Archiv für Oktober, 2013

MDR, Susanne Gaschke, Gegenöffentlichkeit

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Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Total demokratisch”
(freitag.de, Matthias Dell)
Der MDR weigert sich, ein Interview mit einer Redakteurin zu autorisieren: “Von dem stolzen Institut eines öffentlich-rechtlichen Rundfunks haben die Leute beim MDR, die es für eine gute Idee halten, sich Kritik zu verweigern, keinen Schimmer.”

2. “Abrechnung am Schluss – Gaschkes Rücktritt”
(ndr.de, Video, 6:07 Minuten)
Susanne Gaschke, langjährige Journalistin bei der “Zeit”, scheitert als SPD-Oberbürgermeisterin von Kiel, und sieht die Schuld dafür bei den Medien: “Bestimmt hab auch ich in meiner eigenen Arbeit mal Leute verletzt und gekränkt. Es tut mir jetzt mehr leid als früher, das muss ich wirklich sagen dazu. Weil es sich ganz anders anfühlt, davon betroffen zu sein.”

3. “Gedanken zur Gegenöffentlichkeit”
(heise.de/tp, Jakob Augstein)
“Wenn wirklich Gefahr droht, schließen allzu viele Journalisten die Reihen fest um das System”, beobachtet Jakob Augstein bei den Themen Wikileaks oder Geheimdienstüberwachung: “Mit großer Verblüffung musste man feststellen: ganz und gar nicht alle Journalisten der großen deutschen Zeitungen stellten sich vorbehaltslos auf die Seite der Bürger, ja sie verteidigten nicht einmal ihre eigenen Rechte. Sondern ganz schön viele hielten lieber zum Staat und brachten viel Verständnis für Rechtsbrüche und Machtansprüche auf.”

4. “Medienkritik: ‘Duell: Mercedes gegen BMW’ im ZDF”
(1300ccm.de, Tom Schwede)
Tom Schwede schaut “BMW gegen Mercedes: Das Duell” (zdf.de, Video, 44:11 Minuten): “Einzig der Vergleich der Pannendienste der Hersteller sowie der verdeckte Test von zwei Werkstätten hatte – zumindest im Kern – einen ernsthaften und seriösen Ansatz. (…) Das ist nicht das Fernsehen, das ich für meine TV-Gebühren erwarte. Wenn ich das sehen wollte, würde ich RTL oder Pro7 einschalten.”

5. “Die Werber knipsen die Medien aus”
(wiwo.de, Thomas Koch)
Thomas Koch schreibt über Paid Media und Owned Media: “Viele werden reuemutig zum Pfad der klassischen Media-Werbung zurückkehren. Aber nur, wenn die Verlage bis dahin nicht ihr Kerngeschäft verlernt haben: Durch unabhängige Redaktionen hochwertige Medien (-Inhalte) zu erzeugen, die für ihre Nutzer so unverzichtbar sind, dass den Unternehmen keine Wahl bleibt, als ihre ‘Paid’-Werbung darin unterzubringen.”

6. “15 April 1912: ‘Titanic Sinking; No Lives Lost'”
(retronaut.com, englisch)

Upcoming.de, Rezensionsauszüge, Grüne

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1. “Hurra, die Zukunft ist da: der Buzzfeed-Klon Upcoming.de startet in Deutschland”
(120sekunden.com, Martin Giesler)
Martin Giesler stellt Upcoming.de vor und fragt nach beim niederländischen Verleger TMG: “We are growing very rapidly in the Netherlands, but our ambitions are much bigger than that. The fact that a concept like upcoming was not present in Germany yet and the large size of the German market, made Germany a logical first step for our international expansion.”

