Archiv für Juni 10th, 2015

Aus dem lustigen Leben eines “Bild”-Sportreporters

Jürgen Klopp, der ehemalige Trainer von Borussia Dortmund, hat sich in seiner Zeit beim BVB bekanntermaßen gerne mal aufgeregt, mitunter auch über Journalisten. Die Mitarbeiter der “Bild”-Zeitung hatten es ihm dabei immer ganz besonders angetan.

Nach einem Spiel etwa, in dem BVB-Stürmer Marco Reus den Linienrichter umgehauen hatte, kam es, wie “Bild” später nicht ohne Stolz berichtete, zu folgender Szene:

Ich [der “Bild”-Reporter] frage Klopp: „Haben Sie sich kurz Gedanken um den Linienrichter gemacht, als Marco Reus ihn abgeräumt hat?“

Klopp schäumt.

Er weiß, für wen ich arbeite, fragt aber süffisant: „Von was für einer Zeitung sind Sie?“

Ich: „BILD.“

Klopp: „Neeee… So viel Fußball heute, und dann müsst ihr so eine Kack-Geschichte machen. Boah ist das ein Drecksleben, das tut mir wirklich leid!“

Das wollte der “Bild”-Reporter nicht auf sich sitzen lassen.

Drecksleben als BILD-Reporter?

Das ist beleidigend und falsch

Und wie! Denn in Wahrheit ist das Leben als “Bild”-Reporter vor allem eins: megafunny! Besonders dann, wenn man mit Jürgen Klopp zu tun hat.

Fragen Sie mal Jörg Weiler. Der ist auch “Bild”-Reporter — ebenfalls zuständig für den BVB — und hat anlässlich des Abschieds des Dortmunder Trainers neulich „von seinen lustigsten Momenten in sieben Jahren mit Jürgen Klopp“ erzählt.

Zum Beispiel das hier:

Bei einem Testspiel in Emmendingen war es, wo er [Klopp] mir vorher gesagt hat: „Du musst mir einen Gefallen tun: Geh nicht zu meiner Mutter! Die kommt heute mal ins Stadion, um mal zuzugucken, und du wirst nicht zu meiner Mutter gehen!“

Das war ein langweiliges Testspiel, es hat geregnet in Strömen, und dann hatte ich natürlich irgendwann doch die Idee, zumindest aus Neugier mal zu gucken, wie die Mutter aussieht.

Natürlich.

Bin zu der Mutter hingegangen, hab mich nur kurz vorgestellt, ‘n Smalltalk mit ihr gehalten, und bin wieder abgehauen. Und ich schätze mal, das waren 80 bis 90 Meter Entfernung, die der Klopp da irgendwie gucken musste, um das überhaupt mitzubekommen.

Auf der anschließenden Pressekonferenz dann:

Und plötzlich merke ich, wie mir einer vor’s Scheinbein tritt. (…) Dann kommt der zweite Tritt, mitten vor’s Schienbein, und ein dritter Tritt, und ich hatte gute Schmerzen. Irgendwann sehe ich: Es war der Klopp. Ich sag’ zu ihm: „Hömma, was soll der Kack denn? Was machst du denn da?“ Und darauf entgegnete er mir nur: „Hömma, ich hab’ genau gesehen, dass du bei meiner Mutter warst, das hatte ich dir doch extra gesagt, dass Du da nicht hingehen sollst.“

(grinst)

Hihi, ja, ganz schön ulkig, dieses Dasein als “Bild”-Mensch. Mütter behelligen, die man nicht behelligen soll — oder Gespräche belauschen, die man nicht belauschen soll:

Ich kann mich noch erinnern, es war sehr, sehr warm, knalleheiß (…), und das Fenster war eben offen. Und wir standen da, weil der Ordner vergessen hatte, uns wegzuschicken, und ich konnte mal live eine Mannschaftssitzung von Borussia Dortmund miterleben und habe gehört, wie’s da eben zuging. Kloppo wurde schon sehr, sehr deutlich (…). Dann hab ich nach dieser Sitzung allerdings einen Kardinalfehler gemacht: Habe ihn auf die Sitzung angesprochen, worauf der Mann dann fast einen Blutstau bekommen hat vor Wut, dass wir eben da vor dem Fenster gestanden haben und alles mithören konnten. Muss ich heute noch im Nachhinein Sorry an Willi sagen, den Ordner, weil der hat da richtig einen zwischen die Hörner bekommen. Tut mir leid, Willi, das war mein Fehler, aber es war trotzdem ein unvergessenes Erlebnis.

