Amoklauf in der Zeitmaschine

In Phoenix im US-Bundesstaat Arizona hat ein Geschworenengericht am Donnerstag einen ehemaligen Polizisten freigesprochen, der einen unbewaffneten, flehenden Mann erschossen hatte. Der Angeklagte, damals noch Polizist, war mit seinen Kollegen in ein Hotel gerufen worden, weil Gäste dort in einem Zimmer eine Person mit einem Gewehr gesehen hatten. Wie sich später rausstellte, handelte es sich um ein Luftgewehr, das ein Mann Bekannten zeigen wollte.

Auf dem Hotelflur trafen die Polizisten auf das spätere Opfer, ohne das Luftgewehr. Die Beamten forderten den Mann auf, sich hinzuknien, die Hände auf den Boden zu setzen und langsam zu ihnen zu kommen. Als der Mann seinen rechten Arm nach oben bewegte, feuerte einer der Polizisten fünf Schüsse ab. Die Bodycam eines Beamten filmte die Situation.

Bild.de schrieb gestern zu dem Einsatz der Polizei:

Screenshot Bild.de - Video zeigt letzte Minuten - US-Polizist erschießt Unschuldigen

Am 18. Januar 2016 alarmieren Gäste des Hotels “La Quinta Inn & Suites” in Mesa bei Phoenix die Polizei: Sie hätten einen Mann mit einer Waffe am Hotelfenster im fünften Stock beobachtet …

Laut “New York Times” rasen sechs schwer bewaffnete Polizisten zum Hotel — schließlich ist es erst gut zwei Monate her, dass ein Killer in Las Vegas aus einem Hotelfenster auf Festivalbesucher feuerte und fast 60 Menschen tötete.

Der Satzteil hinter dem Gedankenstrich stammt nicht von der “New York Times”, sondern von Bild.de. Und er ist falsch. Der Amoklauf in Las Vegas, bei dem 58 Menschen ums Leben kamen und mindestens 527 verletzt wurden, ereignete sich am 1. Oktober dieses Jahres, also vor etwas mehr als zwei Monaten. Die Situation, um die es in dem Prozess in Phoenix ging, ereignete sich bereits am 18. Januar 2016, wie auch Bild.de schreibt. Die “sechs schwer bewaffneten Polizisten”, die zum Hotel gerast sein sollen, konnten noch gar nicht vom “Killer in Las Vegas” wissen.

Immerhin: Das Video, das den Polizeieinsatz im Hotel zeigt, hat die Bild.de-Redaktion so geschnitten, dass die Sequenz mit den tödlichen Schüssen nicht zu sehen ist.

Mit Dank an Andreas W., Dennis S., Matthias B. und Micha für die Hinweise!