Archiv für Mai, 2016

Facebook-Falle, Silicon-Valley-Duell, “Hochwatergate”

1. Märtyrer für die einen, Mörder für die anderen
(tagesspiegel.de, Lissy Kaufmann)
Bei der Berichterstattung in den Konfliktgebieten Westjordanland und Gaza gibt es verschiedene Wahrheiten. Die israelische Journalistin Lissy Kaufmann berichtet von der schwierigen Lage in der Region. “Journalisten sind immer Teil des Konflikts zwischen Palästinensern und Israelis in den besetzten Gebieten.”

2. Die Facebook-Falle
(de.ejo-online.eu, Thomas Schmidt)
Facebook kontrolliert maßgebliche Strukturen, Ressourcen und Kanäle der öffentlichen Meinungsbildung, sagt Kommunikationswissenschaftler Thomas Schmidt. Es fehle an Transparenz darüber, wie Grundregeln definiert werden und welche Verzerrungen dadurch entstehen könnten. Facebook verstärke die selektive Wahrnehmung (“Filterblase”). Das Netzwerk verweigere journalistische Verantwortlichkeit und verstecke sich hinter der trügerischen Neutralität der Algorithmen. Damit müsse man sich auseinandersetzen: In der Wissenschaft und im öffentlichen Diskurs.

3. No Varoufake!
(freitag.de, Sebastian Puschner)
Die griechische Medienlandschaft gilt als verkrustet und aussichtslos. 20 Prozent arbeitslose und 30 Prozent unbezahlte Journalisten, monatelange Wartezeiten auf Honorare, Selbstzensur, so beschreibt das Medienprojekt “Athens Live” selbst die derzeitige Situation. Und dennoch will “Athens Live” den Start wagen. Beim Crowdfunding sind zwar nur 23.000 statt der angestrebten 60.000 Euro angekommen, aber man gibt sich wild entschlossen. Auftrieb gab dem 13-köpfigen Team außerdem das vielbeachtete Interview mit dem griechischen Ex-Finanzminister Yanis Varoufakis.

4. Geld vs. Geld
(sueddeutsche.de, Viola Schenz)
Die “Süddeutsche Zeitung” berichtet von einem besonders schillernden Medienfall. Der Rechtsstreit zwischen dem früheren US-Wrestler Hulk Hogan und dem Klatsch-Blog Gawker arte in ein Duell zwischen Silicon-Valley-Milliardären aus: ebay-Gründer vs. Paypal-Gründer.

5. Faulheit kostet Menschenleben
(wetterkanal.kachelmannwetter.com, Jörg Kachelmann)
Jörg Kachelmann kritisiert die Öffentlich-Rechtlichen: Man hätte die Naturkatastrophe mit den durch Regenfälle und Hochwasser bedingten Flutwellen ignoriert. Tote hätten vermieden werden können. Kachelmann begründet seine Kritik, aber es ist viel Wut und Polemik im Spiel. Die ARD hat die Kritik nach einem Bericht des “Spiegel” zurückgewiesen.

6. Diese Sache, die die AfD und Donald Trump gemeinsam haben, wird Dich überraschen
(lampiongarten.wordpress.com, Sebastian Baumer)
Sebastian Baumer fragt sich, warum so häufig über “AfD” und “Trump” berichtet werde. Er glaubt, der Sache auf den Grund gekommen zu sein: “Die AfD und Donald Trump haben eine Sache ganz definitiv gemeinsam: Dich. Dass Du diese beiden Themen zuverlässig klickst und andere Themen nicht. Du bist als begieriger Leser und Weiterverbreiter von Artikeln über die AfD und Donald Trump das wichtigste verbindende Element. Wahrscheinlich hilfst Du damit diesen Leuten auch, auf jeden Fall aber sorgst Du mit Deiner Aufmerksamkeit dafür, dass fortlaufend weiter über sie berichtet wird.”

