Was Journalismus von PR unterscheidet

Pressemitteilung Nielsen Artikel von Abendblatt.de
(…) Hamburg . Die kleinen Kurznachrichten werden immer beliebter:
Im Juni 2009 weist die Nielsen Nutzerstatistik für Twitter.com 1,8 Millionen Nettonutzer (Unique Audience) in Deutschland aus. Im Juni 2009 weist die Nielsen Nutzerstatistik für Twitter.com 1,8 Millionen Nettonutzer in Deutschland aus.
Damit hat sich die Anzahl derer, die die Website von zu Hause aus oder auf der Arbeit mindestens einmal im Monat anklicken, seit April dieses Jahres fast verdoppelt. Betrachtet man die Nutzung unter demographischen Aspekten, zeigt sich zunächst, dass Frauen mit 54,1 Prozent in der Nutzerschaft im Juni häufiger auf Twitter vertreten waren als die männlichen Twitterer. Nach ihrem Alter aufgeschlüsselt waren es die Nutzer zwischen 25 und 34 Jahren, die – gemessen an ihrem Anteil an allen aktiven Nutzern – überproportional Twitter nutzten. (…) Damit hat sich die Anzahl derer, die die Website von zu Hause aus oder auf der Arbeit mindestens einmal im Monat anklicken, seit April dieses Jahres fast verdoppelt. Betrachtet man die Nutzung unter demographischen Aspekten, zeigt sich zunächst, dass Frauen mit 54,1 Prozent in der Nutzerschaft im Juni häufiger auf Twitter vertreten waren als die männlichen Twitterer. Nach ihrem Alter aufgeschlüsselt waren es die Nutzer zwischen 25 und 34 Jahren, die – gemessen an ihrem Anteil an allen aktiven Nutzern – überproportional Twitter nutzten.
Die Nielsen Statistik schlüsselt darüber hinaus auf, auf welchem Weg die Nutzer zu Twitter gelangen. Rund 1,5 Millionen Nettonutzer geben nicht direkt die URL in ihr Browserfenster ein, sondern finden über andere Internetseiten zu Twitter. Besonders viel Traffic wird von Google generiert. Damit stellt sich die Frage, ob es sich bei den Nutzern um regelmäßige Besucher handelt, denn denkbar ist auch, dass ein Teil der Nutzerzahlen nur aus kurzfristigem Interesse an bestimmten Themen oder erhöhter medialer Aufmerksamkeit resultiert. Die Loyalitätsanalyse der Nielsen Zahlen zeigt, dass 35,7 Prozent der Nutzer des Vormonats im Juni erneut Twitter besuchten. Anders herum betrachtet, waren lediglich 27,2 Prozent der Juni-Nutzer bereits auch im Mai auf Twitter.com. Die Nielsen Statistik schlüsselt darüber hinaus auf, auf welchem Weg die Nutzer zu Twitter gelangen. Rund 1,5 Millionen Nettonutzer geben nicht direkt die URL in ihr Browserfenster ein, sondern finden über andere Internetseiten zu Twitter. Besonders viel Traffic wird von Google generiert. Damit stellt sich die Frage, ob es sich bei den Nutzern um regelmäßige Besucher handelt, denn denkbar ist auch, dass ein Teil der Nutzerzahlen nur aus kurzfristigem Interesse an bestimmten Themen oder erhöhter medialer Aufmerksamkeit resultiert. Die Loyalitätsanalyse der Nielsen Zahlen zeigt, dass 35,7 Prozent der Nutzer des Vormonats im Juni erneut Twitter besuchten. Anders herum betrachtet, waren lediglich 27,2 Prozent der Juni-Nutzer bereits auch im Mai auf Twitter.com.
