglich ihre Vorurteile zu bestätigen und ihre Stammtischparolen nachzubeten. Da gilt dann als entscheidender Nachrichtenwert eher die Frage, ob eine Meldung beim Leser das Gefühl “Hab ich ja immer schon gesagt” hervorruft. Und dann lassen sich auch Artikel wie dieser erklären:

Die Autofahrer werden ausgeplündert!

Hamburg — Autofahren wird immer teurer! Benzin, Steuern, Abgaben, Reparaturen, Neuwagenpreise — alles geht seit Jahren nur in eine Richtung: nach oben! Die Autofahrer sind zur Melkkuh der Nation geworden.

Das mit der Melkkuh scheint keine ganz neue Entwicklung zu sein. “Bild”-Leser Rolf L. aus S. jedenfalls hat das schon vorher gewusst, weshalb er ebenfalls in der heutigen Ausgabe (aber weiter hinten) fragen kann: “Lokführer streiken, warum nicht auch wir Autofahrer, die Melkkühe der Nation?” !ALLES TEURER! Autofahren nur noch für Reiche?Und womöglich saß auch “Bild”-Leserin Sandra M. aus B. heute heftig nickend vor der “Bild”-Zeitung, denn sie hatte schon vor drei Jahren in der Zeitung erklärt: “Wir Autofahrer sind die Melkkühe der Nation.”

Und wer wollte ernsthaft der Aussage widersprechen, dass “alles” “seit Jahren” “nur” “in eine Richtung” geht, nämlich “nach oben”? Okay, jeder natürlich, der sich erinnert (oder nachzuschlagen weiß), dass “Bild” zum Beispiel im September vergangenen Jahres über ein “6-Monats-Tief bei Benzin-Preis!” staunte. Aber sind das nicht nur Kleinigkeiten angesichts des unbestreitbaren kollektiven Wissens Gefühls, dass “alles” “seit Jahren” “nur” “in eine Richtung” geht: “nach oben”?

Natürlich wiederholt die “Bild”-Zeitung nicht nur, was ihre Leser immer schon zu wissen glaubten, sondern liefert ihnen auch noch Argumente von Leuten, die es besser wissen müssten. Der “Ausgeplündert”-Gedanke zum Beispiel kommt vom “Auto-Experten” Ferdinand Dudenhöffer. “Zu BILD” sagt er nämlich:

“Von den Steuereinnahmen aus dem Automobilbereich werden über 80 Prozent zweckentfremdet, z.B. für Gesundheit oder Rente ausgegeben.”

Damit spricht Dudenhöffer zumindest den “Bild”-Lesern Henry K. aus N. und Helmut E aus E. aus der Seele, die denselben Gedanken bereits in der “Bild”-Leserbriefecke hatten äußern dürfen — und sicher würden sie sich beim gemeinsamen Nicken ja auch ungern von dem Einwand stören lassen, dass dieser Gedanke höchst irreführend ist: Auch die Tabaksteuer wird ja nicht für formschönere Aschenbecher auf öffentlichen Plätzen verwendet und die Kaffeesteuer nicht für besseren Automatenkaffee. Und das ist kein Versehen oder Zufall, sondern Absicht und sogar Pflicht: Steuern dürfen gar nicht zweckgebunden sein. In Paragraf 8 der Bundeshaushaltsordung heißt es dazu ziemlich lapidar:

“Alle Einnahmen dienen als Deckungsmittel für alle Ausgaben.”

Das gilt auch für die Energiesteuer und nennt sich Nonaffektationsprinzip. Dieser Begriff aber stand noch nie in der “Bild”-Zeitung. Vermutlich weil es ein schweres Wort ist. Vermutlich aber auch, weil es einfach kein Gedanke ist, zu dem man so gut nicken kann.

PS: Wenn man trotzdem die Rechnung anstellen wollte, ob Autofahrer einen zu hohen Anteil an allen Einnahmen tragen, könnte man erstens erwidern, dass es durchaus Rechnungen gibt, die darauf hindeuten, dass die Kosten, die der Autoverkehr verursacht, möglicherweise höher sind als die Einnahmen durch die “Melkkühe”. Und zweitens fragen, wer denn die Ausfälle tragen sollte, wenn die “Automobilbereichs”-Steuern tatsächlich gesenkt würden. Dann könnte “Bild” womöglich endlich wieder “ALLES TEURER! Sollen Rentner jetzt etwa keine Butter mehr essen?” titeln. Und “Bild”-Leser Manfred B. aus S. behielte Recht mit seiner Analyse:

“Die Rentner sind wieder die Melkkühe der Nation.”

Die 1,50-Euro-Frau von “Bild”

Prof. Dr. Claudia Kemfert ist eine der “100 tollsten deutschen Frauen”. Das befand die “Bild”-Zeitung im März dieses Jahres anlässlich des Weltfrauentags, weil sie “als erste und einzige Frau im Spitzenforscher-Team der EU-Kommission für unsere Umwelt kämpft”.

