Archiv für August 6th, 2012

In einem Studio am Maschsee…

Schauen Sie mal, wo diese Szene aus der fantastischen amerikanischen Serie “Breaking Bad” spielt:

Na? Haben Sie’s erkannt?

Richtig: Das ist Hannover.

Oder jedenfalls ist es der Blick aus der Firmenzentrale des fiktiven Hannoveraner Weltkonzerns “Madrigal Elektromotoren” in der Serie.

Und wenn es da nicht so wahnsinnig nach Hannover aussieht, könnte das daran liegen, dass es womöglich gar nicht Hannover ist. Diese Leute vom Fernsehen kennen da nichts und drehen Sachen gerne einfach irgendwo. Die Münchner “Lindenstraße” zum Beispiel steht bekanntlich in Köln (und ist auch gar keine richtige Straße).

Jemand müsste das mal schonend den Mitarbeitern von Bild.de beibringen. Die brachten heute Abend nämlich aufgeregt folgende Nachricht auf der Startseite:

Ab Staffel fünf: Kultserie "Breaking Bad" wird in Hannover gedreht

Im Artikel heißt es:

Eigentlich spielt die US-Kultserie “Breaking Bad” in Albuquerque, New Mexico. Doch Serien-Erfinder Vince Gilligan (45) hat jetzt verraten, dass Szenen der fünften Staffel erstmals auch in Deutschland gedreht werden.

Es ist eine Sensation für alle deutschen Fans der Serie. Auf der diesjährigen Messe Comic-Con in San Diego verriet Produzent und Ideengeber Gilligan, dass Hannover als neuer Drehort für die letzten Episoden der fünften Staffel auserkoren wurde.

Nun ist die Comic-Con für dieses Jahr allerdings schon seit über zwei Wochen Geschichte. Und die Ausstrahlung der fünften Staffel, von der Bild.de hier in der Zukunft spricht, hat bereits vor drei Wochen begonnen. Die oben gezeigte Szene, die in Hannover spielt, stammt aus der in den USA am 22. Juli erstausgestrahlten zweiten Folge. Und Gilligan hat auf dem “Breaking Bad”-Panel auf der “Comic-Con” vor drei Wochen von Hannover nicht als Dreh-, sondern als Handlungsort (eben dieser zweiten Folge) gesprochen.

(Anders als Bild.de weiter schreibt, handelt es sich bei “Los Pollos Hermanos” in “Breaking Bad” auch nicht um eine Wäscherei, sondern eine Fast-Food-Kette.)

Richtig ist immerhin, dass die letzten Folgen dieser fünften Staffel erst von November an gedreht und im kommenden Jahr ausgestrahlt werden. Trotzdem spricht nichts dafür, dass wahr wird, was Bild.de den Hannoveraner Lesern verspricht:

Von November an könnten einem die Serienstars in Hannover also vor die Füße laufen, denn dann starten die Dreharbeiten zu den finalen Folgen.

Die Macher hatten nach Gilligans Worten “weder das Geld noch die Zeit, um tatsächlich in Deutschland zu drehen”.

Mit Dank an Thomas G. und Dominic I.

Nachtrag, 14:15 Uhr. Bild.de hat dem Artikel eine Viertel- bis Halbkorrektur hinzugefügt. Die Falschmeldung hat es aber auch in die gedruckte “Bild” Hannover geschafft:

US-Serie wird in Hannover gedreht

Bild  

Endstation Kohl

Winfried Kretschmann hat “Bild” ein Interview gegeben, bei dem er auch diese Frage beantwortete:

BILD: Hat die Kanzlerin den richtigen Krisen-Kurs? Kretschmann: Sie hat eine schwere Aufgabe, ich will da nicht den Besserwisser geben. Aber Frau Merkel müsste den globalen Zusammenhang einzelner –Entscheidungen klarer hervorheben. Ich war nie ein großer Fan von Altkanzler Helmut Kohl, aber er hatte eine klare europapolitische Vision, für die er wie eine Eins gestanden hat – einer seiner großen Verdienste. Diese Klarheit vermisse ich heute.