Ein Großteil der Besucher im Juni scheint also Twitter neu für sich entdeckt zu haben. Ein weiteres Indiz liefert die Anzahl der Visits: Im Juni waren 71,1 Prozent der Nutzer nur einmal auf der Website. Lediglich 14,8 Prozent der Nutzer waren mindestens drei Mal auf Twitter.com unterwegs. Trotz des enormen Interesses, scheint die Nutzung von Twitter im Juni bei vielen Nutzern also eher flüchtig und wenig intensiv gewesen zu sein. Dafür spricht auch die auf der Website verbrachte Zeit: Im Vergleich zu anderen sozialen Netzwerken wie Facebook oder Wer-kennt-wen, weist Twitter eine deutlich geringere Nutzungsdauer auf. Lediglich 6,5 Prozent der Nutzer verbrachten im aktuellen Monat mehr als 30 Minuten auf Twitter. Bei Facebook beträgt der Anteil dieser Nutzer 31,8 Prozent. Auf Wer-kennt-wen verbrachten im Juni sogar 43,8 Prozent der Nutzer mehr als eine halbe Stunde. Dieses Ergebnis ist selbstverständlich auch darauf zurückzuführen, dass das Verfassen der 140-Zeichen-Tweets darauf ausgerichtet ist, schnell und in Echtzeit zu kommunizieren und damit weniger Zeit in Anspruch nimmt als die Kontaktpflege über andere soziale Netzwerke. (…) Ein Großteil der Besucher im Juni scheint also Twitter neu für sich entdeckt zu haben. Ein weiteres Indiz liefert die Anzahl der Visits: Im Juni waren 71,1 Prozent der Nutzer nur einmal auf der Website. Lediglich 14,8 Prozent der Nutzer waren mindestens drei Mal auf Twitter.com unterwegs. Trotz des enormen Interesses scheint die Nutzung von Twitter im Juni bei vielen Nutzern also eher flüchtig und wenig intensiv gewesen zu sein. Dafür spricht auch die auf der Website verbrachte Zeit: Im Vergleich zu anderen sozialen Netzwerken wie Facebook oder Wer-kennt-wen, weist Twitter eine deutlich geringere Nutzungsdauer auf. Lediglich 6,5 Prozent der Nutzer verbrachten im aktuellen Monat mehr als 30 Minuten auf Twitter. Bei Facebook beträgt der Anteil dieser Nutzer 31,8 Prozent. Auf Wer-kennt-wen verbrachten im Juni sogar 43,8 Prozent der Nutzer mehr als eine halbe Stunde. Dieses Ergebnis ist selbstverständlich auch darauf zurückzuführen, dass das Verfassen der 140-Zeichen-Tweets darauf ausgerichtet ist, schnell und in Echtzeit zu kommunizieren und damit weniger Zeit in Anspruch nimmt als die Kontaktpflege über andere soziale Netzwerke.
Das Phänomen Twitter wird online wie offline von Anhängern und Kritikern diskutiert. Dabei wird oft die Frage gestellt, ob sich Twitter dauerhaft als Plattform des Bürgerjournalismus etablieren kann oder ob eher das Alltagsgezwitscher dominieren wird. Eine Analyse der Nielsen Nutzerstatistik belegt den aktuellen Twitter-Trend und zeigt darüber hinaus, von wem Twitter genutzt wird, woher die Nutzer kommen und wie sich ihr Nutzungsverhalten gestaltet. Das Phänomen Twitter wird online wie offline von Anhängern und Kritikern diskutiert. Dabei wird oft die Frage gestellt, ob sich Twitter dauerhaft als Plattform des Bürgerjournalismus etablieren kann oder ob eher das Alltagsgezwitscher dominieren wird. Eine Analyse der Nielsen Nutzerstatistik belegt den aktuellen Twitter-Trend und zeigt darüber hinaus, von wem Twitter genutzt wird, woher die Nutzer kommen und wie sich ihr Nutzungsverhalten gestaltet.
Pressekontakt:
Silke Trost
Snr. Manager Media & Marketing Relations
Nielsen Media & Online Germany
The Nielsen Company
mw