2. “Nutzung von Buchbesprechungen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zu Werbezwecken möglich”
(verlag.faz.net, Pressemitteilung)
“Infolge der Reaktionen auf einen Rechtsstreit mit einem Online-Buchhändler” stellt die FAZ klar, dass sie “die Verwendung von Rezensionsauszügen zu Werbe- und Marketingzwecken” gestattet: “Lizenzfrei und ohne gesonderte Genehmigung möglich ist somit die Nutzung von Auszügen aus Rezensionen, die aus bis zu 25 aufeinanderfolgenden Wörtern bestehen. Möglich ist zudem damit ausdrücklich die Verwendung auf Umschlagseiten und in Klappentexten sowie zukünftig die Bewerbung der besprochenen Bücher im Internet.”

3. “Kritik unerwünscht: Newcastle sperrt Journalisten aus”
(sport.de)
Fußball: Aufgrund “zu negativer” Berichterstattung will Newcastle United einige Journalisten von Lokalzeitungen nicht länger an Pressekonferenzen und Spielen zulassen. Siehe dazu auch “We’re sports reporters, Mr Ashley, not media partners — and we’re worth more than you think” (telegraph.co.uk, Luke Edwards, englisch).

4. “Niederlage in der Mediendemokratie – Das grüne Bundestagswahlergebnis 2013”
(boell.de, Ralph Obermauer)
Ralph Obermauer, Referent des Fraktionsvorstands der Grünen, analysiert in einem langen Text die Verluste der Partei bei der Bundestagswahl und kommt darauf, zukünftig die “kommunikativen Machtverhältnisse in Medien und Verbändelandschaft” sorgfältiger zu analysieren: “Sie sind von enormer, wahlentscheidender Bedeutung. (…) Ohne publizistische und zivilgesellschaftliche Unterstützung, ohne starke, flankierende, sozial und ökologisch orientierte Stimmen in Meinungsmacherkreisen kann man gegen Wirtschaftsverbände, Private Krankenversicherungen, Ärzteverbände, Energiekonzerne, Autoindustrie, Chemieindustrie, Bauern, Beamte, hochvermögende Privatleute und Unternehmer in Deutschland keine Wahlen gewinnen. Gegen fast alle Schlüsselmedien und die einflussreichsten Verbände geht einfach nichts. Sollte sich das Meinungsklima in Zukunft nicht verschieben, bleiben profilierte Wahlkämpfe mit starkem Veränderungsanspruch riskant.”

5. “WESER-KURIER Image-Spot 2013”
(youtube.com, Video, 40 Sekunden)
Siehe dazu auch “Kinospot der Berliner Zeitung” (youtube.com, Video, 1:19 Minuten).

6. “7 Twitter Accounts for Outstanding Longreads”
(mashable.com, englisch)

Jugendkanal, Matthias Matussek, Twitter

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1. “Bloß kein Scripted Reality!”
(berliner-zeitung.de, Peer Schader)
ARD und ZDF planen einen neuen Jugendkanal, “der 14- bis 29-Jährige wieder zum öffentlich-rechtlichen Fernsehen hinführen soll”: “Weil junge Zuschauer von ARD und ZDF nicht mehr erreicht werden, gründet man einen neuen Kanal, der aus Kostengründen aber auch wieder Programme zeigt, die die Zielgruppe anderswo bereits ignoriert hat. Ein echtes Kunststück. Fertigbringen soll das vor allem die ARD, die eine Federführung des Kanals beansprucht, obwohl sie es in 16 Jahren nicht einmal hingekriegt hat, ihren Digitalsendern Eins Festival und Eins Plus stimmige Profile zu verpassen.”

2. “Journalismus statt Inka und Johannes B.”
(sprengsatz.de, Michael Spreng)
“Das Geld muss raus aus Verwaltung, rein in die Redaktionen”, schreibt Michael Spreng über die Öffentlich-rechtlichen. “ARD und ZDF merken gar nicht, dass sie an dem Ast sägen, auf dem sie komfortabel sitzen. Dabei wächst ihre Verantwortung täglich angesicht der Krise der Printmedien.”

3. “Privatsphäre: Erst denken, dann twittern!”
(novo-argumente.com, Brendan O’Neill)
Brendan O’Neill denkt nach über Twitter: “Die meisten Twitter-Skandale sind eine Folge dessen, dass die Menschen in der emotional aufgeladenen Twitter-Arena auch all das öffentlich aussprechen, was sie einst nur dachten.”