Glotzer, Die Legenden des Herrn Edathy, alkoholfreie Klassenfahrt

1. Ein Kampf, der Silicon Valley zum Wilden Westen macht
(faz.net, Michael Hanfeld)
Das Junk-Portal “Gawker” hat 2012 einen Ausschnitt aus einem Sex-Video verlinkt, in dem der amerikanische Wrestlingstar Hulk Hogan zu sehen ist. “Gawker” (englisch für “Gaffer, Glotzer, Voyeur”) ist dafür zu einer Schadensersatzsumme von 140 Millionen Dollar verurteilt worden. Möglich wurde der juristische Erfolg durch eine 10-Millionen-Dollar-Geldspritze des Paypal-Gründers Peter Thiel, der auch aus persönlichen Gründen nicht gut auf das Klatschportal zu sprechen ist. Der Gawker-Chef, dessen Unternehmen von der Pleite bedroht ist, hat nun in einem Akt der Vorwärtsverteidigung ein öffentliches Streitgespräch angeboten.

2. Das Michaelsen-Dilemma: Eine Frau sucht ihre Rolle
(dwdl.de, Hans Hoff)
“DWDL”-Kolumnist Hans Hoff hat sich die VOX-Jubelarie über den irrlichternden Xavier Naidoo angeschaut, die von Jeannine Michaelsen mehr bestichwortet als moderiert wurde. Ein Anlass, sich die durchaus erfolgreiche Moderatorin näher anzuschauen: “Wo immer diese Frau nach ihrem Job von der Bühne abtritt, fragt man sich hinterher, ob und was da war. Michaelsen ist eine von diesen Persönlichkeiten, die sich rückstandslos im Mediengesummse auflösen.” Und, so Hoff weiter: “Nicht alle, mit denen man spontan ein Bier trinken würde, sind für den Platz vor der Kamera geeignet. Einen Hauch von Charisma sollte man schon mitbringen.”

3. Von der Vergewaltigung eines Kindes und skrupellosem Provinzjournalismus
(oldenburger-rundschau.de, Jann Gerdes)
Nach einem Vergewaltigungsfall in einer Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete stürzt sich die örtliche Presse auf den Fall. In äußerst unangemessener Weise, wie Jann Gerdes auf “Oldenburger Rundschau” notiert: “Da sowohl der Betroffene als auch der Täter als Geflüchtete nach Oldenburg gekommen waren, witterte die durch einen Hinweis aus der Bevölkerung informierte NWZ eine auflagensteigernde Skandalmeldung und setzte sich kurzerhand über das Schutzbedürfnis des betroffenen Kindes vor einer erneuten Traumatisierung und Stigmatisierung durch eine mediale Aufbereitung hinweg.”

4. Precht denkt, er hat Recht – und irrt!
(theeuropean.de, Hans-Martin Esser)
“Der Begriff des philosophischen Populisten passt auf Precht wie maßgeschneidert.”, so die Kernaussage von Hans-Martin Esser über Richard David Precht, den er auch als “Oberlehrer” und “Gesinnungsethiker” bezeichnet. Precht lade sich in seine Sendungen entweder Fachfremde oder Leute ein, die eh seiner Meinung seien. Der beliebte Bestsellerautor sei “wie ein zweitklassiger Stürmer im Fussball, der dafür sorgt, dass er gegen drittklassige Abwehrspieler antritt.”

5. Kinderporno-Affäre: Die Legenden des Herrn Edathy
(spiegel.de, Ansgar Siemens)
Ansgar Siemens hat in der “SZ” den aktuellen Beitrag über den vor zwei Jahren über die Kinderporno-Affäre gestürzten SPD-Politiker Sebastian Edathy gelesen, der inhaltlich wie auch von der Aufmachung her als Akt der Reinwaschung verstanden werden könne. Edathy versuche sich als Opfer zu stilisieren und verharmlose Thema und Beteiligung. Siemens in seiner Schlussanalyse: “Fest steht: Tauschen möchte wohl niemand mit Edathy. Seine Lage ist tragisch. Wer ihn beleidigt oder gar mit dem Tode bedroht, muss dafür bestraft werden. Solange er aber zu einer ehrlichen Aufarbeitung der Affäre nicht bereit ist, fällt es schwer, Mitleid zu haben.”