Mehr bei blogmedien.de, die auch ein schönes Schaubild dazu haben.

Blogcharts, Lobbyismus, Photoshop

1. Michael Konken sieht inexistente Werbung auf Google News

(netzwertig.com, Marcel Weiss)

Die Frankfurter Allgemeine veröffentlicht einen Artikel des DJV-Vorsitzenden Michael Konken, der darin fälschlicherweise behauptet, das bisher werbefreie Angebot Google News übernehme “einen wichtigen Teil des Anzeigengeschäfts” der Verlage: “Es ist bezeichnend für den deutschen selbsternannten ‘Qualitätsjournalismus’, dass ein Vorsitzender eines Journalistenverbandes eine solche offensichtlich falsche Behauptung in einem Artikel in einem Qualitätsmedium wie der FAZ veröffentlichen kann, ohne dass ihm selbst oder den zuständigen Redakteuren das in irgendeiner Form peinlich zu sein scheint. Solang es um Lobbyismus in eigener Sache geht, zählt die Wahrheit anscheinend keinen Deut mehr.”

2. “Die Zeitung ist sterbenskrank. Traurig oder egal?”

(falter.at, Matthias G. Bernold)

Auch der Falter glaubt, an der Anzeigenmisere der alten Medien sei ausschliesslich das “Internet” schuld: “Dass die Zeitungshäuser heute weltweit in der Krise stecken, ist eine direkte Folge des Internet. (…) Außerdem müssen Zeitungen im Netz gegen Platzhirsche wie Google, Yahoo, Microsoft und Millionen von Blogs antreten. Letztere waren in der Vergangenheit vor allem dafür bekannt, Nachrichten abzuschreiben und schmarotzend wiederzuverwerten.”

3. “technorati ist tot, die blogcharts leben”

(deutscheblogcharts.de/blog, Jens)

Die Deutschen Blogcharts basieren per sofort nicht mehr auf Technorati, sondern auf Icerocket.

4. “Was erlauben Strunz?”

(blogmedien.de)

“Wie sich eine Pressemitteilung des Marktforschungsunternehmens ‘The Nielsen Company’ per Copy and Paste bei ‘abendblatt.de’ in einen redaktionellen Beitrag verwandelte.”

5. “Hoppla, Saxe nach OP stark verändert”

(hl-live.de)

“Der Fahrradsturz von Bürgermeister Bernd Saxe am Sonntag war auch der BILD-Zeitung einen Bericht wert. Erstaunlich ist nur die Bebilderung: Der Verwaltungschef scheint sich durch die Operation an der Schulter doch stark verändert zu haben.”

6. Photoshop-Covers

(latimes.com, Jeannine Stein)

Scott Kelby, Präsident der NAPP (National Association of Photoshop Professionals), sagt: “My belief is that every single major magazine cover is retouched. I don’t know how they couldn’t be.”

Lady Gagas kleiner Penis kommt ganz groß raus

Zwei Fragen beschäftigen die Menschen in diesen Tagen, und eine davon können wir beantworten.

Frage 1: Hat Lady Gaga einen Penis?
Frage 2: Sind die Medien komplett verrückt geworden?

Aber beginnen wir diese Geschichte doch einfach bei einer seriösen Nachrichtenseite, der des ARD-Boulevardmagazins “Brisant”. Dort heißt es:

Lady Gaga: “Ja, ich habe einen Penis!”

Das [sic] die US-amerikanische Sängerin Lady Gaga gern Haut zeigt, ist nichts Neues. Doch als sie beim Glastonbury Festival in England auf der Bühne von einem Motorrad stieg, rutschte ihr knappes rotes Kleid noch ein Stück höher und gab den Blick auf etwas frei, dass [sic] aussah wie ein Penis. Zu einem amerikanischen Magazin sagte sie, dass sie sowohl weibliche als auch männliche Geschlechtsteile habe, sich aber eher als Frau fühle. Ob das stimmt, oder ob sich die verrückte Künstlerin nur wieder selbst inszenieren wollte, bleibt offen.

Doch das ist nicht das einzige, das offen bleibt. Offen bleibt auch und vor allem die Frage, ob Frau Gaga das überhaupt gesagt hat. Das Zitat stammt aus einem merkwürdigen verwaisten Blogrudiment namens “Starr Trash”. Das behauptete, die Künstlerin hätte in einem Blog-Eintrag die Gerüchte bestätigt, sie sei zweigeschlechtlich (intersexuell):

Its not something that I’m ashamed of, just isn’t something that i go around telling everyone. Yes. I have both male and female genitalia, but i consider myself a female. Its just a little bit of a penis and really doesnt interfere much with my life. the reason I haven’t talked about it is that its not a big deal to me. like come on. its not like we all go around talking about our vags. I think this is a great opportunity to make other multiple gendered people feel more comfortable with their bodies. I’m sexy, I’m hot. i have both a poon and a peener. big fucking deal.
– L8d Gaga <3>

Ich schäme mich dafür nicht, es ist nur nichts, das ich jedem erzähle. Ja. Ich habe sowohl männliche als auch weibliche Genitalien, aber ich verstehe mich als Frau. Es ist nur ein kleines Stück Penis und stört nicht groß in meinem Leben. Ich habe deshalb nicht darüber geprochen, weil es für mich kein großes Thema ist. Wir rennen ja auch nicht herum und reden über unsere Vaginas. Ich finde, dies ist eine gute Gelegenheit, anderen Menschen mit multiplen Geschlechtern zu helfen, sich mit ihren Körpern wohler zu fühlen. Ich bin sexy, ich bin heiß. Ich habe eine Muschi und einen Pimmel. Was soll’s.

