Archiv für Februar 29th, 2012

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Matthias Reims unheimliche Herz-OP

Fans des Schlagersänger Matthias Reim mussten sich bei der Lektüre der heutigen “Bild”-Zeitung Sorgen um ihr Idol machen:

Matthias Reim: Herz! Klinik! Heimliche Herz-OP

Die Zeitung schreibt:

Der Sänger brach mit Atemnot und Krämpfen zusammen, kam ins Krankenhaus. Das war nach Weihnachten. Danach sagte er Konzerte ab, zog sich über Wochen zurück. Die Fans machten sich große Sorgen. Er schwieg.

BILD erfuhr: Matthias Reim musste sich einem sechsstündigen Eingriff am Herzen unterziehen!

Und weiter:

Nach dem Zusammenbruch wurde Reim in eine Spezialklinik verlegt. Zu BILD sagt er jetzt: “Ich hatte schreckliche Angst.”

Im Herzzentrum Hamburg wurde Reim operiert. Er musste einen Druckverband tragen, war wochenlang außer Gefecht. (…) Bis Mitte März wird er noch pausieren, dann will er seine Konzerte nachholen.

Diese Berichterstattung muss einige Aufregung verursacht haben. Jedenfalls fühlte sich Reims Plattenfirma EMI bemüßigt, eine Stellungnahme zu veröffentlichen:

Ein BILD-Artikel mit der reißerischen Aufmachung “Matthias Reim – Heimliche Herz-OP” hat heute für einige Unruhe gesorgt. Wir können aber die Freunde von Matthias Reim beruhigen: Dem Künstler geht es blendend. Er hat weder eine Herz-Operation hinter sich, noch wurde er zwischenzeitlich in eine Spezialklinik überführt, noch muss er bis Mitte März pausieren.

Reims Management hatte bereits Ende Dezemer eine Pressemitteilung herausgegeben, wonach Reim infolge von Überarbeitung und einer schweren Virusgrippe kurz nach Weihnachten zusammengebrochen sei. Die Ärzte hätten dem Musiker damals 14 Tage absolute Ruhe verordnet, weswegen er zwei ausverkaufte Konzerte absagen musste.

EMI schreibt dazu heute:

Einige Tage, nachdem diese Meldung veröffentlicht wurde, passierte dann das, was der Anlass für die jetzt veröffentlichte, “aktuelle” BILD-Meldung wurde, die eine Reihe von Unrichtigkeiten enthält. Es gab in der Tat kurzzeitig den Verdacht auf einen Herzschaden – und um sicher zu gehen, flog Reim nachmittags zu einem Blitzbesuch in eine Hamburger Klinik. Dort wurde noch am gleichen Abend eine Herzkatheter-Untersuchung (also keine Herzoperation!) gemacht mit dem Ergebnis: “Grünes Licht – alles in Ordnung!” Am nächsten Vormittag flog der Künstler zurück nach Hause – und zwar in seine Wohnung und nicht in eine “Spezialklinik”.

Eine Woche später schon gab er wieder sein erstes Konzert. Das Ganze ist – wohlgemerkt – nun schon acht Wochen her. Die damals aus Gesundheitsgründen verschobenen Konzerte sind schon lange nachgeholt und inzwischen gab Matthias Reim noch drei weitere Konzerte. Von einer “Pause bis Ende März” war also nie die Rede.

Stern  etc.

Die Bilderhändler von Winnenden

Nach dem Amoklauf von Winnenden hatte der örtliche Schulfotograf plötzlich etwas, das alle wollten: Fotos von Täter und Opfern. Zuerst verbreiteten viele Medien die Aufnahmen ohne seine Genehmigung. Dann suchte er sich Partner und machte ein Geschäft daraus. Nun erschienen die Fotos mit seiner Einwilligung und brachten ihm Geld. Nur die Angehörigen der Opfer wurden weiterhin nicht gefragt.

Sechs Eltern von getöteten Kindern erstatteten daraufhin Anzeige gegen die Bilderhändler. Die Beschuldigten erhielten zunächst einen Strafbefehl, gegen den sie Widerspruch einlegten. Gestern hat das Amtsgericht Schorndorf das Verfahren gegen die Zahlung von 5700 Euro an den Förderverein der Albertville-Realschule eingestellt.

Die “Winnender Zeitung” berichtet ausführlich über das Verfahren und seine Vorgeschichte:

Eine besonders traurige Rolle spielt in dem Fall die Hamburger Illustrierte “Stern”. Sie hatte laut “Winnender Zeitung” mit dem Anwalt des Fotografen sogar für eine begrenzte Zeit einen Exklusivvertrag für alle Schulfotos abgeschlossen. Als verzweifelte Eltern eines der ermordeten Mädchens wissen wollten, wie ein privates Foto ihrer Tochter unter anderem in den “Stern” gelangen konnte, mauerte das Blatt und verweigerte die Auskunft. Auf Nachfrage des NDR-Magazins “Panorama”, woher die vom “Stern” gezeigten Bilder der Opfer stammen, ob die Angehörigen ihrer Veröffentlichung zugestimmt haben und wenn nein, warum man sie trotzdem zeigte, hatte der “Stern” damals lapidar geantwortet:

“Zu Redaktions-Interna erteilen wir keine Auskunft.”

Facebook, E-Mails, Taubstumme

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Warum beschweren sich deutsche Verleger nicht schon längst über Facebook?”
(carta.info, Wolfgang Tischer)
Wolfgang Tischer fragt: Warum beklagen sich deutsche Zeitungsverleger über Google, aber nicht über Facebook?

2. “Taubstumme Rentner können NUR gebärden”
(taubenschlag.de, Bernd)
Taubenschlag, ein Portal für Gehörlose und Schwerhörige, widmet sich der gestrigen “Bild”-Titelschlagzeile “Taubstumme Rentner um 2000 Euro geprellt”.

3. “17 Tipps gegen die Mail-Flut”
(spiegel.de, Sascha Lobo)
Sascha Lobo erklärt, wie man E-Mails so verfasst, “dass die Chance auf eine Rückmail minimiert wird”.

4. “Literaturkritik, rechtsdrehend”
(welt.de, Richard Kämmerlings)
Richard Kämmerlings befasst sich mit dem Nachfolge-Artikel von Georg Diez im “Spiegel”, “eine Art ‘Making-of’ seines versuchten ‘Rufmords’ an Christian Kracht, wie es der Verlag Kiepenheuer & Witsch genannt hat”. “Bezeichnend, dass Diez es in seiner wortreichen Replik nicht für nötig hält, auf das weitverbreitete ‘Unbehagen’ an seiner unseriösen Methode näher einzugehen. Als Freibrief genügt ihm die Erkenntnis, dass ‘Journalismus etwas anderes als Germanistik’ sei. Genaues Lesen, das Erkennen von Zitaten und Anspielungen, kurz all das, was als Handwerkszeug des Kritikers gilt, hält Diez offenbar für spießig, am Ende vielleicht selbst für ein Erbteil dumpfen rechten deutschen Denkens.”

5. “Radiosender muss 200.000 Euro wegen Falschmeldung an FC Barcelona zahlen”
(arena-info.com)
Ein Reporter von “Cadena Cope” hatte Spielern des Fußballclubs FC Barcelona Doping unterstellt. Ein Gericht verurteilte den Radiosender nun zur Sendung einer Gegendarstellung und zur Zahlung von Schadenersatz in der Höhe von 200.000 Euro.

6. “How Science Reporting Works”
(smbc-comics.com, englisch)
(Quelle nachträglich korrigiert.)