6. Nicht mehr als ein Katzensprung
(taz.de, Adrian Schulz)
Am Wochenende fand in Berlin die “Tincon” statt, die “teenageinternetwork convention”, eine Art “re:publica” für die 13 bis 21-Jährigen. Der 19-jährige Adrian Schulz hat für die “taz” das Event besucht. Sein Befund: “Schon der behämmerte Name und das berufsjugendliche Konzept offenbaren: Hier hat sich jemand Gedanken gemacht. Aber was bitte sollen 13- mit 21-Jährigen zu tun haben? Überhaupt: Was soll das alles hier? Gewollt sein, ohne gewollt zu wirken. Das aber geht nur in Teilen auf. Die erste „Tincon“ hat was von Klassenfahrt ohne Alkohol.”

Einflussnahme, Ausbildung, Floskelschlacht

1. Wächst die Einflussnahme auf Journalisten?
(djv.de, Anna-Maria Wagner)
Zwei aktuelle Studien befassen sich mit der Einflussnahme auf Journalisten. Dennis Deuermeier hat im Rahmen einer Masterarbeit erstmals Journalist/innen aller Mediengattungen und Ressorts online nach Korruption befragt: Zwei Drittel der Journalisten hat bereits Korruptionsversuche erlebt … Eine weitere Studie befasst sich mit der Einflussnahme von Lobbyisten auf Medienhäuser und untersucht die Frage, ob diese Kooperationen zu Abhängigkeiten und Interessenkonflikten führen.

2. “Wir erleben eine Reklame-Schlacht der Anbieter”
(vocer.org, Daniel Moßbrucker)
Daniel Moßbrucker hat für “Vocer” zwei Kapazitäten der Journalistenausbildung interviewt: den Medienökonom Prof. Lobigs vom Institut für Journalistik an der TU Dortmund und den Leiter der Deutschen Journalistenschule in München Jörg Sadrozinski. Eine der zentralen Fragen: Wie reagiert eine Journalistenschule im Gegensatz zu einem wissenschaftlichen Institut auf die Digitalisierung?

3. Warum sehen wir dieses Boot kentern?
(zeit.de, Wenke Husmann)
“Warum sehen wir dieses Boot kentern?”, fragt “Zeit”-Redakteurin Wenke Husmann in ihrem Kommentar und bezieht sich dabei auf die erschütternden Bilder, die von der italienischen Marine veröffentlicht wurden. Das Ganze hat eine politische Dimension:”Die italienische Regierung fürchtet, dass die nördlichen Grenzländer Österreich, Schweiz und Frankreich ihre Grenzen so dicht verschließen könnten wie es die Nachbarländer von Griechenland getan haben.”

4. Creative-Commons-lizenzierte Bilder: Die fünf häufigsten Fehler bei der Weiternutzung
(netzpolitik.org, Thomas Rudl)
Wikimedia Deutschland hat eine Liste der fünf häufigsten Fehler zusammengestellt, die bei der Weiternutzung von CC-lizenzierten Bildern gemacht werden. “Netzpolitik” verlinkt die relevanten Seiten und fasst zusammen, wie es richtig geht.

5. Wenn gar nichts sagen blöd aussieht
(taz.de, Doris Akrap)
“Wer Beifall im ganzen Hause haben will, verurteilt „in aller Schärfe“. Aber wie scharf genau? So Döner-mit-scharf-scharf?” Das fragt sich Doris Akrap in ihrer neuen “Taz”-Kolumne. “Wer Beifall im ganzen Hause haben will, verurteilt in aller Schärfe. Also in der Regel immer dann, wenn man weiß, dass die Mehrheit das eh auch verschärft doof findet. Und oft dann, wenn man weiß, man müsste da jetzt irgendwas tun, weiß aber nicht was, sieht aber blöd aus, wenn man gar nichts sagt.”

6. Haben Sie schon Ihre Hausaufgaben gemacht?
(zeit.de)
“Eine Formulierung wird zur Floskel.” Die “Zeit” listet auf, wer alles seine Hausaufgaben nicht gemacht hat: Vom Fußballtrainer bis zum Ex-Geheimdienstchef, vom Linkenpolitiker bis zum bayerischen Innenminister.