Kretschmann ist also “kein Fan” des Altkanzlers, vermisst aber Kohls Klarheit in europapolitischen Fragen. Welche Überschrift könnte “Bild”, die Zeitung, die schon seit Jahren neben einer Gedenkmarke auch den Friedensnobelpreis für Helmut Kohl fordert, aus dieser dezenten Respektbekundung wohl klöppeln?

 1. Grüner Ministerpräsident Sehnsucht nach Helmut Kohl

PS: Helmut Kohl war Trauzeuge von “Bild”-Chefredakteur Kai Diekmann – und andersherum.

Mit Dank an Daniel H.

Spiegel Online, Boris Becker, Norbert Gastell

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Zeit ist Macht”
(zeit.de, Jochen Bittner)
Jochen Bittner beschäftigt sich mit der Hektik in der Politik, getrieben von den Medien, zum Beispiel von “Spiegel Online”: “Eine ganze Schar von Hauptstadtreportern ist, bildlich gesprochen, damit beschäftigt, tagsüber die Sauen durchs Dorf zu jagen, die sie morgens selbst losgelassen haben. Jeden Vormittag, so der Anspruch der Redaktion, soll auf dem ‘HP1’ (Homepage-Platz 1) eine eigene Exklusivmeldung stehen. Bis 14 Uhr müssen die Reporter dazu weitere Zitate und Reaktionen eingeholt haben. Aus ihnen wird die sogenannte ‘Nachdrehe’ geschrieben. Danach recherchieren die Redakteure die Nachricht für den nächsten Morgen. Bis 19 Uhr geht die ‘Analyse’ online, ein Text, der zusammenfasst und zuspitzt, wie sich die Nachricht den Tag über entwickelt hat.”

2. “Die ZEIT zensiert die Welt”
(blog.felixvictor.net, Felix Victor Münch)
Was die “Zeit” über Google, Amazon, Apple und Facebook schreibt. “Schon die Überschrift ‘Vier Sheriffs zensieren die Welt’ ist so reißerisch, dass es schwer vorstellbar ist, dass es überhaupt möglich ist, sie durch den Text zu decken.”

3. “Wehrbeauftragter sorgt für Medien-Eklat”
(spiegel.de, Severin Weiland)
Der Wehrbeauftragte des Bundestags, Hellmut Königshaus, reagiert auf einen Kommentar bei Deutschlandradio Kultur und erwartet, dass dieser “in der Audio- wie in der Textvariante schnellstmöglich aus dem Internetangebot” gelöscht werde. “Der Chefredakteur von Deutschlandradio Kultur, Peter Lange, sorgte dafür, dass der Kommentar gelöscht wurde. Er habe, so heißt es aus der Pressestelle des Senders, mit den ‘Qualitätsstandards kollidiert’, sei aber strafrechtlich nicht zu beanstanden.”

4. “Alles außer live – ARD und ZDF veräppeln Zuschauer”
(welt.de, Paul-Nikolas Hinz)
“Dauernde Aufzeichnungen führen irgendwann dazu, dass überhaupt nichts mehr live zu sehen ist”, schreibt Paul-Nikolas Hinz über die Olympia-Berichterstattung von ARD und ZDF: “Sätze wie ‘Hier verliert sie Zeit’ oder ‘Das sieht langsamer aus’ sind leichtes Expertentum, wenn der Reporter schon weiß, wie das Rennen ausgeht. Das ist nicht authentisch.”

5. “Bobeles Märchenstunde”
(kicker.de, Stefan Bomhard)
Boris Becker kritisiert in der ARD deutsche Tennisspieler, die bei den olympischen Spielen in London nicht antreten: “Man hätte Becker bei dieser Gelegenheit mal fragen sollen, wie es damals war, wenn er sich unpässlich fühlte und im Davis Cup nicht antrat.”

6. “Durch dick und dünn mit Homer Simpson “
(sueddeutsche.de, Michael Zirnstein)
Norbert Gastell, die 82-jährige Synchronstimme von Homer Simpson, im Porträt.