Das Blog gibt sich alle Mühe, kein Vertrauen in seine Seriösität zu wecken, und es spricht sehr viel dagegen, dass das Zitat echt ist. Sicher aber ist: Es ist alt. Der Blog-Eintrag stammt vom 14. Dezember 2008.

Als nun Foto- und Videoaufnahmen auftauchten, die möglicherweise den versehentlich entblößten Penis der Sängerin bei einem Live-Auftritt vor gut fünf Wochen zeigen, kramte “Gone Hollywood”, ein anderes amerikanisches Blog ohne besonderen Anspruch, das passende alte angebliche Zitat hervor.

“Gone Hollywood” schreibt ausdrücklich, dass das Zitat nicht neu ist, und behauptet auch nicht, die Quelle zu sein. Und trotzdem dient dieser kleine hingeworfene Eintrag nun ungezählten Medien als Beleg für die aufgeregte Meldung, Lady Gaga habe jetzt plötzlich zugegeben, einen Penis zu haben.

Die “Abendzeitungs”-Fachfrau Kimberly Hoppe, bekannt für ihre sensiblen Twitter-Reportagen, berichtet:

Während sich andere Stars zu Intimitäten selten äußern, und zu so etwas schon gar nicht, machte Lady/Mister GaGa kurz darauf eine bemerkenswert deutliche Ansage. Dem Online-Portal [!] “Gone Hollywood” sagte die Skandal- Sängerin: “Ja, ich habe einen kleinen Penis!”

Hoppes Artikel trägt die Überschrift: “Lady GaGa schockt mit kleinem Penis” (als wäre ein großer weniger schockierend gewesen) und enthält einen unscharfen Screenshot mit der gewagten Unterzeile: “Eindeutig zu erkennen: Lady GaGa und ihr kleiner Penis.”

Der Online-Ableger des öffentlich-rechtlichen österreichischen Radiosenders Ö3 verlinkt sogar den Blog-Eintrag von “Gone Hollywood”, schreibt aber trotzdem:

Lady Gaga behauptet, dass Sie [sic] einen Penis besitzt. Auslöser für dieses Geständnis ist eine [sic] Video-Konzertmitschnitt, das [sic] eine ziemlich deutliche Beule unter ihrem Minikleid zeigt. (…)

Darauf angesprochen sagte die 23-Jährige dem Onlinemagazin [!] Gone Hollywood: “Ich habe einen kleinen Penis. Ich schäme mich deswegen nicht, aber ich erzähle es eben nicht überall herum. Ich meine, wir reden ja auch nicht die ganze Zeit über unsere Vaginanen [sic]. (…)”

Der “Münchner Merkur” und seine diversen Schwesterblätter machen begeistert mit, die “B.Z.” sowieso, und Radio Energy (das “Gone Hollywood” ein “Magazin” nennt), zieht aus der, nun ja: Enthüllung die merkwürdige Schlussfolgerung: “Lady Gaga hatte bis jetzt also wirklich ein perfektes Pokerface.” Vor wenigen Minuten ist Bild.de auf den Gaga-Zug aufgesprungen, wodurch die Geschichte mit Sicherheit erst richtig Schwung bekommen wird.

Und um auf die beiden Fragen vom Anfang zurückzukommen: Die zweite können Sie jetzt selbst beantworten.

Mit Dank an Jan B.!

Facebook, Buchholz, Observer

1. “Die kommende Fragmentierung der Medienbranche”

(netzwertig.com, Andreas Göldi)

Andreas Göldi sieht in einer langen Analyse zum Medienwandel das Sterben der Mediengiganten: “Die Frage, wie die Konzerne von heute den im klassischen Bereich verlorenen Umsatz online wettmachen können, ist einfach zu beantworten: Gar nicht. Online-Content wird die Strukturen solcher Riesenkonzerne nicht tragen können. Überleben können die Anbieter von heute nur, wenn sie radikal schlanker werden.”

2. “Zahlst du noch – oder guckst du schon?”

(sueddeutsche.de, Dirk von Gehlen)

“Im Internet kann man Bundesliga- und Champions-League-Spiele live anschauen – kostenlos, ohne technischen Aufwand und völlig legal.”

3. “Chance auf Qualitätsjournalismus verpasst”

(berlinonline.de, Annett Müller, Simone Böcker und Marcin Rogozinski)

Wie die deutschsprachigen Verlage Ringier, Springer und WAZ in Osteuropa Boulevard machen.