Facebook, Festnahmen, Fernsehwerbung

1. Über die Gefahren des Lobbyismus
(de.ejo-online.eu, Anna Carina Zappe)
Die “Süddeutsche Zeitung”, die “Frankfurter Allgemeine Zeitung” und “Welt” würden es tun. Die “Zeit” und das Magazin “Capital” auch: Mit Lobbyorganisationen kooperieren, um die Verlagskassen aufzubessern. Eine Studie hat nun den Einfluss dieser Zusammenarbeit auf die journalistische Arbeit untersucht. Das Ergebnis: Nur 7 der 20 untersuchten Verlage würden im Event-Geschäft mit Lobbyverbänden zusammenarbeiten, jedoch alle der großen Leitmedien, die als Mitveranstalter oder Sponsor agieren.

2. Zu dick für Facebook
(taz.de, Jana Lapper)
Jana Lapper von der “Taz” berichtet von einem Vorgang, der den Schluss nahelegt, dass Bilder dicker Frauen auf Facebook unerwünscht sind. So wurde das Bild eines Plus-Size-Models gelöscht, weil sich Nutzer_innen “schlechtfühlen oder zum Abnehmen getrieben werden könnten”. Die Pointe: Bei dem Bild handelte sich um die Botschaft an Frauen, ihren Körper positiv wahrzunehmen, auch wenn er nicht dem Mainstream-Schönheitsideal entspricht.

3. Automatisierter Hass im Netz
(faz.net, Oliver Georgi)
Immer mehr “Social Bots” greifen mit Hetzkommentaren in die Leserdebatten der sozialen Netzwerke ein und lenken die Diskussionen im Auftrag obskurer Auftraggeber in eine bestimmte Richtung, so “FAZ”-Autor Oliver Georgi. Ganze Nutzerprofile würden von Computerprogrammen angelegt und mit Menschlichkeit und damit zugleich mit Glaubwürdigkeit erfüllt. Die Manipulation der Online-Welt hätte auch Folgen für die Offline-Welt.

4. Pressefotografen außer Gefecht
(kontextwochenzeitung.de, Oliver Stenzel)
Beim AfD-Bundesparteitag in Leinfelden-Echterdingen sind mehrere Fotojournalisten von der Polizei bis zu 12 Stunden festgesetzt worden, obwohl sie sich, nach ihren Angaben, mit Presseausweisen eindeutig als Journalisten ausgewiesen hatten und auch später immer wieder darauf hinwiesen. Für “Reporter ohne Grenzen” ist der Vorgang “beispiellos”. Der Autor des Beitrags hat mit einem der Pressefotografen gesprochen, der den Vorfall aus seiner Sicht schildert und von der Überforderung der Polizei berichtet.

5. Gar nicht mal so neu: Leistungsschutzrecht in historischer Linie
(netzpolitik.org, Ingo Dachwitz)
“Netzpolitik” macht auf eine vergleichende Studie der University of British Columbia und der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover aufmerksam, in der die strategischen Abwehrmechanismen etablierter Medien gegen „neue“ Medien untersucht wurden. Auffällig dabei: Die konzertierte Lobbyarbeit deutscher Medienunternehmen für das sogenannte „Leistungsschutzrecht für Presseverleger“ weise erhebliche Ähnlichkeiten mit einem Fall auf, der beinahe 100 Jahre zurückliegt.

6. EU-Kommission erlaubt deutlich mehr Fernsehwerbung
(golem.de)
Die EU-Kommission will Fernsehsendern längere und häufigere Werbung in der Hauptsendezeit gestatten: Alle 20 Minuten statt wie bislang alle 30 Minuten sollen die Sender das Programm für Werbung unterbrechen dürfen. Weitere Sonderregelungen sollen für noch mehr TV-Werbung sorgen. “Flexibilisierung” wird das dann genannt. Wem das nicht gefalle, könne ja “abschalten, umschalten, durchzappen oder auf Video-on-Demand-Angebote übergehen”, so EU-Kommissar Günther Oettinger.