4. “Frei Schnauze, aber bitte mit Anstand”
(bernerzeitung.ch, Lucie Machac)
Die “Berner Zeitung” über den Umgang mit Leserkommentaren auf Nachrichtenportalen.

5. “Der Berserker”
(clap-club.de, Bijan Peymani)
Ein Porträt von Matthias Matussek: “Alles sei sehr viel braver geworden, jeder arbeite nur noch nach der Maxime, keine Fehler zu machen. Ohne eine gewisse Verrücktheit könne aber kein spannender Journalismus entstehen.”

6. “20th Century Headlines Rewritten To Get More Clicks”
(xkcd.com, englisch)

Sondersprache, Tsunamiwarnung, iPhone

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1. “Lexikon des Grauens”
(welt.de, Benjamin von Stuckrad-Barre)
Eine Zusammenstellung von Begriffen und Wendungen aus der “furchterregenden deutschen Sondersprache”, die Politiker und Politikjournalisten gemeinsam erfunden haben.

2. “Was von den Fukushima-Horrormeldungen zu halten ist”
(heute.de, Johannes Hano)
“Größte Krise der Menschheit droht”, so die Warnung in einem bisher über 130.000 mal auf Facebook geteilten Artikel der “Deutschen Wirtschafts Nachrichten”. “Geschickt werden Fakten mit Halbwahrheiten und Unwahrheiten vermischt. Fakten, die nicht in die Argumentation passen, werden geflissentlich ignoriert.”

3. “Die hanebüchene Berichterstattung über den angeblichen Misserfolg des iPhone 5c”
(neuerdings.com, Jan Tißler)
Wird das Apple iPhone 5c ein Erfolg oder nicht? “Kurzum: Wir wissen es nicht. Das ist alles, was man dazu sagen und schreiben könnte. Aber damit füllt man natürlich keine Website und damit generiert man keine Klicks. Stattdessen hält man die Nicht-Nachricht über Tage am Laufen, in dem man immer wieder weitschweifig und grundlagenlos herumfabuliert.”

4. “FCN: Der Liebes-Patzer von Bild & Co.”
(meedia.de, Alexander Becker)
Was Gertjan Verbeek, der neue Trainer des 1. FC Nürnberg, an einer Pressekonferenz sagte, und was “Bild” hörte.

5. “Kommunikations-Panne: ARD bricht Boxkampf ab”
(dwdl.de, Marcel Pohlig)
Unangekündigt beendet die ARD die Live-Übertragung eines Boxkampfs, um einen Spielfilm zu zeigen (Video / Entschuldigung).

6. “Hallo, Brigitte-LeserInnen!”
(ankegroener.de)

Journalismus auf Irrwegen

Es ist aber auch eine kuriose Geschichte, die die dpa da entdeckt hat. Unter der Überschrift …

Bosnische Fußball-Fans reisen zum Auswärtsspiel ins falsche Land

… tickerte die Agentur in der vergangenen Woche:

Auf der europäischen Landkarte haben mehrere Fußball-Fans aus Bosnien-Herzegowina wohl die Übersicht verloren: Sie wollten ihr Team am vergangenen Dienstag beim entscheidenden letzten WM-Qualifikationsspiel im litauischen Kaunas unterstützen. Doch statt nach Litauen reisten die Fans ins benachbarte Lettland – sie hatten bei der Buchung nicht genau aufgepasst, wohin die Reise geht.

Tja — dumm gelaufen.

Es dauerte nich lange, bis sich auch andere Medien für die Geschichte der “Touristen-Trottel” (Süddeutsche.de) interessierten — so etwa das “Hamburger Abendblatt”, die “Mopo”tagesschau.de, die “Sächsische Zeitung”, sport1.de, der “Kölner Stadt-Anzeiger”, “NWZonline”, der “General-Anzeiger Bonn”, der “Nordkurier”, die “Rhein-Zeitung”, express.de, die “Saarbrücker Zeitung”, die “Rheinische Post”, die “Nürnberger Zeitung”, die “Main Post”, die “Neue Osnabrücker Zeitung” und und und.