4. “Der ‘Observer’ steht vor dem Aus”

(faz.net, Gina Thomas)

“Die berühmte britische Sonntagszeitung ‘The Observer‘ ist bedroht. Womöglich wird sie künftig in erheblich reduziertem Umfang erscheinen – oder durch ein neues Nachrichtenmagazin ersetzt werden.”

5. “Wie Bernd Buchholz zur Legende wird”

(print-würgt.de, Michalis Pantelouris)

Michalis Pantelouris weiss jetzt schon, was Bernd Buchholz, Vorsitzender des Vorstandes der Gruner + Jahr AG und Leiter G+J Deutschland, tun wird: “Er nimmt zehn Prozent von dem Nichts an Gewinn und schafft damit ein Magazin, für das die Korrespondenten des Stern schreiben. Ein Monatsmagazin.”

6. “The Journalist’s Guide to Facebook”

(mashable.com, Leah Betancourt)

Was Journalisten zu Facebook wissen müssen: Quellen, Ethik, Kommunikation, etc.

Dieter Althaus – wer sonst?

Am Sonntag, vier Wochen vor der Landtagswahl in Thüringen, hat die “Bild am Sonntag” endlich die Kampagne für Ministerpräsident Dieter Althaus fortgesetzt. Für den eiligen Leser, der vielleicht an Fitness oder Energie des CDU-Spitzenkandidaten zweifelt, reicht ein flüchtiger Blick auf Überschrift und Foto (obwohl man darüber diskutieren kann, wie gut die Idee ist, Althaus ausgerechnet zu zeigen, wie er rasant einen Abhang hinunterfährt).

Aber auch wer das Kleingedruckte liest, findet viel Herzerwärmendes über den sympathischen und gläubigen Politiker. Der Ski-Unfall, den Althaus Anfang Jahres verursacht hat und bei dem eine Frau ums Leben kam, hat ihn offenbar zu einem besseren Menschen gemacht:

BamS: Hat das Ihre Ehe verändert?

ALTHAUS: Ich habe mich noch einmal neu in meine Frau verliebt. Unsere Ehe hat einen wichtigen zusätzlichen Impuls bekommen. Wir sind in diesem August 27 Jahre verheiratet. In dieser Zeit standen wir immer zueinander, aber seit 1990 führen wir berufsbedingt eine Ehe auf räumlicher Distanz. Ich arbeite in Erfurt, sie lebt und arbeitet in Heiligenstadt. Im Krankenhaus haben wir nach den Jahren der Fernbeziehung wieder viel Zeit und Nähe miteinander verbracht. Das war für unsere Liebe gut und wichtig.

(…)

BamS: Sie selbst waren sehr schwer verletzt. Hat diese Nahtod-Erfahrung Sie weicher oder härter gemacht?

ALTHAUS: Der Unfall war ein Schub für mehr Sensibilität. Ich gehe jetzt noch mehr auf die Menschen in meiner Umgebung ein. Früher wurde ich schon mal ungeduldig, wenn Mitarbeiter nicht schnell genug Sachverhalte erfasst haben. Heute bin ich geduldiger.

Ein bisschen überraschend fügt Althaus, nachdem er den Unfall in dieser und ähnlicher Weise ausführlich thematisiert hat, hinzu:

ALTHAUS: Linkspartei und SPD haben zugesagt, dass sie den Unfall im Wahlkampf nicht thematisieren wollen. Ich hoffe, dass das so bleibt.

Eine Frage nach seinen politischen Zielen oder der Art, wie Althaus sie erreichen will, stellt “Bild am Sonntag” nicht.

B.Z., Bild  

Der falsche Jacko und der doppelte Reinfall

Am vergangenen Donnerstag enthüllte “Bild”, dass die Stasi eine Akte über Michael Jackson angelegt hatte. Ein Schmankerl aus den Unterlagen hob sich der Autor Hans-Wilhelm Saure (so etwas wie der inoffizielle Stasi-Beauftragte bei “Bild”) aber für den nächsten Tag auf:

Die Stasi knipste Jacko am Checkpoint Charlie

Ausführlich zitierte “Bild” aus dem Protokoll über den Besuch Jacksons am Checkpoint Charlie und zeigte zwei Fotos, die die Stasi vom dem Popstar und dem Menschenauflauf, den er auslöste, gemacht hatte. Auch die Berliner Schwesterzeitung “B.Z.” berichtete am selben Tag:

Dieses Foto von Jackson hat die Stasi geschossen

(…) Am Tag vor seinem West-Berliner Konzert erklimmt Jackson die Besuchertribüne am Checkpoint Charlie. Die Stasi drückt auf den Auslöser

Doch in der “B.Z.” erschien am nächsten Tag ein weiterer Artikel:

Stasi fiel auf falschen Michael Jackson rein

(…) Doch jetzt kommt raus: Der vermeintliche King of Pop war ein Double! Den Auftritt des Doppelgängers hatte eine Sicherheitsfirma organisiert. Gemeinsam mit einem Fernsehteam hatte sie den falschen Jackson durch die ganze Stadt gelotst. Am Checkpoint Charlie waren die Stasi-Leute nicht die einzigen, die dem Schwindel aufsaßen. Ständig befanden sich “ca. 80-100 schaulustige Personen in der Nähe des Rock-Sängers”, heißt es im Stasi-Protokoll.

Sat.1 hatte den Doppelgänger damals engagiert; auf der Homepage von Christian Engel, dessen Sicherheitsfirma beteiligt war, ist die ganze Aktion ausführlich dokumentiert.

Und nun könnte man den “B.Z.”-Leuten natürlich zurufen, dass nicht nur die Stasi auf den falschen Michael Jackson reingefallen ist, sondern über 20 Jahre später auch noch einmal sie selber, aber wurscht.

Bemerkenswerter ist, wie “Bild” darauf reagierte, auf einen Doppelgänger (und die Stasi) hereingefallen zu sein. Nachdem das Sat.1-Frühstücksfernsehen am Freitagmorgen über die eigene Aktion von damals berichtet hatte stellte die “B.Z.” am Freitagnachmittag einen Korrektur-Artikel “Michael Jackson-Double narrte Stasi” online. Vier Stunden später (!) veröffentlichte “Bild” den Artikel “Die Stasi knipste Jacko am Checkpoint Charlie” aus der gedruckten Ausgabe desselben Tages, dessen Wert Sat.1-Moderatorin Marlene Lufen so eindrucksvoll demonstriert hatte (siehe Screenshots rechts), unverändert im Internet, womöglich extra, aus Trotz.

Zu irgendeiner Form von Korrektur hat sich das Blatt bis jetzt nicht hinreißen lassen.

Nachtrag, 20.40 Uhr. Auch bei FAZ.net glaubt man immer noch, dass es sich bei dem Mann auf dem Foto um den echten Michael Jackson handelte.

Nachtrag, 4. August. Die englische Version von “Spiegel Online” und “Focus Online” aufgrund einer AP-Meldung auch.

Nachtrag, 15.10 Uhr. FAZ.net scheint die Bildergalerie kommentarlos gelöscht zu haben; dafür überrascht die gedruckte “FAZ” heute als Nachzügler mit den Stasi-Fotos — und hält den Abgebildeten für Michael Jackson.

Mit Dank an die vielen Hinweisgeber!

Bild  

Rumkitteln an der nackten Katherine Heigl

Es gibt Artikel Textrudimente, die lassen einen etwas ratlos zurück. Fragen stehen im Raum und es ist zu befürchten, dass niemand kommen und sie wegräumen (oder wenigstens beantworten) wird: “Was soll das?”, “Mit welchem Körperteil wurde wohl der Text verfasst?” oder auch einfach nur “Hä?”

Katherine Heigl, nackt in "Bild"Wenn Sie dieses Foto sehen – welcher Filmtitel fällt Ihnen dazu ein? Volltreffer! “Die nackte Wahrheit” (Filmstart: 1. Oktober). Hauptrolle: Katherine Heigl (30), die wir bisher als Assistenzärztin “Izzie” in der Serie “Grey’s Anatomy” im blauen OP-Kittel kennen. Eine deutliche Steigerung.

Ja, das ist der vollständige Artikel. Und der Bildtext lautet:

Katherine Heigl tritt in ihrem neuen Film ganz ohne Arztkittel auf.

Nur zu gerne wüsste man, was genau dieses Foto (und ein weiteres im gleichen Setting, das Bild.de heute zeigt) mit dem Film “Die nackte Wahrheit” zu tun hat — also von Katherine Heigl und dem “nackt” vielleicht mal ab.

Das Bild entstammt nämlich einer Serie von Fotos, die schon vor einiger Zeit im Magazin “Maxim” erschienen sind. Genau genommen im Juni 2000, lange bevor Frau Heigl den “blauen OP-Kittel” zum ersten Mal angezogen hat.

