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Allgemein  

“Bild” sicher: “Murat S.” fuhr den Todes-BMW

Für die “Bild”-Zeitung ist der Fall klar: Der Mann, den sie “Murat S.” nennt, hat am vergangenen Wochenende einen 77-Jährigen am Potsdamer Platz überfahren und tödlich verletzt. Daran ließ “Bild” schon gestern keinen Zweifel, als sie unter der Überschrift “Staatsanwalt sicher: ER FUHR DEN TODES-BMW” über den Fall berichtete:

"Staatsanwalt sicher: ER FUHR DEN TODES-BMW"

Im Text fand sich allerdings nichts, das diese Überschrift getragen hätte (das dafür aber gefettet oder in Großbuchstaben):

JETZT ZIEHT SICH DIE SCHLINGE ZU! HABEN SIE DEN TOTRASER BALD? (…)

Die Staatsanwaltschaft bestätigt: “Ja, wir führen einen 25-jährigen Mann als Beschuldigten.” (…)

Nach BILD-Informationen hat Murat S. in einer Vernehmung die Fahrt bestritten. Die Beamten versuchen jetzt durch gesicherte Spuren und Zeugenaussagen den Totraser zu überführen.

Wie der Staatsanwalt sich angesichts dieses Ermittlungsstands sicher sein kann, dass “Murat S.” den 77-Jährigen überfahren hat, lässt “Bild” offen. Uns sagte die Staatsanwaltschaft, dass es einen “Anfangsverdacht” gebe, und dass sie nicht “sicher” sei, ob der Beschuldigte tatsächlich gefahren sei. Oder, wie es heute in der “Welt” heißt:

Eine Sprecherin der Berliner Staatsanwaltschaft sagte gestern, dass die Verdachtsmomente gegen den mutmaßlichen Fahrer sehr spärlich seien. Weitere Zeugenbefragungen sollen Klarheit bringen. Ein Kriminalbeamter ist dagegen skeptisch: “Derzeit sieht es danach aus, dass der wahre Fahrer nicht ermittelt werden kann.”

Warum das womöglich so ist, kann man heute auch der “Bild”-Zeitung entnehmen. Die berichtet nämlich über “Fahndungs-Probleme der Polizei”:

"Fahndungs-Probleme der Polizei"

“Murat S.” behaupte, er habe den Wagen zwar am Tag des Unfalls gehabt, ihn jedoch am Abend an einen Verwandten verliehen. Da sich nahe Verwandte nicht gegenseitig belasten müssen, und die Spuren im Fahrzeug wohl nur beweisen können, was “Murat S.” schon zugegeben hat (dass er am Tattag den Wagen gefahren habe), kommt “Bild” zu dem Schluss:

"Es MUSS sich also mindestens ein Zeuge melden, der zu 100 % sagen kann: Ja, Murat S. ist gefahren."

Das ist eine Möglichkeit. Eine andere, die in der “Bild”-Zeitung indes nicht mal ansatzweise vorkommt, wäre freilich, dass sich ein Zeuge meldet, der zu 100 % sagen kann: Nein, “Murat S.” ist nicht gefahren.

Mit Dank an Benjamin H., Ivo B. und Lutz A. für den Hinweis.

P.S.: BILDblog-Leser Lutz A. fragt sich übrigens angesichts der Bild.de-Überschrift Murat (70 Seiten Polizei-Akte) tötet Rentner mit Luxus-Auto”, ob Bild.de sie wohl “genauso gewählt hätte, wenn der mutmaßliche Täter Herbert, Tim oder Peter mit Vornamen hieße”.

“European Newsroom”, Dokukratie, Kliemanns Wutrede

1. Wie dpa mit fragwürdigen Medien auf dem Balkan kooperiert
(netzpolitik.org, Alexander Fanta)
16 europäische Nachrichtenagenturen richten derzeit ein gemeinsames Büro in Brüssel ein, den “European Newsroom”. Eingefädelt habe das Großprojekt der dpa-Geschäftsführer Peter Kropsch. Was die Qualität der Inhalte steigern und zu “Kostensynergien” führen soll, wird von Experten und Expertinnen kritisiert, denn das Geld für den Newsroom stammt aus dem Budget der EU-Kommission für Öffentlichkeitsarbeit.

2. Wir präsentieren: Dokukratie
(fragdenstaat.de, Arne Semsrott & Stefan Wehrmeyer)
“Dokukratie”, das neue Recherchetool von “FragDenStaat” macht unter anderem Kleine Anfragen, Gutachten und Dokumente aus Untersuchungsausschüssen zentral durchsuchbar. “Dokukratie besteht aus zwei zentralen Elementen: Eine Website, über das alle Menschen zentral auf die gesammelten Dokumente zugreifen können, sowie ein offener Scraping-Hub, auf dem die Dokumente gesammelt werden.”

3. Warum ich nicht in die Ukraine gegangen bin
(journalist.de, Carsten Stormer)
Der freie Kriegsreporter Carsten Stormer fühlt sich schuldig, nicht in die Ukraine gereist zu sein. In früheren Zeiten sei er ohne Auftrag losgezogen, um vor Ort nach Geschichten zu suchen. Jetzt ahne er jedoch, was dabei herauskommen würde: “In der Ukraine würde ich bestenfalls nur an der Oberfläche kratzen. Für eine Berichterstattung, die Tiefe und Nähe erzeugt, Wissen und Kontext vermittelt, eine Entwicklung aufzeigt, fehlen mir schlicht die Mittel. Große internationale Medien stellen ihren Korrespondenten Sicherheitsberater zur Seite, meist Ex-Militärs, die die Gefahrenlage einschätzen, die Risiken abwägen können und zur Not eine Recherche abbrechen. Man muss einen Fahrer mit Ortskenntnis anstellen, einen Übersetzer bezahlen. Lokale Produzenten, die helfen, Geschichten zu finden, Gegend und Menschen kennen, die Landessprache beherrschen, Benzin, Lebensmittel und eine Übernachtungsmöglichkeit klarmachen. Das gesamte Team muss mit schusssicheren Westen und Helmen ausgestattet sein. Das alles kostet sehr viel Geld.”

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4. Russischer Dissident versteigert Nobelpreis-Medaille für Rekordpreis
(zeit.de)
Der russische Journalist und Putin-Kritiker Dmitri Muratow ist Mitgründer der mittlerweile zwangseingestellten Zeitung “Nowaja Gaseta” und Inhaber einer Nobelpreismedaille. Diese ließ er nun zugunsten ukrainischer Flüchtlingskinder versteigern. Der Erlös brach alle Rekorde: “Bei einer Auktion in New York erzielte die goldene Medaille einen Erlös von 103,5 Millionen Dollar – rund 98,5 Millionen Euro. Noch nie ist eine Nobelpreismedaille auch nur annähernd für eine solche hohe Summe versteigert worden.”

5. Birte Meier wechselt zu RTL
(sueddeutsche.de, Verena Mayer)
Birte Meier, langjährige Redakteurin des ZDF-Magazins “Frontal21”, wechselt mit den ebenfalls von “Frontal21” kommenden Manka Heise und Christian Esser zu RTL und wird dort nach Senderangaben eine “Investigativ-Unit” aufbauen. Meier hatte 2015 das ZDF wegen Lohnungleichheit verklagt. Das Verfahren lief über mehrere Instanzen, wurde jedoch abgewiesen. Dagegen wehre sich Meier nun vor dem Bundesverfassungsgericht.