Doch so schön sie auch ist: Die Geschichte der verirrten Fans ist ein Fake.

Sie stammt nämlich ursprünglich von der kroatischen Satire-Seite Novosti24.net. Dort kann man sich gefälschte Artikel generieren lassen, um seine Freunde (oder die Medien) zu veräppeln. Dafür muss man einen Namen sowie Beruf und Herkunftsort eingeben und kann dann aus mehreren vorgegebenen Themen eines auswählen – zum Beispiel, dass [Name] tagelang auf dem Klo eingesperrt war, einen Abend mit Justin Bieber gewonnen hat, sich für den Playboy auszieht oder beim Eurovision Song Contest mitsingt. Oder aber, dass [Name] zusammen mit anderen bosnischen Fußball-Fans aus Versehen nach Lettland statt nach Litauen gefahren ist. Die zuvor eingetippten Daten erscheinen dann im Text, der aussieht, als sei er ein echter Artikel.

Auf unsere Anfrage teilten die Betreiber des Portals mit:

Novosti24.net ist eine Website, um lustige Fake-News zu erstellen, die man seinen Freunden zeigen kann – also ja: Diese Geschichte ist ein Fake von unserer Seite. Nichts in diesem Artikel ist wahr, es ist alles erfunden. Der Text ist in den vergangenen Tagen schon auf etlichen kroatischen/bosnischen/serbischen Zeitungs-Websites aufgetaucht. Es ist wirklich lustig, wie Journalisten in ganz Europa über etwas schreiben, das überhaupt nicht passiert ist. Aber wir sind froh, wenn wir Leute zum Lachen bringen können.

Nachdem wir die dpa darauf hingewiesen hatten, forschte sie noch mal nach und musste schließlich einräumen, dass es nun “deutliche Zweifel” an der Geschichte gebe. Wie uns ein Sprecher erklärte, hätten zunächst verschiedene Medien in Südosteuropa über den Fall berichtet, mit einiger Verzögerung dann aber darauf hingewiesen, dass es sich um einen Scherz handele. Auch im Baltikum sei die Geschichte vielfach aufgegriffen worden, noch dazu mit sehr unterschiedlichen Quellenangaben. Da das alles ein sehr großes Durcheinander sei und die Authentizität der Geschichte nicht abschließend geklärt werden könne, sei die Meldung im dpa-System jetzt gesperrt worden.

Tja — dumm gelaufen.

Mit Dank an Muamer A.

Listen, Michael Hayden, Blanda Eggenschwiler

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1. “Journalistmus”
(haz.de, Imre Grimm)
Eine “millionenfache Listenpest” durchsuppt “inzwischen selbst vermeintlich sortenreine Nachrichtenseiten”, stellt Imre Grimm fest. “Langsam, schleichend, verabschieden sich auch Anbieter, die sich journalistischen Prinzipien verschrieben hatten, vom lange gültigen Aktualitäts- und Relevanzprinzip – hin zu einem klickoptimierten Kessel Buntes mit ’24 Sätzen, die Lehrer von Eltern nicht hören wollen’ oder den ’19 nervigsten Werbespots der Welt’. Syrien? Iran? Gott, wer will das wissen?”

2. “Kann die Huffington Post Wissenschaft?”
(stimmthaltnicht.de)
Der Wissenschaftsjournalismus in der “HuffPo”: “Auffällig ist: Die Autoren der Huffington Post gehen ziemlich lax und intransparent mit Quellen um.”

3. “‘Oft siehst du die Paparazzi gar nicht'”
(medienwoche.ch, Stephanie Rebonati)
Wie die aktuell mit Joe Jonas liierte Blanda Eggenschwiler mit Paparazzi und Falschmeldungen der Medien umgeht.