Flüchtlingsmythen, Rechtsschwung, FC Bayern

1. Flüchtlingsforschung gegen Mythen 3
(fluechtlingsforschung.net)
Das “Netzwerk Flüchtlingsforschung” ist ein multidisziplinäres Netzwerk von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die zu Zwangsmigration, Flucht und Asyl forschen. Die Feststellung der ForscherInnen: Immer wieder würden Politikerinnen und Politiker sowie Personen des öffentlichen Lebens fragwürdige Behauptungen in den Raum stellen, die durch Medien aufgegriffen und teils zu Stammtischparolen würden. Dabei würden häufig Stereotypen über Asylsuchende gefördert, die als Fakten dargestellt werden, doch im besten Fall nicht viel mehr als Annahmen seien. Im Blog greifen die WissenschaftlerInnen typische Behauptungen auf und klopfen sie auf ihren Wahrheitsgehalt ab.

2. Was Werbung im Radio darf: das Wichtigste zum Sponsoring
(blmplus.de, Gerhard Kriner)
Im Blog der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien beschäftigt man sich mit dem Thema Sponsoring im Radio. Die Hörer würden Sponsoring als Werbung verstehen und viele Radiosender würden es ihren Werbekunden als ebensolche anbieten. Doch in den Werbe- und Sponsoringbestimmungen des Rundfunkstaatsvertrags sei festgehalten, dass Sponsoring eben keine Werbung sei und nicht “werblich” daherkommen dürfe. Diese Konstellation sorge natürlich für Probleme in der Werbeaufsicht. Der Artikel beschreibt, was erlaubt und was verboten ist.

3. “Journalismus der Zukunft” – der fünfte Pfeiler der Qualität: Recherchiere immer!
(kress.de, Paul-Josef Raue)
Paul-Josef Raue ist zusammen mit Wolf Schneider der Autor des “Handbuch des Journalismus”, das vielen als das Standardwerk der schreibenden Zunft gilt. Auf “kress.de” erscheint eine bislang sechzehnteilige Artikelserie über den Journalismus der Zukunft und journalistisches Handwerk. Im aktuellen Beitrag geht es um den “fünften Pfeiler der Qualität”, die Recherche. Freundliche Skepsis sei für den Journalisten wichtig, aber: “Die Skepsis sollte ihn aber nicht verschlingen, er sollte ihr folgen mit einem fröhlichen Pfeifen – auch in dem Wissen, dass seine Leser nicht nur von Problemen umgeben sein wollen.”

4. Konkurrenz für Griechenlands mächtige Medienbarone
(de.ejo-online.eu, Bryn Retherford)
In Griechenland sind die Medien nach Meinung der Wissenschaftlerin und Journalistin Bryn Retherford derart eng mit Wirtschaftsinteressen verflochten, dass objektive Berichterstattung auf der Strecke bleibe. Das Medienprojekt “AthensLive”, an dem Retherford als Redaktionsmanagerin beteiligt ist, will eine Alternative zu den griechischen Mainstream-Medien bieten. Die Plattform sei eine Kooperation zwischen griechischen und internationalen Journalisten. Durch Crowdfunding finanziert wolle man englischsprachige Berichterstattung, Analyse und Kommentare aus Athen und ganz Griechenland liefern..

5. Wie weit nach rechts rückt Europa?
(blog.zeit.de, Philip Faigle)
“Zeit”-Blogger Philip Faigle greift den Artikel der “New York Times” zum Thema Rechtsschwung in Europa (How Far Is Europe Swinging to the Right?) auf, der als gutes Beispiel für Datenjournalismus gelten kann. Für alle, die keine Zeit für den langen englischsprachigen Artikel haben, destilliert Faigle wesentliche Aussagen des Artikels heraus.

6. Stellungnahme Dietrich Schulze-Marmeling zum FC Bayern in der NS-Zeit
(zeitspiel-magazin.de, Hardy Gruene)
Wie hat sich der FC Bayern in der NS-Zeit verhalten? Ein aktueller Artikel des “Spiegel” (Bezahlartikel) kommt zum Schluss, dass der FC Bayern entgegen eigener Beteuerungen keineswegs Distanz zum Regime hielt. Die Sache wird kontrovers diskutiert. Auch von Dietrich Schulze-Marmeling, dem Verfasser des Buches „Der FC Bayern und seine Juden. Aufstieg und Zerschlagung einer liberalen Fußballkultur“.
(Zum Weiterlesen: “Nicht besser oder schlechter” im Blog des “Spiegel” und “Die Bayern waren nicht so schlimm wie andere Vereine” in der “SZ” (Bezahlartikel).