6. Fynn Kliemann kritisiert “woke linke Szene”
(tagesspiegel.de, Markus Ehrenberg)
Der in die Kritik geratene Influencer Fynn Kliemann gab sich zwischenzeitlich reuig, holt nun aber zum Gegenangriff aus. In einer Wutrede auf Instagram beklagt er sich über “Teile der woken, linken Szene” und sieht sich im Zentrum düsterer Machenschaften: “Ich verstehe schon, ihr habt mich mit öffentlichen Geldern groß gemacht, dann habe ich nicht gespurt und genau mit den gleichen Geldern soll ich jetzt zerstört werden.”
Weiterer Lesetipp: Derweil treten neue Vorwürfe gegen Kliemann zutage: “Fynn Kliemann versteigerte digitale Kunstwerke für mehr als 200.000 Euro. Aber weil er sich nach Kontraste-Recherchen nicht an seine eigenen Auktionsbedingungen hielt, könnten ihm Schadensersatzforderungen drohen.” (tagesschau.de, Daniel Laufer)

“Österreich” vs. Österreich, Assange totgeschwiegen, Kessel Sternenstaub

1. “Österreich” verklagt Österreich, riesiges Interesse im TV
(dwdl.de, Timo Niemeier)
In Österreich überschlagen sich die Ereignisse: Nachdem es – im Zusammenhang mit den Geschehnissen um Ex-Kanzler Sebastian Kurz – bei der Boulevardzeitung “Österreich” zu einer Razzia gekommen war, kündigt das Blatt eine “Millionenklage” gegen die Republik an. Timo Niemeier erzählt, was sich sonst noch in dem österreichischen Medien- und Politikskandal getan hat.

2. Festgehalten wegen Bildrechten?
(taz.de, David Muschenich)
Bei einer Demo gegen die Räumung des Berliner Wohnprojekts Køpi haben Polizisten den Fotojournalisten Ralph Pache an der Arbeit gehindert und kurzzeitig festgehalten. Auf “taz”-Anfrage gibt eine Sprecherin der Polizei an, die Beamten hätten Pache nicht als Journalisten erkannt. Dem widerspricht der Fotograf: Er habe seinen Presseausweis an einem Band um den Hals getragen und sich direkt als Journalist zu erkennen gegeben. Auch Jörg Reichel, Geschäftsführer der Gewerkschaft dju Berlin, halte es für “völlig unrealistisch”, dass die Polizei Pache nicht als Journalisten erkannt habe.

3. Ein Kessel Sternenstaub
(tagesspiegel.de, Jan Freitag)
Die bekannte Wissenschafts-Youtuberin Mai Thi Nguyen-Kim (Kanal: “maiLab”) ist im ZDF gleich in zwei Formaten zu sehen: in der etablierten ZDF-Sendung “Terra X” und in der neuen Sendereihe “Wunderwelt Chemie”. Außerdem wird sie vom 24. Oktober an auch “MaiThink X – Die Show” bei ZDFneo moderieren. “Hoffentlich mit weniger Choreografie vom Blatt als ‘Wunderwelt Chemie’. Und noch hoffentlicher mit weniger Blockbuster-Musik, die Info-Formate oft verkleistern, als wären es Wagner-Opern”, wünscht sich Jan Freitag: “Millionen Abonnenten von ‘maiLab’ sind keinerlei Effekthascherei gewohnt. Hier folgt die Form der Funktion.”

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4. Julian Assange wird totgeschwiegen
(kontextwochenzeitung.de, Wolfgang Frommlet)
Bei der Freude über die Verleihung des Friedensnobelpreises an die philippinische Journalistin Maria Ressa und den russischen Journalisten Dmitri Muratow komme ein Thema zu kurz, findet Wolfgang Frommlet: “Weder RSF [Reporter ohne Grenzen] noch überregionale Zeitungen sowie ARD und ZDF erwähnen einen der mutigsten Journalisten und Whistleblower der letzten 15 Jahre: Julian Assange. Er wird im wörtlichen Sinne totgeschwiegen.”

5. Journalismus muss nicht neutral sein – aber fair
(medienwoche.ch, Marko Ković)
Neutralität, Objektivität, Unparteilichkeit und Ausgewogenheit seien zwar wichtige journalistische Ideale, findet Marko Ković, sie würden sich in der journalistischen Praxis jedoch kaum umsetzen lassen. Als praxistaugliche Leitplanken böten sich eher Werte wie Fairness, Aufrichtigkeit und Stringenz an: “Das Ziel einer Debatte darüber, wie Journalismus jenseits unrealistischer und teilweise gefährlicher Neutralitäts-Anmassungen funktionieren kann, ist letztlich, den Umgang mit Weltanschauungen im Journalismus in gelenkte Bahnen zu leiten.”

6. Der Jekyll und Hyde der digi­talen Welt feiert Geburtstag
(lto.de)
Google Deutschland feiert seinen zwanzigsten Geburtstag. Im Hinblick auf die bislang aufgelaufenen und noch zu erwartenden juristischen Problemfelder, kommentiert “Legal Tribune Online”: “Der Konzern erlebt seit Bestehen einen Spagat zwischen großem Vertrauen und tiefem Misstrauen. Und er sorgt dafür, dass Juristinnen und Juristen sowie Journalistinnen und Journalisten weltweit keinen Grund haben, über mangelnde Beschäftigung zu klagen. Es ist nicht zu erwarten, dass sich daran bis zum nächsten Jubiläum etwas ändern wird.”

Starke Botschaft, Werbebedrohte Mediathek, Kampf der Wetteransager

1. Starke Botschaft für mutigen Journalismus
(reporter-ohne-grenzen.de)
Die Organisation Reporter ohne Grenzen freut sich über die Verleihung des Friedensnobelpreises 2021 an Maria Ressa und Dmitri Muratow: “Sie verkörpern in ganz besonderer Weise den Kampf für die Unabhängigkeit des Journalismus. Diese Auszeichnung ist eine Würdigung des Journalismus, aber auch ein Aufruf zur Mobilisierung, denn das vor uns liegende Jahrzehnt wird entscheidend sein für die Zukunft des Journalismus. Es ist eine starke Botschaft in einer Zeit, in der Demokratien weltweit durch Desinformation und Hassrede bedroht werden.”
Weiterer Lesehinweis: “Gerade erst wurde Maria Ressa mit dem Friedensnobelpreis geehrt. In einem ihrer ersten Interviews attackiert sie Facebook. Die Algorithmen der Plattform würden eher Lügen und Hass streuen, als Fakten zu verbreiten” – Nobelpreisträgerin Ressa nennt Facebook Gefahr für Demokratie (spiegel.de).

2. Könnten in der ARD-Mediathek bald Werbespots laufen?
(rnd.de, Matthias Schwarzer)
Eigentlich sind die gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Mediatheken werbefrei, doch bei einem Branchentreff empfahl der scheidende Intendant des Hessischen Rundfunks listig eine Art Revolution von unten: “Sie sollten sich dafür einsetzen”, empfahl er den Werbekunden und Agenturchefs, “dass Sie bei uns auch in der Mediathek und in der Audiothek werben dürfen, wenn Sie weiterhin Menschen erreichen wollen, die Qualität suchen und denen Gemeinwohl am Herzen liegt. Wir sind da eher schüchtern und zurückhaltend, wie es unsere Art ist. Aber Sie können das zum Thema machen.”

