Archiv für Oktober 27th, 2016

Bild.de schiebt Wladimir Putin ein britisches Kriegsschiff unter

Wenn Russlands Präsident Wladimir Putin irgendwo auf der Welt der Welt präsentiert, was sein Land militärisch so zu bieten hat, leuchtet im Großraumbüro von Bild.de immer eine rote Alarmlampe auf. Und wir finden auch, dass die aktuelle Aufrüstung — auf allen Seiten — einem schon ziemlich Angst einjagen kann. Angsteinjagen ist dann auch wieder genau das Gebiet, auf dem sich Bild.de bestens auskennt, wenn es eben um Wladimir Putin und Russland geht. Gestern meldete das Portal:

Im Text heißt es:

Die Nachricht erschütterte Montagabend Schweden. Zwei russische Kriegsschiffe, die mit Langdistanzraketen ausgerüstet sind und sogar mit Kernwaffen bestückt werden können, fuhren bei Dänemark durch den Großen Belt — direkt Richtung Ostsee und vorbei an der schwedischen Küste.

Sogar Schwedens Verteidigungsminister Peter Hultqvist äußerte sich laut Bild.de zu den beiden russischen Schiffen:

“Wir haben alle Informationen und verfolgen die Entwicklung. Das ist natürlich beunruhigend und trägt nicht zur Entspannung in unserer Region bei. Das betrifft alle Staaten an der Ostsee!”

Im Artikel zeigt Bild.de dann noch einmal dieses riesige graue Schiff mit dem roten Drachen am Bug, das auch schon in die Teaser-Optik zu sehen war:

Unter dem Foto steht:

Eskortiert von der britischen Marine passierten die Kriegsschiffe vor wenigen Tagen den Ärmelkanal

Nun ist auf dem Foto erstmal nur ein Kriegsschiff zu sehen und nicht zwei. Was aber noch viel problematischer ist: Das vermeintliche russische Kriegsschiff, das Bild.de zeigt, wird nicht nur von der britischen Marine eskortiert, es gehört sogar zur britischen Marine. Es handelt sich nämlich um den Zerstörer “HMS Dragon (D35)”, was man an dem roten Drachen und dem Schriftzug “D35” ganz gut erkennen kann. Und dieser Zerstörer gehört zur Royal Navy.

Die zwei russischen Schiffe “Serpuchow” und “Seljony Dol”, die an der schwedischen Küste vorbeifuhren, sind Korvetten und gehören zur sogenannten Bujan-Klasse. Mit ihrer Länge von 62 Metern sind sie deutlich kürzer als die “HMS Dragon”, die 152,4 Meter lang ist. Vielleicht sahen sie einfach nicht bedrohlich genug aus.

Mit Dank an Torben W. für den Hinweis!

So eine Erde kann man schon mal übersehen

Fangen wir für die Mitarbeiter von Bild.de mal ganz weit vorne an: Der Planet, auf dem wir uns befinden, ist die Erde. Die gibt es, sie existiert bereits.

Nun gehen die Menschen nicht besonders gut mir dieser Erde um. Das zeigt — neben vielen anderen Studien — auch der heute erschienene “Living Planet Report 2016” des “World Wide Fund For Nature”, kurz “WWF”. In der Zusammenfassung heißt es unter anderem:

Die Ergebnisse des Reports 2016 sind alarmierend: Die Menschheit verbraucht 60 Prozent mehr, als die Erde bereithält. Setzt sich dieser Verbrauch ungebremst fort, sind 2030 zwei komplette Planeten nötig, um den Bedarf an Nahrung, Wasser und Energie zu decken.

Zwei Planeten beziehungsweise Erden bräuchte man 2030 theoretisch also. Eine davon gibt es bereits. Wie viele neue Planeten bräuchte die Menschheit dann also rechnerisch bis 2030, liebe Bild.de-Mathematiker?

Nein.

Mit Dank an @moethe für den Hinweis!

Mit “Bild mobil” jetzt nicht das Mindeste bekommen

Klar, in den vergangenen zehn Jahren hat sich die Handynutzung deutschland- und weltweit massiv verändert. Deswegen hat Bild.de vor wenigen Tagen einen Test veröffentlicht:

Früher sei entscheidend gewesen, wie viel der Nutzer telefoniere. Heute ginge es stattdessen darum, wie hoch sein Datenverbrauch sei.

Erfreulich für Verbraucher: Die Preise pro Dateneinheit sind stark gesunken.

Das ist ja schon mal gut. Aber wie viele Kilo-/Mega-/Gigabyte brauche ich denn nun?

2006 haben Handy-Kunden wesentlich weniger Daten verbraucht, wenige Megabyte reichten meist aus. Doch für heute selbstverständliche Anwendungen wie Video- und Musikstreaming sind Tarife mit 2 Gigabyte Daten das Mindeste.

Okay, ist notiert: mindestens zwei Gigabyte. Und was bietet mir der “Alles Drin-Tarif” von “Bild mobil”?