4. “Blonde Roma-Kinder”
(nzz.ch)
Zwei blonde Roma-Kinder werden in Irland “vorübergehend in den Gewahrsam der staatlichen Gesundheitsbehörde” genommen und dann “wieder zu ihren rechtmässigen Eltern zurückgebracht”. “Archaische Klischees über die Gewohnheit der Fahrenden, die Kinder von Sesshaften zu rauben, schlugen sich in zahlreichen Online-Kommentaren aus der Leserschaft nieder. Auch die irische Polizei scheint dieser toxischen Gedankenkette erlegen zu sein, als sie Familien leichtfertig auseinanderriss.”

5. “Guy On Train Live Tweets Former CIA Chief’s On-Background Interview”
(npr.org/blogs/thetwo-way, Eyder Peralta, englisch)
Tom Matzzie twittert live von einem Hintergrundgespräch, das der ehemalige Chef der NSA, Michael Hayden, neben ihm im Zug führt.

6. “Bild-Leser zum Frauenfussball”
(vermeintliches.wordpress.com)

The Sun, EU, Rundfunkbeitrag

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1. “17,98 Euro Rundfunkbeitrag”
(ard.de)
Wie der von jedem Haushalt in Deutschland zu zahlende Rundfunkbeitrag in der Höhe von monatlich 17,98 Euro verteilt wird.

2. “Sollen die Medien mehr über die EU berichten? Dann ändert nicht die Medien, ändert die EU!”
(foederalist.blogspot.de, Manuel Müller)
“Die Europäische Union hat ein Öffentlichkeitsproblem”, stellt Manuel Müller fest. “Natürlich ist es einfacher, über die Medien zu schimpfen als das politische System der EU zu reformieren, aber dadurch wird man die Regeln der Nachrichtenauswahl nicht verändern. Wirksamer wäre es, die parteipolitische Auseinandersetzung auf europäischer Ebene selbst endlich so spannend zu machen, dass die Medien von allein ein Interesse daran haben, darüber zu berichten.”

3. “Wer fürs Schreiben bezahlt werden will, sollte es nicht umsonst tun”
(netzfeuilleton.de, Jannis Kucharz)
Es sei doch ganz einfach, meint Jannis Kucharz: “Wenn ich vom Schreiben leben möchte und das als mein primäres Geschäftsmodell begreife, das wertvollste was ich zu bieten habe, dann sollte ich das nicht umsonst hergeben. Wenn hingegen mein Geschäftsmodell darin besteht etwas anderes zu verkaufen, Beratungen, eine Dienstleistung, Vorträge oder ein anderes Produkt, dann ist mein Geschäftsmodell ein anderes und ich kann das ‘Nebenprodukt’ Artikel auch umsonst abgeben, in der Hoffnung das ich Aufmerksamkeit für mein eigentliches Produkt wecke und darüber Umsatz mache.”

4. “Beistellschwule und Dekolesben”
(vocer.org, Rüdiger Becker)
Wie Homosexualität heute im Fernsehen gezeigt wird: “Wenn Heterosexualität nicht mehr die Norm ist, wenn in einer Sendung zum Thema Eifersucht ganz selbstverständlich und ohne besondere Erwähnung auch Schwule und Lesben ihre Erfahrungen schildern und wenn der Gewinner einer Quizsendung am Ende seinem Mann um den Hals fällt, dann gibt es keine Schmuddelecken mehr, in die das Thema abgedrängt werden kann.”

5. “Sun launches regular page two corrections column in response to ‘mental patients’ mistake”
(fullfact.org, Joseph O’Leary, englisch)
Die Boulevardzeitung “The Sun” reagiert auf Kritik an ihrer Titelschlagzeile “1,200 killed by mental patients” und führt eine regelmäßige Spalte für Korrekturen und Klarstellungen ein: “It’s a deficient response to a front-page mistake in which the headline and the article prominently contradicted the research they were based on. The new column is, nevertheless, a welcome public indication that the newspaper intends to take complaints and corrections more seriously than it has done before.”