3. Der einsame Klimakampf der Wetteransager
(spiegel.de, Christian Stöcker)
Wenn TV-Meteorologen immer deutlicher über Extremwetterkatastrophen reden, habe das auch mit dem Versagen öffentlich-rechtlicher Sender zu tun, findet Christian Stöcker in seiner “Spiegel”-Kolumne: “Tatsächlich ist der Wetterbericht in vielen Nachrichtensendungen mittlerweile politischer – oder vielmehr: relevanter als weite Teile der übrigen Berichterstattung. Das liegt daran, dass die einst so unpolitischen Wetterleute offenkundig die Nase voll davon haben, dass das wichtigste Thema der Gegenwart auch in den Öffentlich-Rechtlichen oft noch immer wie eine Randnotiz behandelt wird.”

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4. Polizei behindert mehrfach Pressearbeit und nimmt Fotografen in Gewahrsam
(tagesspiegel.de, Madlen Haarbach)
Am Rande einer Demonstration gegen die Räumung des linksalternativen Køpi-Wagenplatzes in Berlin habe die Journalistengewerkschaft dju am Samstagabend mindestens drei Verstöße gegen die Pressefreiheit durch die Polizei registriert. Insgesamt seien ihm zwei grobe Behinderungen und ein tätlicher Angriff seitens der Einsatzkräfte bekannt, so dju-Landesgeschäftsführer Jörg Reichel.
Weiterer Lesetipp: “Das Netzwerk ‘Copservation’ will polizeiliches Fehlverhalten dokumentieren. Fast jeden Tag erhalten die Mitglieder in sozialen Medien Berichte über Vergehen” – “Das Einzelfall-Narrativ ist absurd” (taz.de, Emeli Glaser).

5. Was mit Medien? Das braucht Hartnäckigkeit
(verdi.de, Susanne Stracke-Neumann)
Im Journalismus Fuß zu fassen, ist oftmals gar nicht so leicht. Obwohl in manchen Bereichen, wie den Lokalredaktionen, von Nachwuchsmangel die Rede sei, hätten es junge Leute schwer mit dem Berufseinstieg. Susanne Stracke-Neumann hat für das Verdi-Medienmagazin zwei junge Frauen auf ihrem Weg in den Beruf begleitet.

6. Ich habe einen langen Atem.
(planet-interview.de, Jakob Buhre & Adrian Arab)
Tilo Jung ist mit seinen Interviews für das Format “Jung & Naiv” und seinen regelmäßigen Berichten von der Bundespressekonferenz inzwischen fester Bestandteil des Politikjournalismus in Deutschland. Im ausführlichen Interview spricht er über die Ära Merkel, heikle Interview-Partner, Absagen von der AfD, seine Kritik an Boris Reitschuster, über die Frage, wo er die Öffentlich-Rechtlichen als “staatstragend” empfindet. Und er beantwortet die Frage, unter welchem Kanzler er Regierungssprecher werden würde: “Ich werde niemals Sprecher eines Politikers oder einer Politikerin, das habt ihr hiermit auf Band. Ich glaube, das wird auch nie irgendjemand wollen. Okay, eine Ausnahme würde ich machen: Wenn Jürgen Todenhöfer Kanzler wird.”

V-Mann-Legende, Licht ins Dunkle, TikTok-Liebe und keine Entschuldigung

1. Licht ins Dunkle bringen
(journalist.de, Juliane Löffler & Pascale Müller)
Juliane Löffler und Pascale Müller erklären, warum es in Deutschland besonders schwierig sei, über sexuelle Belästigung und sexualisierte Gewalt zu schreiben. Wer öffentlich Vorwürfe erhebt, trage ein doppeltes Risiko: “Erstens, dass der mutmaßliche Täter nicht bestraft wird. Und zweitens, dass man stattdessen selbst bestraft wird.” In ihrem Artikel erläutern die couragierten Reporterinnen, warum über die Kriterien und Zulässigkeit von Verdachtsberichterstattung mindestens neu diskutiert werden müsste.

2. Deconstructing Woody
(taz.de)
Der Rowohlt-Verlag will die Autobiographie des amerikanischen Komikers und Filmemachers Woody Allen veröffentlichen. Dagegen wenden sich einige Rowohlt-Autoren und -Autorinnen in einem Offenen Brief. Ähnlich wie der US-Verlag Hachette möge Rowohlt die Veröffentlichung zurückziehen: “Wir zeigen uns solidarisch mit den Angestellten des Hachette-Verlags, deren Proteste dazu geführt haben, dass der Verlag sich gegen eine Veröffentlichung des Buches entschieden hat. Wir fordern Sie auf, diesem Beispiel zu folgen. Das Buch eines Mannes, der sich nie überzeugend mit den Vorwürfen seiner Tochter auseinandergesetzt hat, und der öffentliche Auseinandersetzungen über sexuelle Gewalt als Hexenjagd heruntergespielt hat, sollte keinen Platz in einem Verlag haben, für den wir gerne und mit großem Engagement schreiben.” Auf der Rowohlt-Seite zu Allens Autobiographie steht derzeit der Hinweis: “Dieses Buch wird auf unbestimmte Zeit verschoben”.
Weiterer Lesehinweis: David Steinitz hält die Entscheidung des US-amerikanischen Verlags Hachette, das Buch fallen zu lassen, für mindestens problematisch: “Die Entscheidung von Hachette sendet ein fatales Signal: an Missbrauchsopfer, weil den Verlag der Vorwurf des sexuellen Missbrauchs nicht gestört zu haben scheint, solange in Aussicht stand, dass man mit dem Buch Geld verdienen kann; und an Autoren, weil der Verlag sie nicht aufgrund von Fakten und Beweisen, sondern von Meinungen und Stimmungen fallen zu lassen scheint. Das hat nichts mehr mit den ehernen Absichten der ‘Me Too’-Bewegung und ihren Unterstützern zu tun, sondern ist schlicht und einfach ein Trauerspiel.” (sueddeutsche.de)

3. Legendärer V-Mann – so lief die Recherche
(spiegel.de, David Walden, Video: 6:26)
Der “Spiegel” spricht von Murat Cem als dem “wohl wichtigsten Polizeispitzel der deutschen Kriminalgeschichte”, und das könnte stimmen, wenn man die aktuelle Titelgeschichte des Nachrichtenmagazins zugrunde legt. “VP01” habe viele Jahre für die Polizei gearbeitet und die Behörden frühzeitig vor Anis Amri gewarnt, dem Terroristen, der am Berliner Breitscheidtplatz einen Anschlag beging. Im Video berichten die beteiligten “Spiegel”-Redakteure von ihren Treffen mit dem V-Mann und ihrer Recherche. Es ist ein abenteuerlicher Stoff, aus dem Netflix mühelos mehrere Serien machen könnte.

4. Donald Trump verklagt jetzt auch CNN
(faz.net)
Nachdem das Wahlkampfteam des US-amerikanischen Präsidenten Donald Trump bereits “Washington Post” und “New York Times” verklagt habe, ziehe es nun juristisch gegen den Fernsehsender CNN zu Felde. In der Klageschrift sei von einer “verleumderischen Berichterstattung” die Rede.

5. Warum das Urteil ver­öf­f­ent­licht werden darf
(lto.de, Martin W. Huff & Pia Lorenz)
Der Ehemann der Bundesministerin Franziska Giffey (SPD) wollte die Veröffentlichung eines Urteils verhindern, das ihn wegen Arbeitszeit- und Reisekostenbetrugs aus dem Beamtenverhältnis entfernte. Er blieb damit erfolglos: Das Verwaltungsgericht habe das Urteil veröffentlichen dürfen, so die aktuelle Entscheidung des Gerichts. Martin W. Huff und Pia Lorenz schreiben über die Hintergründe der Causa Giffey und erläutern, wie es zu dem Urteil kam.