Mongolei, Katholiken, Hitler

1. Rundfunk genießt das höchste Vertrauen
(de.ejo-online.eu, Marlis Prinzing)
Der internationale Verbund von Rundfunkanstalten EBU (European Broadcasting Union) hat den Bericht “Trust in Media 2016” veröffentlicht. Als Grundlage diente das aktuelle “Eurobarometer”, für das in EU-Mitgliedsländern und Beitrittsinteressierten jeweils rund tausend Menschen gefragt wurden, welchen Medien sie vertrauen. Kurz zusammengefasst: Der Rundfunk genießt in allen 33 Ländern das höchste Vertrauen.

2. Ich war so frei: Journalistentraining in der Mongolei
(journalisten-training.de, Bernd Oswald)
Bernd Oswalds Leben als “selbständiger Journalistentrainer” wird zuweilen von kleinen, aber auch großen Abenteuern unterbrochen. So fragte ihn die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) unlängst an, ob er Lust auf ein Journalistentraining in der Mongolei hätte. Oswald hatte und reiste nach Ulan Bator, um dort drei Gruppen mongolischer Journalisten jeweils drei Tage lang zu Do’s and Dont’s im digitalen Journalismus zu coachen. Im Artikel berichtet er darüber, was er in der Mongolei über Medien und Politik gelernt hat und warum die mongolischen Journalisten seine bislang dankbarsten Seminarteilnehmer waren.

3. Detektivarbeit hinter den Kulissen der tagesschau
(Michael Wegener, blog.tagesschau.de)
Michael Wegener gewährt einen Blick hinter die Kulissen der Tagesschau und zeigt, welch Detektivarbeit teilweise nötig ist, um eine Meldung zu verifizieren. Als Beispiel dienen die Anschläge in den syrischen Küstenstädten Jableh und Tartus, bei denen mehr als hundert Menschen starben. Die ersten Berichte darüber kamen nicht als Agenturmeldung, sondern über Twitter. Also musste man Material und Veröffentlicher unter die Lupe zu nehmen, um die Meldung zu verifizieren.

4. Katholiken.taz am 25. Mai: Muss das sein?
(blogs.taz.de, Philipp Gessler & Jan Feddersen)
Zum 100. Katholikentag in Leipzig bringt die taz eine vierseitige Sonderbeilage, die „katholiken.taz“. Muss das sein, fragen die “taz”-Redakteure Philipp Gessler und Jan Feddersen und kommen, wenig überraschend, zu dem Schluss: “Wir finden schon.” Am Ende des Rechtfertigungsbeitrags wird es fast pastoral: “Und, ja: Ist diese Katholiken.taz nicht allzu männlich? Fehlt es nicht an Weiblichem? Wir empfinden: Alles ist, alles sei in uns, das Männliche wie das Weibliche und alles dazwischen.”

5. Österreich-Wahl: Live-Ticker gesucht
(ndr.de, Matthias Stelte)
Matthias Stelte wundert sich: Zur wichtigen und hochspannenden österreichischen Bundespräsidentenwahl hätte es auf keiner deutschen Medienseite einen Liveticker gegeben. Dabei würde man sonst mit derartigen Tickerangeboten nicht geizen, ob Oscar-Verleihung, Eurovision Song Contest, Oktoberfest, Apple-Event, Obama-Besuch oder Wetter-Extrem. Zu all diesen Themen hätte es bereits Live-Ticker gegeben, nur die Wahlberichterstattung der Alpenrepublik habe man vernachlässigt. Die Folge sei ein Ansturm auf österreichische Medienseiten gewesen, der die Server teilweise zum Ausstieg gezwungen hätte.

6. Neues vom Bildbetextungs-Beauftragten
(noemix.twoday.net, Michael Nöhrig)
HITLER! Na, hat geklappt, ich habe Ihre ganze Aufmerksamkeit, oder? Den Trick kennen auch andere, wie die große Hitler-in-den-Medien-Revue bei “nömix” beweist. Erfahren Sie alles über Adolf Hitlers Mikropenis und warum der arme Mann in Brasilien gemobbt wird.