Zahlenspiele

In “Bild” und “BamS” hieß es auf Grundlage von Kemferts Prognosen:

“BENZIN-ABZOCKE NOCH DREISTER Normal bald 1,50 Euro!”
(“BamS” vom 4.9.2005)

“Benzin bald über 1,50? Iran-Krise bedroht unsere Wirtschaft”
(“BamS” vom 5.2.2006)

“Benzinpreis bald 1,50 Euro!”
(“Bild” vom 15.7.2006)

“Kostet Super bald mehr als 2 Euro?”
(“BamS” vom 23.7.2006)

“Sprit bald wieder bei 1,50 Euro?”
(“BamS” vom 7.1.2007)

“Schock für Autofahrer: Spritpreis bald über 1,50 Euro”
(“BamS” vom 6.5.2007)

“Benzin bald 1,50 Euro (…) WO SOLL DAS NOCH ENDEN?”
(“Bild” vom 20.10.2007)

In erster Linie ist Kemfert “Bild”- und “BamS”-Lesern jedoch als Energieexpertin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) bekannt. In dieser Funktion gibt sie nämlich, meist wenn die Benzin-Preise steigen, Prognosen darüber ab, wie teuer es noch werden könnte. “Bild” und “BamS” machen daraus dann griffige Überschriften (siehe Kasten).

Erst gestern wurde Kemfert wieder von “Bild” zitiert:
"Der Dieselpreis wird in den nächsten Wochen bis auf 1,40 Euro pro Liter steigen, Super auf über 1,50 Euro"
Das wurde von einigen Medien prompt weiterverbreitet.

Da die offenbar magische Grenze von 1,50 Euro schon seit Jahren erbitterten Widerstand zu leisten scheint und erst jetzt endlich zu fallen droht, haben wir uns an Claudia Kemfert selbst gewandt, um aus erster Hand zu erfahren, wie sinnvoll ewig neue und doch gleiche Benzinprognosen sind, ob sie von “Bild” auch schon mal zum Umstieg auf alternative Energieträger befragt wurde und wie man sich eigentlich so fühlt als Kachelmann der Benzinpreise für “Bild”-Leser. Im E-Mail-Interview mit BILDblog rechtfertigt Kemfert ihre Prognosen, kritisiert, dass Medien aus “fast allem Horror- oder Katastrophenszenarien” machen und überrascht ein wenig mit der Aussage, sie glaube nicht, dass der Preis für Superbenzin über 1,50 pro Liter steigen werde.

6 vor 9

Schlecht gelaunter Faust am Montagmorgen
(bildblog.de, Nils Minkmar)
“Kai Diekmann ist berühmt, reich, hat eine nette Familie und macht einen Job, der schon ganz andere verschlissen hat. Wann also schreibt der Mann ein Buch? Und vor allem: Warum?
So lassen sich die Reaktionen der versammelten Buchbranche auf die Verlagsankündigung zusammenfassen.”

“Datenschutz ist ungeil”
(neuegegenwart.de, Björn Brückerhoff)
Interview mit dem Journalisten und Schriftsteller Peter Glaser.

Aufgeplusterte Mitteilungen
(dradio.de, Stefan May)
Der Sprechtrainer und frühere Journalist Markus Reiter wirbt in seinem Buch für eine einfache und verständliche Sprache. Er polemisiert gegen die gezielt eingesetzte Phrasendrescherei von Politikern, Marketing-Experten, Wissenschaftlern und Medienleuten. Dabei nennt er Worte wie “Innovation”, “Priorität” oder “Nachhaltigkeit”, die vieles aussagten und nichts.

Das BKA will aufräumen
(freitag.de, Otto Köhler)
Wie das Bundeskriminalamt mit seiner derzeitigen Selbstreinigung dem “Spiegel” ein Problem schafft.

10 Blogs und ihre Einnahmen im Oktober 2007
(selbstaendig-im-netz.de, Peer Wandiger)
Neben meinen eigenen Blog-Einnahmen und -Statistiken schaue ich jeden Monat auch auf andere Blogger und deren Erfolge. Das möchte ich natürlich auch diesen Monat wieder tun. Also folgt mir zu den reichen und den ?möchte gern bald auch so reich sein?-Bloggern.

Die 10 wichtigsten Gründe nicht zu bloggen
(slideshare.net/horbach)
Eine etwas ironische Aufzählung.

Kurz korrigiert (441 & 442)

Auch die arme “Korrekturspalte” blieb von der optischen Überarbeitung der “Bild”-Zeitung nicht verschont. Doch grad so, als wolle “Bild” demonstrieren, dass sich auch die eigene Berichtigungspraxis nur äußerlich verändert hat, hatte sich “Bild” gestern ein dummes Fehlerchen aus einer Kolumne von Hugo Müller-Vogg herausgepickt — und also korrigiert, dass Christine Haderthauer nun mal “nicht Gabriele Haderthauer” heiße.

Heute hingegen sucht man die “Korrekturspalte” vergeblich. Dass “Bild” gestern auf der Titelseite behauptet hatte, die Steuereinnahmen in Deutschland würden im nächsten Jahr voraussichtlich “auf bis zu 5 Mio. Euro” steigen (siehe Ausriss), obwohl die doch tatsächlich um bis zu 5 Mrd. Euro steigen sollen, war “Bild” wohl zu peinlich zu kleinlich.