6. Ich liebe TikTok, und ich werde mich nicht dafür entschuldigen
(uebermedien.de, Gabriel Yoran)
Gabriel Yoran erklärt in seiner Glosse anhand einiger praktischer Beispiele, warum er die chinesische Video-App TikTok so liebe: “Ich kann problemlos stundenlang TikTok gucken, und ich werde mich nicht dafür entschuldigen.”

Peter Steudtner, Bullshit von “Burda”, Sean Penn in Angst

1. “Ein Sieg für uns alle”
(spiegel.de, Maximilian Popp)
Der Berliner Menschenrechtler Peter Steudtner, der mehr als 100 Tage in der Türkei in Untersuchungshaft saß, darf völlig überraschend das Gefängnis verlassen. Der gerade erst gestartete Prozeß gegen ihn und neun seiner Kolleginnen und Kollegen geht zwar weiter, Steudtner darf allerdings zurück nach Deutschland reisen — und will das auch möglichst schnell tun. Sein Anwalt Murat Deha Boduroglu hofft nun, dass sich die Entscheidung positiv auf andere Verfahren auswirkt, auch auf die gegen die Journalistin Mesale Tolu und den Journalisten Deniz Yücel.

2. Burdas Bullshit
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Bei den “Medientagen München” fragt Moderator Klaas Heufer-Umlauf den “Burda”-Vorstand Philipp Welte, ob er und sein Verlag nicht “‘einen Wettbewerbs-Vorteil zum Thema alternative facts'” hätten, schließlich sei “Burda” ja im Yellow-Press-Bereich aktiv. Welte, dessen Verlag mit Heften wie “Freizeit Revue” regelmäßig klassische “Fake News” druckt, philosophiert in seiner Antwort über Wirklichkeit und Wahrheit rum und warnt vor der Gefahr von “Fake News”. “Und am Ende bekommt er für seine verlogene Sonntagsrede auch noch Applaus, anstatt aus dem Saal gelacht zu werden”, kommentiert Stefan Niggemeier.

3. Bei Fake News sind die Schulen hilflos
(de.ejo-online.eu, Stephan Russ-Mohl)
Stephan Russ-Mohl über eine Studie zur “Nachrichtenkompetenz an Schulen”: “Spannend und verstörend ist nicht zuletzt, dass nur drei Prozent der Lehrpläne Aussagen zu den sozialen Netzwerken enthalten: Facebook und Twitter sind also als Nachrichtenmedien in den Unterrichtsvorgaben derzeit noch inexistent.”

4. Wie YouTube die Jugendkultur revolutioniert
(ndr.de, Sebastian Meineck, Audio, 28:35 Minuten)
“Wer die Jugendkultur von heute verstehen will, muss YouTube verstehen”, sagt eine Stimme, noch bevor das Radiofeature von Sebastian Meineck losgeht. Er hat mit aktuellen und ehemaligen Youtubern gesprochen, mit Youtube-Kritikern und Youtube-Werbe-Experten. Anhören und zumindest etwas “die Jugendkultur von heute verstehen”.

5. Sean Penn fürchtet um sein Leben – wegen einer Doku
(sueddeutsche.de, Jürgen Schmieder)
Eigentlich sei die dreiteilige “Netflix”-Dokumentation “The Day I Met El Chapo” ein “unfassbar ödes und unfassbar selbstverliebtes Selbstporträt” von Schauspielerin Kate del Castillo, schreibt Jürgen Schmieder. Durch die Rolle, die Schauspieler Sean Penn in der Doku abbekommt, wird es allerdings doch ganz interessant. Denn Penn fürchtet nun, dass der Dreiteiler vermitteln könnte, er sei an der Verhaftung von Drogenboss “El Chapo” aktiv beteiligt gewesen. Sein Anwalt hat die “Netflix”-Bosse auf jeden Fall schon mal gewarnt, dass Blut an ihren Händen kleben werde, “‘sollte dieser Film zu körperlichem Unheil führen.'”

6. Wenn Rechte als Helden auftreten
(taz.de, Silke Burmester)
In der “Tatort”-Folge “Auge um Auge”, die am 12. November im Fernsehen zu sehen sein wird, für Journalisten aber schon vorab abrufbar war, treten in einer Szene fünf Männer als heldenhafte Retter auf. Aufnäher auf ihren Jacken lassen sie ziemlich eindeutig der rechten Szene zuordnen. Rechtsextreme als Helden? “Wie konnte das durchrutschen?”, hat Silke Burmester beim verantwortlichen MDR nachgefragt und eine interessante Antwort bekommen. Bis zur Ausstrahlung der “Tatort”-Folge sollen die Aufnäher übrigens noch digital verschwinden.

Scheidenpilz, Ronja Von Rönne, Walter Scott

1. “Boykott am Kiosk”
(deutschlandfunk.de, Murat Koyuncu)
Murat Koyuncu holt Statements ein zum “Bild”-Boykott einiger Zeitungsverkäufer.

2. “Die stärkste Zeitung der Schweiz und Sexismus”
(flugangstweb.wordpress.com, Anne-Sophie Keller)
Anne-Sophie Keller schreibt einen offenen Brief an Blick.ch-Chefredaktor Rüdi Steiner und Blick.ch-People-Ressortchef Dominik Hug: “Ich finde nicht, dass ein Scheidenpilz Bestandteil des öffentlichen Interesse ist.”

3. “Aufräumen nach dem Shitstorm, 1. Teil”
(fembio.org, Luise F. Pusch)
Durch die Übernahme ihrer Kolumne auf Emma.de wird Luise F. Pusch für Sätze kritisiert, die sie gar nicht geschrieben hatte: “Fünf Sätze, die nicht von mir sind, mir aber im Shitstorm und in den Medien dauernd vorgeworfen wurden.”

4. “I dont even know what to say”
(facebook.com/rroenne)
“Welt”-Journalistin Ronja Von Rönne befasst sich mit einer Kritik (Nachtrag) auf ihren Text “Warum mich der Feminismus anekelt”.

5. “Should You Watch the Video?”
(newyorker.com, Philip Gourevitch, englisch)
Sollte man sich das Video, das die Schüsse auf Walter Scott zeigt, ansehen? “This is uncharted territory, and it is not insignificant that Walter Scott’s family has expressed gratitude that the video exists. So we are, to some degree, our own editors when we choose to click or not.”

6. “Big Jack und die Ja!-Quark-Lady”
(schnipselfriedhof.de, Volker Strübing)
Volker Strübing schreibt über arme Menschen: “Meinen ersten Bettler sah ich live als ich 18 war, am 10.11.1989 bei meinem zweiten Besuch in Westberlin und ich war geschockt, obwohl ich natürlich wusste, dass es sie gab. Heute gehe ich jeden Tag an was weiß ich wievielen vorbei und muss mich zusammenreißen, um nicht aufzustöhnen und mit den Augen zu rollen, wenn der dritte Motzverkäufer in die S-Bahn steigt. Das Elend nutzt sich ja auch irgendwann ab, und überhaupt, ich habs weiß Gott auch nicht leicht und dann sind da ja auch noch die sprichwörtlichen Kinder in Afrika, die froh wären, wenn sie sich mit ein paar leeren Flaschen so einen schönen Ja!-Quark verdienen könnten.”