Adblock-Krieg, Gerichts-Satire, Talkshow-Blindflug

1. OLG Köln: Schlechte Karten für Adblock Plus
(heise.de, Torsten Kleinz)
Durch Adblocker gehen den Medienhäusern riesige Werbeeinnahmen verloren. Kein Wunder, dass man sich da wehrt, auch mit juristischen Mitteln. Nachdem Werbeblocker “Adblock Plus” bislang fünf Prozesse für sich entscheiden konnte, zeichnet sich im Berufungsverfahren vor dem OLG Köln eine Niederlage ab. Ein Verbot des Werbeblockers steht im Raum. Und Schadensersatz. Doch Köln wird aller Voraussicht nach nur eine Zwischenstation sein. Zur endgültigen Klärung wird man sich wohl vor dem Bundesgerichtshof wiedersehen.

2. Journalismus aus der Vogelperspektive
(medienwoche.ch, Adrian Lobe)
Das Geschäft mit Drohnen boomt wie nie zuvor und auch im Journalismus werden immer öfter kamerabewehrte Drohnen als fliegende Beobachter eingesetzt, ob bei Sportveranstaltungen oder zur Recherche und Verifizierung. Doch der Einsatz ist im journalistischen Umfeld nicht frei von Problemen. Es geht im Wesentlichen um Sicherheitsaspekte und Persönlichkeitsrechte. Lobe erzählt, wie es die Kollegen des BBC machen und kommt angesichts der Gesamtproblematik zum Schluss: “Es ist ein schmaler Grat.”

3. Böhmermann – Satire geht weiter
(diekolumnisten.de, Heinrich Schmitz)
Heinrich Schmitz ist nicht nur Kolumnist, sondern auch Strafverteidiger. In einer Mischung aus beiden Funktionen arbeitet er die umstrittene Entscheidung des Landgerichts Hamburg in der Causa Böhmermann auf. “Die Frage sei erlaubt, ob die Pressestelle des OLG Hamburg auf ihrer Homepage eine eigene Satirerubrik unterhält. Sie macht in ihrer Mitteilung über die Entscheidung des Landgerichts Hamburg nämlich ziemlich genau dasselbe wie Jan Böhmermann. Sie erklärt – genau wie dieser – dass das in Rahmen der Böhmermann-Performance vorgetragene Schmähgedicht ein Schmähgedicht ist. Dazu hätte es nun keines Gerichtes bedurft. Das wussten wir schon.”

4. Lohnt sich die “Frankfurter Allgemeine Woche”?
(dwdl.de, Nora Jakob)
Seit einigen Wochen gibt es die “Frankfurter Allgemeine Woche”. DWDL-Autorin Nora Jakob wagt sich an eine Zwischenbilanz. Richtig festlegen will sie sich nach der kurzen Zeit noch nicht, findet aber trotz einiger Kritikpunkte überwiegend positive Worte für das wöchentlich erscheinende Heft.

5. radioeins Medienmagazin PodCast
(radioeins.de, Jörg Wagner, Audio 1:39:19)
In der aktuellen Ausgabe des radioeins-Medienmagazins mit Jörg Wagner ist Medienanwalt Prof. Dr. Christian Schertz zu Besuch. In der kurzweiligen Sendung, die auch zum Download bereitsteht, geht es um die Themen: Schmähgedicht / Junge Konkurrenz für “heute Show” und “Extra 3” / rbb intern: Ist Autorisierung = Zensur? / Ein Jahr im ZDF: heute+ und “#rpten: @heuteplus oder wie wir Journalisten lernen, den Shitstorm zu lieben”.

6. Wie man eine Talkshow bespricht, ohne sie gucken zu müssen
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Sascha Lobo ist bei Maybrit Illner zu Besuch und Bild.de berichtet darüber. Sie ahnen, was dabei herauskommt… (Sascha Lobo hat auf Facebook eine Art einordnende Gegendarstellung veröffentlicht). Vollends aberwitzig wird es, wenn nun noch “Focus Online” und ein Autor der “Huffington Post” mit Morbus Guttenberg dazukommen, der augenscheinlich Fernsehsendungen bespricht, ohne sie gesehen zu haben. Stefan Niggemeier dröselt den Fall auf.