6. “The Buzzfeed Story Generator”
(comediva.com, englisch)

Tierfotos, Wikipedia, Stalinallee

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1. “Das Versagen der Meinungsmacher”
(dradio.de, Max Thomas Mehr)
Max Thomas Mehr beurteilt den politischen Journalismus in Deutschland: “Selten war die gefühlte Diskrepanz zwischen Lesern und Wählern, zwischen medialer Öffentlichkeit und Bürgern so groß”.

2. “Die Wahrheit über dieses berühmte Tierfoto”
(welt.de, Elke Bodderas)
Manipulationen bei Tierfotos, so bei einem Foto, das einen Kampf zwischen einem Leopard und einem Pavian zeigt: “Zahllose Anläufe habe es gekostet, sagt Dominis, bis das sensationelle Bild im Kasten war. Das abgelichtete Tier starb nicht allein. Mehrere Dutzend Paviane ließen ihr Leben. (…) Ein Tier zu opfern, um ein anderes zu fotografieren, war in den 60er- und 70er-Jahren gang und gäbe. Inzwischen ist es verboten.”

3. “Journalismus ohne Verlag – Die neue Realität der Medienarbeiter”
(torstenmeise.de)
Für Torsten Meise sind Freie auf die journalistische Zukunft besser eingestellt: “Während den Verlagen die größten Anpassungsprozesse noch bevorstehen und ihre Angestellten in immer neuen Wellen freisetzen, haben wir Freien längst gelernt, mit diesem Internet und diesem ganzen Zeug zu spielen, zu arbeiten und (manchmal auch) Geld zu verdienen.”

4. “AP reporter’s mistake: Did the punishment fit the crime?”
(washingtonpost.com, Paul Farhi, englisch)
Nach 28 Jahren bei der AP wird Reporter Bob Lewis nach einem Fehler entlassen: “After several days of deliberations, it fired Lewis on Monday, followed by his immediate editor in Richmond, Dena Potter. On Tuesday, regional editor Norm Gomlak confirmed that he, too, had been fired over the story. Gomlak, who is based in Atlanta, was the primary editor of Lewis’s story because Potter was tied up with an unrelated story Oct. 9.”

5. “Wikimedia Foundation Executive Director Sue Gardner’s response to paid advocacy editing and sockpuppetry”
(blog.wikimedia.org, Sue Gardner, englisch)
In der englischen Wikipedia werden mehr als 250 Nutzerkonten blockiert, um Vorwürfe, sie hätten Artikel gegen Bezahlung verfasst, zu klären.

6. “Das neue Leben der Stalinallee”
(zeit.de)

Hand in Hand

Preisfrage: Was ist das?

Das ist nicht etwa ein Toilettenwegweiserpärchen, das sind Heinz und Erika Pappenheimer (Namen geändert). Heinz und Erika sind Symbolbilder von Beruf.

Auf dem großen Schaubild auf Seite 2 in der heutigen “Bild” müssen Heinz und Erika verschiedene Berufsgruppen, verschiedene Prozentzahlen und Abgeordnete des 18. Deutschen Bundestags darstellen. “Bild” möchte nämlich zeigen, wie groß der Anteil bestimmter Berufsgruppen in der Bevölkerung und im Bundestag ist.

Das sind also Heinz und Erika als 0,3% Hausfrauen und Hausmänner im Bundestag:

Das ist Erika alleine als 0,3% Arbeiter im Bundestag:

Hier muss Erika ganz alleine sogar den Wert 0,8% (Anteil der Juristen, Rechtsanwälte und Notare an der deutschen Gesamtbevölkerung) verkörpern:

In einer ausgereiften Choreographie stellen insgesamt acht Pappenheimers den Wert von 2,4% dar — während 13 Pappenheimers für den Wert von 12,8% stehen:

Wir sehen also: Heinz und Erika Pappenheimer sind ein variables Standardmaß.

Auf Bild.de haben sie die Pappenheimers deshalb nachträglich durch einfache und korrekte Balkendiagramme ersetzt.

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