BILDblog hält Winterschlaf (3)

Gerade wollten wir uns – wie üblich – über die Feiertage in einen energetischen Sparzustand (Topor) versetzen, da erreichte uns folgende Nachricht:

Nun ja. Wie die von uns gewählte Aufmachung vielleicht schon vermuten lässt, stimmt das zwar nicht wirklich. Aber erstaunlich ist es schon, was die legendäre Satirezeitschrift “Pardon” da im August 1970 für einen 12-seitigen “Sonderdruck” angestellt hatte! Nämlich quasi dasselbe, was auch wir knapp 40 Jahre später ebenfalls versuchen: die kleinen Merkwürdigkeiten und das große Schlimme in einer großen deutschen Boulevardzeitung öffentlich zu machen. Oder, um es mit “Pardon” zu sagen:

Also: Wenn Sie schon Springers BILD lesen – jeder macht mal was Dummes – dann ärgern Sie sich nicht hinterher und sagen: “Sowieso alles erstunken und erlogen!”, sondern schauen Sich doch mal genauer hin! Vielleicht finden Sie ja etwas Wahres. (…)

Aber Vorsicht! Übernehmen Sie sich nicht!

Anlass für den “PARDON-Lesewettbewerb” war offenbar folgende Aussage des ehemaligen “Spiegel”-Redakteurs und damaligen Regierungssprecher Conrad Ahlers vom Februar 1970:

Die Springer-Zeitungen – die “Bild”-Zeltung allen voran – sind heute das, was man Kampfpresse nennt. Es ist eine Presse, die Nachrichten verfälscht und die eine Art von Polemik betreibt, die nach meinem Eindruck mit dem, was wir in Artikel 5 unter der Meinungsfreiheit im demokratischen Staat verstehen, kaum noch zu vereinbaren ist.

Dass Ahlers wiederum zwei Monate später … Ach, was! Das würd’ jetzt echt zu weit führen. “Pardon” jedenfalls schrieb vor fast 40 Jahren wegen Ahlers:

Zugegeben, es sieht nicht mehr originell aus, die BILD-Zeitung der Nachrichtenverfälschung zu beschuldigen.

(…) Dennoch sind die oft banal-dummen BILD-Lügen von entscheidender Wichtigkeit. Zum einen natürlich, weil sie gerade die Art von Meldungen darstellen, von denen diese Zeitung lebt. Zum anderen, weil sie ein Methode dokumentieren, nach der zu arbeiten bisher erbittert – und mit Erfolg – abgestritten worden ist.

Denn (…) BILD hat kaum einen Hehl daraus gemacht, in der Nachrichtenauswahl ausschließlich BILD-Interessen in den Vordergrund zu stellen. Nur eines behauptet diese Zeitung noch immer mit Vehemenz: Daß zumindest die Nachrichten, die von ihr veröffentlicht werden, den Tatsachen entsprechen.

Und anschließend erbrachte das Satireblatt dann den Beweis des Gegenteils: ein halbes Dutzend “Nachweise von BILD-Lügen”, die (auch das stand damals in “Pardon”) “mehr als die Richtigstellung möglicherweise nicht sehr wichtiger Meldungen” sind:

Sie sind Modellfälle für Fälschungen, die sich beliebig auf den politischen Rahmen übertragen lassen, weil sie das letzte journalistische Credo, das BILD noch zu bieten versucht, außer Kraft setzen.

Nun ja… In welchem Maße die “Pardon”-Macher mit ihrer “Modellfälle”-Behauptung Recht behalten sollten, wissen wir vielleicht erst heute.

Und weil wir selbst bislang nichts wussten von diesem BILDblog-Vorläufer, machen wir diesmal aus unseren Winterschlaf ein Nickerchen – und dokumentieren hier ab morgen jeden Tag eine der “BILD-Lügen” von damals im “Pardon”-O-Ton.

P.S.: Aufmerksam gemacht auf diesen BILDblog-Vorläufer hat uns übrigens kürzlich Gerhard Kromschröder, damals selbst als “Pardon”-Redakteur an dem “Sonderdruck” beteiligt. Wir danken ihm herzlich – auch dafür, dass wir das alles einfach mal nachdrucken dürfen!
 