Rechtsausleger, Vergesslichkeit, Sakrilegebatterie

1. Wie reaktionär hätten Sie’s denn gerne?
(carta.info, Philip Sarasin)
Der Historiker Philip Sarasin von der Universität Zürich beschäftigt sich mit der traditionsreichen Schweizer Tageszeitung “NZZ”. Seine Analyse: “In letzter Zeit musste man zur Kenntnis nehmen, dass die NZZ sich kaum mehr gegen politische und intellektuelle Strömungen weit rechts im politischen Spektrum abgrenzen mag. Der Ton wird rauer, die Fronten härter. NZZ-Autor Heribert Seifert mimt derweil das liberale Mediengewissen”. Die “NZZ” müsse sich fragen lassen, ob sie zum Sprachrohr von Positionen werden wolle, die bislang als rechtsextrem galten.

2. Springer und die Türkei
(rnd-news.de, Ulrike Simon)
“Einst wollte Springer groß in den türkischen Medienmarkt einsteigen. Was ist daraus geworden? Und was hat das mit Döpfners Kampfansage gegen Erdogan und Diekmanns Engagement bei “Hürriyet” zu tun?”, fragt sich “RND”-Medienkolumnistin Ulrike Simon. Der aktuelle Quartalsbericht werfe weitere Fragen nach Springers Türkei-Strategie auf.

3. Google kämpft mit Frankreich um Privatsphäre
(faz.net, Jonas Jansen)
Die französische Datenschutzbehörde “CNIL” besteht im Rahmen des “Recht auf Vergessenwerden” darauf, dass Google monierte Suchergebnisse nicht nur in der EU, sondern weltweit löscht. Google wehrt sich mit einer Klage und argumentiert damit, dass ein Land keine Gesetze für andere Länder schaffen dürfe. Jonas Jansen von der “FAZ” berichtet über den derzeitigen Stand des Konflikts und liefert einige interessante Zahlen über die Entwicklung der Löschanfragen.

4. Journalisten, warum denkt Ihr nicht an Eure Nutzer?
(vocer.org, Lina Timm)
Die Meinungen gehen auseinander, was Journalisten können müssen. Die einen sehen den Journalisten ausschließlich als “Vertreter der schreibenden Zunft”. Andere erwarten den medialen Tausendsassa, der nicht nur schreiben, sondern auch programmieren, filmen und schneiden kann. Lina Timm macht sich Gedanken über das wandelnde Berufsbild und plädiert für Offenheit gegenüber den Möglichkeiten der Technik. Aber nicht um jeden Preis: “Technologie umarmen, statt vor ihr wegzulaufen. Dafür muss jetzt kein Journalist coden lernen. Das ist völliger Quatsch, dann müsste ja auch jeder Coder, der im Newsroom arbeitet, lernen, Geschichten zu erzählen. Aber wir müssen uns verständigen können.”

5. Darf man investigativen Journalismus kritisieren oder ist das ein Sakrileg?
(wolfgangmichal.de)
Wolfgang Michal stellt die rhetorische Frage, ob es nicht mehr erlaubt sei, investigativen Journalismus zu kritisieren. Anlass sind ihm die sogenannten “Panama Papers”. Kollegen, die es wagen, die Fleißarbeit der SZ und die, wie er findet, pompöse Inszenierung des eingesandten Materials etwas tiefer zu hängen, würden ausgegrenzt oder zu Feinden erklärt werden. Michal macht bei der Kritik an der Art und Weise des Umgangs mit den Panama Papers vier zentrale Punkte auf. Sie betreffen die Quelle, das Material, die Auswertung und das internationale Journalisten-Konsortium.

6. Dieses ganze spannende Leben auf DIN A5
(uebermedien.de, Peter Breuer)
Werbetexter und geistreiches Vorbild ganzer Twitter-Generationen Peter Breuer geht für “Übermedien” gelegentlich zum Bahnhofskiosk und zieht irgendeine beliebige Zeitschrift aus dem Regal. Als Besprechungsobjekt! Seine Rezension von “Reportagen” ist jetzt auch für Nicht-Abonnenten frei lesbar. PS: Breuer ist sehr angetan von dem Magazin mit den langen Lesestücken.

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