PS: Der “Volltreffer” entpuppt sich vollends als Blindgänger, wenn man weiß, wie der Originaltitel von “Die nackte Wahrheit” lautet: “The Ugly Truth” (“Die hässliche Wahrheit”).

Mit Dank an Natalie R.

Ossis, Pressemitteilungen, ExpertInnen

1. “Unsprache in Zeitschriften”

(keentech.de, Michael Hensel)

Michael Hensel hat die Ausgabe 9/2009 der Zeitschrift PC Action gelesen und wurde überrascht über die “Pauschalisierung und Beleidigung”, die er darin fand. Das Heft schreibt über in den Westen einfallende Ossis, die “Begrüßungsgeld in Milliardenhöhe abstaubten, die Mauer abrissen und heute faul auf dem Hartz-IV-Bescheid liegen.”

2. “Venezuela schließt 32 Radiosender”

(fr-online.de, Klaus Ehringfeld)

“Um 7.48 Uhr stellten am Samstagmorgen 32 Radio- und zwei regionale Fernsehsender ihren Betrieb ein, nachdem ihnen ein entsprechender Bescheid der staatlichen Telekommunikationsbehörde Conatel zugegangen war. (…) Weitere 206 vor allem Radiostationen stehen auf dem Prüfstand der Regierung.”

3. “Scheinbare Vielfalt”

(taz.de, Steffen Grimberg)

“38 Tageszeitungen gab es in der DDR. Der Inhalt wurde vom Zentralkomitee der SED bestimmt. Nach der Wende bedienten sich dann die großen Zeitungshäuser aus der BRD.”

4. Zeitschriften machen, die Leser lieben

(print-würgt.de, Michalis Pantelouris)

Michalis Pantelouris analysiert den Leser unrentabler Zeitschriften: “Er fühlt sich nach jeder Lektüre leerer als vorher und von uns abgezockt. Und das zu Recht: Wir haben Jahre lang Anzeigenumfelder geschaffen und redaktionelle Qualität heruntergefahren.”

5. “Expertise im Journalismus: verdecktes Lobbying?”

(weblog.medienwissenschaft.de, Jennifer B.)

“Kein Individuum ist frei von Interessen. Auch ‘ExpertInnen’ nicht.”

6. “10 Words I Would Love To See Banned From Press Releases”

(techcrunch.com, Robin Wauters)

Robin Wauters listet 10 Wörter auf, die er in Pressemitteilungen nicht mehr lesen will. Wir kennen sie alle, sie lauten “Leader”, “innovativ”, “revolutionär”, “strategische Partnerschaft”, “Synergien” und so weiter…

Fleißig weglassen, bis wir fleißig sind

Immer dann, wenn wir in Deutschland mal was nicht so richtig gut können, verweisen wir gerne darauf: Vielleicht sind wir nicht die Ästheten des Planeten, aber immerhin voll fleißig. So gesehen waren das sehr beruhigte Schlagzeilen in den vergangenen Tagen:

Der angebliche “Fleiß” berechnet sich dabei danach, wie viele Stunden die deutschen Arbeitnehmer im Schnitt pro Woche leisten — und zwar nicht die tariflich vereinbarte Zeit (danach liegt Deutschland mit 37,6 Stunden relativ weit hinten im europäischen Vergleich), sondern die tatsächliche Zeit. Die liegt, weil häufig mehr als tariflich vereinbart gearbeitet wird (aus welchen Gründen auch immer), in Deutschland angeblich bei 41,2 Stunden pro Woche. Und das reicht immerhin zu einem siebten Platz unter den 27 EU-Ländern.

Doch das ist nur ein Teil der Wahrheit.

Ein anderes Bild ergibt sich, wenn man die die Arbeitszeit nicht über die Woche, sondern über das ganze Jahr betrachtet. Weil die Deutschen mehr Urlaub und Feiertage haben als die meisten Länder, liegt Deutschland plötzlich weit hinten — weshalb die “FAZ” sogar titelte: “So fleißig sind die Deutschen doch nicht”. Nur Schweden, Dänen und Franzosen haben danach noch geringere Arbeitszeiten als die Deutschen. Diese Rechnung hat nur wieder den Haken, dass sie von den tariflichen und nicht den tatsächlichen Arbeitszeiten ausgeht.