Und natürlich danken wir für die sachdienlichen Hinweise des Jahres 2008 auch A.J., A.T., A.W., Adam L., Adrian C., Alexander, Alexander B., Alexander D., Alexander F., Alexander H., Alexander K., Alexander T., Alexander W., Alexander Z., Alfons S., Alice, Andeas K., Andre L., Andre M., Andreas, Andreas B., Andreas F., Andreas H., Andreas K., Andreas M., Andreas R., Andreas S., Andy, Anke, Annette Z., Annika, Arndt P., Arne B., Arne K., Arne V., Axel F., Axel K., Axel L., B.H., B.S., Balin, Bastian D., Bastian P., Ben, Bene F., Benedikt G., Benjamin B., Benjamin H., Benni K., Benno K., Bernd K., Bernd V., Berthold, Bgd, Björn G., Björn L., Björn M., Björn P., Boerries K., Boris H., Branko F., Bruno B., Carsten F., Carsten K., Carsten P., Carsten W., Casey J., Chris, Chris B., Christian, Christian E., Christian H., Christian K., Christian L., Christian R., Christian S., Christian W., Christian Z., Christoph, Christoph A., Christoph C., Christoph G., Christoph H., Christoph K., Christoph S., Christoph von G., Christopher, Claudius L., Claudius R., Daniel, Daniel D., Daniel E., Daniel F., Daniel J., Daniel K., Daniel N., Daniel R., Daniel W., Daniela L., Daniele, David A., David D., David K., Denis K., Dennis, Dennis S., Denny W., Derossi, Desponia, Dieter S., Diggernansy, Dirk, Dirk B., Dirk H., Dirk S., Dirty Harry, Dominic G., Dominic I., Dominik M., Eagleeye, Ekkart K., Ekkehard V., Eko, Ellen L., Eric H., Erich D., Esther T., Eugen, F.S., F.W.H., Fabian , Fackelmann, Falk F., Falk R., Felix, Felix F., Fish000r, FKTozz, Flo F., Florian, Florian A., Florian C., Florian E., Florian R., Florian S., Florian Z., Frank, Frank E., Frank G., Frank L., Frank M., Frank N., Frank T., Frauke M., Frederic S., Friedrich E., Gabi, Gambit, Gecko78, Georg, Georg H., Gerald S., Gerd S., Gerhard M., Gerion H., Gerold, Gerrit C., Gesine G., Gila M., Gilbert S., Gingi, Götz N., Gowinda G., Gregor G., Gustav, Gustav L., H.-D., Hagen M., Haitol Seth, Han Delong, Hannes M., Hanno L., Hanns K., Hauke H., Heiko, Heiko F., Heiko R., Heiko S., Heiko Z., Heinz B., Heinz-Gerd R., Helge J.G., Hendic, Hendric S., Henning K., Henning S., Henry W., Herbert F., Heribert, HerrSalami, Hoi Polloi, Holger, Holger K., Holger P., Holger S., Holger W., Horst E., Hubert S., Ilo, Ina L., Inga J., Ingo W. H., Irene, Ivo B., ix, Jacob, Jadawin, Jan, Jan B., Jan D., Jan E., Jan F., Jan K., Jan Marco S., Jan W., Jan-Dirk S., Jan-Henning S., Janis S., Jannick S., Jason, Jason M., Jens, Jens B., Jens D., Jens G., Jens J., Jens K., Jens L., Jens N., Jens T., Jens V., Jens W., Jerome H., Jings, JMM, Joachim, Joachim W., Jochen S., Joerg G., Joern T., Johannes B., Johannes K., Jonas D., Jonas G., Jonas I., Jörg F., Jörg H., Jose-Antonio G., Josef D., Judith S., Julian P., Jürgen G., Jürgen K., Jürgen L., Kai B., Kai D., Kai Z., Karim A., Katharina P., Kathrin B., Katrin E., Kauf, Kermit, Kerstin, Kim D.S., King K., Kirstin M., Klaus, Konni, Konstantin, Konstantin M., Kr51-2, Lars H., Lars K., Lars M., Lasse P., Lennart F., Lennart S., Leo, Leon B., Linus K., Lorenz S., Lothar S., Lothar W., Ludwig H., Lukas B., Lukas H., Lukas R., Lukas S., Lutz A., Lutz K., M.M., M.P., Maik, Maik L., Malte, Malte L., Mandy, Manfred L., Manu B., Manuel, Manuel B., Manuel G., Manuel L., Map, Map, Marc A., Marc B., Marc D., Marc L., Marcel B., Marcel E., Marcel G., Marcel H., Marcel M., Marcel W., Marco F., Marco P., Marcus H., Maren, Mario G., Markus, Markus, Markus F., Markus H., Markus S., Markus W., Marlon K., Maro, Martin, Martin A., Martin B., Martin F., Martin G., Martin K., Martin L., Martin M., Martin N., Martin S., Marvin, Marvin S., Mathias, Mathias B., Mathias N., Matthias B., Matthias K., Matthias L., Matthias S., Matthias von S., Matthias W., Max M., Max S., Meik J., Micha, Micha Z., Michael B., Michael D., Michael F., Michael H., Michael K., Michael L., Michael M., Michael P., Michael R., Michael S., Michael Z., Mick, Mike S., Monika, Moritz E., Moritz S., Murat B., Mustafa, Mutlu Y, N., Nat, Nicky S., Nico D., Nico van G., Nico W., Nicolas G., Niels D., Niklas P., Niklas V., Nils, Nils F., Nils-Christian C., Nina S., Nogger, Noir, Norbert, Norbert P., Olaf, Olaf K., Olaf N., Olaf S., Olaf T., Oliver D., Oliver H., Oliver K., Oliver M., Oliver O., Oliver S., Pascal J., Patrick B., Patrick G., Pawel S., Peer S., Pekka R., Pelzer, Peter, Peter K., Peter M., Peter R., Peter S., Phil, Philet, Philip H., Philip M., Philipp A., Philipp S., Philipp W., Phillipp S., Pierre, Piet W., R.B., Rainer G., Rainer S., Ralf B., Ralf D., Ralf H.K., Ralf M., Ralph A., Reiner, Rene G., Rene K., Rene R., Renke B., Robert, Robert H., Robin D., Roland, Roland R., Roland S., Roman, Sabine B., Sabine R., Sarah K., Sascha, Sascha K., Sascha P., Sascha S., Sebastian D., Sebastian F., Sebastian G. und seiner Freundin, Sebastian H., Sebastian M., Sebastian P., Sebastian T., Sebastian W., Sedat P., Silvio G., Simon P., Simon S., Simon W., Simone G., Simone K., Stefan B., Stefan F., Stefan H., Stefan J., Stefan K., Stefan P., Stefan R., Stefan W., Stefanie, Steffen, Steffen B., Steffen H., Steffen K., Steffen U., Stephan B., Stephan L., Sven, Sven D., Sven G., Sven J., Sven P., Sven Z., Tanja K., Thomaas D., Thomas, Thomas B., Thomas L., Thomas P., Thomas S., Thomas W., Thori, Thorsten D., Thorsten F., Thorsten M., Tim, Tim H., Tim R., Timm S., Timo B., Timo G., Tina B., Tobi R., Tobias, Tobias D., Tobias L., Tobias R., Tobias S., Tobias V., Tobito, Tom, Tomchen, Torben A., Torsten B, Torsten D., Torsten K., Torsten R., Torsten S., Torsten W., Udo, Udo G., Ulf, Ulf H., Ulrike, Uwe S., Valentin L., Veet, Veit, Vengo, Verena D., Virgile D., Volker B., Volker K., Volkmar D., W.S., Waldemar K., Walter K., Werner W., Willi, Wolfgang A., Wolfgang S., Yasemin Y., Yme S. – und allen anderen, auch den vielen, deren sachdienliche Hinweise wir nicht berücksichtigen konnten!

“Bild” zeigt irgendetwas exklusiv

“Bild” druckt heute exklusiv ein Foto, das zeigen soll, wie die Leiche des Berliner Tierpflegers Thomas Dörflein, eingehüllt “in einen grauen Plastiksack”, von zwei Mitarbeitern der Gerichtsmedizin abtransportiert wird:

Ralph Große-Bley, “Bild”-Redaktionsleiter Neue Bundesländer, stört an diesem Foto (wie er heute in der Blattkritik der “Bild”-Zeitung sagte), dass in der Bundesausgabe der Zeitung nicht dabei steht, dass “der erste Bestatter, der vorne läuft, die Stiefel von Dörflein in der Hand hält”.

Interessante Kritik. Wir hingegen haben Zweifel, ob das Foto überhaupt das zeigt, was “Bild” behauptet. BILDblog-Leser Moritz M. schreibt uns nämlich, dass auf dem Foto womöglich nur zwei Sanitäter zu sehen seien und auf ihrer Liege “(höchstens) ein bisschen Gerät, eingepackt in eine Vakuummatratze”.

Wir sind für sowas keine Experten, halten das aber für nicht unplausibel. Weil die Berliner Behörden uns leider nicht weiterhelfen konnten, aber unsere Leser alles wissen, fragen wir Sie:

Wer kennt sich aus und klärt uns auf?

Nachtrag, 24.9.2008: Eindeutig beantworten können wir die Frage leider auch nach den vielen sachdienlichen Hinweisen nicht: Rettungssanitäter transportieren offenbar keine Leichen; Bestatter tragen aber wohl auch mal Hosen mit Reflektorstreifen, benutzen solche Ferno-Fahrgestelle und Leichenhüllen mit sackförmiger Ausprägung am Fußende. Es bleibt am Ende also nicht unwahrscheinlich, dass auf dem “Bild”-Foto tatsächlich das zu sehen ist, was “Bild” behauptet.

Mit Dank an Claudius R., Dominik M., Maro, David A., Andreas H., Hagen M., Michael D., Inga J., Arne K., Christian K., Holger K., Michael S., Frauke M., Nils-Christian C., Dirk B. Florian S., Silvio G., Thomas L., Moritz E., W.S., Kim D. S., Fabian, Timo G., Marc D., Murat B., Philip H., Nicolas G., Nils F., Florian S., kr51-2, Björn M., Simon S., Janis S., Veit, Alexander Z., Marcel B., Lukas R., Marco P., Kerstin, Helge J. G., Norbert, Matthias S., F.W.H., Michael P., Martin G., Stefan H., Ina L., Holger, Michael M., Michael B., Jens G., Henning S., Roland R., Michael K., Martin G., Björn L., Nico van G., Hanno L., Martin B., Lennart S., Niklas P., Thomas B. und Tom vom Bestatterweblog.