Mal schauen, ob es der “Bild”-Zeitung morgen wenigstens kleinlich peinlich genug ist, dass sie heute behauptet, der (offenbar mit einer Sig Sauer Mosquito Kaliber 22 bewaffnete) “Amok-Schüler” von Tuusula hätte in seiner rechten Hand “eine 22-Millimeter-Pistole” gehalten (Veranschaulichung siehe hier).

Mit Dank an diverse Hinweisgeber.

Schrottgarstige Rekordjagden

Der deutsche Fußballmeister VfB Stuttgart hat gestern in seinem vierten Champions-League-Spiel die vierte Niederlage kassiert. Damit sind selbst alle Chancen, noch im UEFA-Cup mitzuspielen, vertan.

Da kann man als Sportjournalist schon mal hämisch werden:

"Knackt Schrottgart den Flop-Rekord der Champions League?"

Aber Häme gehört sich nicht, hat meine Oma immer gesagt, deshalb versucht man sich bei Bild.de, dem VfB wenigstens den “ewigen Flop-Rekord der Champions League” schmackhaft zu machen:

Und es stellt sich die Frage, ob die Rot-Weißen sogar den ewigen Flop-Rekord der Champions League einstellen werden. (…)

Ein Team mit null Punkten aus den sechs Gruppenspielen hat es in der Champions-League-Geschichte bisher nur sechs Mal gegeben. Den ewigen Flop-Rekord halten die Rumpel-Russen von Spartak Moskau (0 Punkte, 1:18 Tore) im Jahr 2002 vor den Bulgaren von Levski Sofia (0 Punkte, 1:17 Tore) aus der Vorsaison.

Nun: Der VfB Stuttgart hat nach vier Spielen eine Differenz von 3:10 Toren, da müsste er in den verbleibenden zwei Partien schon zehn Gegentore kassieren und kein eigenes mehr schießen, um wenigstens in Sachen Tordifferenz mit Spartak Moskau gleichzuziehen.

Aber das ist Haarspalterei verglichen mit dem nächsten Absatz:

Kleiner Trost: Nach dem Lyon-Spiel, in dem der VfB mehr Tore geschossen hat, als in den gesamten drei Spielen zuvor, darf man zumindest auf einen VfB-Punkt rechnen. In diesem Fall wären sie dann “nur” noch das schlechteste deutsche Champions-League-Team aller Zeiten. Den Flop-Rekord für die Bundesliga hält der HSV mit drei Punkten (7:15 Tore).

Der HSV holte in der Saison 2006/2007 tatsächlich nur drei Punkte bei 7:15 Toren. Damit war er aber immer noch besser dran als der ebenfalls deutsche FC Bayern München, der in der Saison 2002/2003 mit nur zwei Punkten aus der Champions League ausschied.

In einem anderen Artikel schreibt Bild.de:

Vier Spiele, vier Pleiten – dieser traurige Rekord aus deutscher Sicht muss erst einmal gebrochen werden…

Da der HSV es in der letzten Saison geschafft hat, die ersten fünf Spiele zu verlieren, hat Stuttgart noch gar keinen Rekord aufgestellt, der “erst einmal gebrochen” werden muss, sondern hat allenfalls die Möglichkeit, mit einer Niederlage im nächsten Spiel den “Rekord” des HSV einzustellen.

Mit Dank an Florian, Alex G., Benjamin, Jan-Christoph K., Sven W. und Daniel S. für die Hinweise!

Nachtrag, 16.40 Uhr: Inzwischen hat Bild.de nachgebessert. Nun heißt es: “Den Flop-Rekord für die Bundesliga hält der deutsche Rekordmeister Bayern München mit zwei Punkten (9:13 Tore) aus der Saison 2002/2003.” Und bezüglich des “traurigen Rekords” heißt es nun: “Vier Spiele, vier Pleiten – der VfB ist auf dem Weg den traurigen Rekord aus deutscher Sicht (fünf Pleiten in fünf Spielen – der HSV in der vergangenen Champions-Laegue-Saison) einzustellen…”

Rezensiert: Kai Diekmanns Buch

“Der große Selbstbetrug”, das neue Buch des “Bild”-Chefredakteurs und Herausgebers von “Bild” und “Bild am Sonntag”, vor zwei Wochen erschienen, hat schon vor und bei seiner Vorstellung für Kontroversen gesorgt. Derzeit liegt es auf Platz 17 der Sachbuch-Bestsellerliste des “Spiegel” (Vorwoche Platz 16).

Nils Minkmar, Feuilleton-Redakteur der “Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung”, hat Diekmanns Buch für BILDblog gelesen und stellt fest: Diekmanns Jahre bei “Bild” bleiben nicht ohne Wirkung. Und so sei auch “Der große Selbstbetrug” nur “ein Hadern mit der Welt von Faustischen Dimensionen, das sich streckenweise aber liest wie das Geschimpfe im Büro am Montagmorgen”.

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