Man braucht also nur knapp siebenmal den “Bild mobil”-Tarif, um “das Mindeste” zu bekommen. Klingt nach einem klassischen “Bild”-Angebot.

Mit Dank an Alexander K. für den Hinweis!

Trolle, WELTfremdes Marketing, Genderwörterbuch

1. “Wir müssen Social Media mit Journalismus infiltrieren.”
(facebook.com, Armin Wolf)
Der bekannte österreichische Journalist und Fernsehmoderator Armin Wolf hat auf dem “Mediengipfel” der 30. Münchner Medientage gesprochen. Das vorgegebene Thema seines Vortrags: “Welche Medien wollen wir morgen in unserem Leben?” Auf seiner Facebookseite gibt es den Text zum Nachlesen. Wolf geht auf das derzeit bestehende Nachrichten-Ökosystem ein, unterteilt in E-Journalismus, U-Journalismus und K-Journalismus und macht Vorschläge, was man besser machen kann. Zum Beispiel dort hinzugehen, wo die Leser sind: “Mein Vorschlag wäre trotzdem, dass wir Social Media nützen, um in die Echokammern ihrer Abermillionen Nutzer hineinzubrüllen oder auch hineinzuflüstern, dass es da draußen auch noch was anderes gibt als ulkigen Unsinn und paranoide Propaganda.”

2. Der #Troll im Netz. Eine Besichtigung
(geschichtedergegenwart.ch, Remo Grolimund)
Der Historiker Remo Grolimund hat einen kurzen Abriss der Trollgeschichte verfasst. Ausgehend von den Chatrooms der 90er Jahre bis in die Jetzt-Zeit mit den Social-Media-Biotopen. Natürlich denkt er auch über Taktiken nach, wie man Trollen am besten begegnen sollte: “„Don’t feed the trolls“ ist bei gewissen Trollen sicher das Mittel der Wahl. Andere sollten wir vielleicht besser füttern. Bis sie platzen.”

3. Influencer Marketing, wie man es nicht betreibt am Beispiel Axel Springer Verlag
(indiskretionehrensache.de, Thomas Knüwer)
Die “Welt” betreibt sogenanntes “Influencer Marketing” und hat Blogbetreiber angeschrieben, um über diese “Influencer” ihr kostenpflichtiges Angebot “WELTplus” zu promoten. Dies entbehrt in vielerlei Hinsicht nicht einer gewissen Tragikomik und wurde im Netz schon verschiedentlich kommentiert. (Mario Sixtus dazu auf Facebook: “Wenn der Springer-Verlag einerseits Blogger gewinnen will, auf Ihre WELT zu linken, andererseits Links via Leistungsschutzrecht zu einer gebührenpflichtigen Angelegenheit machen will, wie soll man diese Mail dann werten?”) Thomas Knüwer hat sich die Mühe gemacht und der “Welt” zurückgeschrieben. Und dabei deutliche Worte gefunden.

4. Gott, Glück und Viktor Orbán
(taz.de, Tibor Racz)
Wer sich in Ungarn zukünftig über die Politik im Lande informieren will, wird es noch schwerer haben als in der Vergangenheit. Die größte Oppositionszeitung, die “Népszabadság”, hat den Eigentümer gewechselt und gehört nun einem regierungsfreundlichen Oligarchen. Tibor Racz stellt den neuen Besitzer vor, der in allerlei zweifelhafte Geschäfte verwickelt ist.

5. Geschickt gendern: „Habt ihr da einen an der Klatsche, wisst Ihr überhaupt, was Ihr anrichtet?“
(zebrabutter.net, Johanna Müller & Philipp Müller)
Verfasser von Verwaltungsdokumenten und sonstigen offiziellen Texten werden oft dazu angehalten, gendergerecht bzw. genderneutral zu formulieren. Dies kann zu leseunfreundlichen Wendungen oder umständlichen Paarformen wie “Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter” führen. Johanna Müller hat deshalb auf “geschicktgendern.de” ein Genderwörterbuch mit Vorschlägen für gendergerechte Formulierungen eingerichtet. Sie hat darauf viel positives Feedback erhalten, sieht sich aber auch heftigen Angriffen und Beleidigungen ausgesetzt.

6. Lügenmaschine Trump und die «Lugenpresse»
(medienwoche.ch, Adrian Lobe)
Das Unwort von der “Lügenpresse” hat nun auch die USA erreicht. Dort heißt es “Lugenpresse” und wird von Trump-Anhängern in die Kameras gebrüllt. “Dass Trumps Anhänger nun den Vorwurf der «Lügenpresse» erheben, lässt tief blicken. Es zeigt eine radikale Systemkritik und ideologische Wahlverwandtschaft zwischen den Trumpisten in den USA und den Pegidisten in Deutschland, die lange Zeit beide dasselbe meinten, aber nun zum ersten Mal auch dasselbe aussprechen.”