  

Presseratsrügen für “Bild” 2006

“Bild” macht aus Tätern Türken
Verstoß gegen Ziffer 12 (BK2-147/06)

“Bild” berichtet, dass zwei Männer, die einen Mord begangen haben sollen, festgenommen wurden und nennt sie “Murat G.” und “Nasir L.”. In Wahrheit handelt es sich allerdings um Deutsche, sogar ohne sogenannten Migrationshintergrund und mit typisch deutschen Namen. Die Zeitung hat nicht nur, ohne darauf hinzuweisen, die Namen der “Mörder” geändert, sondern auch ihre scheinbare Herkunft. Ein Leser beschwert sich beim Presserat, dass dadurch Vorurteile bedient und geschürt würden.

Die Rechtsabteilung von Axel Springer bestreitet, dass durch die Namensänderung Stimmung gegen türkische Mitbürger gemacht worden sei. Sie weist darauf hin, dass die Polizei ursprünglich nach “Tätern südländischer Herkunft” gesucht habe. Die Redaktion habe vergeblich versucht, am Tag vor der Meldung die tatsächlichen Namen der Täter in Erfahrung zu bringen. (Anmerkung von uns: Gelungen war es ihr allerdings offenbar, Details über das Privatleben des Haupttäters zu recherchieren, siehe Ausriss.) Der Zusatz “Name geändert” habe versehentlich gefehlt, erklärte die Rechtsabteilung. Schon am nächsten Tag habe man die korrekten Vornamen benutzt.

Der Presserat meint, dass “Bild” auch ohne Namensnennung über die Verhaftung hätte berichten können. Dadurch, dass ohne erkennbaren Grund türkische Namen benutzt wurden, könnten Vorurteile geschürt werden. Den Hinweis, es habe nur der Zusatz “Name geändert” gefehlt, erkennt der Presserat nicht an. Er bemängelt außerdem, dass “Bild” zwar später die korrekten Namen genannt, aber die Leser nicht auf die irreführenden Phantasienamen im ersten Bericht hingewiesen habe. (Öffentliche Rüge)

(Siehe BILDblog-Eintrag “Der Mörder ist immer der Türke”.)

* * *

“Bild” missachtet Rechte von Lawinenopfern
Verstoß gegen Ziffer 8 (BK1-144/06)

“Bild” berichtet über ein Lawinenunglück und titelt: “Todesdrama in den Alpen – Dieser Chefarzt aus … sah seine Freunde sterben”. “Bild” zeigt Portraitfotos von den drei Todesopfern. Ein Foto vom einzigen Überlebenden macht “Bild” durch einen Balken nur unzureichend unkenntlich, veröffentlicht es ohne seine Einwilligung und macht ihn durch die Angabe vieler Details unter anderem über seinen Beruf und seine Arbeitsstätte identifizierbar.

Die Rechtsabteilung von Axel Springer bestreitet, dass die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen verletzt wurden. Sie rechtfertigt die Berichterstattung damit, dass die Öffentlichkeit über Lawinenunglücke bei Skitouren informiert werden müsse. Um die Leser betroffen zu machen und eine warnende Wirkung zu erzielen, habe man den Artikel personalisieren müssen.

Der Presserat widerspricht: “Bild” habe das Gebot, das Privatleben des Menschen zu achten, verletzt. Die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen seien wichtiger als das öffentliche Interesse daran, die Opfer identifizieren zu können. Das Unglück mache die Opfer nicht zu Personen der Zeitgeschichte. (Öffentliche Rüge)

* * *

“Bild” schlachtet Selbstmord aus
Verstoß gegen Ziffer 8 (BK1-206/06)

“Mietschulden – Als die Gerichtsvollzieherin klingelte, sprang sie in den Tod”, titelt “Bild” und berichtet minutiös über einen Suizid einer Mutter, zeigt ein großes Foto von ihr und dem Haus, von dem sie in den Tod sprang und vor dem ihre abgedeckte Leiche liegt, schildert ihre Lebensumstände und spekuliert ausführlich über das Motiv für die Tat.

Nach Ansicht der Springer-Rechtsabteilung hat die Selbstmörderin durch ihr Verhalten eine identifizierende Berichterstattung geradezu provoziert. Die Drohung, sich in die Tiefe zu stürzen, habe großes Aufsehen erregt; Feuerwehrleute hätten versucht, sie davon abzuhalten. Deshalb habe es sich um einen “Vorfall der Zeitgeschichte” gehandelt, der es rechtfertige, die üblicherweise nötige Zurückhaltung bei der Berichterstattung aufzugeben.

Der Presserat widerspricht. “Bild” habe die Persönlichkeitsrechte der Frau verletzt. Auch ein Suizid, der unter den Augen der Öffentlichkeit begangen wird, rechtfertige noch nicht per se, den Namen der Betroffenen zu nennen und die näheren Begleitumstände zu schildern. (Öffentliche Rüge)

(Siehe BILDblog-Eintrag “Hinten, klein, unten, spät (2)”.)

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“Bild” lässt Schulklasse dumm aussehen
Verstoß gegen Ziffern 2 und 8 (BK2-252/05)

“Bild” illustriert einen großen Bericht “Pisa-Schock – So dumm sind unsere Kinder” mit dem Foto einer Grundschulklasse und ihrer Lehrerin. Die Zeitung hatte das Foto bereits 2002 veröffentlicht, damals im Zusammenhang mit einer Spendenaktion zum Weltkindertag. Der Elternbeirat der Schule beschwert sich: Die Zeitung habe weder die Kinder oder ihre Eltern noch die Lehrerin um Erlaubnis gefragt. Bereits für die Veröffentlichung 2002 habe “Bild” das Foto zweckentfremdet und ohne Genehmigung abgedruckt.

Die “Bild”-Rechtsabteilung räumt ein, dass die Redaktion es versäumt habe, das Einverständnis von Eltern und Schule einzuholen. Man habe die abgebildeten Schüler nicht als “dumm” bezeichnen wollen und versucht, sich beim Elternbeirat zu entschuldigen.

Der Presserat rügt “Bild”, weil der wiederholte Abdruck des Fotos sinnentstellend sei und gegen das Gebot der journalistischen Sorgfaltspflicht verstoße. Der “Bild”-Leser müsse glauben, die abgebildeten Kinder seien dumm. Ihre Persönlichkeitsrechte wurden so schwerwiegend verletzt, dass auch eine Entschuldigung der “Bild”-Redaktion nicht ausreiche. (Öffentliche Rüge)

* * *

“Bild” stellt Kind an den Pranger
Verstoß gegen Ziffer 8 (BK2-236/06)

Beim Versuch, eine Schulhofrangelei zu schlichten, wird eine Lehrerin von einem zwölfjährigen Jungen durch einen Faustschlag verletzt. “Bild” titelt: “Schüler (12) prügelt Lehrerin in Klinik” und zeigt mehrmals ein Foto des Jungen, darunter groß auf der Titelseite.

Die “Bild”-Rechtsabteilung erklärt, die Eltern des Kindes hätten der Veröffentlichung des Fotos schriftlich zugestimmt.

Nach dem Urteil des Presserates hat “Bild” das Persönlichkeitsrecht des Schülers verletzt: Es sei unzulässig, ihn unverpixelt zu zeigen. Die Zustimmung der Eltern sei unerheblich: Die “Bild”-Redaktion hätte die Verantwortung gehabt, das Kind zu seinem Schutz trotzdem unkenntlich zu machen. Der Rat verweist darauf, dass laut Pressekodex die Abbildung von mutmaßlichen Tätern in der Regel nicht gerechtfertigt sei; bei Straftaten Jugendlicher gelte dies ganz besonders. (Nicht-öffentliche Rüge)

(Siehe BILDblog-Eintrag “‘Bild’ gerügt, gerügt, gerügt und gerügt”.)