Rechnet man die tatsächlichen Wochenarbeitszeiten aufs Jahr hoch und zieht die Urlaubs- und Feiertage ab, stellt man fest, dass der “Fleiß” der Deutschen fast exakt dem EU-Durchschnitt entspricht. Ein ziemlich unspektakuläres Ergebnis.

Und wie kommt es, dass trotzdem so viele Medien die Geschichte von den “fleißigen Deutschen” verbreiten? Die Studie der EU, die dem Ganzen zugrunde liegt, wurde weitgehend unbemerkt von der deutschen Presse schon am 24. Juli veröffentlicht. Sie enthält eine Vielzahl von Daten über Arbeitszeiten, auf Jahr und auf die Woche bezogen, tatsächlich und tariflich.

Und obwohl die Studie frei im Netz verfügbar ist, haben sich die meisten Agenturen, Zeitungen und Online-Medien die differenzierten Werte gar nicht angesehen, sondern stattdessen auf eine Vorabmeldung der “Welt” verlassen, die besonders die hohe Wochenarbeitszeit betonte. (Bild.de fantasierte sogar, der Bericht läge der “Welt” “exklusiv” vor.) Und so behaupteten die Agenturen noch in der Nacht unter Berufung auf die “Welt”:

Studie: Deutsche arbeiten länger (dpa)

Studie – Deutsche arbeiten im EU-Vergleich deutlich länger (Reuters)

Arbeitnehmer in Deutschland im EU-Vergleich mit langer Arbeitszeit (AP)

Deutsche arbeiten 41,2 Stunden – Mit an der Spitze im EU-Vergleich (epd)

Es dauerte bis zum Freitagmittag, bis die Agentur AFP die gute Idee hatte, sich nicht auf die “Welt” zu verlassen, sondern die Studie selbst auszuwerten, und entsprechend differenziert meldete: “Deutsche arbeiten viel – haben aber auch viel Urlaub”. Am Nachmittag zog endlich auch dpa nach mit einer Meldung, in der die Agentur erstmals die verhältnismäßig kurze Jahresarbeitszeit erwähnte.

Zu diesem Zeitpunkt hatte die Mär vom Beweis für den Fleiß der Deutschen längst die Runde gemacht. Und was soll’s, dass die Geschichte nicht ganz stimmt: Sie liest sich doch viel knackiger.

Mit Dank an Steffen P.,  Gerrit L. und Ralf B.!

Kummer, WAZ, Zeit im Bild

1. “Moritz trinkt immer noch”

(freitag.de, Tom Kummer)

Tom Kummer plaudert aus, was seine Journalistenfreunde Schirach, Borcholte, Ankowitsch, Canonica, Niermann, Lottmann, Friebe, Fetisch, von Uslar, Baum, Nickel, Timmerberg, Matussek, Munz, Wedekind, Diez, Kämmerling, Liebs, Amend, Adorján, Pitzke, Gorris, Biller, Richter, Brüggemann so treiben auf Facebook. Ein zweiter Artikel, wer darauf die Freundschaft gekündigt hat, wäre interessant.

2. “Kuscheln bei der WAZ”

(ftd.de, Lutz Knappmann)

“Die WAZ Mediengruppe bricht mit ihrer jahrzehntealten Kultur: Statt auf Konkurrenz setzt sie neuerdings auf Kooperation. Die Zusammenarbeit der Zeitungen im Ruhrgebiet ist dabei erst der Anfang.”

3. “Das ‘manipulierte’ Interview”

(zib.orf.at, Wolfgang Wagner)

Die Redaktion der ORF-Sendung “Zeit im Bild” stellt sich der Kritik an einem gekürzten Interview und stellt neben der Sendefassung auch die Originalfassung online. “Sowohl Interviewer als auch Interviewter neigen – wahrscheinlich wegen des niedrigeren Adrenalinspiegels – zu weitschweifigeren Formulierungen.”

4. “YouTube Inspired T-Shirts”

(shirtstastegood.com)

Die Website shirtstastegood.com verkauft T-Shirts, auf die Standbilder aus bekannten YouTube-Videos gedruckt sind.

5. “Schweinegrippe-Alarm bei Radio DRS”

(tagesanzeiger.ch, Dani Glaus)

“Ein Mitarbeiter von Radio DRS hat wohl die Schweinegrippe mitten ins Nervenzentrum der Informationsabteilung getragen.”

6. Brand im Studio

(probablybadnews.com)

Die Journalisten von abc2 News informieren ihre Zuseher auch dann, wenn es heiss wird.

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