Der Off-Sprecher fasst zusammen:

Kein Zuckerschlecken, sich als Journalist mit Jürgen Klopp anzulegen.

Und erst recht keins, so jemanden wie Jörg Weiler am Bein zu haben.

Mit Dank an Hannes.

Richter, Quellenschutz, G7-Gipfel

1. “G7 – Ein Transparenzbericht”
(flaschenpost.piratenpartei.de, Steve König)
Steve König berichtet aus dem Medienzentrum am G7-Gipfel auf Schloss Elmau 2015: “Eine Kommunikation zu den Delegationen der G7 gibt es so gut wie nicht. Außerhalb von Pressekonferenzen und Briefings ist es nicht möglich, mit ihnen in den Kontakt zu treten. Allerdings gibt es ein reichhaltiges Angebot an Presseterminen: Fotoshooting von der Ankunft in München, Fotoshooting vom Weg zu Schloss Elmau, Fotoshooting vor dem Treffen, zwischen den Treffen, während des Abendessens.” Siehe dazu auch “Nach Merkels Elmau-Show ist Scham angesagt” (heise.de/tp, Florian Rötzer).

2. “Fast 30’000 Mal geteilt: Darum geht ein drei Jahre alter Leserbrief mit Falschinformationen über Asylbewerber viral – und das sagt die Autorin dazu”
(watson.ch, Daria Wild)
Daria Wild geht einem in sozialen Netzwerken geteilten Leserbrief nach, der Zahlungen an Asylbewerber und Zahlungen an Rentner miteinander vergleicht: “Der Betrag, auf den sie sich bezieht, ist eine Pauschale an die Kantone pro Asylbewerber und kein Sackgeld. Kleider kriegen Asylbewerber genauso wenig geschenkt wie die Zahnreinigung – der Vergleich mit den AHV-Beträgen ist an den Haaren herbeigezogen.”

3. “Test zum Quellenschutz: Medienschaffende schlechter als Schimpansen”
(dominiquestrebel.wordpress.com)
Die Bachelorstudie “Der Informanten- und Quellenschutz im schweizerischen Strafrecht” (PDF-Datei) zeige, berichtet Dominik Strebel, dass Journalisten “ihre Möglichkeit zum Informanten- und Quellenschutz generell und stark” überschätzen.

4. “Neue ‘Economist’-Chefredakteurin: ‘Sorry! Wir Briten halten mit niemandem Händchen'”
(spiegel.de, Barbara Hans und Christian Rickens)
“Spiegel Online” spricht mit der neuen “Economist”-Chefredakteurin – weil sie eine Frau ist: “Ganz ehrlich: Wir säßen vermutlich nicht hier, wenn Sie ein Mann wären. Nervt es Sie, wenn sich Journalisten nur für Sie interessieren, weil sie die erste Frau in dieser Funktion sind?”

5. “Die Augen des Revisionsgerichts”
(zeit.de, Thomas Fischer)
Bundesrichter Thomas Fischer legt in einem langen Text dar, wie Entscheidungen am Bundesgerichtshof (BGH) tatsächlich zustandekommen: “Fünf höchstqualifizierte Richter lauschen 16 Stunden pro Woche mit unbewegtem Gesicht, innerem Stöhnen und gelegentlich überwältigender Müdigkeit den ‘Vorträgen’ von Kollegen, die sich redlich, aber vergebens bemühen, 200 Seiten lange hochkomplizierte ‘Einerseits-Andererseits’-Abwägungen umfassend, lückenlos und neutral darzustellen. Anschließend entscheiden drei von fünf Richtern, ob sich in den Formulierungen des Urteilstexts ein Rechtsfehler befindet – und damit über das Schicksal eines verurteilten Menschen –, ohne auch nur eine einzige Zeile des angefochtenen Urteils gelesen zu haben.” Siehe dazu auch “Der Richterkönig lebt!” (faz.net, Volker Rieble, 31. Mai).

6. “5 Ways Powerful People Trick You Into Hating Protesters”
(cracked.com, David Wong, englisch)