* * *

“Bild” zeigt Mutter, die ihr Kind getötet haben soll
Verstoß gegen Ziffer 8 (BK2-156/06)

Eine 23-jährige Mutter soll ihr neugeborenes Kind getötet, in eine Plastiktüte gesteckt und in den Müll geworfen haben. “Bild” zeigt unter der Überschrift “Sie hat ihr Baby erstickt und einfach weggeworfen” ein unverpixeltes Foto von der Frau mit gesenktem Kopf und geschlossenen Augen.

Die Rechtsabteilung von “Bild” sagt, erstens dürfe man laut Presserat in eindeutigen Fällen identifizierbar berichten (und die Frau sei geständig und aufgrund einer DNA-Analyse überführt). Und zweitens sei die Frau wegen des gesenkten Blickes und eines Haarbandes gar nicht zu identifizieren.

Der Presserat widerspricht in jeder Hinsicht: Das Gesicht sei gut erkennbar. Und die Identifizierbarkeit sei in der Regel unzulässig; konkret habe der Presserat sie in vergleichbaren Fällen verboten. Auch das Geständnis der Frau ändere daran nichts. (Nicht-öffentliche Rüge)

* * *

“Bild” macht Demonstranten zum Attentäter
Verstoß gegen Ziffern 2 und 13 (BK2-257/05)

“Bild” fordert in mehreren Artikeln die Ausweisung eines Türken aus Deutschland, den die Zeitung immer wieder als “Attentäter” und “Verbrecher” bezeichnet: “Schiebt diesen Verbrecher ab!”, “Schnarch-Justiz! Wird Attentäter heute verhaftet?”, “Justiz-Skandal! Attentäter nicht ausgewiesen” – mehrmals berichtet ein Boulevardblatt über den türkischen Beschwerdeführer, der immer wieder als “Attentäter” und “Verbrecher” bezeichnet wird. Der Mann hat 1993 an einer Demonstratoin teilgenommen, die mit einem Brandanschlag endete, der 37 Menschen tötete. “Bild” zeigt ein Foto von ihm mit einem schwarzen Balken vor den Augen, stellt ihn als Tatbeteiligten dar und berichtet, er sei 1993 zu siebeneinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden. Der Anwalt des Betroffenen beschwert sich beim Presserat. Sein Mandant sei nie Täter bei einem versuchten Brandstiftungs- oder Tötungsdelikt gewesen und als solcher auch nie angeklagt oder verurteilt worden. Verurteilt worden sei er nur wegen Beteiligung an der versuchten Veränderung der Gesellschaftsordnung in der Türkei – dieses Verfahren sei noch nicht endgültig abgeschlossen.

Die Rechtsabteilung von “Bild” bestreitet, den Mann vorverurteilt zu haben. Nach ihm werde international gefahndet; ein Auslieferungshaftbefehl liege vor. Bei dem Fall handle es sich um ein zeitgeschichtliches Ereignis von hohem Aufmerksamkeitswert und gesellschaftspolitischer Bedeutung. Die Pressefreiheit erlaube es “Bild”, innerhalb gewisser Grenzen zu entscheiden, was eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse sei.

Nach dem Urteil des Presserates hat “Bild” wahrheitwidrig berichtet. Die Berichte hätten Gerüchte als Tatsachen dargestellt und Vorurteile enthalten. Es gebe weder sichere Fakten, noch Indizien, wonach der Türke an dem Anschlag beteiligt war. Der Begriff “Attentäter” bezeichne Straftäter, die aufgrund einer besonderen, oft politischen Motivation, neben ihrem eigenen auch andere Menschenleben aufs Spiel setzen. Bei dem Mann, den “Bild” fortwährend so nannte, könne man aber weder von einer solchen Tat, noch von entsprechenden Motiven ausgehen. “Bild” habe die Gerüchte weder sorgfältig genug geprüft noch als solche kenntlich gemacht, und ihn in einem laufenden Verfahren vor deutschen Behörden vorverurteilt. (Öffentliche Rüge)

* * *

“Bild” zeigt zehnjähriges Todesopfer gegen den Willen der Eltern
Verstoß gegen Ziffer 8(BK2-93 und 94/06)

Als bei einem Attentat in Ägypten ein zehnjähriger deutscher Junge ums Leben kommt, zeigt “Bild” ihn groß im Inneren und auf der Titelseite (Überschrift: “Dieser Junge starb in der Terror-Hölle”). Die Zeitung hatte keine Einwilligung der Eltern, das Foto zu zeigen, außerdem gibt es Zeugenaussagen, wonach sich der “Bild”-Fotograf das Foto unter Vortäuschung falscher Tatsachen erschlich. Unter anderem habe er sich auch bei Mitschülern des Kindes erkundigt.

Die Rechtsabteilung der Axel Springer AG erklärt, sie gehe davon aus, dass der Mitarbeiter ordnungsgemäß und sorgfältig recherchiert habe. Er habe auf Nachfrage erklärt, sich nicht als Mitarbeiter anderer Zeitungen ausgegeben. Die Juristen weisen darauf hin, dass sie gegenüber dem Vater des Jungen eine Unterlassungserklärung abgegeben habe – ohne eine Rechtspflicht anzuerkennen.

Der Presserat rügt “Bild”: In der Regel sei es nicht gerechtfertigt, Opfer von Unglücksfällen abzubilden. Es habe kein öffentliches Interesse gegeben, das das Persönlichkeitsrecht des getöteten Kindes überlagert hätte. Zudem fehlte offensichtlich die Einwilligung der Eltern. Ob “Bild” das Foto mit unlauteren Methoden beschafft hat, kann der Presserat nicht klären und stellt das Verfahren in diesem Punkt ein. (Öffentliche Rüge)

(Siehe BILDblog-Einträge “‘Bild’ benutzt Kinder für Recherchen” [1], [2], [3])

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“Bild” bildet Opfer einer Familientragödie ab
Verstoß gegen Ziffer 8 (BK2-166/06)

“Bild” berichtet über eine Familientragödie, bei der ein Mann seine Frau und einen Sohn erschießt, bevor er sich selbst tötet; ein weiterer Sohn überlebt. “Landarzt erschießt seine Familie”, schreibt “Bild” und zeigt die Fotos aller Familienmitglieder; nur der überlebende Sohn ist verpixelt. Mit großer Detailfreude kolportiert “Bild” auch Gerüchte über die Hintergründe der Tat: “Im Dorf munkelt man außerdem, dass der Landarzt schon seit über einem Jahr im Keller schlief. Zudem soll er Alkoholprobleme gehabt haben.”

Die “Bild”-Chefredaktion nennt die von ihr veröffentlichten Fotos zeitgeschichtliche Dokumente und den Täter aufgrund seines Berufes eine Person von herausragender öffentlicher Funktion und gesellschaftlicher Stellung. Durch die Bedeutung des Landarztes sei es erlaubt, ihn und die von ihm getöteten Familienmitglieder abzubilden.

Keineswegs, urteilt der Presserat und verweist auf die Forderung des Pressekodex, bei Suiziden nur zurückhaltend zu berichten. Außerdem mache seine Tätigkeit als Landarzt den Mann noch nicht zu einer Person der Zeitgeschichte und seine Tat nicht zu einem Ereignis der Zeitgeschichte. (Nicht-öffentliche Rüge)

(Siehe BILDblog-Eintrag “‘Bild’ gerügt, gerügt, gerügt und gerügt”.)

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